Viele Abnehmwillige kommen im Verlauf einer Diät an den Punkt, an dem nichts mehr geht. Das Gewicht will trotz aller Bemühungen einfach nicht sinken. In manchen Fällen steigt es sogar wieder an. Was ist passiert? Warum nehme ich nicht (mehr) ab? Auch nach der Diät sind die zuvor mühsam abgespeckten Pfunde schnell wieder drauf. Nur die wenigsten können von sich behaupten, erfolgreich ihr Wunschgewicht erreicht und dieses Gewicht über Jahre gehalten zu haben. Aber warum ist es so schwer?
In diesem Kontext fallen häufig Begriffe, wie „eingeschlafener Stoffwechsel“, „Hungerstoffwechsel“, „Metabolic Damage“ oder „Stoffwechselschäden“.
Aber können Diäten den Stoffwechsel „schädigen“? Welche Gründe hat der Stillstand auf der Waage? Welche Faktoren begünstigen eine Gewichtszunahme nach der Diät? Und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um erfolgreich Gewicht zu verlieren und es langfristig zu halten?
Der folgenden Artikel widmet sich der Beantwortung dieser Fragen und zeigt gleichzeitig auf, welche Widerstände für einen langfristigen Abnehmerfolg überwunden werden müssen.
Woher kommt die Theorie vom „eingeschlafenen Stoffwechsel“?
Irgendetwas muss nicht stimmen. Trotz konsequenter Einhaltung der Diät und intensivem Training ist kein Abnehmerfolg zu verzeichnen (oder das Gewicht sinkt viel langsamer als man es sich wünschen und erwarten würde).
Oder man hat bereits erfolgreich abgenommen, steckt aktuell aber in einem „Diät-Loch“ fest – und das, obwohl sich Ernährungs- und Bewegungsverhalten nicht geändert haben. Alles ist wie bisher, aber das Gewicht geht nicht runter.
Andere werden sich daran erinnern, dass sie in jüngeren Jahren viel fitter waren und mit gelegentlichen Diät eine schlanke Figur erreichen konnten. Allerdings ist es heute mit den gleichen Anstrengungen nicht mehr möglich, an das damalige Gewicht heranzukommen.
Wer sich in einem dieser Szenarios wiedererkennt, könnte sich berechtigterweise die Fragen stellen: Warum bleibt die Gewichtsabnahme aus? Ist mein Stoffwechsel kaputt?
Die gute Antwort lautet: Nein. Der Stoffwechsel kann weder eingeschlafen, noch kaputt gehen. Würde einer dieser Fälle eintreten, wäre das ein finales Erlebnis.
Dennoch kann sowohl eine Gewichtsabnahme, als auch eine Gewichtszunahme zu metabolischen Veränderungen führen, die Auswirkungen auf die Regulierung des Körpergewichts haben.
Auch einzelne Variablen der Energiebilanzgleichung können einen wesentlichen Einfluss auf den Gewichtsverlauf nehmen. Nur sorgfältig Kalorien zu zählen reicht häufig nicht aus.
Um die Herausforderung eines erfolgreichen Gewichtsverlustes zu meistern, ist es sinnvoll, sich eingehender mit den Themen Energiebilanz, Thermodynamik und Stoffwechselregulation zu befassen.
Energiebilanz: Die Gesetze der Physik lassen sich nicht aushebeln
Nach den Standardlehrwerken der Ernährungslehre wird das Körpergewicht im Wesentlichen von der Energiebilanz beeinflusst. Die vereinfachte Rechnung für eine ausgeglichene Energiebilanz lautet: Energieverbrauch = Energiezufuhr.
Der Organismus benötigt täglich eine gewisse Menge an Energie in Form von Kilokalorien, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten und körperliche Aktivitäten zu verrichten. Die dafür benötigte Energie kann entweder aus der Nahrung oder aus körpereigenen Energiespeichern (z.B. dem Fettgewebe) gewonnen werden.
In der Theorie wird von folgenden drei Fällen ausgegangen:
- Energieverbrauch = Energiezufuhr: ausgeglichene Energiebilanz (Gewicht wird gehalten)
- Energieverbrauch > Energiezufuhr: negative Energiebilanz (Gewichtsverlust)
- Energieverbrauch < Energiezufuhr: positive Energiebilanz (Gewichtszunahme)
Hierbei ist es zunächst wichtig zu wissen, dass Gewichtsverlust nicht gleich 100%iger Fettverlust ist.
Wie definiere ich „Gewichtsverlust“?
Veränderungen des Körpergewichts beziehen sich zum einen auf Veränderungen des Wasserhaushalts, zum anderen auf die Veränderungen körpereigener Energiespeicher bzw. der für den Aufbau/Abbau verfügbaren Gewebe (Fett, Muskeln, Organe, Knochen usw.).
Wasser hat keine Kalorien. Daher ist es durchaus möglich, auch ohne kalorisches Defizit oder gar im Überschuss auf der Waage „abzunehmen“ (z.B. mit einer kohlenhydratarmen Ernährung, Maßnahmen zur Entwässerung etc.). Dass die überschüssigen Kalorien nicht einfach verpuffen, sollte trotzdem jedem klar sein.
Da Schwankungen des Wasserhaushalts das Körpergewicht unabhängig von der Energiebilanz verändern können, sollen sie in dieser Betrachtung unberücksichtigt bleiben. Vielmehr geht es um die Veränderungen körpereigener Energiespeicher.
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik ist das Gesetz zur Erhaltung von Masse und Energie, das besagt, dass Energie von einer Form zur anderen übertragen, aber nicht erzeugt oder zerstört werden kann.
Im Zusammenhang mit der menschlichen Physiologie bedeutet das:
Änderungsrate des Energiespeichers = Rate der Energieaufnahme – Rate der verbrauchten Energie
Während einer Diät sind vor allem die Fettdepots das anvisierte Ziel bzw. der Energiespeicher, der angezapft werden soll.
So stößt man an vielen Stellen auf den Hinweis, dass man beim Abnehmen 7.700 kcal einsparen muss, um ein Kilogramm Körperfett zu verlieren. Wer bereits eine Low-Carb-Diät gemacht hat, wird wissen, dass die Pfunde insbesondere zum Diätbeginn deutlich schneller purzeln, auch ohne tausende von Kalorien eingespart zu haben.
Denn der Energiegehalt des Gewichtsverlustes hängt auch immer von der Zusammensetzung des Gewichtsverlustes ab und davon, wie sich der Körper an die Diät anpasst. Heymsfield et al. untersuchten beispielsweise den Energiegehalt der Gewichtsveränderung bei 75 übergewichtigen Männern und Frauen, die in zwei Diätgruppen eingeteilt wurden.
Die erste Gruppe musste ein Energiedefizit von 25 Prozent einhalten. Die zweite Gruppe erhielt eine sehr kalorienarme Diät mit 890 kcal pro Tag bis 15 Prozent des Körpergewichts verloren waren, danach folgte eine Erhaltungsdiät. Die Teilnehmer trieben keinen Sport. Zudem wurden die Diäten streng überwacht. Die Körperzusammensetzung der Probanden wurde über insgesamt 24 Wochen gemessen.
Die Forscher fanden heraus, dass in der frühen Phase der Gewichtsabnahme (bis zur 4. Woche) das Energieäquivalent für ein Kilogramm Gewichtsverlust 4.858 kcal betrug. Da sich die Diät jedoch über weitere Wochen erstreckte, näherte sich die für ein Kilogramm Gewichtsverlust erforderliche Energieeinsparnis den bekannten 7.700 kcal.
Sie stellten daher die Hypothese auf, dass die frühe Gewichtsverlustphase durch relativ große Glykogen-, Protein- und Flüssigkeitsverluste gekennzeichnet ist, während die späte Gewichtsabnahmephase typischerweise einen hohen Anteil an Fettverlust aufweist. Fettgewebe besteht zu ungefähr 85 Prozent aus Fett, daher beträgt der Energiegehalt von einem Kilogramm Körperfett ungefähr 7.700 kcal.
Ist der Hauptteil des Gewichtsverlustes jedoch auf Wasser, mageres Gewebe und Glykogenverluste zurückzuführen, ist der Energiegehalt dieser Komponenten entsprechend niedriger. Zum Beispiel beträgt der Energiegehalt des Muskels, der zu ungefähr 65 bis 70 Prozent aus Wasser besteht, ungefähr 1.200 kcal pro kg (vgl. hier). Der Energiegehalt körpereigener Glykogenspeicher beträgt nur etwa 1.000 kcal pro kg (vgl. hier).
Für den Verlust von 1 kg Muskelmasse oder Glykogenspeicher ist somit ein kleines Energiedifizit erforderlich als für den Verlust von 1 kg Fettmasse. Je nach Zusammensetzung des Gewichtsverlustes ist somit ein kleineres oder größeres Kaloriendefizit erforderlich. Um die ungeliebten Fettdepots loszuwerden, müssen die meisten Kalorien eingespart werden. Auf der Waage sieht man diese Unterschiede nicht. Dies zeigt, dass die Zahl auf der Waage nicht sonderlich aussagekräftig ist und nicht der einzige Bewertungsmaßstab zur Beurteilung des Abnehmerfolgs sein sollte.
Zumal die Zusammensetzung des Gewichtsverlustes einen enormen Einfluss darauf haben kann, wie sich der Körper an die Kalorienrestriktion anpasst.
Die Energiebilanzgleichung ist nicht statisch
Das Verhältnis zwischen „Energieverbrauch“ und „Energiezufuhr“ wird als Energiebilanzgleichung bezeichnet.
Diese Gleichung ist das wohl verbreitetste und bekannteste Modell zur Berechnung der Energiebilanz einer Person und wie viel Gewicht sie im Laufe der Zeit abnehmen oder zunehmen wird. Das Körpergewicht, aber auch die Körperzusammensetzung sind die Summe zahlreicher Faktoren, die die „Zufuhr“ – und die „Verbrauchsseite“ der Energiebilanzgleichung regulieren und beeinflussen.
Hierbei spielen Faktoren, wie Genetik, Alter, Hormonspiegel, Makronährstoffverteilung (insbesondere die Proteinmenge), Art, Häufigkeit und Intensität körperlicher Aktivitäten, Medikamente uvm. eine Rolle.
Obwohl Ernährung und körperliche Aktivität als die beiden Schlüsselfaktoren für die Energiebilanz gelten, herrscht häufig ein unvollständiges Verständnis darüber vor, wie diese beiden Seiten der Energiebilanz physiologisch verknüpft sind und dass ihr Einfluss auf das Körpergewicht stark miteinander verwoben, komplementär und synergistisch ist.
Verständlicherweise macht sich schnell Frust und Verwirrung um die Energiebilanzgleichung breit, wenn sich die Zahlen nicht zu addieren scheinen oder die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen. Das gilt z.B. auch für den Hinweis, dass 7.700 kcal einem Kilogramm Körperfett entsprechen. Theoretisch müsste demnach ein tägliches Kaloriendefizit von 500 kcal binnen zwei Wochen zu einem Körperfettverlust von 1 kg führen. Mit einem Kaloriendefizit von 1.000 kcal am Tag müsste derselbe Fettverlust binnen einer Woche möglich sein. Und durch Fasten womöglich binnen noch weniger Tage?
Einige werden zu Beginn ihrer Diät womöglich trotz geringerem, rechnerischen Defizit einen höheren Gewichtsverlust auf der Waage verzeichnen. Andere, insbesonderen im späteren Diätverlauf, trotz geringer Kalorienzufuhr kein Stück mehr abnehmen oder sogar zunehmen.
Leider ist die Frustration und Verwirrung um die Energiebilanzgleichung berechtigt, denn in der Realität gehen solche Berechnungen meistens nicht auf. Daher soll dieser Artikel auch ein Plädoyer dafür sein, die persönliche Erwartungshaltung an die Realität anzupassen.
Aber was ist „falsch“ an der Energiebilanzgleichung?
Nichts. Die Energiebilanzgleichung ist weder falsch, noch ein Mythos. Niemandes Körper widersetzt sich den Gesetzen der Physik – auch wenn es manchmal so scheint. Solange der Energieverbrauch die Energiezufuhr übersteigt, muss eine Abnahme des Körpergewichts auftreten. Das kann mit absoluter Sicherheit gesagt werden.
Die Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität liegt schlichtweg daran, dass die Energiebilanzgleichung komplizierter ist als sie klingt.
„Weniger essen, mehr bewegen“ ist ein guter Anfang. Allerdings können die Rollen von Diät und Bewegung im Bezug auf Gewichtsabnahme und Gewichtskontrolle nicht so einfach auf „weniger essen“ oder „mehr bewegen“ reduziert werden. Bei der Energiebilanz geht es nicht nur um das Duell „Diät vs. Bewegung“ oder „Diät und Bewegung“, sondern ein Verständnis der Synergie und Wechselbeziehung dieser beiden Faktoren.
Die Energiezufuhr beeinflusst den Energieverbrauch. Und der Energieverbrauch beeinflusst die Energiezufuhr.
Die Energiebilanzgleichung ist nicht statisch, sondern dynamisch, ähnlich wie ein Thermostat.
Dies soll an einem Beispiel von Swinburn und Ravussin verdeutlicht werden (Studie hier). Ein 75 kg schwerer Mann isst 40 Jahre lang zusätzlich 100 kcal pro Tag. Die Menge an zusätzlicher verbrauchter Energie entspricht 1,46 Millionen Kilokalorien, mit einer geschätzten Gewichtszunahme nach 40 Jahre von rund 190 kg (1,46 Mio. / 7.700 kcal pro Kilogramm). Wird dieser Mann nach 40 Jahren also 265 kg wiegen? Wohl kaum. Aber warum nicht? Wie lässt sich das erklären?
Nun, wäre die Energiebilanz statisch, würden sich durch eine Ernährungsumstellung (im Beispiel eine Anhebung der Kalorienzufuhr um 100 kcal/Tag) keine anderen Komponenten der Energiebilanz verändern. Dies ist jedoch nicht der Fall. Daher wäre es falsch zu glauben, nur eine Seite der Energiebilanz hätte eine Schlüsselfunktion auf das Körpergewicht inne.
Denn tatsächlich beeinflusst die Energiezufuhr auch den Energieverbrauch (siehe Abeschnitt „Dynamische Energiebilanzgleichung“).
Um bei dem Beispiel zu bleiben: Wenn der Mann jeden Tag 100 kcal zusätzlich isst, würde sein Körpergewicht zunehmen und der Energieverbrauch steigen. Die Gewichtszunahme erhöht den Grundumsatz und damit auch den Gesamtenergieumsatz, da für die Bewegung und den Erhalt eines höheren Körpergewichts mehr Energie benötigt wird. Würde der Mann über mehrere Jahre konsistent 100 Extra-Kalorien pro Tag essen, würde das Körpergewicht anfangs zunehmen, bis der tägliche Energieverbrauch schließlich die erhöhte Energiezufuhr (die zusätzlichen 100 kcal pro Tag) ausgleichen würde.
Somit wird sich das Körpergewicht des Mannes nach einer gewissen Zeit auf ein höheres Körpergewicht stabilisieren, was einer realistischen Gewichtszunahme von etwa 2,7 kg entsprechen würde – weit weg von den errechneten 190 kg Gewichtzunahme. Um das höhere Körpergewicht zu halten, müsste der Mann weiterhin die zusätzlichen 100 kcal pro Tag essen. Er würde sich dann aber nicht mehr im Kalorienüberschuss befinden.
Die dynamische Kalorienbilanz lässt sich auch umgekehrt für ein Kaloriendefizit anwenden. Würde der Mann täglich 100 kcal weniger essen, würde er sich anfangs noch im Kaloriendefizit befinden und abnehmen. Mit der geringeren Kalorienzufuhr und dem niedrigeren Körpergewicht würde jedoch auch der Gesamtenergieverbrauch sinken, sodass sich der Mann irgendwann nicht mehr im Kaloriendefizit befinden und damit auch kein Gewicht mehr verlieren würde.
Wir sehen: Die Energiebilanzgleichung ist komplexer als gedacht.
Ratschläge, wie „Iss weniger“ oder „Bewege dich mehr“ sind gut gemeint, reichen aber alleine nicht aus, da sie nicht alle komplexen, sich überschneidenden Faktoren berücksichtigen.
Leider werden viele Menschen oft durch das verwirrt, was sie in den Medien über Gewichtsverlust und Gewichtskonrolle zu hören und lesen bekommen. So wird zum Teil behauptet, dass Bewegung und Sport für einen Gewichtsverlust gar nicht zwingend nötig sind. Wieder andere diskutieren, ob Übergewicht aufgrund mangelnder Bewegung oder einer „schlechten“ Ernährung (z.B. Junk Food) entsteht. So werden abwechselnd Zucker, Fast Food und die „bösen“ Kohlenhydrate verantwortlich gemacht.
Diese gemischten und manchmal falschen Nachrichten sind nicht nur verwirrend, sie vermitteln auch die Botschaft, dass nur eine Seite der Energiebilanz für die Gewichtsabnahme, Gewichtskontrolle und die Prävention von Fettleibigkeit wichtig ist. Sie vernachlässigen auch, dass die eine Seite Auswirkungen auf die andere Seite hat.
Doch selbst mit rechnerisch penibel ermitteltem Defizit wird sich die Energiebilanzgleichung nie statisch bzw. linear verhalten. Daher ist es unerlässlich, den dynamischen Energiebilanzansatz zu verstehen und anzuwenden.
Die tatsächlichen Gewichtsveränderungen sind höchst individuell und hängen von einer Reihe von Faktoren ab, einschließlich der Kalorienzufuhr, der Zusammensetzung der Nahrung, der Körperzusammensetzung, der Art der körperlichen Betätigung und dem Grad der täglichen körperlichen Aktivität. Wie eine Person auf Veränderungen der Energiebilanz reagiert, hängt zudem von der Genetik, den regulatorischen Hormonen, die Energiebilanz und Appetit kontrollieren, der Darmgesundheit, sowie Umweltfaktoren, die Einfluss auf Ernährung, Bewegung und die Körperzusammensetzung steuern können, ab.
Dies bedeutet, dass die Änderung einer Komponente der Energiebilanzgleichung (d.h. die Verringerung der Energieaufnahme oder die Erhöhung des Energieverbrauchs) zahlreiche biologische und Verhaltensfaktoren auf beiden Seiten der Gleichung in unvorhersehbarer und nicht beabsichtigter Weise beeinflussen kann.
Im Folgenden wollen wir näher auf die beiden Seiten der Energiebilanzgleichung eingehen und schauen, weshalb rechnerisch ermittelte Erwartungswerte in der Realität meist durch den Körper torpediert werden.
Die Energiezufuhr – Ungenauer als gedacht
Warum nehme ich nicht ab, obwohl ich doch weniger Kalorien esse? Womöglich, weil die Energiezufuhr kniffliger ist als man denkt.
Gehen wir den drei Hauptgründen auf den Grund, weshalb die angenommene Kalorienzufuhr nicht mit der tatsächlichen Kalorienzufuhr übereinstimmen könnte:
1. Die Kalorienzufuhr wird unterschätzt
Wer Kalorien nicht gewissenhaft trackt, sondern nur grob überschlägt oder kleine Snacks unterschlägt, nimmt schnell mehr Kalorien zu sich als er denkt. Morgens etwas Kaffeesahne in den Kaffee, mittags ein Stück Schokolade und abends der Esslöffel Öl zum Anbraten in der Pfanne – bereits diese drei kleinen Beispiele können 200 kcal ausmachen, die sich über die Woche ansammeln und den Abnehmerfolg torpedieren können.
Auch bei Nährwertangaben – ob aus Online-Quellen, Nährwert-Tabellen oder Nährwertdatenbanken – sind zum Teil deutliche Abweichungen zu erkennen, insbesondere bei natürlichen Lebensmitteln. Beispiel: 100 Avocado haben laut USDA 160 kcal, 8,5 g Kohlenhydrate, 2 g Protein und 14,7 g Fett. Laut Schweizer Nährwertdatenbank sind es 144 kcal, 0,8 g Kohlenhydrate, 1,8 g Protein und 14,2 g Fett. Und gemäß der Kalorientabellen von FDDB haben 100 g Avocado nur 138 kcal, 3 g Kohlenhydrate, 1 g Protein und 12 g Fett. Ja, was denn nun?
Und selbst auf die aufgedruckten Nettofüllmengen auf Lebensmitteln ist kein Verlass. Die Hersteller sind lediglich verpflichtet, die Füllmenge nur innerhalb einer Produktcharge im Mittel nicht zu unterschreiten. Für das einzelne Produkt gelten Toleranzen, sodass mal mehr, mal weniger drin sein kann – auch solche Abweichungen können sich auf die Kalorienzufuhr auswirken. Nachwiegen hilft!
2. Die angegebenen Nährwerte stimmen nicht
Selbst bei gewissenhaftem Tracking von Kalorien kann es bei aufgedruckten Nährwertangaben oder Nährwerten von natürlichen Lebensmitteln (z.B. frisches Obst und Gemüse) immer zu Abweichungen kommen, die ein Kalorienplus bedeuten können.
Laut Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV; PDF) handelt es sich bei den angegebenen Nährwerten tatsächlich um „Durchschnittswerte“. Diese beruhen auf a) der Lebensmittelanalyse des Herstellers, b) einer Berechnung auf der Grundlage der bekannten oder tatsächlichen durchschnittlichen Werte der verwendeten Zutaten oder c) einer Berechnung auf der Grundlage von allgemein nachgewiesenen und akzeptierten Daten.
Nährwertangaben auf Lebensmitteln können somit von den tatsächlichen Nährwerten abweichen. Das wäre in der Praxis auch gar nicht anders realisierbar, da Rohstoffe natürlichen Schwankungen unterliegen.
