Bei der Zöliakie, bzw. Glutenunverträglichkeit handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Dünndarmschleimhaut, die auf einer Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten beruht. Zöliakie ist z.T. erblich bedingt und nicht heilbar.
Eine Glutenunverträglichkeit bleibt daher ein Leben lang bestehen und kann derzeit nicht ursächlich behandelt werden. Die zurzeit einzige wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmöglichkeit der Zöliakie ist die konsequente und lebenslange glutenfreie Diät.
Jede Aufnahme auch schon von kleinsten Mengen Gluten führt zu Entzündungen und Schäden der Dünndarmschleimhaut, die oft in einer ausgedehnten Zerstörung der Darmzotten resultiert. Es treten dann die typischen Beschwerden, wie Verdauungsstörungen, Übelkeit, Gewichtsverlust, chronische Müdigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl auf.
Nur durch eine andauernde und strenge glutenfreie Ernährung kann sich die entzündete und abgeflachte Dünndarmschleimhaut wieder erholen und ihre normale Gestalt und Funktion zurückgewinnen.
Durch die Einhaltung der glutenfreien Diät wird zum Einen der Rückgang der durch die Glutenunverträglichkeit ausgelösten Symptome bewirkt. Zum Anderen hilft die Ernährungsumstellung auch bei der Vermeidung langfristiger Komplikationen.
Nachdem in den den ersten beiden Teilen der Artikelreihe zur Glutenunverträglichkeit bereits ausführlich die Ursachen und Symptome, sowie die Diagnosemöglichkeiten betrachtet wurden, steht in diesem Teil die Behanldung der Zöliakie im Mittelpunkt.
Worauf muss man als Betroffener achten? Ist die Umstellung schwer? Wie streng muss die Diät sein? Und was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält?
Darf man bei Zöliakie gar kein Gluten mehr essen?
Besser nicht. Die Toleranz gegenüber Gluten ist unterschiedlich ausgeprägt und auch die Symptome und die Schwere des Krankheitsbildes bei Zöliakie können sehr unterschiedlich ausfallen. Doch setzt die Schädigung der Dünndarmschleimhaut setzt auch schon bei kleinsten Glutenmengen erneut ein.
Daher ist Betroffenen grundsätzlich zu raten, sich gänzlich glutenfrei zu ernähren. Als „glutenfrei“ gelten alle Lebensmittel mit einem Glutengehalt unter 20 ppm (unter 20 mg pro kg Fertigprodukt). Ein Glutenverzehr bis 50 mg pro Tag gilt allgemein als verträglich. Das ist nicht viel, denn eine durchschnittliche glutenhaltige Ernährung enthält 12–15 g Gluten pro Tag!
Da es äußerst kompliziert und z.T. auch nicht möglich ist, die Grenzmenge genau einzuhalten und den Glutengehalt der einzelnen Lebensmittel zu bestimmen, müssen Betroffene ihre Ernährung und eventuell auch ihre Lebensweise grundlegend umstellen.
Leider gibt es derzeit keine andere Möglichkeit zur Behandlung der Zöliakie, als eine glutenfreie Diät. Solange diese eingehalten wird, leben Zöliakie-Betroffene in der Regel beschwerdefrei.
Wann tritt eine Verbesserung der Symptome ein?
In der Regel kommt es innerhalb von 2 bis 4 Wochen, z.T. sogar nach nur wenigen Tagen glutenfreier Ernährung, zu einer spürbaren Verbesserung der Symptome. So lassen z.B. die Durchfälle nach und das Allgemeinbefinden bessert sich.
Jedoch kann die Zeit bis der Zöliakie-Betroffene völlig beschwerdefrei ist, sehr unterschiedlich ausfallen. Die Dauer hängt u.a. vom Schädigungsgrad des Darms, dem Alter des Betroffenen und anfänglichen (versteckten) Ernährungsfehlern ab.
Meist verschwinden die Beschwerden jedoch bereits wenige Wochen oder Monate nach der Ernährungsumstellung vollständig.
Worauf ist bei der anfänglichen Ernährungsumstellung zu achten?
Die Diagnose Zöliakie geht bei Betroffenen mit großen Veränderungen einher, auf die man sich zunächst einmal einstellen muss. Am Anfang kostet die Ernährungsumstellung noch viel Überwindung, da viele bekannte und geliebte Nahrungsmittel vom Speiseplan gestrichen werden müssen.
Die meisten Betroffenen müssen zunächst lernen, welche Lebensmittel mit Sicherheit Gluten enthalten, wo eventuell Gluten enthalten sein kann und welche Lebensmittel man bedenkenlos verzehren darf. Daher sollte man sich am Anfang der Ernährungsumstellung Zeit nehmen, sich über glutenfreie und glutenhaltige Produkte zu informieren.
