Pilates hat sich in den letzten Jahrzehnten zum wahren Wellness-Trend entwickelt. Pilates-Trainer sprießen wie Pilze aus dem Boden und mittlerweile gibt es kaum noch ein Fitnessstudio, das diese Trendsportart noch nicht aufgegriffen hat.
Dabei ist Pilates keine neuzeitliche Erfindung, sondern bereits über 100 Jahre alt. Mittlerweile schwören nicht nur zahlreiche Hollywood-Stars und -Sternchen auf diese Trainingsmethode, um ihren Körper fit und knackig zu halten. Auch hierzulande pilgern sowohl Frauen, als auch Männer in Pilates-Studios, um für Körper und Geist etwas Gutes zu tun.
Doch hilft Pilates wirklich zur effektiven Bekämpfung von lästigen Fettpölsterchen? Kann man mit Pilates tatsächlich psychischen Stress abbauen? Wie funktioniert das Ganzkörpertraining? Und kann ich Pilates auch zuhause durchführen?
Zur Beantwortung dieser Fragen ist es zunächst wichtig, zum Ursprung der Trainingsmethode zurückzukehren.
Wie entstand Pilates?
Erfunden wurde Pilates von dem deutsch-US-amerikanischen Körpertrainer Joseph Hubert Pilates (1883–1967). Der Begründer der Pilates-Methode hatte schon früh Freude an Bewegung, welche auch zu seinem besonderen Körperbewusstsein führte. Er war nicht nur Turner, Taucher, Bodybuilder und Zirkusartist, sondern auch professioneller Berufsboxer und trainierte die Beamten des Scotland Yard in Selbstverteidigung.
Während des ersten Weltkrieges wurde Pilates in Großbritannien interniert, wo er die erzwungene Ruhepause intensiv zur Entwicklung eines Konzept zum ganzheitlichen Körpertraining nutzte. Vor Ort studierte er Trainingsmethoden, wie Yoga und Zen-Meditation, sowie Tierbewegungen und ließ seine Mitgefangenen auf Matratzen trainieren.
Zurück in Deutschland arbeitete er mit wichtigen Vertretern der Bewegungslehre zusammen, bis er schließlich im Jahre 1923 gemeinsam mit seiner Frau nach New York auswanderte, wo er im Gebäude des New York City Ballets ein Trainingsstudio eröffnete. Das Training vieler berühmte Tänzer und Choreographen, darunter auch die Tänzerinnen des New York City Balletts, machte ihn schließlich in ganz Amerika bekannt.
Pilates praktizierte bis ins hohe Alter hin und verfasste diverse Bücher über seine Technik. Nach seinem Tod wurde sein Trainingskonzept von seinen Schülern weiterentwickelt, die seitdem für das Fortleben seiner Ideen sorgen.
Grundlagen von Pilates
Pilates ist ein systematisches Körpertraining zur Kräftigung der Muskulatur. Primär sollen die tief liegenden, kleinen und meist schwächeren Muskelgruppen der Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulatur trainiert werden. Der Begründer selbst nannte seine Methode „Contrology“, da es beim Training darum geht, die Muskeln mithilfe des Geistes zu steuern. Das Pilates-Training verbindet Kraftübungen, Stretching mit Koordinations- und Atemtechniken. Das Training umfasst spezielle Übungen, deren Bewegungen langsam und fließend ausgeführt werden.
Die Pilates-Übungen sollen die Lendenwirbelsäule entlasten und für eine korrekte und gesunde Körperhaltung sorgen. Dabei spielen die Körpermitte als Kraftzentrum („Powerhouse“), der Brustkorb („The Box“), sowie die Wirbelsäule („The Spine“) eine entscheidende Rolle. Solch spezielle Begrifflichkeiten sind kennzeichnend für das traditionelle Pilates-Training und finden teilweise bis heute Anwendung in Übungsreihen auf der Matte und an den Geräten. Daher soll das wesentliche Pilates-Vokabular nachfolgend beschrieben werden.
Das „Powerhouse“, was man auch mit „Kraftwerk“, „Kraftzentrum“ oder „Kraft aus der Mitte“ übersetzen kann, beschreibt die Körpermitte, also Beckenboden, Bauch und unteren Rücken. Durch die Aktivierung und Stabilisierung der Körpermitte, bzw. des Powerhouse entsteht einen Kraftgürtel für den restlichen Körper. Man erhält Kontrolle über das Becken und dessen Position und kann die Pilates-Übungen kontrollierter und koordinierter ausführen. Die Aktivierung des Powerhouse ist die Grundlage jeder statischen Haltung und dynamischen Bewegung bei Pilates.
Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler bei der korrekten Übungsausführung ist das Einziehen des Bauchnabels in Richtung Wirbelsäule. Mithilfe der Bauchmuskulatur (übrige Muskeln bleiben entspannt) wird die Taille wie in einem Korsett enger schnürt, während weiterhin ruhig und regelmäßig geatmet wird. Der Abstand zwischen Bauchnabel und Wirbelsäule wird dabei so gering wie möglich gehalten. Es entsteht eine flache Körpermittel im Bereich zwischen Rippen und Hüfte, als wolle man den Bauch aushöhlen.