Wie groß die Abweichungen sein dürfen, ist nicht durch die LMIV festgelegt. Die EU hat jedoch im Dezember 2012 einen Leitfaden zu Toleranzen für auf dem Etikett angegebene Nährwert veröffentlicht.
Die Folgende Tabelle zeigt die Toleranzen bei Lebensmitteln für die wichtigsten Nährstoffe (außer Nahrungsergänzungsmitteln). In den Toleranzwerten sind bereits Messungenauigkeiten berücksichtigt.
Nährwerte | Bedingung | Toleranz |
---|---|---|
Kohlenhydrate, Zucker, Protein, Ballaststoffe | <10 g pro 100 g 10-40 g pro 100 g >40 g pro 100 g | ±2 g ±20 % ±8 g |
Fett: | <10 g pro 100 g 10-40 g pro 100 g >40 g pro 100 g | ±1,5 g ±20 % ±8 g |
gesättigte Fettsäuren, einfach ungesättigte Fettsäuren, mehrfach ungesättigte Fettsäuren | <4 g pro 100 g ≥4g pro 100 g | ±0,8 g ±20 % |
Quelle: Leitfaden der Europäischen Kommission für zuständige Behörden zur Kontrolle der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften (Dezember 2012) [PDF] |
Die Überwachungsbehörden können sich an diesen Toleranzgrenzen bei stichprobenartigen Untersuchungen orientieren. Rechtsverbindlichkeit besitzen die Grenzen allerdings nicht.
Die EU begründet diese Toleranzgrenzen wie folgt:
„Toleranzen bei der Angabe von Nährstoffen auf Etiketten sind wichtig, da Lebensmittel aufgrund natürlicher Schwankungen und Veränderungen durch Herstellung und Lagerung nicht immer genau den angegebenen Nähr- oder Brennwert enthalten können.“
Sie weist Lebensmittelunternehmer auch darauf hin, dass diese sich unabhängig davon, wie die Nährwertangaben abgeleitet werden, nach bestem Wissen und Gewissen darum bemühen sollten, dass die Nährwertangaben so genau wie möglich sind.
Als Verbraucher muss man mögliche Abweichungen dennoch hinnehmen. Das bedeutet zum Beispiel, dass eine Leberwurst mit angegebenen 30 Gramm Fett pro 100 Gramm tatsächlich zwischen 24 Gramm und 36 Gramm Fett enthalten könnte und immer noch im Toleranzbereich (±20 %) liegen würde. Dass solche Abweichungen auch Auswirkungen auf die Kalorienzufuhr und Energiebilanz haben können, zählt wohl zum „allgemeinen Lebensrisiko“.
3. Verzehrte Kalorien sind nicht gleich aufgenommene Kalorien
Auch wenn die Nährwerte zu 100% korrekt sind und zu 100% korrekt getrackt werden, können wir nicht zu 100% sagen, wie unser Körper die aufgenommenen Kalorien verwendet und speichert.
Die Nahrung, die wir essen, muss zunächst verdaut und anschließend verarbeitet werden. Auf dem Weg vom Mund bis ins Klo werden unzählige Schritte durchlaufen, die die Verdauung, Verarbeitung, Absorption, Speicherung und Ausnutzung umfassen. Da jeder Körper einzigartig ist, können diese Schritte von Person zu Person unterschiedliche Auswirkungen auf die Energiebilanz haben.
Die Beschaffenheit des Lebensmittels kann ebenfalls einen Einfluss darauf haben, wie viele Kalorien tatsächlich aufgenommen werden. So können zwei Mahlzeiten mit identischem Kaloriengehalt, aber unterschiedlicher Zusammensetzung, zu unterschiedlich hoher, im Verdauungstrakt aufgenommener Energie führen. Natürliche, möglichst unverarbeitete Lebensmittel, wie z.B. rohes Gemüse oder Obst sind schwerer zu verdauen, als ein Smoothie. Je stärker ein Lebensmittel verarbeitet ist, umso weniger Verdauungsarbeit muss der Körper leisten.
Der Verarbeitungsprozess kann die Verdaulichkeit und damit auch die Energieausbeute erheblich erhöhen. Dies trifft insbesondere auf industriell behandelte Lebensmittel zu, bei denen die ersten Schritte der menschlichen Verdauung bereits während der Herstellung stattgefunden haben. So können die Inhaltsstoffe oft ohne weitere Arbeit des Körpers bereits im ersten Abschnitt des Dünndarms direkt in die Blutbahn überführt werden.
Zum Beispiel haben Untersuchungen gezeigt, dass wir mehr Fett aus Erdnussbutter aufnehmen als aus ganzen Erdnüssen (vgl. hier, hier und hier). Die Forscher fanden z.B. heraus, dass 32 Prozent des Fettes in ganzen Erdnüssen im Stuhl ausgeschieden und nicht vom Körper aufgenommen wurden. Dies impliziert, dass die mechanische Verarbeitung von Erdnüssen die Verdaulichkeit der Fette und vermutlich auch die aufgenommene Energie erhöht.
Da verarbeitete Lebensmittel im Vergleich zu natürlichen, vollwertigen Lebensmitteln weniger Energie benötigen, um verdaut und absorbiert zu werden, können 100 Kalorien verarbeiteter Nahrung am Ende mehr Nettokalorien als 100 Kalorien aus natürlicher Nahrung ergeben. Eine Studie von Barr et al. verdeutlicht dies. Dort wurden zwei Käsesandwiches mit gleichem Kaloriengehalt und vergleichbaren Nährwerten miteinander verglichen. Das eine Sandwich wurde aus Mehrkornbrot und ganzem Cheddar-Käse, das andere aus Weißbrot und Schmelzkäse hergestellt. Die Verdauung des Mehrkorn-Sandwiches kostete deutlich mehr Energie als die des Weißbrot-Sandwiches, was auf eine höhere Energieaufnahme bzw. Verstoffwechslung hindeutet.
Eine andere Studie zeigte, dass das Kochen von Getreide im Allgemeinen die Verdaulichkeit von Nährstoffen erhöht und verarbeitetes Getreide eine bessere Nährstoff-Bioverfügbarkeit aufweist als unverarbeitetes Getreide. Auch der Ballaststoffgehalt des Lebensmittels kann einen Einfluss auf die Verdaulichkeit und die tatsächliche Kalorienaufnahme haben (vgl. hier und hier). Fast Food enthält i.d.R. kaum Ballaststoffe und ist quasi schon „halb verdaut“.
Wer seinen täglichen Speiseplan Revue passieren lässt, wird oft feststellen, dass ein Großteil der verzehrten Lebensmittel zuvor gekocht, eingeweicht, zerkleinert, püriert oder gemixt wurde. Da viele Verarbeitungsprozesse „externen Verdauungsschritten“ entsprechen, können sie die Verdaulichkeit und Bioverfügbarkeit von Nährstoffen und Kalorien erhöhen.
Das ist im Grunde genommen nichts Schlechtes und zum Teil sogar erwünscht. Insbesondere bei pflanzlichen Lebensmittel wird die Verdaulichkeit durch Vorgänge wie Kochen oder Pürieren unterstützt (siehe hier). Während beispielsweise rohe Karotten und Spinat gute Ballaststoffquellen darstellen, ermöglicht der Kochvorgang dem menschlichen Körper, auch einen viel größeren Anteil der enthaltenen Carotinoide zu extrahieren.
Auch rohe, stärkehaltige Lebensmittel (z.B. Kartoffeln, grüne Bananen etc.) führen zu einer geringen Kalorienaufnahme, da die enthaltene Stärke aufgrund ihrer Struktur für die Verdauungsenzyme unzugänglich ist. Nach dem Kochen ist der größte Teil der Stärke viel besser verfügbar und erhöht die Anzahl der absorbierten Kalorien. Interessanterweise verringert sich die Menge an absorbierbaren Kalorien wieder, wenn gekochte, stärkehaltige Lebensmittel (z.B. Reis, Nudeln. Kartoffeln) vor dem Verzehr abgekühlt werden. Dies ist hauptsächlich auf die Bildung von sog. „resistenten Stärken“ zurückzuführen (vgl. hier und hier).
Neben der Beschaffenheit des Lebensmittels und seinem Verarbeitungsgrad können auch die Darmbakterien eine Rolle dabei spielen, wie viele der verzehrten Kalorien tatsächlich absorbiert werden. So machen sich bei schlanken und adipösen Personen Unterschiede im Darmmikrobiom vor allem bei Vertretern der beiden Bakterienstämme Bacteroidetes und Firmicutes fest. Bei Normalgewichtigen dominieren die „vorteilhaften“ Bacteroidetes-Stämme, bei Adipösen hingegen die „ungeliebten“ Firmicutes-Stämme.
Eine derartige Verschiebung der Hauptstämme hat unmittelbare Folgen auf den Energiestoffwechsel. So produziert das Mikrobiom von Adipösen deutlich mehr Enzyme, die unverdauliche Kohlenhydrate wie Cellulose spalten können. Diese Bakterien können aus praktisch nicht verwertbaren Nahrungsbestandteilen, wie Ballaststoffen, Energie machen. Als Folge holen diese Personen viel mehr Energie aus ihrer Nahrung heraus als Menschen, bei denen Bakterien des Stammes Bacteroidetes dominieren (vgl. hier und hier).
Ein unvorteilhaftes Mikrobiom hat somit das Potenzial einer zu hohen Nahrungsverwertung, sodass die Attribute „schlechter“ bzw. „guter“ Nahrungsverwerter nicht von ungefähr kommen.
Selbst das Kauen kann einen Einfluss auf die absorbierten Kalorien haben. Eine Studie zeigte beispielsweise, dass Probanden, die Mandeln 10 und 25 mal kauten größere Energieverluste über den Stuhl hatten als Probanden, die 40 mal kauten.
Was sagt uns das?
Zunächst nur, dass hinsichtlich der Energiezufuhr eine große Fehlerspanne besteht. Trotz gewissenhaftem Kalorienzählen ist die Energiezufuhr kein reines Zahlenwerk (Und selbst auf die Zahlen ist nicht immer Verlass).
Auch während der Verdauung spielen sich zahlreiche Vorgänge ab, auf die wir keinen oder nur bedingten Einfluss haben können. Aber ein gewisser Einflussrahmen ist durchaus gegebenen.
Wenn die Ernährung viele natürliche, möglichst unverarbeitete Lebensmittel enthält, kann die Anzahl der Kalorien, die wir tatsächlich absorbieren, deutlich geringer ausfallen als man erwarten würde. Zusätzlich kostet die Verdauung von unverarbeiteter Nahrung mehr Energie, was sich ebenfalls positiv auf die Energiebilanz niederschlagen kann (siehe weiter unten).
Auf der anderen Seite werden durch den reichlichen Verzehr von stark verarbeiteten Lebensmitteln mehr Kalorien aufgenommen und weniger Energie im Rahmen des Verdauungsprozess verbrannt. Darüber hinaus sind stark verarbeitete Lebensmittel meistens weniger sättigend, energiedichter, nährstoffärmer und reich an Fett, zugesetztem Zucker und/oder Salz, was zu einer überhöhten Kalorienzufuhr und Übergewicht beitragen kann (vgl. hier, hier und hier).
Die Energiebilanzgleichung wird durch potentielle Fehlerquellen nicht ungültig. Allerdings ist eine exakte Berechnung der tatsächlich aufgenommenen und absorbierten Kalorien (ohne eigenes Stoffwechsellabor) nicht möglich.
Der Energieverbrauch – Von Person zu Person unterschiedlich
Widmen wir uns nun der zweiten Seite der Energiebilanzgleichung, dem Energieverbrauch. Vereinfacht gesagt setzt sich der Energieverbrauch aus dem Grundumsatz und dem Leistungsumsatz zusammen. Er ist die Menge an Energie, die wir zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen und körperlicher Aktivitäten benötigen.
Was sich recht einfach anhört, ist in Wirklichkeit ein komplexes System, das nicht aus zwei, sondern aus vier Hauptkomponenten besteht.
Komponente 1: Der Grundumsatz
Der Grundumsatz macht mit 50 bis 70 Prozent den größten Anteil am Gesamtenergieverbauch aus (vgl. hier).
Die individuelle Variabilität des Grundumsatzes wird durch Faktoren, wie Körperzusammensetzung (Anteil an fettfreier Körpermasse und Fettmasse), Alter, Geschlecht, Körpergröße, Hormonstatus (z.B. Schilddrüsenhormone), körperliche Fitness, ethnische Zugehörigkeit und eine Reihe von genetischen und Umwelteinflüssen beeinflusst (vgl. hier).
Von diesen ist die fettfreie Körpermasse der wesentliche Einflussfaktor auf den Grundumsatz (60-70%). Die fettfreie Masse besteht hauptsächlich aus Muskulatur und Organen mit hoher Stoffwechselaktivität, sowie aus Geweben mit niedriger metabolischer Aktivität, wie Knochen, Sehnen, Bindegewebe und Wasser.
Das Gehirn, die Leber, das Herz und die Nieren allein machen etwa 60% des Grundumsatzes bei Erwachsenen aus, obwohl ihr Gesamtgewicht weniger als 6% des gesamten Körpergewichts oder 7% der fettfreien Masse beträgt. Der Anteil der Skelettmuskulatur umfasst 40-50% des Gesamtkörpergewichts (oder 51% der fettfreien Masse), hat aber mit „nur“ 18-25% einen vergleichsweisen geringen Anteil am Grundumsatz (vgl. hier).
Im Vergleich zur fettfreien Masse macht die Fettmasse nur 5-7% des Grundumsatzes aus. Alter, Geschlecht und Körpergröße spielen nur eine untergeordnete Rolle. Größere Personen haben mehr Gewebe und daher einen höheren Energiebedarf (größere Stoffwechselaktivität) als kleinere Personen. Typischerweise verringert sich der Grundumsatz mit zunehmendem Alter als Folge biologischer Veränderungen, einschließlich des Verlustes an fettfreier Körpermasse und der damit verbundenen metabolischen Aktivität.
Ein Großteil der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Grundumsatz ist mit der unterschiedlichen Körperzusammensetzung von Männern und Frauen zu erklären. Frauen haben im Allgemeinen einen höheren Körperfettanteil als Männer. Bei gleicher Größe und gleichem Gewicht wird die Stoffwechselrate einer Frau i.d.R. 5-10% unter der eines Mannes liegen. Allerdings tritt ein Abfall des Grundsatzes bei Frauen später auf als bei Männern (im Alter von ~ 50 Jahren im Vergleich zu 40 Jahren).
Insgesamt erklären fettfreie Körpermasse, Fettmasse, Alter und Geschlecht 60–90 % der interindividuellen Variabilität des Grundumsatzes. Die Körperzusammensetzung kann ungefähr 20% des Grundumsatzes ausmachen (vgl. hier). Genetische Faktoren erklären bis zu 50 % der Variabilität (vgl. hier).
Für die Berechnung des Grundumsatzes gibt es zahlreiche Formeln, u.a. die von Harris-Benedict (1919):
Grundumsatz Männer = 66,47 + (13,75 x Körpergewicht in kg) + (5 x Körpergröße in cm) – (6,76 x Alter in Jahren)
Grundumsatz Frauen: 655,1 + (9,6 x Körpergewicht in kg) + (1,85 x Körpergröße in cm) – (4,68 x Alter in Jahren)
Beispiel 1: 40-jähriger, 90 kg schwerer Mann mit 185 cm Körpergröße
Grundumsatz: 66,47 + 1.237,5 + 925 – 270,4 = 1.959 kcal
Beispiel 2: 40-jährige, 70 kg schwere Frau mit 165 cm Körpergröße
Grundumsatz: 655,1 + 672 + 305,25 – 187,2 = 1.445 kcal
Eine weitere, weit verbreitete Formel zur Berechnung des Grundumsatzes ist die von Mifflin-St Jeor (1990):
Grundumsatz = (10 × Gewicht in kg) + (6,25 × Größe in cm) - (5 × Alter in Jahren) + s (für Männer + 5, für Frauen -161)
Beispiel 1: 40-jähriger, 90 kg schwerer Mann mit 185 cm Körpergröße
Grundumsatz: 900 + 1.156,25 - 200 + 5 = 1.861 kcal
Beispiel 2: 40-jährige, 70 kg schwere Frau mit 165 cm Körpergröße
Grundumsatz: 700 + 1.031,25 - 200 -161 = 1.370 kcal
Wie bereits der Vergleich dieser beiden Formeln zeigt, kann es durchaus Abweichungen (in dem Fall bis zu 100 kcal/Tag) geben. Und dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht einmal um den tatsächlichen Grundumsatz.
Die Ergebnisse solcher Berechnungen können nur als ungefährer Wert angesehen werden, da es verschiedene Fehlermöglichkeiten gibt, die weder Formeln, noch Rechner und selbst Fitness-Armbänder nicht berücksichtigen können. Wer es genauer wissen will, kann seinen Grundumsatz (und Leistungsumsatz) zuverlässig mittels indirekter Kalorimetrie bestimmen lassen.
Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass Personen, die größer und schwerer sind, i.d.R. auch einen höheren Grundumsatz geben.
Komponente 2: Nahrungsinduzierte Thermogenese
Hört sich kompliziert an, ist aber recht simpel: die nahrungsinduzierte Thermogenese (auch „Thermic Effect of Food“ genannt) ist die Energiemenge, die benötigt wird, um die Nahrung zu verdauen. Ja, auch Verdauung kostet Energie – und das nicht zu knapp.
Verdauung ist ein aktiver Stoffwechselprozess. Wer schon einmal nach einer proteinreichen Mahlzeit, z.B. einem großen Stück Steak ins Schwitzen gekommen ist, hat den Thermic Effect of Food live miterlebt.
Die nahrungsinduzierte Thermogenese ist von Nährstoff zu Nährstoff unterschiedlich (vgl. hier). Um Proteine zu verdauen, muss der Körper sich besonders anstrengen. Hierbei gehen 20-30% der Kalorienmenge drauf. Bei Kohlenhydraten sind es immerhin 5-10% und bei Fetten nur noch 0-3% (bei Alkohol übrigens 10-30%). Bei einer normalen Mischkost und bedarfsgerechter Energiezufuhr entspricht die nahrungsinduzierte Thermogenese etwa 10% des täglichen Energieverbrauchs.
Heißt das jetzt, dass viel Protein und viel Alkohol die optimale Kombination sind? Natürlich nicht. Alkohol hat zwar einen hohen Thermic Effect of Food, dafür aber auch reichlich „leere“ Kalorien und bremst zudem die Fettverbrennung aus. Fette sollten trotz niedrigster nahrungsinduzierte Thermogenese nicht gänzlich gemieden werden, da sie für die Zufuhr essentieller Fettsäuren unerlässlich und zudem ein Geschmacksträger sind.
Dennoch kann es einen Unterschied im Energieverbrauch ausmachen, ob jemand täglich protein- und kohlenhydratreiche Mahlzeiten isst oder sich auf vorrangig aus Kohlenhydrat-Fett-Kombinationen mit geringem Proteingehalt ernährt.
Und wie bereits erwähnt, verbraucht auch die Verdauung möglichst unverarbeiteter Lebensmitteln mehr Kalorien, als die von hochgradig industriell hergestellten Produkten.
Komponente 3: Sportliche Aktivität
Die sportliche Aktivität beschreibt die Kalorienmenge, die durch gezielte Bewegung in Form von Sport und Trainingseinheiten, also z.B. Joggen, Walken, Spazieren gehen, Fitness, Radfahren, Schwimmen etc. verbannt wird.
Wer viel Sport treibt, verbraucht logischerweise auch mehr Kalorien.
Nicht nur die Dauer, auch die Intensität der körperlichen Aktivität hat Auswirkungen auf den Kalorienverbrauch. Schnelles Joggen oder Rudern ist weitaus anstrengender als z.B. Walken oder Golfen.
Komponente 4: NEAT
NEAT? Was ist denn das?
Die Abkürzung steht für „Non-exercise activity thermogensis“ (zu deutsch etwa: Verbrennung durch nicht an Sport gebundene Aktivitäten) und ist Bestandteil des Leistungsumsatzes bzw. der körperlichen Aktivität. Unter „NEAT“ fällt die verbrauchte Energie für alles, was wir tun, außer schlafen, essen oder sportähnliche Betätigungen.
Dazu zählen auch „kleine Körperbewegungen“, wie Wippen mit dem Fuß, Herumzappeln, Gestikulieren beim Sprechen, Kaugummikauen, aber auch Stehen, Gehen, Streppensteigen usw. Diese Bewegungen, die häufig beiläufig und/oder unbewusst stattfinden, können einen nicht unbeträchtlichen Anteil des Energieumsatzes ausmachen.
Der NEAT ist die variabelste Komponente des Energieverbrauchs und kann von Person zu Person sehr unterschiedlich ausfallen. Er reicht von 15% des gesamten täglichen Energieverbrauchs bei sehr inaktiven Personen bis zu 50% oder mehr des gesamten täglichen Energieverbrauchs bei hochaktiven Menschen (vgl. hier). Demnach kann der NEAT bei einem durchschnittlichen Gesamtenergieumsatz von 2.000 kcal einen Unterschied von 700 kcal täglich ausmachen. Je nach Körpergewicht und Aktivitätsniveau können sich diese nicht sportgebundenen Bewegungen auf täglich bis zu 2.000 Extra-Kalorien über den Grundumsatz hinaus ansammeln (vgl. hier).
Aktive Personen mit einem hohen NEAT werden somit mehr Kalorien verbrauchen (und z.B. in der Diät bessere und schnellere Abnehmerfolge erzielen) als inaktive Leute – trotz gleicher Ernährung und Sportprogramm.