Auch der Inhalt des Kühlschranks, Gefrierschranks und der Vorräte sollte aufmerksam überprüft und ggf. aussortiert werden. Dies gilt übrigens auch für Medikamente in der Hausapotheke, die u.U. Weizenstärke als Trägersubstanz enthalten können. Ist dies der Fall, sollte man den Arzt informieren, um ggf. eine glutenfreie Alternative zu suchen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Betroffenen aufgrund der Komplexität der Thematik zu einer eingehenden Ernährungsberatung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft. Mit dieser können auch individuelle Probleme, wie die Umsetzung der glutenfreien Ernährung in der Familie, bei Restaurant-Besuchen, bzw. Essen außer Haus, sowie das Kontaminationsrisiko in der Küche besprochen werden.
Aufgrund der durch Zöliakie verursachten Störungen im Verdauungstrakt (Malabsorption), kann es je nach Schwere zu einer verminderten Nährstoffausnutzung von Vitaminen und Mineralstoffen kommen. Daher ist in der Initialphase oftmals eine Substitution von fettlöslichen Vitaminen, Eisen, Calcium, Folsäure und Vitamin B12 erforderlich. Mittels Mineralstoff- oder Multivitamin-Präparaten können die Nährstoffdefizite auszugleichen werden.
Je nach Schweregrad der Zottenschädigung kann es in der Akutphase auch zu Fettverdauungsstörungen kommen, sodass es für den Betroffenen sinnvoll sein kann, seine Fettzufuhr vorübergehendend zu begrenzen. Auch kann es je nach Schwere der Malabsorption zu einer Verringerung des von der Dünndarmschleimhaut gebildeten Enzyms Laktase kommen.
Der mit der Nahrung aufgenommene Milchzucker (Laktose) kann dann zu Verdauungsstörungen führen. Daher sollte zu Beginn einer glutenfreien Ernährungsumstellung auch auf laktosehaltige Lebensmitteln verzichtet oder der Verzehr zumindest eingeschränkt werden.
Sobald die Dünndarmschleimhaut wieder in der Lage ist, Milchzucker problemlos aufzunehmen, können die Laktose-Einschränkungen wieder aufgehoben werden.
Ist eine glutenfreie Ernährung im Alltag schwer umzusetzen?
Jein. Die Ernährungsumstellung auf eine glutenfreie Diät ist am Anfang sicherlich schwer und hart. Bei der Ernährung gilt es alle Lebensmittel zu vermeiden, die Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und verwandte Getreidesorten, wie Dinkel, Emmer, Grünkern und Kamut enthalten.
Doch Betroffene müssen nicht nur auf die ersichtlichen Getreideprodukte, wie Brot, Nudeln, Pizza, Kuchen und Kekse, sondern auch auf versteckten Glutenbeimengungen achten. Denn auch in sehr vielen prozessierten Lebensmitteln, wie gebundenen Saucen, Suppen, Fertiggerichten und Pudding, kann Gluten enthalten sein.
Bei abgepackten Lebensmitteln ist das Identifizieren von Gluten relativ einfach. Denn laut Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) muss Gluten stets als Inhaltsstoff angegeben werden. Die Klassennamen „Stärke“ und „modifizierte Stärke“ sind durch die Angabe der spezifischen pflanzlichen Herkunft zu ergänzen, wenn diese Zutaten Gluten enthalten könnten (§ 6 Abs. (4) Satz 1 und 2 LMKV).
So kann man anhand der Zutatenliste schnell erkennen, in welchen Lebensmittel Weizen bzw. glutenhaltige Bestandteile enthalten sind. Der Hinweis „Kann Spuren von Gluten enthalten“ weist darauf hin, dass es im Produktionsprozess zu Verunreinigungen mit Gluten kommen könnte. Von der Rezeptur her sind diese Produkte aber glutenfrei. Bei unverpackten Produkten sind mögliche Kontaminationen nicht direkt ersichtlich, da die LMKV hier nicht greift.
Eine eingehende Ernährungsberatung zeigt auf, worauf im individuellen Fall zu achten ist und gibt Tipps für den glutenfreien Alltag. Die professionelle Unterstützung ist sinnvoll, da selbst die regelmäßige Aufnahme kleinster Glutenmengen zu ernsten Schädigungen der Dünndarmschleimhaut führen und Zöliakie-Symptome auslösen kann.