Was beim Abnehmen von Vorteil ist, kann bei einer gewünschten Gewichtszunahme einen Nachteil darstellen. In einer Studie von Vanltallie reagierten einige Probanden, die für 8 Wochen lang einen Kalorienüberschuss von 1.000 kcal am Tag einhalten sollten, mit einem deutlich erhöhten NEAT, sodass bis zu 69 Prozent des Kalorienüberschusses (also knapp 700 kcal) wieder verbrannt wurde.
Jemand, der sich im Kalorienüberschuss befindet und gleichzeitig einen hohen NEAT hat, wird es schwerer haben, zuzunehmen. Und jemand, der abnehmen möchte, aber einen geringen NEAT hat, wird es schwerer haben, abzunehmen.
Bei einer Diät kommt hinzu, dass die reduzierte Nahrungszufuhr und/oder mehr Sport zu kompensatorischen Verhaltensweisen, wie u.a. einer reduzierten Aktivität oder einer erhöhten Energiezufuhr, beitragen können, welche die Energiebilanz ausgleichen oder sogar zu einem Überschuss führen können (vgl. hier und hier). Allerdings muss dies nicht bei jedem eintreten.
Der NEAT wird sowohl von biologischen, als auch ökologischen und soziologischen Faktoren beeinflusst. Der organisatorische Mittelpunkt ist im Gehirn (vgl. hier und hier und hier). Es kann genauso gut sein, dass die Diät und mehr Sport das subjektive Gefühl von „Energiegeladenheit“ bewirken, was wiederum dazu anregen und motivieren könnte, auch abseits fester Trainingszeiten aktiver zu sein. Allerdings kommt es im Rahmen eines Kaloriendefizits i.d.R. auch zu einem Abfall des NEAT, der sogar für eine gewisse Zeit nach der Diät anhält (vgl. hier).
Ob Zunehmen oder Abnehmen – Der NEAT kann den Unterschied machen!
Dynamische Energiebilanzgleichung
Wie wir gesehen haben, ist die Energiebilanzgleichung ein hochkomplexes System mit zahlreichen Variablen. Die Seite der Energiezufuhr ist ebenso schwer an einer fixen Kalorienzahl festzumachen, wie die Seite des Energieverbrauchs.
Was sich grundsätzlich einfach anhört (Energieverbrauch > Energiezufuhr = Gewichtsverlust), ist unter realen Bedingungen weitaus schwieriger zu kontrollieren. Niemand kann mit 100%iger Gewissheit sagen, wie viele Kalorien er exakt aufnimmt, absorbiert, verbrennt und speichert.
Dieser Komplexität kann kein Fitnesstracker gerecht werden.
Die folgende Grafik zeigt einige Beispiele für die vielen Faktoren, die die Energiebilanz regulieren und beeinflussen.
Signale zwischen dem Gehirn und den Körpersystemen spüren den Energiebedarf und helfen, das Körpergewicht und die Zusammensetzung zu regulieren. Genetik und frühe Lebensereignisse können die Fähigkeit des Körpers beeinflussen, das Gewicht zu „spüren“ und zu managen.
Hingegen können Umwelt- und Lebensstilfaktoren, einschließlich Stimmungs-, Stress- und Belohnungsfaktoren, Körpersignale für die Nahrungszufuhr übersteuern. Auch jegliche Veränderungen der Körpergröße, des Gewichts und der Körperzusammensetzung kann sowohl die Energiezufuhr, als auch die Energiezufuhr verändern.
Selbst wenn diese einzelnen Variablen statisch wären, wäre die Energiebilanzgleichung komplex genug. Es handelt sich aber um ein dynamisches System, bei dem die Veränderung einer Variable die anderen Variablen mitbeeinflusst.
Kein Wunder, wenn man da den Durchblick verliert…
Ist die Dynamik in der Energiebilanzgleichung schlecht?
Nein, keineswegs. Der menschliche Stoffwechsel ist äußerst anpassungsfähig, um uns am Leben zu erhalten und zu funktionieren, wenn z.B. Nahrung knapp ist. Das ist gut. Um nicht zu sagen: Es wäre schlecht, wenn es anders wäre…
Homöostase & Adaptation: Dein Körper passt sich an
Der Körper ist stets bestrebt einen Gleichgewichtszustand, auch „Homöostase“ genannt, aufrechtzuerhalten. Die Wahrung dieses Gleichgewichts wird durch spezielle homöostatische Prozesse sichergestellt.
Der Säure-Basen-Haushalt und Calcium- und Phosphathaushalt, die Regulation des Blutdrucks und Blutzuckerspiegels, Reflexe, Schlaf, der Atemantrieb, die Thermoregulation aber auch die Regulation des Energiehaushaltes zählen allesamt zu den internen regelnden Prozess.
Das Körpergewicht wird durch ein komplexes neurohormonales System reguliert, das die fundamentale biologische Bedeutung der Energiebilanz und Nährstoffversorgung widerspiegelt.
An der Homöostase sind zahlreiche Neuropepdide und Hormone des Nervensystems beteiligt, die Hunger, Appetit und Nahrungszufuhr steuern.
Wie gut dieses System zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch eingespielt ist, lässt sich daran erkennen, dass viele Menschen ihr Gewicht über Jahre und Jahrzehnte hinweg ohne bewusste Anstrengung relativ konstant halten können.
Das ist wirklich eine erstaunliche Leistung und deutet auf gut abgestimmte Mechanismen der Energiebilanz hin. Immerhin hat ein durchschnittlicher Erwachsener innerhalb von 10 Jahren zwischen 7,3 Mio. und 1,1 Mio. Kilokalorien (entspricht 2.000 – 3.000 kcal/Tag) in verschiedenster Form und zu unterschiedlichsten Zeitpunkten gegessen. Demgegenüber muss exakt der gleiche Energieverbrauch stehen, der ebenfalls von Tag zu Tag variiert. Ein wahrer Balanceakt!
Was bringt die Homöostase aus dem Gleichgewicht?
Ein Kaloriendefizit oder Kalorienüberschuss durch Veränderungen der Kalorienzufuhr oder der körperlichen Aktivität rufen eine Störung der Homöostase im Organismus vor. Da der Organismus aber nach einem physiologischen Gleichgewichtszustand strebt, passt er sich an die neue Situation an.
Im Allgemeinen lässt sich festhalten:
In einem Energiedefizit, sinkt der Energieverbrauch. Man verbraucht weniger Kalorien, weil man weniger isst und weniger wiegt.
In einem Energieüberschuss, erhöht sich der Energieverbauch. Man verbraucht mehr Kalorien, weil man mehr isst und mehr wiegt.
Ein Energiedefizit oder ein Energieüberschuss haben einen stärkeren Effekt, wenn sie in Extreme neigen (vgl. hier und hier).
Bei magersüchtigen Frauen kann der Gesamtenergieverbrauch unter 1.200 kcal pro Tag liegen. Neben der Verringerung des Körpergewichts und einer daraus resultierenden Verringerung des Grundumsatzes führt ein dauerhafter Energiemangel auch zu geringerer körperlicher Aktivität durch eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit mit dem Verlust von Muskelmasse.
Bei krankhaft Fettleibigen werden infolge des chronischen Energieüberschusses Werte von über 3.600 kcal bei Frauen und 4.800 kcal bei Männern erreicht – ein Energieverbrauch, der mindestens 50% über dem Wert bei durchschnittlichem Gewicht und durchschnittlicher körperlicher Aktivität liegt. So ist bei einem Kalorienüberschuss ein erhöhter Gesamtenergieverbrach, u.a. aufgrund der größeren Körpermasse und dem Energieaufwand zur Speicherung überschüssiger Nährstoffe zu beobachten.
So funktioniert das System. Durch diese Anpassungsmechanismen schützt sich der Körper vor einem unerwünschten Gewichtsverlust und Hunger. Denn: die Wirkung von Kaloriendefizit und Kalorienüberschuss auf die Energiebilanz fallen durchaus unterschiedlich aus (vgl. hier). Der Körper reagiert auf einen Energiemangel deutlich stärker (siehe Abschnitt „Körpereigene Verteidigungsmechanismen, die Widerstand leisten“).
Der Unterschied in der Wirkung eines Kaloriendefizits und eines Kalorienüberschusses auf den Energieumsatz ist wahrscheinlich eine Folge der natürlichen Selektion. Ausgleichsmechanismen, die Energie sparen, um den Gewichtsverlust zu verringern und die Gewichtszunahme zu steigern, haben bei Nahrungsmangel schon immer die Überlebenschancen gesteigert.
Menschen haben viele Anpassungen an Hunger, aber nicht an den Überkonsum von Lebensmitteln entwickelt. Da es in der Geschichte der Menschheit noch nie so viele Nahrungsmittel wie in den letzten 50 Jahren gab, leben wir heutzutage in einer Umgebung, in der Überernährung und das Risiko, übergewichtig und fettleibig zu werden vorherrscht.
Beispielsweise nimmt die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland weiterhin zu: 59% der Männer und 37% der Frauen sind übergewichtig. Auch werden Dicke immer dicker.
Weniger Muskeln = mehr Hunger
Crash-Diäten und Abnehmprogramme, in denen Blitzerfolge innerhalb nur weniger Wochen versprochen werden, haben ein Problem. Sie suggerieren nicht nur, dass man Monate und Jahre der Fehlernährung und mangelnder Bewegung binnen kürzester Zeit „ausgleichen“ könne. Sie fordern hierfür auch einen hohen Preis, dessen sich die Abnehmwilligen zu Beginn der Diät nicht bewusst sind.
Eine schnelle Gewichtsabnahme funktioniert nur über ein hohes Defizit, oftmals wird auch eine zu niedrige Proteinzufuhr angesetzt und Krafttraining nicht oder in leichter Intensität ausgeführt. Das Ergebnis: Man nimmt ab, welche Wunder. Aber der Gewichtsverlust besteht zu einem großen Teil aus Muskeln anstelle von Fett.
Nun mögen einige denken: Na und, ist doch egal. Hauptsache weniger Gewicht auf der Waage.
Nun, abgesehen davon, dass ein schlanker Körper mit wenig Muskeln und einem vergleichsweise hohen Körperfettanteil nicht zu der straffen Optik beiträgt, die sich wohl die meisten wünschen, kann der Verlust an fettfreier Masse, zu der auch die Muskulatur zählt, auch die nachhaltige Gewichtsabnahme behindern. Wie? Durch mehr Hunger!
Die Abnahme der fettfreien Masse wirkt sich nicht direkt auf die Energiezufuhr aus, sondern beeinflusst über ein Feedback-Signal bzw. eine Art „Rückkopplungsschleife“ indirekt das Hungergefühl, die selbstgewählte Mahlzeitengröße und die tägliche Kalorienaufnahme (vgl. hier).
Es existiert somit ein Kontrollsystem, bei dem der Verlust oder das Defizit von fettfreier Masse als Auslöser einer erhöhten Energiezufuhr funktioniert, mit dem Ziel, fettfreie Masse wiederherzustellen. Daraus resultiert aber auch eine Erhöhung der Fettmasse, die über dem Ausgangswert liegen kann. Diese „Nebenwirkung“ wird auch als „Kollateralmast“ bezeichnet.
Mit anderen Worten: Wer nach der Diät wieder zunimmt, ist oftmals „fetter“ als vor Diätstart.
Dies sollte eine deutliche Warnung vor Crash-Diäten sein. Der Gewichtsverlust an sich führt bereits zu einem geringeren Energiebedarf. Der Verlust an fettfreier Masse bzw. Muskeln macht das Abnehmen und Gewicht halten noch viel schwieriger, da der Drang zum Essen viel größer ist und man schwerer widerstehen kann.
Bei Normalgewichtigen ist der Anteil an fettfreier Masse am Gewichtsverlust höher als bei Übergewichtigen. Wer anschließend wieder zunimmt, nimmt verhältnismäßig mehr Fett als fettfreie Masse zu. Unterm Strich kann das ganze Diäten dazu führen, dass man selbst bei identischem Gewicht (vor der Diät/ nach erneuter Gewichtszunahme) mehr Fett am Körper trägt.
Wer sich noch dazu wenig bewegt und die Muskulatur nicht fordert, treibt den Verlust an fettfreier Masse weiter voran.
Weitere Faktoren, die eine Gewichtsabnahme erschweren können
Das Gehirn interagiert mit Signalen von „hedonischen“ Belohnungswegen, die mit der Schmackhaftigkeit (zum Beispiel Sehen, Riechen und Schmecken) von Nahrungsmitteln in Verbindung stehen. Solche hedonischen Belohnungswege können das homöostatische System außer Kraft setzen und den Wunsch nach energiereicher Nahrung, trotz physiologischer Sättigung und voller Energiespeicher, erhöhen. Mehrere Neurotransmittersysteme im Gehirn, einschließlich dopaminergener, opioidergener und cannabinoider Mechanismen, spielen eine wichtige Rolle bei Belohnungswegen und vermitteln die Lust auf Essen.
Die Umgebung, in der wir leben, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der Energie-Homöostase. Das derzeitige Ausmaß an Fettleibigkeit ist zumindest teilweise auf eine „obesogene“ Umwelt zurückzuführen. Zu dieser Umgebung gehören die intensive Vermarktung von energiedichten Nahrungsmittel, die erhöhte Verfügbarkeit dieser Nahrungsmittel und erhöhte Portionsgrößen, die allen Menschen die Möglichkeit bieten, große Portionen zuckerhaltiger und fettreicher Nahrungsmittel zu konsumieren.
Außerdem regt eine Gesellschaft mit hohem Stressdruck ein kompensatorisches Essverhalten. Gleichzeitig ist die erhöhte Nahrungszufuhr mit einer Abnahme der körperlichen Aktivität verbunden, beispielsweise wegen Bürojobs und einer rückläufigen Förderung des Sportunterrichts in Schulen. Letztendlich macht es eine „obesogene“ Umgebung für den Einzelnen schwieriger, ein gesundes Körpergewicht durch eine ausgewogene Ernährung oder Aufrechterhaltung der körperlichen Aktivität zu halten bzw. zu erreichen.
Doch auch unser Verhalten beeinflusst die Energie-Homöostase. Es ist offensichtlich, dass das bloße Wissen, dass eine gesunde Ernährung und Bewegung zu einer Gewichtsabnahme führt, nicht ausreicht, um übermäßiges Körpergewicht zu reduzieren und sich eine gesunde Lebensweise anzueignen. Ein erfolgreiche Gewichtsabnahme ist mit spezifischen Verhaltensänderungen verbunden, insbesondere in Bezug auf Ernährung und Bewegung.
Die persönliche Motivation für Veränderungen kann eine grundlegende Rolle bei der Änderung ungesunder Gewohnheiten und des Lebensstils spielen. Hierzu zählt auch die Förderung der Selbstwirksamkeit, d.h. der Überzeugung, dass man selbst in der Lage ist, sich erfolgreich einem bestimmten Verhalten wie Bewegung zu unterziehen. Nur eine nachhaltige Verhaltensänderung kann zu einer langfristigen Aufrechterhaltung der Gewichtsabnahme führen.
Darüber Hinaus bestehen kompensatorische Veränderungen in den biologischen Pfaden, die bei der Appetitregulation, der Energienutzung und der Speicherung beteiligt sind und eine Gewichtszunahme nach dem Gewichtsverlust begünstigen können. Diese Veränderungen beeinflussen unser komplexes neurohormonales System, das die Energie-Homöostase reguliert, einschließlich Störungen in den Spiegeln zirkulierender appetithomogener Hormone und der Energie-Homöostase sowie Veränderungen des Nährstoff-Metabolismus und des subjektiven Appetits.
Somit könnte der Kampf des Körpers um die Aufrechterhaltung der Homöostase während und nach der Diät zum „Problem“ werden. Zudem zeigen Menschen unverhältnismäßige Änderungen im Energieverbrauch, wenn sie einer negativen Energiebilanz ausgesetzt sind. Auch dies könnte eine erneute Gewichtszunahme fördern.
Körpereigene Verteidigungsmechanismen, die Widerstand leisten
Während einer Diät verursachen eine negative Energiebilanz und ein Gewichtsverlust einen Abfall des Energieverbrauchs. Was passiert?
- Der Gesamtenergieumsatz sinkt, weil wir weniger wiegen und der Stoffwechsel effizienter arbeitet.
- Der Grundumsatz sinkt, weil wir Körpermasse verloren haben (vgl. hier und hier).
- Der Kalorienverbrauch bei körperlicher Aktivität sinkt, weil wir weniger wiegen.
- Der Kalorienverbrauch sinkt womöglich auch, weil wir uns weniger bewegen.
Es finden also metabolische Anpassungsmechanismen an das niedrigere Körpergewicht statt.
Änderungen des Energieverbrauchs erklären sich größtenteils durch proportionale Veränderungen des Gesamtenergieverbrauchs, des Energieverbrauchs durch körperliche Aktivität und des Grundumsates in Abhängigkeit von Veränderungen des Körpergewichts und der Körperzusammensetzung.
Darüber hinaus kann ein Kaloriendefizit zu einer metabolische Anpassung führen, die allgemein als „adaptive Thermogenese“ bezeichnet wird.
Adaptive Thermogenese – Was ist das?
Die adaptive Thermogenese spiegelt eine Verringerung der Erhaltungskalorien unter den vorhergesagten Werten wieder, die nicht auf Veränderungen der Körpermasse oder des nahrungsinduzierten Energieverbrauchs zurückzuführen ist.
Dieses Phänomen wird bei einem Energiemangel bzw. Kaloriendefizit, nicht aber bei einem Energieüberschuss beobachtet.
Das Minnesota Starvation Experiment war die erste Studie, die eine adaptive Abnahme der Thermogenese als Reaktion auf eine Energieeinschränkung zeigte. In dieser Studie wurden der Energieverbrauch, die Körpermasse und Körperzusammensetzung bei 32 Männern gemessen, die während 24 Wochen nur die Hälfte ihres Energiebedarfs aßen. Der Vergleich zur Kontrollperiode bzw. Ausgangslage zeigte, dass der hinsichtlich des Verlustes an fettfreier Masse- und Fettmasse angepasste Grundumsatz nach 12 bzw. 24 Wochen Diät um 20% bzw. 25% nach 12 bzw. 24 Wochen gesunken. Der Abfall des Grundumsatzes war ca. 360 kcal und ca. 400 kcal/Tag größer als der vorhergesagte Wert.
Seitdem wurde die adaptive Thermogenese in experimentellen und klinischen Studien zur Gewichtsreduktion reproduziert. Die adaptive Thermogenese variiert zwischen 100 und 500 kcal/Tag und wird sowohl bei schlanken als auch bei übergewichtigen Probanden beobachtet. Sie ist unabhängig von der Diät-Strategie.
In jüngerer Zeit trug die Studie von Rosenbaum und Leibel wesentlich zur Quantifizierung der adaptiven Thermogenese bei. Diese Studie beschrieb die Veränderungen des Energieverbrauchs bei normalgewichtigen und adipösen Personen nach einer 10%igen Gewichtszunahme und bei einem Gewichtsverlust von 10% und 20% infolge einer Diät mit 800 kcal/Tag.
Tatsächlich lag die adaptive Thermogenese, die in dieser Studie als Differenz zwischen dem beobachteten und vorhergesagte Gesamtenergieverbrauch angegeben wurde, bei den adipösen Personen nach einem Gewichtsverlust von 10% bzw. 20% bei -244 und -301 kcal/Tag. Bei den normalgewichtigen Probanden betrug die adaptive Thermogenese -218 nach 10%igem Gewichtsverlust.
Eine signifikante adaptive Abnahme der Thermogenese wurde auch bei weniger drastischen Diätbedingungen berichtet. Studien, die im klinischen Kontext von Abnehmprogrammen bei übergewichtigen Personen durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass ein durchschnittliches Energiedefizit von 500 bis 700 kcal/Tag ausreichend ist, um eine stärkere als vorhergesagte Abnahme des Energiebedarfs zu bewirken (vgl. hier).
In der Studie von Doucet et al. wurde bei übergewichtigen Männern und Frauen eine adaptive Senkung des Gesamtenergieverbrauchs während einer 15-wöchigen Diät berichtet. Zu Studienbeginn unterschied sich der vorhergesagte Grundumsatz bei Männern nicht signifikant vom gemessenen Wert, während der gemessene Grundumsatz bei Frauen sogar 13% höher war als vorhergesagt. Nach zwei Wochen Diät war der gemessene Grundumsatz bei den Männern bzw. Frauen 112 kcal und 151 kcal/Tag niedriger als vorhergesagt. Diese Differenz stieg nach acht Wochen Diät auf 230 kcal/Tag (Männer) bzw. 147 kcal/Tag (Frauen).
Sobald sich das Körpergewicht am Ende des Abnehmprogramms stabilisiert hatte, blieben die Veränderungen des Grundumsatzes bei Männern unter den vorhergesagten Werten (-149 kcal/Tag). Bei Frauen konnte zu diesem Zeitpunkt keine Differenz mehr zwischen dem vorhergesagten und gemessenen Grundumsatz festgestellt werden, selbst wenn die Frauen ein reduziertes Körpergewicht beibehielten. Diese Ergebnisse bestätigen die Existenz der adaptiven Thermogenese während der Gewichtsabnahme bei Männern und Frauen.
Darüber hinaus scheint diese adaptive Thermogenese hauptsächlich auf die Energierestriktion zurückzuführen zu sein, da sie früh während des Abnehmprogramms auftrat, noch bevor irgendwelche wesentlichen Änderungen des Körpergewichts oder der Zusammensetzung beobachtet wurden. Dies wird auch durch die Beobachtung bestätigt, dass, sobald die Gewichtsstabilität und möglicherweise das Energiegleichgewicht am Ende der Diät wiederhergestellt worden waren, die adaptive Thermogenese abgeschwächt wurde – insbesondere bei Frauen, wo sie in dem Fall vollständig verschwand.