Neben einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit Lebensmitteln, eventuell ergänzt durch einen professionellen Ernährungsberater, sollte auch eine regelmäßige Untersuchungen der Zöliakie-Antikörper erfolgen, um unbewusste Ernährungsfehler aufzudecken. Nur bei einem vollständigen Verzicht auf Gluten kommt es zur Neubildung der Darmzotten und zur Wiederherstellung der normalen Funktionen.
Im Haushalt ist die Vermeidung von Gluten gar nicht so leicht, da es vor allem in Mehrpersonenhaushalten schnell zu Kontaminationen mit glutenhaltigen Lebensmitteln kommen kann. Daher ist eine strikte Trennung zwischen beiden Lebensmittelgruppen erforderlich.
Glutenfreie wie Mehle und Backzutaten sollten immer getrennt und gut abgedeckt von glutenhaltigen Lebensmitteln aufbewahrt werden (z.B. in Plastikbehältern, Dosen oder Gläsern mit Schraubverschluß). Arbeitsflächen, Arbeitsgeräte und Küchenutensilien sind stets intensiv zu reinigen. Auch Spül-, Geschirr- und Handtücher müssen frei von Mehlstaub sein.
Eventuell müssen Küchengeräte (z.B. Toaster, Getreidemühlen, Brotkörbe) und Kochgeschirr, wie Schneebesen und Kochlöffel sogar doppelt gekauft werden. Es sei denn, sie werden ausschließlich für die Zubereitung glutenfreier Lebensmittel gebraucht. Vor allem in Schneidebrettern aus Holz und Plastik kann sich Gluten leicht in Fugen und Ritzen festsetzen.
Backformen und Backbleche sollten nicht gleichzeitig für glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel benutzt werden, wobei hier bereits das Auslegen mit Backpapier eine Kontamination verhindern kann. Auch die Verwendung desselben Frittierfettes, Kochtopfs oder Kochlöffels für glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel kann bereits zu einer Kontamination führen.
Mit der Ernährungsumstellung gehen also auch zahlreiche Umstellungen im Haushalt und Kochverhalten einher. Auch wenn die Umstellung zu Beginn mühsam erscheint und viele Faktoren zu beachten sind, so fällt sich doch täglich leichter. Mit der Zeit ist der Haushalt gut auf die separate Zubereitung glutenfreier und glutenhaltiger Lebensmittel ausgerichtet.
Obwohl bei einer glutenfreien Diät zahlreiche Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden, so verbleibt dennoch ein vielfältiges Angebot glutenfreier Lebensmittel und Zutaten.
Mittlerweile haben sich eine große Zahl an Lebensmittelherstellern und Restaurants auf die Bedürfnisse von Menschen mit Zöliakie eingestellt und ihr Angebot um glutenfreie Produkte für diese spezielle Zielgruppe erweitert.
Glutenfreie Lebensmittel (sowohl Frisch- und Fertigprodukte) sind längst nicht nur in Reformhäusern, sondern zunehmend auch in normalen Supermärkten zu finden. Auch geschmacklich stehen glutenfreie Produkte herkömmlichen Lebensmitteln in nichts nach.
Können bei glutenfreier Ernährung Mangelerscheinungen auftreten?
Eher nicht. Da viele Lebensmittel von Natur aus glutenfrei sind, kann der Bedarf an essenziellen Nährstoffen sowohl qualitativ, als auch quantitativ problemlos mit einer glutenfreien Ernährung gedeckt werden. Gerade die Vitamine der B-Gruppe kommen in zahlreichen glutenfreien Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse, Milchprodukten und Fleisch vor, sodass hier kaum Defizite zu erwarten sind.
Wenn ansonsten keine weiteren Einschränkungen z.B. durch andere Unverträglichkeiten, Nahrungsmittelallergien oder Ernährungsformen (vegetarisch, vegan etc.) vorliegen, kann eine glutenfreie Ernährung alle wichtigen Nährstoffe liefern.
Muss man auf Kohlenhydrate verzichten?
Nein. Viele Zöliakie-Betroffene neigen eher zu einer protein- und fettreichen Ernährung. Dies geschieht oft aus Vorsicht oder weil man bei einer kohlenhydratarmen Ernährung weniger Gefahr läuft, versehentlich doch Gluten aufzunehmen.
Dabei ist die Einschränkung an Kohlenhydraten überhaupt nicht erforderlich. Im Gegenteil: Betroffene sollten sich durchaus bewusst kohlenhydratreich ernähren. Denn auch wenn die Auswahl an glutenfreier Lebensmittel groß ist, so enthalten glutenfreie Getreide von Natur aus deutlich weniger Ballaststoffe, als z.B. Weizen oder Roggen.