Diese Studien zeigen, dass es während einer Diät (noch vor großartigen Veränderungen des Körpergewichts) zu einer signifikant größeren als vorhergesagten Abnahme des Energieverbrauchs kommen kann. Diese Veränderungen können auch während der kurzfristigen Aufrechterhaltung eines signifikant niedrigeren Körpergewichts vorliegen.
Die Biosphere 2-Studie demonstrierte, dass eine adaptive Reduktion des Energieverbrauchs auch während der Aufrechterhaltung eines reduzierten Körpergewichts besteht. Die Studienergebnisse zeigten, dass nach zwei Jahren einer energiereduzierten, fettarmen, aber nährstoffreichen Diät und einem deutlichen, nachhaltigen Gewichtsverlust (≈15%), der tägliche Gesamtenergieverbrauch signifikant niedriger war, als für Alter, Geschlecht und Körperzusammensetzung vorhergesagt.
Der geringere als vorhergesagte Energieverbrauch war zu einem großen Teil auf eine geringe spontane körperliche Aktivität zurückzuführen, obwohl auch der Energieumsatz während der Schlafphase unter den Vorhersagen lag. Sechs Monate, nachdem die Probanden wieder zu ihren „normalen“ Ernährungsgewohnheiten zurückgekehrt waren, ist das Körpergewicht wieder auf den Ausgangswert gestiegen (fast nur aufgrund der Zunahme von Fettmasse).
Doch trotz der vollständigen Wiedererlangung des „alten“ Körpergewichts blieben der korrigierte Gesamtenergieverbrauch und die spontane körperliche Aktivität unter den vorhergesagten Werten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine adaptive Reduktion des Energieverbrauchs nicht nur bei lebensbedrohlicher Unterernährung auftreten kann, sondern auch als Reaktion auf eine weniger strenge Diät, die über Jahre durchgeführt werden kann.
Obwohl das Biosphere 2-Experiment an normalgewichtigen Personen durchgeführt wurde, haben andere Studien an ehemals adipösen Personen gezeigt, dass auch diese Personen eine niedrigere Stoffwechselrate im Ruhezustand für ihre Körpergröße und Zusammensetzung haben als Personen, die nie adipös waren (vgl. hier). Dies legt nahe, dass die adaptive Verringerung der Thermogenese ein Faktor sein könnte, der die langfristige Gewichtsabnahme erschwert.
Was ist nach der Diät anders?
Rosenbaum et al. beschreiben die adaptive Thermogenese als koordinierende Aktionen metabolischer, verhaltensbezogener, neuroendokriner und autonomer Reaktionen, die darauf abzielen, die Energiespeicher des Körpers (Fett) auf einem vom ZNS-definierten „Ideal“ zu halten.
Um dies zu verdeutlichen, sind in der folgenden Tabelle die Veränderungen des Energiehaushalts nach bzw. während der Gewichtsreduktion dargestellt:
Veränderungen des Energiehaushaltes in der Erhaltungsphase nach Gewichtsverlust |
|
---|---|
Effekt eines Gewichtsverlustes um 10 % | |
24-h-Gesamtenenergieumsatz | Reduziert (-15%) |
Grundumsatz | Unverändert oder reduziert (bis -15%) |
Nahrungsinduzierte Thermogenese | Unverändert |
Leistungsumsatz | Reduziert (-30%) |
Effektivität der Skelettmuskulatur | Erhöht (20%) |
Quelle: Rosenbaum M, Leibel RL. Adaptive thermogenesis in humans. International journal of obesity (2005). 2010;34(0 1):S47-S55 [Link] |
Die Aufrechterhaltung eines reduzierten Körpergewichts um 10% oder mehr geht – sowohl bei schlanken, als auch bei fettleibigen Personen – mit einem Rückgang des 24-Stunden-Energieverbrauchs um 20-25% einher.
Die Verringerung der Erhaltungskalorien ist dabei 10-15% höher als der theoretische Wert, der sich auf Basis von Veränderungen in Fettmasse und fettfreier Masse ergeben würde (vgl. hier, hier und hier).
Der Grundumsatz kann nach dem Gewichtsverlust gleich bleiben oder sinken. In einigen Studien wurde nach dem Gewichtsverlust eine leichte Reduktion des Grundumsatzes beobachtet (vgl. hier, hier und hier). In der bereits erwähnten Studie Rosenbaum und Leibel wurde beispielsweise eine Reduktion des Grundumsatzes um bis zu 15% unter dem zu erwarteten Wert festgestellt. Das ist durchaus viel, wenn man bedenkt, dass bei einer durchschnittlichen täglichen Kalorienzufuhr von 2.500 kcal etwa 375 kcal pro Tag (z.B. ein Stück Kuchen) zu einem Kalorienüberschuss führen würden.
Der Abfall des Grundumsatzes ist auf eine geringere Körpermasse, d.h. eine Abnahme der fettfreien Masse und Fettmasse zurückzuführen (vgl. hier und hier). Auch gibt es Hinweise darauf, dass der Abfall des Grundumsatzes trotz Sport und der relativen Erhaltung der fettfreien Masse nicht verhindert werden kann.
So hat eine Studie zur Untersuchung der Körperzusammensetzung und des Energieverbrauchs bei 16 stark übergewichtigen Personen, die an einem 30-wöchigen Abnehmprogramm mit Diät und intensivem Training teilnahmen, eine unverhältnismäßige Verlangsamung des Grundumsatzes während der Gewichtsabnahme gezeigt – trotz relativem Erhalt der fettfreien Masse. Nach 30 Wochen war im Durchschnitt mehr als ein Drittel des ursprünglichen Körpergewichts verloren, was zu 83% aus Fett und zu 17% aus fettfreier Masse bestand. Allerdings sank der Grundumsatz um 789 kcal/Tag, was 504 kcal/Tag über dem erwarteten Wert auf Basis der Veränderung des Körpergewichts und der Körperzusammensetzung lag.
Neben der möglichen Reduktion des Grundumsatzes fällt insbesondere der Abfall des Leistungsumsatzes um bis zu 30 Prozent auf. Damit ist die körperliche Aktivität der Bestandteil der Energieverbrauchsseite, der am stärksten von einem reduzierten Körpergewicht betroffen ist.
Bei der nahrungsinduzierten Thermogenese ist nach dem Gewichtsverlust kein signifikanter Rückgang zu beobachten. Verdauungseffizienz und Thermic Effect of Food werden hauptsächlich von der Zusammensetzung der Nahrung beeinflusst. Allerdings kann die Menge an Nahrung, die wir essen, unter Umständen auch den nahrungsinduzierten Energieverbrauch beeinflussen.
Die Anpassungen der Stoffwechselrate infolge einer Diät können auch durch eine verbesserte metabolische Effizienz der Skelettmuskulatur erklärt werden: Bewegung wird mit geringerem Körpergewicht leichter und energieeffizienter. Wenn wir Körpergewicht verlieren, widersteht der Körper diesen Veränderungen, indem er den Energieverbrauch durch Änderungen der Stoffwechselrate und Arbeitseffizienz verändert.
Eine weitere mögliche Erklärung ist eine „Verhaltensanpassung“ in Form einer Verringerung der körperlichen Aktivität (vgl. hier). Obwohl während einer Diät häufig eine verbesserte körperliche Vitalität berichtet wird, kann eine Abnahme der körperlichen Aktivität ein unbewusstes Phänomen darstellen, um während eines Kaloriendefizits Energie zu sparen (vgl. hier).
Wer sich in der Diät müde und schlapp fühlt, wird sich wahrscheinlich weniger bewegen als eine energiegeladene Person. Und damit ist nicht nur gezielter Sport, sondern auch die alltägliche Bewegung gemeint, die einen weitaus größeren Einfluss auf den Leistungsumsatz haben kann als die 30-minütige Jogging-Runde.
Der geringerer Energieverbrauch nach der Diät wäre kein großes Problem, wenn die Energiezufuhr proportional reduziert werden würde. Jedoch kann bei Versuchen, den Gewichtsverlust aufrechtzuerhalten, eine offensichtliche Trennung zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch auftreten, die die Gewichtszunahme begünstigt.
Beispielsweise kann das Gefühl von Hunger oder Dysphorie (banale Alltagsverstimmung), das während einer Diät häufig auftritt, eine erhöhte Nahrungsaufnahme fördern und die Kluft zwischen Energieverbrauch und -aufnahme weiter vergrößern.
Zusammengefasst erklären sich Änderungen des Energieverbrauchs größtenteils durch proportionale Veränderungen des Gesamtenergiebedarfs, des Verbrauchs durch körperliche Aktivität und des Grundumsatzes in Abhängigkeit von Veränderungen des Körpergewichts und der Körperzusammensetzung. Darüber kann ein Kaloriendefizit eine metabolische Anpassung (adaptive Thermogenese) verursachen, die sich in einer Verringerung des Erhaltungskalorien unter den vorhergesagten Werten widerspiegelt.
Somit ist die Erhaltung eines reduzierten Körpergewichts mit kompensatorischen Veränderungen des Energieverbrauchs verbunden, die tendenziell die Gewichtszunahme begünstigen.
Die oben erwähnten Studien zeigen, dass sowohl der Energieverbrauch, als auch die Energiezufuhr durch die adaptive metabolische Reaktion auf den Gewichtsverlust beeinflusst werden. Die Persistenz bzw. das Fortbestehen dieser metabolischen Anpassung während der Gewichtskontrolle kann zur Gewichtszunahme prädisponieren.
Ist mein Stoffwechsel „kaputt“?
Die adaptive Reduktion der Thermogenese ist sowohl nach kurzer, als auch nach langfristiger Gewichtsreduktion nachweisbar.
Es gibt Hinweise darauf, dass kurze Diäten (<6 Wochen) zu einem doppelt so hohen Abfall des Grundumsatzes führen wie lange Diäten mit von mindestens 6 Wochen Intervention (vgl. hier). Demnach könnte eine größeres Energiedefizit bei einigen Personen nicht systematisch zum erwarteten Gewichtsverlust führen, wenn das Ausmaß des Energiedefizits durch eine aggressivere Reaktion auf die Senkung des Grundumsatzes herunterspielt wird.
In diesem Zusammenhang ist eine frühere Studie von Miller und Parsonage interessant, die 29 Frauen untersuchten, die behaupteten, sie könnten nicht abnehmen. Die Teilnehmer wurden für 3 Wochen in einem Haus untergebracht, wo sie eine Standard-Diät von 1.500 kcal pro Tag erhielten. Unter diesen sehr kontrollierten Bedingungen verloren 19 Frauen Gewicht, 9 verloren kein Gewicht und eine Frau nahm sogar zu. Zudem wurde der Energieverbrauch während des 3-wöchigen Zeitraums drei Mal gemessen. Am Ende kamen die Autoren zu dem Schluss, dass Frauen mit dem niedrigsten Grundumsatz diejenigen waren, die unter sehr gut kontrollierten Bedingungen nicht abnahmen.
Reinhardt et al. haben anhand von detaillierten Messungen der tatsächlichen Energiezufuhr und des Energieverbrauchs während sorgfältig überwachter, längerer stationärer Studien eindeutig festgestellt, dass es eine Schwankungsbreite im Gewichtsverlust bei übergewichtigen Personen gibt, die nicht das Ergebnis einer mangelnden Einhaltung der Diät ist, sondern durch reale biologische interindividuelle Unterschiede des Energieverbrauchs als Reaktion auf ein Energiedefizite verursacht wird.
Sie sehen Hinweise für „sparsame“ und „verschwenderische“ Phänotypen bei adipösen Personen. Der sparsame Phänotyp zeigte einen relativ größeren Rückgang der Gesamtenergieverbrauchs beim Fasten und einen geringeren Anstieg der Gesamtenergieverbrauchs bei einem Kalorienüberschuss. Diese Merkmale waren mit einem geringeren Gewichtsverlust während der Kalorienrestriktion verbunden, während ein verschwenderischer Phänotyp (aufgrund des höheren Energiedefizits) einen größeren Gewichtsverlust verbuchen konnte.
Diese Studien veranschaulichen, dass ein Diätprogramm nicht bei jedem einschlagen muss und das Ausmaß der Gewichtsentwicklung von individuellen Faktoren abhängt.
Die Auswirkungen der Aufrechterhaltung eines reduzierten Körpergewichts auf die einzelnen Variablen des Gesamtenergieumsatzes (Grundumsatz, nahrungsinduzierte Thermogenese, Leistungsumsatz) können sehr unterschiedlich ausfallen.
Hierbei spielen individuelle Faktoren eine Rolle, wie z.B. Alter, Genetik, braunes und weißes Fettgewebe, Ausmaß und Dauer der Gewichtskontrolle vor und nach dem Gewichtsverlust, die bisherige Diät-Historie, Veränderungen in der körperlichen Fitness und die Zeit, die für körperliche Aktivitäten nach dem Gewichtsverlust aufgewendet wurde.
Die Veränderungen des täglichen Energieverbrauchs als Reaktion auf eine Gewichtsabnahme (oder Zunahme) kann somit erheblich variieren. Manche erleben relativ große, überkompensatorische Reaktionen, während sie bei anderen nur in geringem Ausmaß oder gar nicht festzustellen sind.
Die adaptive Anpassung der Thermogenese im Sinne eines geringeren als zu erwartenden Energieverbrauchs muss daher nicht bei jedem auftreten. Sie kann aber auftreten und für einige Individuen eine Gefahr für den Gewichtsverlust darstellen.
In der Doucet-Studie betrug die maximale individuelle Abweichung von den vorhergesagten Werten des Grundumsatzes 644 kcal/Tag, was fast der Höhe des Energiedefizits (700 kcal/Tag) entsprach. Der größer als erwartete Rückgang des Grundumsatzes hat somit fast das gesamte Kaloriendefizit „aufgefressen“.
Doch der Grundumsatz ist nicht die einzige Komponente, die Einfluss auf den Gesamtenergiebedarf nimmt. Die adaptive Thermogenese wurde auch für den Leistungsumsatz beobachtet (siehe hier und hier).
In einer Studie von Hopkins et al. absolvierten 30 übergewichtige Frauen ein 12-wöchiges, überwachtes Aerobicprogramm. Im Mittel gab es keine Abweichung zwischen prognostiziertem und gemessenem Grundumsatz. Allerdings zeigten 43% der Teilnehmerinnen einen mehr als erwarteten Rückgang Grundumsatzes (-102,9 ± 77,5 kcal pro Tag). Erstaunlich ist die beträchtliche Variabilität in der adaptiven metabolischen Reaktion auf körperliche Bewegung.
Wichtig ist, dass diejenigen, die eine Herunterregulierung des Grundumsatzes erfahren hatten, ebenfalls eine Hochregulierung der Energiezufuhr erfuhren, was darauf hinweist, dass die adaptive metabolische Reaktion auf das Training sowohl physiologische, als auch verhaltensbasierte Komponenten der Energiebilanz beeinflusst.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Anpassungen im Energiestoffwechsel an eine kalorienarme Diät bei einigen Personen in der Tat eine Barriere für den Gewichtsverlust darstellen können. Mit anderen Worten: Einige Menschen müssen höhere Hürden beim Abnehmen überwinden als andere.
Obwohl der Pfad zum Abnehmerfolg mit Steinen unterschiedlichster Höhe gepflastert ist und wir auf verschiedene Anpassungsmechanismen keinen Einfluss haben, so sind wir dennoch nicht zum Zunehmen verdammt.
Zum einen kann auch eine schlechtere Einhaltung der Diät dazu betragen, dass der Gewichtsverlust nicht den Erwartungen entspricht (vgl. hier und hier). Zum anderen gibt es Faktoren, die wir durchaus beeinflussen können.
Kann ich gar nichts dafür?
Die Tatsache, dass die metabolischen Anpassung an das reduzierte Körpergewicht unter Umständen höher ausfallen können, als sich anhand der Änderungen des Körpergewichts und der Körperzusammensetzung vorhersagen lässt, verleitet zu der Schlussfolgerung, dass man diesem Mechanismus und einer erneuten Gewichtszunahme schonungslos ausgeliefert ist.
In der Tat ist könnte der Grundumsatz im Falle der Hopkins-Studie bei einigen Frauen fast 200 kcal pro Tag unter dem erwarteten Wert liegen. Die Kalorienmenge entspricht etwa einem Schokoriegel.
Allerdings sollte die adaptive Thermogenese auch nicht überbewertet werden, zumal sie nicht bei jedem – und wenn, dann meistens nur in bescheidenem Ausmaß – auftritt. Die Tatsache, dass Unterschiede im Ruheenergieverbrauch keinen statistisch erkennbaren Einfluss auf Adipositas haben (siehe hier Abbildung 1) spricht stark gegen die Ansicht, dass Unterschiede in der adaptiven Thermogenese, die ohnehin nur gelegentlich auftreten, eine signifikante Rolle bei der Prävention oder Förderung des Übergewichtes spielen.
Richtig ist: Ein geringerer Gesamtenergieverbrauch infolge metabolischer Anpassungen an den Gewichtsverlust kann die Gewichtsabnahme und Gewichtskontrolle erschweren und den gefürchteten „Jojo-Effekt“ begünstigen.
Falsch ist: „Die adaptive Thermogenese ist schuld“ und „Ich habe es nicht selbst in der Hand“. Immerhin gibt es Komponenten des Gesamtenergieverbrauchs, auf die wir durchaus großen Einfluss nehmen können.
Der Grundumsatz ist – wenn überhaupt – nur begrenzt vom Gewichtsverlust betroffen. Zudem haben wir auf diese Variable nur wenig Einfluss. Der Leistungsumsatz (körperliche Aktivität) macht die weitaus größere Komponente aus. Und natürlich können wir auch unsere Energiezufuhr regulieren und damit starken Einfluss auf die Entwicklung des Körpergewichts nehmen.
Nicht zu vergessen bleibt die Verhaltenskomponente, sprich an sich selbst zu arbeiten, um Motivation und Selbstwirksamkeit aufzubauen.
Es ist wichtig, sich dieser Eigenverantwortung bewusst zu sein.
Ohne gezielte Maßnahmen, die dem körpereigenen Verteidigungsmechanismus (Rückkehr zum vorherigen Gewicht) entgegenwirken, bleibt die Diät nur ein Versuch, den überschüssigen Pfunden Herr zu werden.
Eine realistische Erwartungshaltung an den Gewichtsverlauf ist hierbei äußerst hilfreich, um nicht schnell wieder die Motivation zu verlieren.
Gewichtsverlust während der Diät: Blick in die Glaskugel
Der Gewichtsverlust während einer Diät verläuft nicht linear und hängt teilweise von der metabolischen Anpassung ab. Damit lässt er sich nur schwer vorhersagen.
Die 7.700-kcal-pro-Kilo-Regel wird zwar immer noch häufig angewendet, um den Gewichtsverlust – unabhängig von Körpergröße oder -zusammensetzung, körperlicher Aktivität, Geschlecht oder Alter – zu prognostizieren. In der Regel stimmen die Vorhersagen aber nicht.
Nehmen wir an, eine Frau im Alter von 45 Jahren – wir nennen sie mal Anne – aktuell 100 kg bei einer Körpergröße von 1,65 m wiegt. Mit einem BMI von 37 ist Anne deutlich im Übergewicht. Anne möchte abnehmen. Ihr erstes Ziel lautet: 10 kg weniger.
Anne hat einen Schreibtischjob und ist in ihrer Freizeit nur wenig aktiv. Ihr aktueller Energiebedarf lieft bei 2.300 kcal am Tag.
Mit einem täglichen Kaloriendefizit von 500 kcal bzw. einer Kalorienzufuhr von 1.800 kcal soll die Diät zum Wunschgewicht führen. Anne hat nicht vor, ihre körperliche Aktivität zu ändern.
Da sie gehört hat, dass 7.700 kcal einem Kilogramm Körperfett entsprechen, müsste sie jede Woche knapp ein Pfund und alle 2 Wochen fast ein Kilo abnehmen. In 22 Wochen (5,5 Monaten oder 154 Tagen) sollte das Zielgewicht von 90 kg erreicht sein.
Und tatsächlich: die Diät schlägt ein. Nach nur einem Tag ist schon ein halbes Kilo weg! So kann es weitergehen. Nach zwei Wochen (Tag 15 der Diät) wiegt Anne nur noch 98,5 kg – 1,5 Kilo abgenommen!
Nach insgesamt einem Monat (29. Diättag) ist das Gewicht weiter auf 97,8 kg gesunken (-2,2 kg). Annes Rechnung (1 kg Gewichtsabnahme alle 2 Wochen) scheint aufzugehen.
Anne ist hochmotiviert und macht weiter. Nach zwei Monaten (57. Diättag) macht sich etwas Ernüchterung breit: 96,6 kg – nur 1,2 kg im Vergleich zum Vormonat abgenommen.
Nach dem dritten Monat (85. Diättag) zeigt die Waage 95,4 kg an. Was? Wieder nur 1,2 kg in einem Monat abgenommen?
Nach Ablauf des vierten Monats (113. Diättag) zeigt die Waage 94,2 kg an. Schon wieder hat Anne nur 1,2 kg in einem Monat verloren, obwohl sie doch penibel darauf geachtet hat, maximal 1.562 kcal zu essen.
Anne blendet die stagnierende Abnehmleistung aus und macht rigoros weiter mit ihrer Diät. Bald hat sie den fünften Monat hinter sich gebracht. Am 141. Tag der Diät wiegt sie 93,1 kg.
Eigentlich müsste in wenigen Tagen das Zielgewicht erreicht sein. Doch am errechnetet Sichttag (Tag 154 der Diät) wiegt Anne nicht 90 kg, sondern 92,6 kg. Tatsächlich müsste Anne, um ihr Zielgewicht von 90 kg zu erreichen, noch 72 Tage bzw. 2,5 Monate Diät dranhängen.
Wie kann das sein? Ist Annes Stoffwechsel eingeschlafen?
Natürlich nicht. Logischerweise lässt sich die Annahme, dass Anne mit einer Kalorienzufuhr von 1.800 kcal bzw. einem Defizit von 500 kcal konstant Gewicht verlieren würde, nicht unendlich fortsetzen. Ansonsten würde sie rein mathematisch nach etwas über vier Jahren 0 kg wiegen und wäre von der Bildfläche verschwunden.
Wir alle wissen, dass dies nicht eintreten wird. Es muss also eine andere Erklärung geben. Die folgende Tabelle zeigt, warum Annes errechneter Gewichtsverlust nicht dem tatsächlichen Gewichtsverlust entsprach:
Beispiel: 45-jährige Frau, 100 kg, 165 cm, errechnetes Defizit: 500 kcal |
||||
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Tag | Gewicht | Energiezufuhr | Energieverbrauch | Kaloriendefizit |
0 | 100 | 2.307 | 2.307* | 0 |
1 | 99,5 | 1.800 | 2.241 | 441 |
15 | 98,5 | 1.800 | 2.189 | 389 |
29 | 97,8 | 1.800 | 2.167 | 367 |
57 | 96,6 | 1.800 | 2.146 | 346 |
85 | 95,4 | 1.800 | 2.133 | 333 |
113 | 94,2 | 1.800 | 2.120 | 320 |
141 | 93,1 | 1.800 | 2.108 | 308 |
154 | 92,6 | 1.800 | 2.103 | 303 |
170 | 92 | 1.800 | 2.096 | 296 |
198 | 91 | 1.800 | 2.085 | 285 |
226 | 90 | 1.800 | 2.074 | 274 |
*PAL-Level: 1,4 Quelle: Berechnet mit dem Body Weight Planner des National Institute of Health (NIH) [Link] |
Wie anhand der Tabelle zu sehen ist, ist nicht nur Annes Körpergewicht, sondern auch ihr Energieverbrauch gesunken. Das errechnete Kaloriendefizit von 500 kcal am Tag wurde mit zunehmendem Gewichtsverlust immer geringer. Zum Ende der Diät, als das Zielgewicht von 90 kg erreicht war, war Anne nicht 500 kcal, sondern nur noch 274 kcal im Defizit.
Annes BMI ist dank der Diät auf 33 gesunken. Damit hat sie immer noch Übergewicht und möchte unbedingt weitere 10 kg abnehmen.
Würde Anne weiterhin 1.800 kcal täglich essen, hätte sie ihr neues Zielgewicht von 80 kg erst in 339 Tagen (fast einem Jahr!) erreicht. Um nochmals 10 kg abzunehmen und 70 kg zu erreichen, wäre bei 1.800 kcal täglich eine noch längere Diät erforderlich.
Die Gewichtsabnahme schreitet also immer langsamer voran, da sich der Energieverbrauch im Zuge der metabolischer Veränderungen an die reduzierte Energiezufuhr anpasst.
Diese Erkenntnis deckt sich mit der Erfahrung vieler Abnehmwilliger, die nicht in der Lage zu sein, die „letzten paar Kilo“ ihres Zielgewichts zu verlieren. Irgendwann nimmt Anne nicht mehr ab, weil die 1.800 kcal ihrem aktuellen Energiebedarf entsprechen. Das ist die Stelle, an der häufig Begriffe, wie „Plateau“, „eingeschlafener Stoffwechsel“, „Stoffwechselschaden“ etc. fallen.
Um weiter an Gewicht zu verlieren, müsste Anne ihre Kalorienzufuhr immer weiter reduzieren. Es ist offensichtlich, dass dies nicht dauerhaft möglich ist, insbesondere bei starkem Übergewicht.
Würde Anne jetzt wieder 2.300 kcal essen (ihr Energiebedarf bei Diätstart), würde sie schnell zunehmen. Der geringere Energiebedarf nach der Diät liefert auch eine mögliche Erklärung dafür, warum es relativ leicht ist, verlorenes Gewicht wiederzuerlangen. Da der Körper metabolisch effizienter ist als vorher, würde eine Rückkehr zur ursprünglichen Energiezufuhr nach der kalorienreduzierten Diät wieder zu einer Gewichtszunahme führen. Bei besonders effizienten Personen kann es sogar zu einer Gewichtszunahme kommen.
Jedoch hat Anne eine wesentliche Komponente des Energieverbrauchs gänzlich unberücksichtigt gelassen: die körperliche Aktivität. Hätte sie sich mehr bewegt, wäre der Gewichtsverlust schneller vorangeschritten und insbesondere im späteren Diätverlauf nicht ins Stocken geraten.
Eine erfolgreiche Diät muss also die Grundprinzipien des Energiehaushalts berücksichtigen und gleichzeitig dem Abfall des Energieverbrauchs (z.B. durch eine Anhebung der körperlichen Aktivität) entgegenwirken. Ansonsten ist der Misserfolg der Diät (in Form des „Jojo-Effekts“) unvermeidbar.
Diät oder Sport? Am besten beides!
In der Diät fällt der Energieumsatz deutlich ab. Lässt sich das durch Sport aufhalten? Hierzu gibt es widersprüchliche Ergebnisse.
Redman et al. haben in einem sehr ausgefeilten Studiendesign unter Nutzung stabiler Wasserstoffisotope zur Messung der 24-h-Energieverbrauchs beobachtet, dass sich unter kalorischer Restriktion alle Komponenten des Energieumsatzes deutlich reduzieren. Dies ist wahrscheinlich das Ergebnis einer metabolischen Anpassung im Ruhezustand, begleitet von einer Verringerung des aktivitätsbezogenen Energieverbrauchs.
Interessanterweise führte die Diät in Kombination mit Bewegung nicht zu einer metabolischen Anpassung, während ähnliche Veränderungen in der Körperzusammensetzung erreicht wurden wie bei der Diät allein.
Eine andere Studie von Johannsen et al. zeigte hingegen, dass die Verlangsamung des Ruhestoffwechsels während der Diät trotz des relativen Erhalts der fettfreien Masse nicht verhindert werden konnte. Auch Lazzer et al. beobachteten an fettleibigen Jugendlichen, dass der Rückgang des Energieverbrauchs durch eine Kombination aus moderatem Energiedefizit und Sport nicht aufgehalten werden konnte.
Es liegt nahe, dass eine Diät – ob mit oder ohne Bewegungsprogramm – zu einer signifikant größer als zu erwartenden Abnahme des Gesamtenergieverbrauchs führt. Sportliche Betätigung ist wahrscheinlich nicht in der Lage, die metabolischen Anpassungen an den Gewichtsverlust aufzuhalten. Dies kann für eine Gewichtszunahme prädisponieren, wenn die Teilnehmer keine hohe körperliche Aktivität oder signifikante kalorische Restriktion beibehalten.
Ist das aber ein Grund, auf Sport und Bewegung als begleitende Maßnahme zu verzichten? Nein, keineswegs.
Da eine erneute Gewichtszunahme teilweise als Ergebnis einer reduzierten Stoffwechselrate nach der Diät und/oder einer mangelnden Einhaltung der Diät auftritt, ist die Kombination aus kontrollierter Diät und Bewegung die wohl beste Maßnahme, um eine Gewichtszunahme zu verhindern.
Langfristig denken!
Sowohl eine Diät, als auch Sport können zu einem Kaloriendefizit und einem Gewichtsverlust beitragen. Viele bewegen sich während der Diät mehr und planen gezielt Sporteinheiten ein, um mehr Kalorien zu verbrennen und schneller abzunehmen.
Das kann durchaus von Vorteil sein.
Eine Meta-Analyse von 2007 zeigte, dass Teilnehmer mit einer Kombination aus Diät und Sport nach 12 Monaten 7,6 kg Gewichtsverlust zu verzeichnen hatten, die Probanden, die nur eine Diät machten, lediglich einen Gewichtsverlust von 4,6 kg halten konnten. Diese Ergebnisse decken sich mit anderen Reviews, die zeigen, dass Verhaltensinterventionen, die sich sowohl mit der Ernährung, als auch der körperlichen Aktivität befassen, signifikante Vorteile bei der Gewichtsabnahme zeigen (siehe hier und hier).
Aber wie sieht es nach der Diät aus?
Ob man aufgrund der Gewichtsabnahme mit einer metabolischen Anpassung reagiert oder nicht, ist für die Gewichtskontrolle von langfristiger Bedeutung, da solche metabolischen Anpassungen, die als Folge kalorienreduzierter Diäten und einem Gewichtsverlust auftreten, über längere Zeiträume anhalten können.
Eine Studie von 2016 hat beispielsweise die langfristige Veränderungen des Grundumsatzes und der Körperzusammensetzung bei Teilnehmern des Abnehmwettbewerbs „The Biggest Loser“ untersucht. Von den 16 Teilnehmern nahmen 14 an der Follow-up-Studie teil. Der Gewichtsverlust am Ende des Wettkampfes betrug 58,3 ± 24,9 kg, der Grundumsatz sank um 610 ± 483 kcal pro Tag.
Nach 6 Jahren haben die Teilnehmer 41,0 ± 31,3 kg des verlorenen Gewichts wiedererlangt, während der Grundumsatz 704 ± 427 kcal pro Tag unter dem Ausgangswert lag und die metabolische Anpassung -499 ± 207 kcal pro Tag betrug.
Die Studie zeigte, dass sechs Jahre nach der massiven Gewichtsabnahme während des „Biggest Loser“-Wettkampfs trotz erheblicher Gewichtszunahme eine hohe anhaltende Stoffwechselanpassung zu verzeichnen war. Entgegen den Erwartungen war der Grad der metabolischen Anpassung am Ende des Wettkampfes nicht mit einer Gewichtszunahme verbunden. Aber diejenigen mit einem größeren, langfristigen Gewichtsverlust hatten auch eine stärkere anhaltende Stoffwechselverlangsamung.
Daher erfordert eine langfristige Gewichtsabnahme einen aufmerksamen Kampf, um der anhaltenden metabolischen Anpassung während und nach der Diät proportional entgegenzuwirken.
Doch dieser Kampf kann sich lohnen, wie eine weitere „Biggest Loser“-Studie aus dem Jahre 2013 beweist.
Eine Analyse unter Verwendung eines Computermodells des Stoffwechsels zeigte, dass die Aufrechterhaltung des Gewichtsverlustes unter den „Biggest-Loser“-Teilnehmern mit einer durchaus machbaren, anhaltenden Verhaltensänderung erreicht werden konnte, die eine durchschnittliche Energiezufuhr von 3.000 kcal (20% Kalorienrestriktion) und 20 Minuten intensivem Training pro Tag umfasste.
Wenn die Teilnehmer unmittelbar nach dem Wettkampf zu ihrem ursprünglichen sitzenden Lebensstil und ihrer Diät zurückkehren sollten, simulierte das Modell eine langsame Gewichtszunahme. Interessanterweise würde es viele Jahre dauern, um das verlorene Gewicht aufgrund der langsamen Reaktionszeit auf Änderungen in der Ernährung und körperlicher Aktivität wiederzuerlangen. Demnach bedeutet eine unvollständige Gewichtszunahme nicht unbedingt auch eine nachhaltige Gewichtsabnahme – insbesondere nach einem erheblichen Gewichtsverlust.
Die intensive Diät- und Trainingsintervention während des Biggest Loser-Wettbewerbs hatte den Vorteil einer schnellen Gewichtsabnahme, die ansonsten womöglich Jahre gedauert hätte. Allerdings ist eine solch kurzfristige Intervention allein nicht nachhaltig.
Nur mit dauerhaften Veränderungen des Lebensstils ist es möglich, Abnehmerfolge auch langfristig zu sichern.
Es wird anstrengend…
Der reduzierte Energieverbrauch infolge einer Gewichtsabnahme bedeutet, dass es anstrengend wird – erst recht nach der Diät.
Es wird äußerst schwierig sein, dem geringeren Energieverbrauch infolge des Gewichtsverlustes einzig und allein durch eine reduzierte Kalorienzufuhr zu entsprechen. Zum einen steigert ein Gewichtsverlust wie bereits erwähnt auch den Appetit, belohnendes Essverhalten und die Schmackhaftigkeit von Lebensmitteln. Zum anderen können sich als Reaktion auf ein längeres Energiedefizit auch metobolische Anpassungen einstellen.
Wer abgenommen hat, wird – wenn er das Gewicht halten will – unter Umständen weniger essen und/oder mehr Sport treiben müssen als eine gleichaltrige Person mit dem gleichen Gewicht und der gleichen Körperzusammensetzung, die nie fettleibig war (vgl. hier).
Je nach Ausmaß der adaptiven Thermogenese wird jemand, der sein Gewicht schon immer gehalten hat, mehr Kalorien essen können, ohne zuzunehmen, als jemand, der dasselbe Gewicht durch eine Diät erreicht. In dem Fall könnten wenige Kalorien täglich über Erhalt oder Gewichtszunahme entscheiden. Hinzu kommt, dass individuellen Unterschiede, wie z.B. die Körperzusammensetzung), den Grundumsatz zusätzlich beeinflussen und unter Umständen einen noch niedrigeren Energieverbrauch bedeuten können.
Wie lange die adaptive Thermogenese anhält, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Vielleicht wird sich der Körper letztendlich an das neue Körpergewicht anpassen, sodass es leichter sein wird, das reduzierte Gewicht zu halten (vgl. hier). In der Tat haben einige Studien gezeigt, dass sich der Grundumsatz schließlich stabilisiert hat und Veränderungen nicht viel größer als erwartet ausfielen (siehe hier, hier und hier).
Andere Studien beobachteten, dass metabolische Anpassungen infolge einer Diät auch nach Ablauf der Diät und sogar nach Jahren anhalten können, teilweise trotz erneuter Gewichtszunahme (vgl. hier, hier, hier, hier und hier). Auch hormonelle Veränderungen, die einen verstärkenden Effekt auf den Appetit haben, können auch noch lange nach der Diät bestehen (siehe hier).
Dein Stoffwechsel ist nicht „kaputt“
Diese Ergebnisse unterstreichen die Möglichkeit, dass die thermogenen Veränderungen, die als Reaktion auf ein längeres Energiedefizit auftreten, im Laufe der Zeit fortbestehen können. Der wesentliche Rückgang des täglichen Energiebedarfs und Veränderungen des Appetitempfindens können eine Kompensation durch eine erhöhte Energiezufuhr fördern und dazu beitragen, dass das Körpergewicht nach dem Gewichtsverlust wieder zunimmt.
Um das Gewicht langfristig zu halten, sind konstante Anstrengungen in Form eines erhöhten Energieverbrauchs durch körperliche Betätigung und/oder strikte Einhaltung einer verringerten Energiezufuhr erforderlich.
Dies könnte besonders relevant für Personen sein, die wiederholt Diäten durchführen oder für Wettkampf-Athleten (z.B. im Bodybuilding), deren Gewicht immer wieder zwischen „extrem schlank“ in der On-Saison und „übergewichtig“ Off-Season schwankt.
Da der heruntergefahrene Energieverbrauch im Zuge der adaptiven Thermogenese selbst nach erneuter Gewichtszunahme anhalten kann, könnte dies erklären, warum manche Menschen nach einer Serie von Diäten und den ständigen Gewichtsschwankungen („Jojo-Effekt“) das Gefühl haben, ihren Stoffwechsel „beschädigt“ zu haben.
In Wirklichkeit wurde nichts „beschädigt“.
Stattdessen ist der Stoffwechsel schlichtweg effizienter geworden. Bei einer negativen Energiebilanz ist der Körper auf „Energiesparmodus“ ausgerichtet. Die Stoffwechselraten fallen entsprechend niedriger aus – teilweise auch niedriger als sich anhand unterschiedlicher Gleichungen vorhersagen lässt.
Wichtig an dieser Stelle ist, einen scheinbar „kaputten“ Stoffwechsel aufgrund normaler körperlicher Anpassungsmechanismen von Stoffwechselstörungen zu unterscheiden. Stoffwechselstörungen sind pathologische, d.h. krankhafte Abweichungen der Stoffwechselvorgänge, die durch genetisch bedingten Enzymmangel verursacht, aber auch erworben sein können. Ein ausbleibender Gewichtsverlust bzw. eine Gewichtszunahme können auch auf Krankheiten, wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), das Cushing-Syndrom, hormonproduzierende Tumore, Ödeme und andere Erkrankungen zurückzuführen sein.
Neben Stoffwechselwechselstörungen können auch Medikamente und psychische Erkrankungen (u.a. Essstörungen, Stress, Depressionen) eine Gewichtszunahme begünstigen oder das Abnehmen erschweren.
Erkrankungen jeglicher Art müssen medizinisch diagnostiziert und behandelt werden und werden in diesem Artikel nicht thematisiert.
Der Einfluss von Hormonen
Veränderungen der Hormone nach der Gewichtsabnahme neigen dazu, die Gewichtszunahme durch zunehmenden Hunger und Förderung der Energiespeicherung zu begünstigen. Zum Beispiel sind nach einem Diät-induziertem Gewichtsverlust höhere Spiegel des appetitanregenden Hormons Ghrelin zu beobachten.
Gleichzeitig ist die Aufrechterhaltung eines reduzierten Gewichts mit niedrigen Spiegeln des Sättigungshormons Leptin verbunden. Dadurch wird der Energieverbrauch gering gehalten, um zu verhindern, dass die Fettspeicher „ausgeraubt“ werden, was ein Risiko für einige grundlegende biologische Funktionen (z.B. Reproduktion) darstellt (vgl. hier). Zudem haben verringerte zirkulierende Leptin-Konzentrationen als Folge einer verringerter Fettmasse den Nettoeffekt, die Nahrungsaufnahme zu stimulieren. Wir kriegen Appetit, haben Hunger und wollen einfach nur essen (um den „Raubbau“ ungeschehen zu machen).
Die Ergebnisse einer Studie an 50 übergewichtigen oder fettleibigen Personen zeigten, dass solche hormonellen Veränderungen als Reaktion auf eine Gewichtsreduktion nach einer 10-Wochen-Diät mit sehr niedriger Energiezufuhr langfristig bestehen bleiben können (~ 1 Jahr). Dies legt nahe, dass kompensatorische Veränderungen in zirkulierenden Mediatoren des Appetits, die eine Gewichtszunahme nach der Diät begünstigen, keine vorübergehende Reaktion auf den Gewichtsverlust sind.
Interessanterweise zeigten Befunde aus einer Studie mit 104 adipösen und/oder übergewichtigen Personen, dass nach einer ernährungsinduzierten Gewichtsabnahme diejenigen, die 10% des verlorenen Gewichts (oder mehr) wiedererlangten, nach sechs Monaten durchgehend höhere Leptin-Ausgangswerte und niedrigere Ghrelinwerte aufwiesen als diejenigen, die das Körpergewicht halten konnten.
Da Leptin ein Sättigungshormon und Ghrelin ein appetitanregendes Hormon ist, wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass Personen, die verlorenes Gewicht wiedererlangen, niedrigere Leptin- und höhere Ghrelin-Werte aufweisen. Jedoch scheinen die Befunde dieser Studie auf das Gegenteil hinzudeuten. Die Autoren schließen daraus, dass Probanden mit einem höheren Leptin- und niedrigeren Ghrelin-Spiegeln zu Beginn der Studie anfälliger für die Wiedererlangung des verlorenen Gewichts sein können. Ebenso könnten die Hormonspiegel als Biomarker für die Vorhersage von Behandlungsergebnissen bei Fettleibigkeit fungieren.
Die Ergebnisse deuten also an, dass eine Gewichtszunahme mit einer Störung der Empfindlichkeit gegenüber diesen Hormonen verbunden ist. Es gibt durchaus starke Beweise dafür, dass biologische Anpassungen der Leptin-, Ghrelin- und Insulinsensitivität während des Gewichtsverlustes die Neigung zur Gewichtszunahme erhöhen.
Jedoch sind zirkulierende Hormone nur eine Facette einer hochkomplexen, systemischen Reaktion, die Wechselwirkungen zwischen dem zentralen Nervensystem, dem Darm, dem Fettgewebe, dem Muskelgewebe und der Leber beinhaltet. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede und die genetische Variabilität können eine Rolle spielen.
Trotz der wichtigen Rolle, die Leptin, Ghrelin und Insulin in der Energiehomöostase zu spielen scheinen, sind ihre Veränderungen während der Gewichtsabnahme – allein genommen – keine ausreichenden Prädiktoren für die Gewichtszunahme (vgl. Review).
Die Rolle der Makronährstoff-Verteilung
Die Zusammensetzung der Diät kann Einfluss auf die anschließende Gewichtszunahme nehmen.
Makronährstoffe in Lebensmitteln, wie Kohlenhydrate, Proteine und Fette, stimulieren den Sauerstoffverbrauch unterschiedlich. Dies wiederum kann Änderungen des Körpergewichts und möglicherweise eine Gewichtszunahme beeinflussen.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass proteinreiche, kohlenhydratarme Diäten für die kurzfristige Gewichtsabnahme wirksam sind. Allerdings fallen die Belege für eine erfolgreiche langfristige Gewichtsabnahme und Gewichtskontrolle spärlich aus, oftmals wird keine Überlegenheit von Low-Carb-Diäten gegenüber anderen Diätformen festgestellt (vgl. hier, hier, hier und hier).