Einige Zöliakie-Betroffene leider daher an Obstipation, bzw. Verstopfung, die entsprechend behandelt werden muss. Um dies zu vermeiden, sollte man bei einer glutenfreien Ernährung auf eine ausreichende Ballaststoffzufuhr achten. Ballaststoffe sind in vielen kohlenhydratreichen Lebensmitteln, wie glutenfreiem Getreide, Obst, Gemüse und Hülsenfüchten enthalten.
Low Carb wäre im Rahmen einer glutenfreien Ernährung daher kein guter und gesunder Ernährungsansatz.
Welche Folgen kann ein Absetzen der Diät haben?
Ziel einer glutenfreien Diät ist der Rückgang sämtlicher durch die Zöliakie verursachten Symptome und eine Vermeidung langfristiger Komplikationen. Bereits 0,125 Gramm Weizenmehl schädigen den Dünndarm und können zu erneuten Beschwerden führen.
Um die Symptome dauerhaft zu bekämpfen und Folgeerkrankungen zu vermeiden, ist eine strikten und konsequente Einhaltung der glutenfreien Diät unerlässlich.
Selbst wenn bei Verstoß gegen die Diät eine subjektive Beschwerdefreiheit vorherrscht, ist dies kein Grund, die glutenfreie Ernährung aufzugegeben. Die spürbaren Beschwerden unter glutenhaltiger Kost treten oft sehr spät auf, manchmal sogar erst nach Jahren.
Wer aufgrund der gefühlten Beschwerdefreiheit trotz Zöliakie-Diagnose weiterhin zu glutenhaltigen Lebensmitteln greift, riskiert schwere Erkrankungen, die wesentlich schlechter zu heilen sind. Bei nicht therapierter Zöliakie steigt z.B. die Gefahr für das Non-Hodgkin-Lymphom (ein Lymphknoten-Krebs), sowie für Krebsarten des Verdauungstrakts.
Fazit
Die einzige Behandlungsmöglichkeit für Zöliakie, bzw. Glutenunverträglichkeit besteht derzeit in einer strengen glutenfreien Diät.
Die Ernährungsumstellung erfordert gerade am Anfang viel Geduld. Zunächst muss man sich über glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel informieren, versteckte Glutenmengen entlarven und im Haushalt eine strikte (hygienische) Trennung zwischen beiden Lebensmittelgruppen herbeiführen.
Mit der Zeit wird das Leben ohne Gluten jedoch zunehmend leichter. Mittlerweile gibt es zu nahezu allen herkömmlichen Lebensmitteln, wie z.B. Brot und Nudeln, auch glutenfreie Alternativen. Auch immer mehr Supermärkte und Restaurants stellen ihr Angebot auf Menschen mit Glutenunverträglichkeit ein.
Eine glutenfreie Diät bedeutet daher keinesfalls, dass man sich in Verzicht üben und z.B. auf Kohlenhydrate verzichten muss. Auch Mangelerscheinungen sind i.d.R. nicht zu befürchten, da eine ganze Reihe von Lebensmitteln von Natur aus glutenfrei sind. Eine ausgewogene Ernährung ist daher trotz Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel problemlos möglich.
Zu Beginn der Ernährungsumstellung ist jedoch eine eingehende Ernährungsberatung empfehlenswert, um die Umstellung zu erleichtern und anfänglich kleine Diätfehler, die jedoch langfristig zu schweren Schädigungen führen können, zu vermeiden.
Die Auswahl der richtigen Lebensmittel ist bei Zöliakie-Patienten das A und O für ein beschwerdefreies Leben. Daher steht im kommenden Teil der Artikelreihe zu Glutenunverträglichkeit die glutenfreie Ernährung im Mittelpunkt: Was sind glutenhaltige und glutenfreie Lebensmittel? Und wo könnte (verstecktest) Gluten enthalten sein?
Buchtipps:
Zöliakie: Mehr wissen – besser verstehen: Beschwerdefrei leben mit der sicheren Diagnose und einer glutenfreien Ernährung
Zöliakie: Das erfolgreiche Behandlungskonzept bei Glutenunverträglichkeit: Die erfolgreiche Selbstbehandlung bei Glutenunverträglichkeit (GU Ratgeber Gesundheit)
Zöliakie-Mann meint
Guter und informierter Artikel über Zöliakie bzw. glutenfreie Ernährung. Glutenhaltige Speisen kamen menschheitsgeschichtlich erst sehr spät auf den menschlichen Speiseplan, daher ist es – von einem ernährungsbiologischen Standpunkt aus betrachtet – auch kein Problem, darauf zu verzichten