Die POUNDS LOST-Studie testete die Hypothese, dass die Makronährstoff-Zusammensetzung der Diät die Aufteilung des Energieverbrauchs während der Gewichtsabnahme beeinflussen könnte. Die Daten zeigten, dass es hinsichtlich Körpergewicht und Grundumsatz nur mäßige Unterschiede zwischen den fettarmen und fettreichen Diäten gab. Fast der gesamte Rückgang des Gesamtenergiebedarfs war aufgrund des Rückgangs des Grundumsatzes begründet. Änderungen des Grundumsatzes waren weitgehend eine Folge des Gewichtsverlustes. Jedoch wurde bei den Teilnehmern der fettarmen Diät ein signifikant höherer Anstieg fettfreien Masse und eine erhöhte körperliche Aktivität beobachtet als bei den Teilnehmer, die sich fettreich ernährten.
Eine andere Studie untersuchte die Auswirkungen von drei Ernährungsformen, die sich hinsichtlich der Makronährstoff-Zusammensetzung und der glykämischen Last stark unterschieden, auf den Energieverbrauch nach dem Gewichtsverlust. Nachdem die fettleibigen und übergewichtigen Teilnehmer mit einer Einstiegsdiät (45% Kohlenhydrate, 30% Fett, 25% Protein) zwischen 10% und 15% ihres Gewicht verloren hatten, wurden sie per Zufallsprinzip einer 4-wöchigen Erhaltungskost zugeteilt.
Bei den drei isokalorischen Ernährungsformen handelte es sich um eine fettarme Diät (60% Kohlenhydrate, 20% Fett, 20% Protein; hohe glykämische Last), eine Diät mit niedrigem Glykämischen Index (40% Kohlenhydrate, 40% Fett, 20% aus Protein; moderate glykämische Last) und eine sehr kohlenhydratarme Diät (10% Kohlenhydrate, 60% Fett und 30% Protein; niedrig glykämische Last).
Unter den Teilnehmern, die sich fettarm ernährten, war der Rückgang des Grundumsatzes und Gesamtenergieverbauchs am größten, gefolgt von der Kost mit niedrigem Glykämischen Index und der Low-Carb-Ernährung. Die Autoren schlugen vor, dass eine kohlenhydratarme Ernährung dabei helfen kann, vor einer Gewichtszunahme zu schützen.
Darüber hinaus wurden in einer anderen Studie fünf Diäten mit unterschiedlichem Proteingehalt und glykämischem Index verglichen, um die beste Ernährungform zu ermitteln, die eine Gewichtszunahme über einen Zeitraum von 26 Wochen verhindert. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass die Diät mit hohem Proteingehalt und niedrigem glykämischen Index für die Aufrechterhaltung des Gewichtsverlusts am besten geeignet ist.
Ob High Carb, Low Carb oder etwas dazwischen – die Wirkung einzelner Makronnährstoffe auf das Körpergewicht hängt vom individuellen Stoffwechsel ab.
Einige Studien zeigen, dass ehemals fettleibige Personen niedrige Fettverbrennungsraten und insbesondere eine unterdrückte Fettverbrennung nach dem Essen aufweisen (siehe hier, hier und hier). Dies könnte eine erhöhte Fettspeicherung begünstigen und die Neigung zur Gewichtszunahme nach der Gewichtsabnahme erklären.
Andere Studien nehmen an, dass eine Diät und Gewichtsabnahme eine Verschiebung des Stoffwechsels zur Folge hat, welche die Verbrennung von Fetten gegenüber Kohlenhydraten begünstigt, wobei die spätere Gewichtszunahme mit einer metabolischen Umkehrung zurück zu Kohlenhydraten zusammenfällt (vgl. hier). Daher könnte eine kohlenhydratarme Diät gegen eine Gewichtszunahme schützen, indem diese metabolische Umkehrung blockiert wird.
Da der Substratstoffwechsel von einer Vielzahl an Faktoren abhängt, inklusive Energiebilanz, körperlicher Aktivität und Ernährungsstatus, gibt keinen Ansatz der für alle passt. Jedoch kann eine „falsche“ Makronährstoffverteilung dem Diät- und Langzeiterfolg unter Umständen im Wege stehen.
Wie Astrup et al. demonstrierten, kann die Wahl der „richtigen“ Ernährungszusammenstellung auch von der individuellen Insulinsensitivität abhängen. In dieser Studie verloren Personen mit normalem Glucosestoffwechsel am meisten Gewicht mit einer fettarmen, kohlenhydratreichen Diät. Prädiabetische Personen mit niedriger Insulinsensitivität springen besser auf eine Diät an, die die Qualität der Kohlenhydrate berücksichtigt (niedrigerer glykämischer Index, mehr Ballaststoffe und Vollkorn).
Für übergewichtige und fettleibige Diabetiker ist eine Verringerung der Kohlenhydratmenge entscheidend. Für diese Gruppe ist eine relativ höhere Menge an Fett und Protein in der Nahrung vorteilhaft für die Gewichtskontrolle und den glykämischen Status.
Mit diesen Studien ist es offensichtlich, dass keine Diät für alle gibt und ein personalisierter Ernährungsansatz gerechtfertigt ist.
Subjektiver Appetit
Wie bereits werden Appetit und Sättigung durch Spiegel zirkulierender Hormone beeinflusst.
Doch auch der subjektiv wahrgenommene Appetit kann dazu beitragen, dass es schwer fällt, Essgewohnheiten zu kontrollieren und der Nahrungsaufnahme zu widerstehen.
Essen ist häufig mit Freude, Belohnung und Entspannung assoziiert. Das kann dazu führen, das trotz eines Sättigungsgefühls weitergegessen wird.
Erhöhte Stresshormone während der Diät können ebenfalls den Appetit und Drang zum Essen steigern (vgl. hier). Dieser Effekt ist nicht auf die Dauer der Diät beschränkt, sondern ist nachhaltig (siehe hier). Auch werden Lebensmittel nach mehreren Wochen Diät positiver und schmeckhafter bewertet (vgl. hier). Wenn die wahrgenommenen Belohnungseffekte von Lebensmitteln nach der Gewichtsabnahme zunehmen, kann dies zu einem höheren Konsum führen.
Eine Studie, die anhand von verschiedenen Nährstofflösungen die Geschmacksvorlieben zwischen schlanken und ehemals adipösen Personen verglich, ergab, dass Normalgewichtige eine Lösung mit wenig Fett und Zucker bevorzugten, während die ehemals übergewichtige Gruppe eine Lösung präferierte, die reich an Fett und Zucker war (siehe hier ). Der Gewichtsverlust könnte daher die Präferenz für kalorienreichere Nahrungsmittel und eine Gewichtszunahme fördern.
Eine andere Studie zeigte, dass der Anteil des viszeralen Fettgewebes (umgangssprachlich „Bauchfett“) mit der Geschmacks- und Geruchswahrnehmung zusammenhängt. Personen mit dem gleichen BMI können einen unterschiedlich großen Anteil an viszeralem Fettgewebe und damit ein unterschiedlich hohes Risiko für eine gesteigerte Energiezufuhr aufweisen. Dasselbe könnte für Übergewichtige mit Binge-Eating gelten, die Geschmacksreize deutlich weniger wahrnehmen (vgl. hier).
Zusammenfassend legen die Studien nahe, dass es für einige Personen schwieriger ist, eine befriedigende Sättigung zu erreichen und die Diät durchzuhalten als für diejenigen, die keine oder nur geringe adaptive Anpassungen an die Diät erfahren haben.
Schonungslos ausgeliefert?
Was bedeutet das? Sind wir dem körpereigenen Verteidigungssystem schonungslos ausgeliefert? Ist eine erfolgreiche, langfristige Gewichtsabnahme gar nicht möglich?
Fakt ist: Ja, der Körper wehrt sich gegen den Gewichtsverlust und macht es einem nicht gerade leicht, abzunehmen und erst recht nicht, das niedrigere Gewicht zu halten.
Fakt ist auch: Einige werden sich mehr anstrengen müssen, um Gewicht zu verlieren und es langfristig zu kontrollieren.
Wenn durch eine Verringerung der Kalorienzufuhr das Körpergewicht gesenkt wird, gibt es mehr oder weniger starke physiologische Anpassungen, die die Wiedererlangung dieses Gewichts begünstigen. Damit müssen wir leben.
Sämtliche physiologischen Veränderungen – ob Gewichtsabnahme oder Gewichtszunahme, Fettverlust oder -zunahme und Muskelabbau oder Muskelaufbau – erfordern von Person zu Person unterschiedlich viel Anstrengung und Zeitaufwand.
Aber selbst, wenn der eigene Körper sich gegen den Gewichtsverlust und Fettabbau wehrt, ist es möglich, diese Ziele zu erreichen und zu halten.
Wir sind dem Scheitern von Diäten und einer erneuten Gewichtszunahme nicht schonungslos ausgeliefert.
Abnehmen und Gewicht halten: So geht´s
Diäten scheitern. Und zwar oft. Dies ist wahrscheinlich auf die koordinierten Wirkung metabolischer, neuroendokriner, autonomer und Verhaltensänderungen zurückzuführen, die der Aufrechterhaltung eines reduzierten Körpergewichts entgegenstehen.
Eine scheinbare Resistenz gegenüber dem Fettabbau (Plateau) wird oft als Folge einer schlechten Einhaltung der Diät bzw. körperlichen Aktivität interpretiert. Die adaptive Thermogenese und andere Anpassungsmechanismen im Stoffwechsel können jedoch in manchen Fällen ausreichend ausgeprägt sein, um einer weiteren Gewichtsabnahme entgegenzuwirken, auch bei strikter Einhaltung aller Regeln.
Diese Anpassung erklärt einen wesentlichen Rückgang des täglichen Energiebedarfs und hängt mit Veränderungen des Appetitempfindens zusammen, die eine Kompensation möglicherweise durch eine erhöhte Energiezufuhr fördern. Da diese Veränderungen im Laufe der Zeit bestehen bleiben können, tragen sie wahrscheinlich dazu bei, dass das Körpergewicht nach dem Gewichtsverlust wieder zunimmt.
Die Diät ist bereits eine schwierige Aufgabe. Jedoch scheint die Aufrechterhaltung des Gewichtsverlusts noch größerer Anstrengungen zu erfordern. Mehr als 80% aller Abnehmwilligen kehren nach einem erfolgreichem Gewichtsverlust zu ihrem Körperfettanteil vor der Diät zurück. Die größte Aufgabe besteht somit darin, den Anpassungen des Körpers strategisch zu begegnen.
Obwohl die Physiologie der Gewichtsabnahme kompliziert ist, gibt es Strategien, um erfolgreich Körperfett zu verlieren und einer erneuten Gewichtszunahme zu entkommen. Wir erinnern uns, dass im Kaloriendefizit ein Abfall des Grundumsatzes, aber vor allem des Umsatzes durch körperliche Aktivität zu beobachten ist. Ein Ziel der Gewichtsreduktion ist daher der Verlust an Fettmasse bei möglichst erhaltener Muskelmasse. Ein weiteres Ziel ist die Steigerung der körperlichen Aktivität.
Studien an Personen, die erfolgreich Gewicht verloren haben, weisen darauf hin, dass eine Gewichtsreduktion langfristige Veränderungen des Lebensstils erfordert (siehe hier, hier, hier, hier und hier).
Wer erfolgreich abnehmen will, muss Ausdauer beweisen und schon mal in den sauren Apfel beißen. Wer nach der Diät wie vor der Diät weitermacht, wird sich den adaptiven Veränderungen geschlagen geben müssen und wieder zunehmen.
Ernährung, Bewegung und Verhalten sind die drei Kernelemente, die für einen nachhaltigen Abnehmerfolg Hand in Hand gehen müssen.
Iss ausreichend Protein
Im Rahmen einer kalorienreduzierten Diät wird häufig auch weniger Protein verzehrt. Abhängig von der Höhe des Energiedefizits und der Art, Dauer und Intensität der körperlichen Aktivität werden einige Proteine auch energetisch genutzt.
Daher muss der tägliche Proteinbedarf in der Diät sowohl auf absoluter (Gramm je Kilogramm Körpergewicht), als auch auf relativer Ebene (prozentualer Anteil von Protein an der Gesamtenergiezufuhr) erhöht werden.
Um einem Abfall des Grundumsatzes entgegenzuwirken, ist der Erhalt der fettfreien Körpermasse ein wesentliches Ziel. Eine Proteinzufuhr, die in der Lage ist, eine negative Stickstoffbilanz zu vermeiden, könnte den Verlust an Muskelmasse möglichst gering halten.
Kohlenhydratreiche, proteinarme Diäten, wie sie häufig propagiert werden, führen häufig zu einem signifikanten Verlust an Körpergewicht, Fettmasse, fettfreier Körpermasse und einem Abfall des Grundumsatzes. Unter proteinreicher Kost wird der Grundumsatz-Abfall minimiert (vgl. hier).
Die derzeitige von der DGE empfohlene Proteinzufuhr von 0,8 g je kg Körpergewicht am Tag ist während einer Diät zu gering, vor allem bei aktiven Personen. Mettler et al. zeigten, dass bei Sportlern eine Anhebung der Proteinzufuhr auf 2,3 g/kg/Tag (ungefähr 35 Energieprozent) zu signifikant geringeren Verlusten der Magermasse führte als eine Proteinzfuhr von 1 g/kg/Tag (ungefähr 15 Energieprozent).
Aufgrund seiner Fähigkeit, die magere Körpermasse während der Diät zu schützen (vgl. hier), ist Protein von überragender Wichtigkeit. Darüber hinaus hat Protein einige vorteilhaften Eigenschaften als Makronährstoff, einschließlich eines hohen Sättigungseffekts und der hohen thermogenen Wirkung.
Weigle et al. demonstrierten, dass eine Anhebung des Proteinanteils von 15% auf 30% der Gesamtenergiezufuhr bei einer konstanten Kohlenhydrataufnahme zu einer anhaltenden Abnahme der ad libitum Kalorienzufuhr führt, die durch eine erhöhte Leptinsensitivität des zentralen Nervensystems vermittelt werden kann und zu einem signifikanten Gewichtsverlust führt. Dieser Wirkung einer gesteigerten Proteinzufuhr bedienen sich auch viele Low Carb Diäten.
Zusammenfassend kann eine erhöhte Proteinzufuhr den Fettverlust fördern und gleichzeitig dem Verlust an fettfreier Körpermasse und einer Absenkung des Grundumsatzes entgegenwirken.
Die Empfehlungen zur Proteinzufuhr während einer Diät reichen zwischen 1,3 und 1,8 g Protein/kg/Tag, können aber auch viel höher ausfallen. Allerdings gibt es derzeit kaum Daten, um Empfehlungen für sehr hohe Proteinmengen (> 2,5 g/kg/Tag) zu unterstützen, da sie keine erkennbare Vorteile für die Körperzusammensetzung oder Leistung bieten.
Trotz der weit verbreiteten Annahme, dass eine höhere Proteinzufuhr die Nierenfunktion beeinträchtigt, gibt es keine Beweise, die diese Annahme bei gesunden Personen ohne Nierenprobleme stützen (vgl. hier, hier und hier).
Wähle eine gesunde Ernährung, die dir hilft, ein Kaloriendefizit einzuhalten
Die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten ist eine der schwierigsten Herausforderungen eines jeden Abnehmprogramms. Nun gibt es zahlreiche Diätformen, von Low Carb und ketogenen, über High-Carb, bis hin zu einer ausgewogenen Mischkost.
Welche Ernährungsform die „richtige“ ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Bei der Wahl sollte jedoch sichergestellt sein, dass die Ernährungform auch langfristig befolgt werden kann.
In Anbetracht dessen, dass eine Gewichtszunahme nach erfolgreicher Gewichtsabnahme durch „Verteidigungsmechanismen“ des Energie- und Hormonhaushalts begünstigt wird, sollte die Ernährung so gestaltet werden, dass sie möglichst positive Effekte auf Appetit, Sättigung, thermogenen Effekt und damit auch die Energiebilanz hat.
Neben einer Anhebung der Proteinzufuhr können auch Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Ballaststoffen und Wasser, sowie einer niedrigen Energiedichte das Abnehmen fördern. Dazu zählen Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Vollkornprodukte, aber auch fettarme Milchprodukte. Gleichzeitig gilt es die Zufuhr fettreicher Lebensmittel mit einem geringen Wasser- und Ballaststoffanteil (z.B. Chips, Käse, Kekse) zu reduzieren. Auch zuckergesüßte Getränke und Alkohol sollte man besser verzichten.
Aber was ist mit „Low Carb“?
Mal abgesehen davon, dass „Low Carb“ ein sehr weitgefasster Begriff ist, können auch strenge Low-Carb-Formen, wie eine ketogene Diät ein wirksames Werkzeug bei der Behandlung von Übergewicht sein (vgl. hier und hier). Ketogene Ernährungsformen wirken auf natürliche Weise appetitsenkend – zum einen durch einen erhöhten Sättigungseffekt von Proteinen, zum anderen durch eine mögliche direkte Appetitzüglerwirkung der Ketonkörper.
Ketogene Diäten werden nicht nur erfolgreich bei der Behandlung von Epilepsie eingesetzt, sondern auch als nützliches Werkzeug zur Gewichtsabnahme und -kontrolle angesehen. Zudem haben sie eine breitere therapeutische Wirkung, z.B. bei der Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen und Typ-2-Diabetes.
Eine ketogene Diät kann daher durchaus wirksam sein, ist aber nicht das Non-Plus-Ultra für Jedermann. Die Lebensmittelauswahl ist stark eingeschränkt, was für viele die Einhaltung der Diät auf längere Sicht erschweren könnte. Wenn nicht aus therapeutischer Sicht notwendig oder sinnvoll (z.B. bei Insulinresistenz), besteht kein Grund, eine ketogene Diät oder gar eine Low-Carb-Diät durchzuführen. Abnehmen funktioniert auch mit Kohlenhydraten.
Sowohl Low-Carb-Diäten, als auch Low-Fat-Diäten können zu einem signifikanten Gewichtsverlust beitragen (vgl. hier und hier). Unterm Strich kommt es auf ein Kaloriendefizit an. Zudem gibt es zahlreiche moderate Low-Carb-Formen die eine höhere Kohlenhydratzufuhr vorsehen und z.B. den glykämischen Index oder die glykämische Last beachten.
Letztendlich geht es darum, einen Ernährungsansatz zu verfolgen, der zu einer adäquaten Versorgung mit Protein, essentiellen Fettsäuren, sowie Vitaminen- und Mineralstoffen beiträgt. Ob die verbleibenden Kalorien nun auf Kohlenhydrate und/oder Fette umgelegt werden, muss individuell je nach persönlicher Präferenz und Stoffwechsel entschieden werden. Die Diätform sollte jedoch so gewählt sein, dass sie (langfristig) eingehalten werden kann und dazu beiträgt, die Energiezufuhr zu senken.
Komm in Bewegung!
„Abnehmen ohne Sport“ – hört sich super an, ist aber auf Dauer nicht zielführend. Natürlich lässt sich ein Kaloriendefizit auch einzig und allein über die Ernährung steuern. Gerade zu Beginn einer Diät mag das gut funktionieren. Doch mit fortschreitender Diät wird es ohne körperliche Aktivität immer schwieriger, ein Defizit herzustellen, ohne die Nahrungszufuhr noch deutlicher einzuschränken.
Ein Gewichtsverlust führt sowohl zu physiologischen, als auch zu psychologischen Veränderungen, die die nachfolgende Gewichtszunahme fördern. Der Schlüssel zur Überwindung dieser Tendenz zur Gewichtszunahme ist mit einer kombinierten Strategie aus Sport, Bewegung und Ernährung verbunden. Dieser Mix trägt dazu bei, die Einhaltung zu verbessern, den physiologischen und Verhaltensadaptionen entgegenwirken und das Gleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch wiederherstellen.
Körperliche Aktivität als begleitende Maßnahme während der Diät hat gleich mehrere Vorteile:
- Du kannst mehr Kalorien essen, um das gewünschte Defizit zu erreichen (oder das Defizit durch Sport erhöhen).
- Eine höhere Nahrungszufuhr trägt zu einer besseren Sättigung und einer höhere nahrungsinduzierten Thermogenese bei.
- Du beugst einem Abbau fettfreier Körpermasse entgegen und kannst deine Körperzusammensetzung positiv beeinflussen (vgl. hier).
- Körperliche Aktivität fördert die Regulierung des Appetits (vgl. hier).
- Du fühlst dich fitter und wohler in deiner Haut.
- Sport als integraler Bestandteil deines Alltags wird dir bei der Gewichtskontrolle helfen.
Der größte Fehler, den man während der Diät machen kann ist, sich noch weniger als ohnehin schon zu bewegen. Eine Reduzierung der körperlichen Aktivität kann die Energiebilanz signifikant beeinflussen. Herumsitzen oder Herumliegen bewirkt keine kompensatorische Reduktion der Energiezufuhr (man isst also nicht automatisch weniger). Das führt zu einem signifikant positiven Energiebilanz, von denen der Großteil der überschüssigen Kalorien als Fett gespeichert sind (vgl. hier).
Exzessives Training ist aber ebenso schlecht, da es zu negativen Begleiterscheinungen, wie Ermüdung und schlechter Laune führen kann (vgl. hier). Wer es übertreibt, riskiert, schnell die Lust am Sport zu verlieren, im Alltag Leistungseinbrüche zu erleben (insbesondere in Kombination mit einer Diät) und das Durchhaltevermögen zu verlieren.
Daher muss eine Balance zwischen den Essgewohnheiten und der optimalen Dosis an körperlicher Aktivität gefunden werden.
Wie sieht ein effektives Sportprogramm aus?
Ein effektives Sportprogramm sollte eine Mischung aus Ausdauer- und Krafttraining beinhalten. In einer Meta-Analyse hat sich die Kombination aus Diät und Training (insbesondere Krafttraining) als besonders wirksam für den Gewichtsverlust erwiesen.
Das Krafttraining unterstützt den Erhalt der fettfreien Körpermasse bzw. den Aufbau der Muskelmasse. Ein Kilogramm Muskelmasse verbraucht etwa 13 kcal täglich, ein Kilogramm Fettmasse nur 4,5 kcal (siehe hier). Eine Körperzusammensetzung mit erhöhtem Muskel- und reduziertem Fettanteil kann somit die Energiebilanz positiv beeinflussen.
Auch Ausdauertraining pusht den Energieverbrauch und stärkt zusätzlich das Herz-Kreislauf-System.
Wie stark der Effekt von Sport auf den Gewichtsverlust ist, ist individuell unterschiedlich. Grundsätzlich kann eine erhöhte körperliche Aktivität wirksam sein, um Körpergewicht und Körperfett zu verlieren. Langfristig ist der Gewichtsverlust aufgrund körperlicher Aktivität oft geringer als erwartet, was möglicherweise auf die mangelnde Einhaltung des Trainings- bzw. Bewegungsprogramms und/oder kompensatorische Handlungen bei der Energiezufuhr und dem Energieverbrauch zurückzuführen ist.
Kalorienreiche Snacks zur Belohnung oder weniger Alltagsaktivitäten infolge von Sporteinheiten können die positiven Effekte auf die Energiebilanz torpedieren.
In der Tat wird der Kalorienverbrauch durch Sport häufig überbewertet. Eine Stunde Radfahren verbraucht ca. 260 kcal, eine Stunde Krafttraining etwa 375 kcal. Diese Kalorienmengen sind mit einem Snickers oder einem Croissant ausgeglichen.
Neben gezielten Sporteinheiten kann die Alltagsaktivität einen enormen Beitrag zum Kalorienverbrauch leisten. Fußwege zur Arbeit oder zum Supermarkt, Treppen statt Aufzug, Haus- und Gartenarbeit etc. – jede Aktivität verbraucht Kalorien. In Summe kann der Energieverbrauch solch scheinbar beiläufiger Bewegungen die einer soliden Sporteinheit überschreiten.
Es lohnt sich also, den inneren Schweinehund zu überwinden und sich vom Sofa aufzuraffen. Die Reaktion von Sport auf z.B. Hunger und Appetit kann von Person zu Person durchaus unterschiedlich ausfallen (vgl. hier). Hier gilt es eine Strategie zu finden, die im individuellen Fall dazu beiträgt, eine negative (und im Anschluss an die Diät eine ausgeglichene) Energiebilanz zu erreichen. Wichtig ist auch, eine Sportart zu finden, die Spaß macht und langfristig durchgeführt werden kann.
Auch wenn nicht alle Studien zeigen, dass die Kombination von Diät und Sport zu einer deutlich stärkeren Gewichtsabnahme führt als eine Diät allein, ist körperliche Aktivität wichtig, um den Abfall des Energieverbrauchs mit zunehmendem Gewichtsverlust aufzufangen. Das bedeutet auch, dass mit zunehmender Dauer der Gewichtsreduktion der Zeit- und Intensitätsbedarf für körperliche Aktivität zunehmen muss.
Sich einzig und allein auf die Zeit der Diät zu besinnen, wäre viel zu kurz gedacht. Es geht ganz besonders darum, dass Sport und mehr Alltagsaktivitäten den Gewichtserhaltung nach erfolgreicher Gewichtsreduktion unterstützen können. Zudem sind bereits bei relativ geringer körperlicher Aktivität deutliche gesundheitliche Vorteile zu beobachten (vgl. hier, hier und hier).
Passe Energiezufuhr/Energieverbrauch regelmäßig an!
Für die Gewichtsabnahme ist eine Verringerung der Energiezufuhr extrem wichtig. Werden Energiezufuhr bzw. Energieverbrauch im Laufe der Zeit nicht an das veränderte (niedrigere) Körpergewicht angepasst, wird die Gewichtsabnahme verlangsamt, bis sie schließlich stoppt.
Plateaus während der Diät sind normal. Sie stellen sich dann ein, wenn die Energiezufuhr dem Energieverbrauch entspricht und keine weitere Gewichtsabnahme mehr stattfindet.
Da der Energieverbrauch mit zunehmendem Gewichtsverlust sinkt, müssen Energiezufuhr/Energieverbrauch regelmäßig angepasst werden, um solche Plateaus zu überwinden.
Machen wir uns nichts vor: Wer abgenommen hat, verbraucht weniger Kalorien als vorher. Nach der Diät wieder genauso viele Kalorien zu essen, wie vor der Diät, führt unweigerlich zur Gewichtszunahme – es sei denn der geringere Energieverbrauch wird durch eine deutliche Anhebung der körperlichen Aktivitäten aufgefangen.
Eine Umstellung der Ernährung hin zu möglichst naturbelassenen Nahrungsmitteln, die einen hohen Anteil an Protein, Ballaststoffen, Wasser und eine geringe Kaloriendichte aufweisen, hilft dabei, trotz geringerer Kalorienzufuhr Sättigung und Wohlbefinden zu steigern.
Körperliche Aktivität unterstützt die Herstellung eines Kaloriendefizits durch eine Erhöhung der Energieverbrauchs und Schonung der fettfreien Körpermasse.
Wenn der Abnehmerfolg dennoch ausbleibt, ist es wichtig, sich nicht entmudigen zu lassen, sondern dies als normale körperliche Reaktion zu deuten.
Wer in der Lage ist, die Energiezufuhr entsprechend nach unten und/oder den Energieverbrauch durch Sport bzw. Freizeitaktivitäten nach oben anzupassen, wird trotz Plateau-Phasen weiter abnehmen und auch langfristig Erfolg haben.
Für den Langzeit-Erfolg ist es wichtig, beides – gesunde Ernährung und Bewegung – zu einem festen Bestandteil des Alltags zu machen.
Schaffe eine Umgebung, die deine Ziele fördert!
Energiezufuhr und Energieverbrauch sind zwei sehr komplexe Seiten der Energiebilanzgleichung.
Es gibt so viele Faktoren, die beeinflussen was, warum und wann wir uns entscheiden, zu essen.
Zu oft werden Übergewicht und Fettleibigkeit auf mangelndes Wissen, fehlende Willenskraft/Disziplin oder Faulheit zurückgeführt. In Wirklichkeit werden Nahrungszufuhr und Körperzusammensetzung durch eine Mischung aus physiologischen, biologischen, psychologischen, sozialen, ökonomischen und Lebensstil-Faktoren, zusammen mit individuellen Kenntnissen oder Überzeugungen bestimmt.
Wie sich das Körpergewicht auf Veränderungen der Ernährung und Bewegung auswirkt, hängt von zahlreichen Einflussfaktoren ab, wie gesundheitsbezogener Fitness, Körperzusammensetzung, Stoffwechselrate, regulatorischen Hormonen, Appetit und das Niveau des Energieflusses.
Wir können nicht auf alle Faktoren Einfluss nehmen. Aber wir sollten versuchen die Faktoren zu fördern, auf die wir Einfluss nehmen können.
Einfache Änderungen im Alltag, die eine Gewichtsabnahme/Gewichtskontrolle fördern können sind:
- Bereite deine Mahlzeiten zu Hause vor und mache dir Lunchpakete (für Arbeit, Schule, Uni)
- Plane deine Mahlzeiten im Voraus
- Versuche einen regelmäßigen Mahlzeitenrhythmus einzuhalten
- Iss weniger außer Haus oder vom Lieferdienst (und falls doch: lerne Portionsgrößen und Energiegehalt realistisch einzuschätzen, vermeide „All-you-can-eat“)
- Ersetze energiedichte, nährstoffarme Lebensmittel durch Lebensmittel mit hohem Protein-, Wasser- und/oder Ballaststoffanteil
- Lerne, die Vielfalt des Lebensmittelangebotes zu nutzen und zu genießen
- Gehe Situationen aus dem Weg, die dich zum „cheaten“ anreizen könnten (Süßigkeitenregal im Supermarkt, Lieblings-Fast-Food-Laden)
- Entledige dich kalorienreicher, ungesunder „Reserven“ (in Kühlschrank, Küchenschrank, Schublade etc.)
- Achte bei Fertiggerichten auf den Energiegehalt
- Bevorzuge kalorienfreie Getränke
- Schränke deinen Alkoholkonsum ein und vermeide Umgebungen, die dich zum Trinken animieren
- Kontrolliere deine Energiezufuhr
- Wiege dich regelmäßig
- Bewege dich, wann immer du kannst (Gehe kurze Strecken zu Fuß, nimm die Treppe statt des Aufzugs, plane einen Spaziergang in der Mittagspause ein)
- Plane Zeit für Sport ein (auch eine halbe Stunde auf dem Ergometer beim Fernsehschauen bringt's!)
- Sei stolz auf dich und gibt dich auch mit kleinen Ergebnissen zufrieden (Jeder Schritt in die richtige Richtung zählt!)
- Vermeide Situationen/Personen, die dich stressen und schlechte Stimmung verbreiten
- Halte „Rückfälle“ in Grenzen, verzeihe dir und mach weiter (nicht: „Jetzt ist es auch egal…“)
Für eine langfristig erfolgreiche Gewichtsabnahme sind multidisziplinäre Ansätze erforderlich, die auf den gesamten Lebensstil und das eigene Verhalten einwirken (vgl. hier). Bei medizinischen und psychologischen Komplikationen können ergänzend auch zusätzliche Interventionen (z.B. Medikamente, stationäre Behandlung, Adipositaschirurgie, verhaltenstherapeutische Begleitung etc.) erfolgreich sein.
Es ist klar, dass wir nicht immer Einfluss auf alle Faktoren nehmen können, die unsere Abnehmziele fördert. Aber dennoch hat jeder von uns einen Großteil der Faktoren in den eigenen Händen. Es kommt darauf an, was du daraus machst.
Vermeide ständige Gewichtsschwankungen
Diäten können dick machen, wenn sich Gewichtsabnahme und erneute Gewichtszunahme kontinuierlich die Klinke in die Hand geben.
Der Körper neigt zu einer Autoregulation der Körperzusammensetzung nach dem Gewichtsverlust. Das bedeutet, dass es eine Art „Gedächtnis“ zur Verteilung der anfänglichen Körperzusammensetzung (Verhältnis von Fett zu fettfreier Masse) gibt. Dies kann zu Rückkopplungseffekten der Energiezufuhr und adaptiven Thermogenese führen und eine überproportionale Fettspeicherung im Vergleich zur fettfreien Masse begünstigen (vgl. hier). Das Risiko ist bei Normalgewichtigen höher als bei Fettleibigen, da sich die Gewichtszunahme verlangsamt, wenn mehr Fett gespeichert wird.
Bei schlanken Menschen ist die Rate der Fettzunahme größer als die Rate der Zunahme an fettfreier Masse. Dieser zeitliche Verzug führt zu einem Zustand der Hyperphagie, einer unphysiologisch gesteigerten Nahrungsaufnahme, die über die vollständige Wiederherstellung der Fettmasse hinaus besteht und interessanterweise bis zur vollständigen Wiederherstellung der fettfreien Masse anhält (vgl. hier).
Da die Zunahme an fettfreier Masse aber auch von der Fettspeicherung begleitet wird, sammelt sich überschüssiges Fett an. Mit anderen Worten: die überschüssige Fettspeicherung ist eine Voraussetzung, um eine vollständige Wiederherstellung der fettfreien Masse zu ermöglichen. Dieser Umstand liefert die biologische Plausibilität für eine erhöhte Fettzunahme infolge einer Diät. Wer nach der Diät wieder an Gewicht zu legt, muss damit rechnen, dass die Fettmasse in einem höheren Maße wiedergewonnen wird als die Masse.
Regelmäßige Diäten und Gewichtsschwankungen können somit das Risiko für eine Verschiebung von Mager- zu Fettmasse erhöhen. In Kombination mit einem Abfall des Energieverbrauchs (vgl. hier) werden weitere Abnehmversuche erschwert. Das Gewichts-Jojo infolge wiederholter Abnehmversuche kann daher für eine Gewichtszunahme und Fettleibigkeit prädisponieren.
Dies deutet darauf hin, dass der Erfolg beim ersten Versuch, Gewicht zu verlieren (und möglichst zu halten), von primärer Bedeutung sein könnte.
Beiß dich durch!
Dauerhafter Abnehmerfolg ist die seltene Ausnahme. Viel häufiger kommt es vor, dass Abnehmwillige die Hälfte des verlorenen Gewichts nach einem Jahr zurückzugewinnen. In den meisten Fällen ist das Ausgangsgewicht innerhalb von drei bis fünf Jahren wieder erreicht. Laut Experten kann jemand, der nur 5-10% der Gewichtsabnahme langfristig aufrechterhalten kann, dies bereits als große Errungenschaft werten (vgl. hier).
Abnehmen ist hart. Gewicht halten ist härter.
Unrealistische Ziele, zu harte Selbstkritik, der Drang nach Perfektion und ein mangelndes Verständnis über die Komplexität der körperlichen Vorgänge können dazu führen, dass bei den ersten „schlechteren“ Abnehmergebnissen die Luft raus ist. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, sich durchzubeißen.
Wer eine Diät startet, sollte einen langen Atem beweisen und für Durststrecken (die garantiert kommen werden) gewappnet sein. Mit zunehmender Dauer einer erfolgreichen Gewichtskontrolle wird es immer weniger Anstrengung erfordern, sich an Ernährung um Bewegung zu halten (vgl. hier).
Sollte der anfängliche Fokus auf Ernährung und Bewegung – der durch die hohe Motivation zum Diätstart angetrieben wird – verschwinden, nimmt das Körpergewicht zu und kehrt zum Ausgangsniveau zurück oder überschreitet es sogar (vgl. hier). Herzlich Willkommen Jojo-Effekt!
Und nun? Die nächste Diät? Und dann? Nochmal von vorne?
Diese Spirale nimmt kein gutes Ende. Daher gilt es, von Anfang die Weichen in Richtung Langzeiterfolg zu stellen.
Fazit
„Warum nehme ich nicht (mehr) ab?“ – Diese häufig gestellte Frage lässt sich schnell beantworten: Du befindest dich in keinem Kaloriendefizit.
Gewichtsschwankungen durch den Wasserhaushalt, Magen- und Darminhalt, bestimmte Medikamente etc. seien hiervon mal ausgenommen. Sie können einen Gewichtsverlust maskieren.
Auch einige Erkrankungen (z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion) können eine Gewichtszunahme begünstigen und einen Gewichtsverlust erschweren, indem sie den Kalorienverbrauch reduzieren. Doch auch hier gilt: Wer sich in einem Kaloriendefizit befindet, nimmt trotzdem ab.
Häufig Gründe, warum du nicht abnimmst
Mögliche Gründe, weshalb man sich nicht im erforderlichen Kaloriendefizit befindet, sind vielfältig.
Zum einen sind Kalorien nicht gleich Kalorien, zumindest dann nicht, wenn wir sie noch nicht gegessen haben. So macht es durchaus beispielsweise durchaus einen Unterschied, ob man sich proteinreich oder proteinarm ernährt. Ob Proteine, Kohlenhydrate oder Fett – bereits die Verdauung und Verwertung der unterschiedlichen Makronährstoffe verbraucht mehr oder weniger viel Energie.
Entscheidend ist, was nach dem ganzen Verdauungsprozess im Körper an Kalorien ankommt. Dies lässt sich durch die Zusammensetzung der Makronährstoffe zum Teil gezielt beeinflussen. Zudem haben unterschiedliche Nährstoffe und Lebensmittel auch unterschiedliche Effekte im Körper (Proteine und Ballaststoffe sättigen z.B. gut), die wiederum die Nahrungszufuhr im weiteren Tagesverlauf beeinflussen können.
Eine unterschätzte Kalorienzufuhr und ein überschätzter Kalorienverbrauch sind eine weitere Möglichkeit, weshalb die Gewichtsabnahme nicht voranschreitet. Hier hilft nur penibles und ehrliches (!) Tracken über eine gewisse Zeit. Das bedeutet: ALLES abwiegen und ALLES tracken, was Kalorien hat.
Zusätzlich ist es wichtig, sich jeden Tag zu wiegen (am besten direkt morgens nach dem Aufstehen und dem ersten Toilettengang auf nüchternen Magen). Da Tageswerte nicht immer aussagekräftig sind, kann einen Wochendurchschnitt gebildet werden.
Ist trotz errechnetem Kaloriendefizit über mehrere Wochen kein Gewichtsverlust festzustellen, sollte zunächst der Kalorienverbrauch nach oben (mehr Bewegung, Sport) und ggf. auch die Kalorienzufuhr nach unten angepasst werden. Anschließend beginnt das Tracking-Porzedere von vorne.
Ein weiterer elementarer Faktor ist Geduld. Um ein kg Fett zu verlieren, müssen mehrere tausend Kalorien eingespart werden. Da ein zu rigides Kaloriendefizit für die meisten ohnehin nicht empfehlenswert ist, kann die Gewichtsabnahme einige Wochen und Monate in Anspruch nehmen. Die sollte man sich auch nehmen und sich nicht durch vorübergehende, völlig normale Gewichtsschwankungen verunsichern lassen.
Auf die Gesetzte der Physik ist Verlass: Wer im Kaloriendefizit ist, nimmt ab. Immer.
Mechanismen, die den Gewichtsverlust erschweren
Nicht immer gestaltet sich der Gewichtsverlust so, wie man es gerne hätte. Entweder geht er zu langsam vonstatten oder er stagniert plötzlich. Aber warum?
Jede Diät und Abweichung vom aktuellen Gewicht führt dazu, dass das körpereigene „Abwehrsystem“ aktiviert wird. Die biologische Reaktion ist anhaltend und konzentriert sich auf das Ziel, die erschöpften Energiereserven des Körpers wiederherzustellen.
Eine Verringerung des Energieverbrauchs ist eine normale Begleiterscheinung der Gewichtsabnahme. Sofern die Energiezufuhr über die Ernährung oder der Energieverbrauch durch körperliche Aktivität nicht rechtzeitig angepasst werden, wird es früher oder später zu einem Plateau kommen, an dem der Energieverbrauch der Energiezufuhr entspricht. Im Worst Case wird womöglich sogar ein Kalorienüberschuss erreicht, der unweigerlich zur Gewichtszunahme führt.
Eine gut geplante Diät muss daher diesen aufkommenden metabolischen Einfluss erkennen und einplanen. Anderenfalls wird die Diät höchstwahrscheinlich wenig Erfolg bei der Erreichung einer langfristigen Gewichtsreduktion haben.
Es ist schwer, Gewicht zu verlieren, insbesondere im späteren Diätverlauf („Die letzten Kilos wollen nicht runter“). Der errechnete Gewichtsverlust zum Diätbeginn, wie die klassischen „7.700 kcal für 1 kg Körperfett“, stimmt dabei nicht immer mit der tatsächlichen Gewichtsabnahme überein.
Der Gewichtsverlust wird wahrscheinlich viel langsamer fortschreiten, als vorausgesagt. Diese Erkenntnis kann dabei helfen, sich realistischere Ziele zu setzen und nicht von stagnierenden Gewichtszahlen verunsichern und entmutigen zu lassen. Ansonsten besteht Gefahr, sich nicht mehr so strikt an die Diät zu halten, frei nach dem Motto „Jetzt ist es auch egal… bringt doch sowieso nichts“.
Wenn du also im Verlauf der Diät nicht so viel abnimmst, wie du eigentlich „müsstest“, ist das kein Grund zur Sorge. Entscheidend ist es, weiter am Ball zu bleiben, Plateaus zu überwinden und zu verstehen, dass der Energiehaushalt eine komplexe Angelegenheit ist.
Der Körper wird sich gegen die Gewichtsabnahme wehren, um seine „Speicher“ zurückzuerlangen. Dennoch darf die natürliche Reaktion des Körpers nicht als Unvermeidbarkeit einer Gewichtszunahme missverstanden werden.
Dem biologischen Antrieb, verlorenes Gewicht zurückzugewinnen, kann mit Ernährungs-, Bewegungs-, Umwelt-, Verhaltens- und ggf. pharmazeutischen Maßnahmen entgegengewirkt werden. Die Zusammensetzung der Diät (vor allem das Verhältnis von Proteinen zu Kohlenhydraten und Fett), sowie die Menge an körperlicher Aktivität in Form von Sport und Bewegung haben einen signifikanten Einfluss auf verschiedene Aspekte dieser homöostatischen Reaktion.
Besonders erfolgsversprechend ist eine Strategie, die proaktiv auf mehrere Komponenten des homöostatischen Systems einwirkt und dem homöostatische Druck präventiv entgegenwirkt. Um den Abnehmerfolg zu sichern, müssen Strategien zur Prävention einer Gewichtszunahme mindestens ebenso umfassend, beständig und selbstverständlich sein, wie die biologischen Anpassungen, denen sie entgegenwirken sollen.
Denn die größte Herausforderung ist und bleibt, verlorenes Gewicht dauerhaft zu halten.
Die Diät ist der Sprint, die Gewichtskontrolle ein Ultra-Marathon
Ein erfolgreiches Gewichtsmanagement ist ein langfristiges Unterfangen, das jeden Tag Sorgfalt erfordert. Es ist entscheidend, kontinuierlich den Fortschritt zu überwachen und die Strategie entsprechend anzupassen. Wenn der derzeitige Diätplan nicht (mehr) funktioniert, ist es unerlässlich, dies so früh wie möglich zu erkennen und intensivere Strategien anzuwenden. Hierfür kann eine aktive Kontrolle des Lebensmittelkonsums erforderlich sein kann, um den typischen langfristigen Anstieg der Energiezufuhr einzugrenzen.
Der wichtigste Part ist jedoch eine Steigerung der körperlichen Aktivität. Die körperliche Aktivität ist der Teil der Energiebilanzgleichung, auf die wir den größten Einfluss haben.
Regelmäßige Sporteinheiten und viel Bewegung im Alltag können nicht nur einen positiven Effekt auf den Gewichtsverlust haben, sondern auch den Rückgang des Gesamtenergieverbrauchs nach erfolgreicher Gewichtsabnahme auffangen.
Beides, die Ernährungs- und die Bewegungskomponente, erfordern nachhaltige Änderungen des Lebensstil und des Verhaltens. Diese können Selbst-Monitoring von Energieaufnahme, Essverhalten und -frequenz, Rückfallprävention, Zielsetzung und Problemlösestrategien umfassen.
Nur wer an sich selbst arbeitet und Erfolg oder Misserfolg von Diäten nicht gänzlich außer Hand gibt, wird langfristig von seinem Einsatz profitieren können.
Sancya meint
Hallo!
Ich bin 24 Jahre alt, wiege 100 Kilo, Bürojob und bis auf den Haushalt leider nur noch wenig Bewegung.
Vor 3 Jahren wog ich 90 Kilo und habe mich entschlossen abzunehmen. Alles ausgerechnet, geplant, weggeworfen/eingekauft, mir ein Crosstrainer gekauft und hab losgelegt und tatsächlich habe ich in 3 Monaten 20 Kilo verloren – was ich aber garnicht so schnell wollte und schließlich abgebrochen habe aus Angst eben weil es zu schnell ging. Ich wollte eine langsame, dauerhafte Umstellung die ich mein Leben behalten kann. Die 20 Kilo hab ich eigentlich erst frühestens in 12 Monaten erreichen wollen.
Heute weiß ich was für Fehler ich gemacht habe..
Einmal habe ich mich irgendwo vertan und nur 1500kcal gegessen – das war unter meinem Grundumsatz (Ich hatte aber nie Hunger, gesunde und ballaststoffreiche ernährung, bio). Hätte ich 1600/1700 gegessen wäre das alles wohl super gewesen. Zweitens habe ich als ich abgebrochen habe auch den Sport aufgegeben.
Ein paar Monate konnte ich das Gewicht trotzdem halten, dann jedoch ging es nach oben. Innerhalb 1,5 Jahren hab ich das Gewicht wieder draufgehabt, trotz zeitweiser wiederaufnahme vom Sport und trotz ich bis heute auf meine Ernährung achte (nehme durchschnittlich ca nicht mehr als 1800 zu mir). Im letzten Jahres war ich am Boden zerstört und habe mit Sport aufgehört und fast normal gegessen wie früher.
Das Ergebnis ist mein heutiges Gewicht.
Seitdem schaffe ich es nichtmehr auch nur ein Gramm abzunehmen, ich nehme nur noch zu obwohl ich im wöchentlichen Durchschnitt nur selten über 1800/1900 drüberkomme (lt diversen Rechnern ist mein Tagesbedarf ~2300 glaub ich, Grundbedarf soweit ich noch weiß ca 1700/1800. Ich hab alles vor nem Monat ein paar Wochen lang mit einem kcal-zähler geprüft), manchmal esse ich auch nur Salat am Tag, Frühstück brauche ich nicht (da wird mir eher schlecht), obst/gemüse/nüsse sind Standard, immer bio und möglichst wenig verarbeitetes – Süßigkeiten kaufe ich seitdem nur alle paar Monate einmal eine Tüte. Habe mir ein neues Fahrrad gekauft und fahre damit gelegentlich min 30 Minuten draußen, letztens sogar ne tour gemacht von ü 35km.
Bevor ich die letzten 10 Kilo zugenommen habe hab ich aus Verzweiflung nochmal versucht dieselbe Umstellung zu machen wie früher – komplett ohne Erfolg ich hab noch mehr zugenommen und nehme seitdem auch weiter rapide zu, besonders wenn ich mir einmal im Monat was gönne (sushi/kinopopkorn o.ä.). Einmal hab ich auch gedacht „**** drauf“ und einfach garnicht drauf geachtet was ich esse – innerhalb einer woche hab ich 3 Kilo zugenommen und es dann gleich wieder gelassen.
Ich habe lt Bluttest keine Probleme mit der Schilddrüse, Übergewicht liegt eigentlich nicht in der Familie.
Ich weiß nicht was los ist, nur dass mein Körper sich wohl drauf eingestellt hat.. Meine Frage ist aber nicht wie ich das Gewicht loswerde, die Geschichte ist eher ne Warnung an alle die an eine Diät rangehen ohne sich ordentlich und ohne Hilfe zu informieren.
Ich will wissen ob es eine Chance gibt dass sich der Körper/Stoffwechsel je wieder „regeneriert“ zumindest auf den alten Wert den ich vor der Diät hatte und ob man nach einer erfolgreichen Diät diese sein gesamtes Leben einhalten muss (blöde frage aber was macht man dann im Alter, leistungssport wird da schwierig) oder man irgendwann (vlt auch erst nach jahren) wieder so viel essen kann wie früher. Damit meine ich aber nicht dass man jetzt erstmal zum mecci geht, schon eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Aber damit ich heute irgendwelche Abnehmerfolge erzielen will dürfte ich nicht mehr essen als Mittag was Warmes und Abends n Salat und diese Aussicht Jahrzehnte o. mein Leben lang penibel drauf zu achten was man isst ist nicht sonderlich motivierend..
Alicia meint
Hallo Sancya,
erstmal vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Geschichte!
Du beschreibst das, was nach einer Diät sehr häufig zu beobachten ist: Eine erneute Gewichtszunahme, die oftmals über dem Ausgangsgewicht liegt. Tatsächlich ist die Gewichtsabnahme im Vergleich zur Gewichtskontrolle vergleichsweise leicht. Das reduzierte Gewicht zu halten ist die weitaus größere Herausforderung. Das schaffen nur etwa 10 Prozent. Laut Experten kann es bereits als großer Erfolg gewertet werden, wenn man 5-10% des verlorenen Gewichts halten kann.
Das, was du erlebt hast, ist also kein Einzelfall, sondern die Regel. Es ist sehr schwer, ein reduziertes Körpergewicht aufrechtzuerhalten. Der Körper passt sich bei der Gewichtsabnahme an: Mit mehr Appetit/Hunger und einem reduzierten Energiebedarf. Diesem „Druck“ können viele nicht lange standhalten.
Hinzu kommt, dass die Gewichtsabnahme langsamer verläuft als viele erwarten. Am Anfang purzeln die Pfunde relativ schnell, während es mit zunehmendem Gewichtsverlust immer schwieriger wird, weitere Kilos zu verlieren.
Jemand, der einmal übergewichtig war und abgenommen hat, wird niemals dieselben Voraussetzungen haben wie jemand, der sein Gewicht immer relativ konstant halten konnte.
Wenn du während deinen Diäten fettfreie Masse (u.a. Muskelmasse) verloren hast (durch zu wenig Protein und mangelnde Bewegung), sinkt dein Energiebedarf noch stärker, da die fettfreie Masse den größten Teil des Grundumsatzes ausmacht. Ziel einer jeden Diät sollte daher der Verlust von Fettmasse bei gleichzeitigem Erhalt der Muskelmasse sein.
Du schreibst, „Ich weiß nicht was los ist, nur dass mein Körper sich wohl drauf eingestellt hat.“. Genauso ist es. Aber es ist kein hoffnungsloser Fall. Immerhin gibt es Menschen, die es geschafft haben, ihr Übergewicht loszuwerden und das neue Gewicht über Jahre zu halten. Es sind nicht viele, aber es gibt sie. Und es ist auch so, dass diese Personen Tag für Tag gegen Versuchungen und schlechte Gewohnheiten ankämpfen müssen.
Es gibt verschiedene Strategien, wie man den Anpassungen des Stoffwechsel auf einen Gewichtsverlust (die definitiv auftreten) begegnen kann. Auch wenn du in der Vergangenheit Diätfehler gemacht hast, kannst du deinen Stoffwechsel wieder „pushen“. Hier einige Tipps:
1. Um das Hungergefühl zu reduzieren und dem Verlust von fettfreier Masse vorzubeugen, empfiehlt sich eine proteinreiche Ernährung (ca. 1,2-1,6 g/kg/Tag) mit einem Proteingehalt von 20-30 g je Mahlzeit. Gute Proteinquellen sind z.B. mageres Hähnchenfleich, Fisch, Eier, Quark, fettarmer Hüttenkäse, aber auch Hülsenfrüchte.
2. Iss ausreichend Ballaststoffe, weil diese gut sättigen und ballaststoffreiche Lebensmittel häufig eine niedrigere Energiedichte aufweisen. Besonders empfehlenswert ist Gemüse (ca. 500-800 g/Tag).
3. Reduziere die glykämische Last deiner Ernährung, indem du bevorzugt zu Lebensmitteln mit einem niedrigen Glykämischen Index greifst oder die Kohlenhydratzufuhr verringerst (oder eine Kombination aus beidem). Reduziere vor allem Zucker und andere raffinierte Kohlenhydrate wie Weißmehl.
4. Verringere die Energiedichte deiner Ernährung, indem du Öle, Nüsse, Süßigkeiten, Chips und andere fettige Lebensmittel reduzierst. Wähle energiearme Lebensmittel wie Gemüse, frisches Obst, Hülsenfrüchte, sowie kohlenhydratarme Nahrungsmitteln wie magerem Fleisch.
5. Ganz wichtig: Steigere deinen Energieverbrauch, indem du dich mehr bewegst! Versuche täglich (!) aktiv zu sein, z.B. durch Spaziergänge oder Fußwege zum Einkaufen, zur Arbeit etc. Regelmäßige Bewegung steigert deinen Energieverbrauch und kann einen positiven Effekt auf die Appetitregulierung haben. Wichtig ist, dass die zusätzliche Aktivität nicht durch Extra-Mahlzeiten als „Belohnung“ kompensiert wird. Ergänzend dazu kannst du auch mit Kraftübungen anfangen, um Muskelmasse aufzubauen, was sich ebenfalls positiv auf deinen Energiehaushalt auswirkt.
6. Ebenfalls wichtig sind eine wachsame Selbstüberwachung des Körpergewichts und eine Verkürzung der Zeit bei sitzenden Tätigkeiten, einschließlich des Fernsehens.
Auf diese Weise kannst du es schaffen, wieder von deinem Übergewicht runterzukommen und es diesmal auch erfolgreich zu halten. Die 6 genannten Punkte müssen zur Gewohnheit werden. Sei geduldig und erwarte keine Wunder über Nacht. Wirf nicht alles über Bord, wenn es mal nicht so läuft wie erwartet. Über Erfolg und Misserfolg entscheidet, wer beharrlich an seinem Ziel festhält und bereit für dauerhafte Veränderungen und das Loslassen alter, z.T. auch lieb gewonnener Gewohnheiten ist.
Ich wünsche dir viel Erfolg, du kannst es schaffen!
Liebe Grüße,
Alicia
Philipp meint
Hallo Alicia,
erst einmal möchte ich sagen, dass mir dein Blog sehr viele neue Erkenntnisse gebracht hat und mir eine Hilfe in meinem aktuellen Abnehm-Programm ist. Ich habe allerdings eine Frage bzgl. der Energiebilanz des Körpers. Wenn man über längere Zeit mehr Energie verbraucht als zuführt, nimmt man zwar ab, allerdings sind ja auch der Energieverbrauch. Ich habe gelesen, dass man diesen Effekt verhindern/reduzieren kann, wenn man einmal die Woche mehr Kalorien zu sich nimmt (Cheat Day). Ist da was dran, bzw. ist das zu empfehlen?
Liebe Grüße
Philipp
Alicia meint
Hallo Philipp,
vielen Dank für deine Frage.
Du hast absolut Recht: Der Energieumsatz sinkt bei einem reduzierten Körpergewicht. Dies ist zum Großteil mit dem geringeren Körpergewicht zu erklären. In einigen Fällen tritt auch die sog. „adaptive Thermogenese“ ein, die eine zusätzliche Stoffwechselanpassung (unabhängig von Veränderungen der Körpermasse und -zusammensetzung) beschreibt. Jedoch ist das Ausmaß der AT mit durchschnittlich ca. -100 kcal vergleichsweise gering.
Ich weiß, dass an einigen Stellen „Cheatdays“ empfohlen werden, um diesen Stoffwechselanpassungen angeblich vorzubeugen. Zunächst muss zwischen „Cheatdays“ und „Refeeds“ unterschieden werden. Cheatdays, an denen wahllos alles Mögliche in sich hineingestopft wird, sind unter keinen Umständen empfehlenswert. Sie können zum einen das erarbeitete Kaloriendefizit schmälern oder gar zunichte machen und zum anderen zu einem essgestörten Verhalten beitragen. Von Cheatdays daher bitte die Finger lassen.
Periodisierte Refeeds werden vor allem im Sport eingesetzt und bestehen i.d.R. aus 1-2 Tagen, an denen die Kalorienzufuhr geringfügig über die Erhaltungskalorien angehoben wird. Zudem geht die erhöhte Kalorienzufuhr hauptsächlich auf eine Anhebung der Kohlenhydrate zurück (die Fettzufuhr wird niedrig gehalten). Das angestrebte Ziel solcher Refeeds ist es, das zirkulierende Leptin vorübergehend zu erhöhen und die Stoffwechselrate zu stimulieren. Interventionen mit Refeeds haben auch einen akuten Anstieg des Leptins gezeigt, jedoch fällt der Effekt auf die Stoffwechselrate moderat aus.
Je niedriger der Körperfettanteil, je länger die Dauer der Diät und je höher das Trainingspensum, umso eher können Refeeds von Vorteil sein. Personen mit Übergewicht müssen überhaupt keine Refeeds machen. Und selbst bei Sportlern sind Refeeds bei hoher Motivation und guter Trainingsleistung nicht zwingend notwendig.
Du kannst zahlreiche andere Maßnahmen ergreifen, um einer Abnahme des Energieverbrauchs vorzubeugen:
– Achte bei deiner Ernährung auf eine ausreichend hohe Proteinzufuhr.
– Vermeide ein hohes Kaloriendefizit über einen längeren Zeitraum.
– Treibe Krafttraining, um Muskelmasse zu erhalten/(aufzubauen).
– Bewege dich viel im Alltag, um den Abfall des Energieverbrauchs im Zuge der Diät aufzufangen.
Ich hoffe, ich konnte dir damit etwas weiterhelfen!
Liebe Grüße,
Alicia
Alex meint
Hi, Ich bin durch ChatGPT zufällig auf diesen Artikel gestoßen. Ich will nur sagen dass ich mich schon lange damit beschäftige und noch nie eine so fundierte intelligente quasi Meta-Studie zu dem Thema gelesen habe. Vieles davon habe ich trotz intensiver Recherche noch nie gehört. Hervorragend, das ist eine großartige Leistung! Du solltest ein Büchlein zu dem Thema veröffentlichen.
Beste Grüße
Alex
Alex meint
Ach so, eine Sache würde mich noch interessieren, da ich gerade sehe, dass du so fundiert manche Kommentare beantwortet hast. Ich bin derzeit auf ca. 90 kg, (m30) mit recht wenig Muskelmasse, und beginne nach einer Pause mit einer Kombination aus regelmäßigem Krafttraining und recht deutlichem Kaloriendefizit. Das Ziel ist natürlich eine Transformation von hohem Körperfettanteil zu erhöhter fettfreier Masse. Nachdem du dich so intensiv mit den Studien beschäftigt hast, würdest du sagen, es gibt einen idealen Fahrplan dafür? Also deutlich erhöhte Proteinzufuhr schon mal auf jeden Fall so 2g/kg. Während ich mit dem Kaloriendefizit abnehme, schön Kraftsport für Muskelmasse zu erhalten, aber dann ist die Frage, würdest du bei entsprechend erreichter niedriger Fettmasse direkt in den Kalorienüberschuss gehen für den Muskelmasseaufbau, oder erst eine Weile ein Plateau halten? Oder würdest du noch etwas ganz anderes für einen geschmeidigen Übergang von Fett- zu Muskelmasse empfehlen?
Vielen Dank, beste Grüße, Alex
Alicia meint
Hi Alex,
vielen Dank für deine Nachricht, das freut mich! 🙂
Bezüglich deiner Frage: Leider weiß ich nicht genau, wie hoch dein KFA ist, aber ich offensichtlich möchtest du deinen Körperfettanteil reduzieren.
An dieser Stelle möchte ich zunächst erwähnen, dass ein KFA von 10-20 % für einen Mann in deinem Alter völlig normal und auch gesund wäre (auch wenn Social Media einem teilweise etwas anderes verklickern möchte).
Falls du darüber liegen solltest, könnte es tatsächlich Sinn machen, den KFA schrittweise zu reduzieren.
Allerdings schreibst du auch, dass du „recht wenig Muskelmasse“ hast. Das ist für eine Diät ein Problem, weil ein Kaloriendefizit i. d. R. auch immer zu einem Abbau von Muskelmasse führt. Man kann das durch eine höhere Proteinzufuhr und Widerstandstraining zwar begrenzen, aber nur zu einem gewissen Teil.
Im Worst Case verlierst du also noch mehr aktive Muskelmasse, was absolut nachteilig für deinen Stoffwechsel und Energieverbrauch wäre. Muskeln wirst du in dieser Zeit auch nicht wirklich aufbauen können (sofern du kein absoluter Einsteiger bist).
Eine echte Diät macht man am besten, wenn signifikante Anteile an Muskulatur (mit entsprechendem, gesunden KFA) vorhanden sind. Das ist die beste Ausgangslage, um „in Form“ zu kommen.
An deiner Stelle würde ich den Fokus zunächst darauf legen, nach der Pause wieder in ein regelmäßiges Widerstandstraining reinzukommen (Fokus Hypertrophie, ohne mich im Training jedes mal abzuschießen). Finde einen Plan, den du dauerhaft in deinen Alltag integrieren kannst (Frequenz, Volumen usw.). Der Spaßfaktor beim Training und Schlaf sind hierfür immer gute Indikatoren. Trainiere erstmal 4-6 Monate durchgehend ohne längere Pausen. Der Erfolg einer Diät steht und fällt mit dem Training. Versuche zudem, mehr Bewegung in deinen Alltag zu integrieren (Spazierengehen, Radfahren oder Ähnliches).
Was du parallel an der Ernährungsschraube drehen kannst:
– Trinkmenge erhöhen (Trinkst du ausreichend? Steigere deine tägliche Trinkmenge um 1-2 Liter).
– Junk Food reduzieren (Pizza, Burger, Süßigkeiten, Chips, Backwaren usw.)
– Sportlerernährung (Ernähre dich zum Großteil von Lebensmitteln ohne Zutatenliste, d. h. Kartoffeln, Reis, Fleisch/Geflügel, Fisch, Eier, Obst, Gemüse, fettarme Milchprodukte usw.)
– Bedarfsgerecht Proteinzufuhr (bis zu 2 g/kg Körpergewicht sind bei regelmäßigem Training ok).
Das ist eher ein schrittweiser Ansatz, du musst nicht alles von heute auf morgen umstellen.
Aber wie gesagt, die wichtigste Stellschraube ist das regelmäßige Training, weil das die Grundlage für eine erfolgreiche Diät schafft. Allein das Training und kleine, aber nachhaltige Änderungen in der Ernährung werden bereits dazu führen, dass sich deine Körperzusammensetzung verbessert.
Allerdings würde ich nicht absichtlich ein (hohes) Kaloriendefizit fahren, weil das bei einem niedrigen Muskelanteil nach hinten losgehen kann.
Vielleicht kommst du mit diesem Fahrplan bereits an dein Ziel. Mit dem regelmäßigen Training hast du auf jeden Fall eine der besten Entscheidung für dein Leben getroffen! 🙂 Bleib dabei.
Ich wünsche dir viel Erfolg und alles Gute!
Liebe Grüße,
Alicia
Alex meint
Vielen herzlichen Dank für die tolle Antwort. 🙂 So selten, aber sehr schön zu sehen, wenn jemand sich jemand so engagiert, empathisch und fundiert einer Sache widmet.
Verstehe ich dich also richtig, dass du empfehlen würdest (um möglichst effizient von einem hohen Körperfettanteil und geringer Muskelmasse zu einer hohen Muskelmasse und einem niedrigen Körperfettanteil überzugehen) zunächst signifikant Muskelmasse aufzubauen, und erst dann mit dem Kaloriendefizit zu beginnen?
Dann wäre es sogar sinnvoll, zunächst mit einem Kalorienüberschuss für 4-6 Monate Muskeln aufzubauen (natürlich auch mit einer leichten Erhöhung des Körperfettanteils). Um dann im zweiten Schritt durch eine moderate Kalorienrestriktion das Fett zu reduzieren und durch Krafttraining den Muskelerhalt weitgehend zu sichern, sodass ein gutes Muskelmasse/Fettmasse-Verhältnis entsteht um schließlich in einem dritten Schritt mit einem im Kalorienüberschuss systematischer Muskeln aufzubauen. Ist diese Logik so korrekt? Das ist interessant und ganz anders als ich gedacht hätte, falls ich es richtig verstanden habe.
Vielen Dank, dir auch alles Gute!
Beste Grüße
Alex