Der Brustkorb nimmt als Atmungsorgan einen hohen Stellenwert ein. Die Bezeichnung „The Box“ oder „Pilates-Box“ definiert dabei die Ausrichtung des Brustkorbes im Rumpf. Man muss sich die Pilates-Box als imaginäres Rechteck vorstellen, das von den beiden Schultern bis nach unten zu den beiden Hüftknochen reicht. Dieses Bereich gilt es während der Pilates-Übungen stabil zu halten, um eine asymmetrischen Körperhaltung zu vermeiden.
Die Pilates-Atmung soll zur Steigerung von Körperbewusstsein und die Körperbeherrschung beitragen. Die richtige Atemtechnik spielt bei Pilates eine wesentliche Rolle. Bei allen Übungen kommt die sogenannte laterale Atmung, auch seitliche Brustkorbatmung genannt, zum Einsatz. Der Begriff „Lateral“ kommt aus dem lateinischen Wort „latus“, welcher mit „Seite“ übersetzt werden kann. Bei der seitlichen Brustkorbatmung dehnt sich der Brustkorb beim Einatmen zu den Seiten aus, ohne das sich dabei die Bauchdecke hebt. Beim Ausatmen ziehen sich die Rippen dann wieder so weit wie möglich zusammen. Bewegung und Atmung verlaufen bei allen Trainingseinheiten im Einklang. Dabei wird während einer Bewegung vollständig ausgeatmet, davor und danach entspannt eingeatmet.
Für eine optimale Atmung und Entspannung des Oberkörbers werden bei den Pilates-Übungen die Schulterblätter nach unten in Richtung Wirbelsäule gezogen und tiefer als in ihre Normalposition „gepresst“. Dies hat zur Folge, dass der Nacken und die Schultern entspannt werden und die Wirbelsäule entlastet wird. Parallel dazu wird der Brustkorb geöffnet, ohne sich dabei zu weit zu dehnen und ein Hohlkreuz zu formen.
Die Wirbelsäule („The Spine“) als verbindendes Element zwischen Brustkorb und Powerhouse trägt maßgeblich zur kontrollierten Haltung und Bewegung bei. Eine bewegliche und kräftige Wirbelsäule ist für die optimale Sauerstoffversorgung unterlässlich und nimmt bei Pilates einen hohen Stellenwert ein. Der Trainingserfolg hängt maßgeblich von einer exakten Ausrichtung des menschlichen Halteapparat ab.
Dabei soll die Wirbelsäule bei Pilates möglichst neutral gehalten werden. Eine ideale Position ist z.B. das entspannte Aufliegen auf dem Boden, bei der die Wirbelsäule in ihrer neutralen S-Form bleibt. Wichtig ist, dass sich kein Hohlkreuz bildet oder die Wirbelsäule flach auf den Boden gedrückt wird. Es bildet sich lediglich ein kleines Luftpolster unter der Lendenwirbelsäule. Zur Entlastung des Nackens kann man eine gefaltete Unterlage, wie eine Matte, ein Handtuch oder ein Kissen unter den Kopf legen.
Das Becken sollte dabei auch bei anspruchsvollen Übungen in neutraler Position bleiben. Pilates selbst praktizierte das Anpressen des Rückens in Rückenlage an den Boden, was die Begriffe „Flat Back“ („flacher Rücken“), „Spine to Mat“ („Wirbelsäule zur Matte“) und „Imprint“ („Abdruck“) prägte. Durch eine forcierte posteriore Beckenkippung sollte jeder Wirbel der Lendenwirbelsäule auf der Matte aufliegen, um eine günstige und sichere Ausgangslage für bestimmte Übungen zu schaffen.
Heute weiß man, dass die Wirbelsäule als federnder Stab mit ihren natürlichen Schwingungen über wichtige Pufferfunktionen verfügt, um einwirkende Stöße und Kräfte zu dämpfen. Daher wird heutzutage die neutrale, also natürliche Wirbelsäulen-Stellung bevorzugt. Dabei sollte zwischen unterem Rücken und der Matte immer noch eine Hand durchpassen.
Fortgeschrittene, die bereits ein gewisses Maß an Körperbewusstsein und Kraft entwickeln konnten, können auch sehr anspruchsvolle Pilates-Übungen in neutraler Stellung ausführen. Anfängern wird z.T. bei schwierigen Übungen mit großen Hebeln noch die traditionelle Imprint-Sicherheitsstellung empfohlen, um eine Hohlkreuz-Stellung und Überlastung des unteren Rückens zu vermeiden.
Jede Bewegung die im Rahmen einer Pilates-Übung ausgeführt wird, erfolgt nach dem Prinzip „Wirbel für Wirbel“. Statt ruckartige oder reißende Bewegungen zu machen, die andere Muskelpartien verspannen könnten, gilt es jeden einzelnen Wirbel ganz bewusst auf-, bzw. abzusenken. Der Bewegungsverlauf beim An- und Absenken sollte dabei dem eines runden C gleichen. Eventuelle Blockaden in der Beweglichkeit der Wirbelsäule können durch ein Innehalten der Bewegung und gleichzeitige tiefe Atmung gelöst werden.
Bei Pilates-Übungen in Rückenlage sollte der Kopf so gehalten werden, dass das Kinn parallel zum Brustbein zeigt. Zwischen Kinn und Brust sollte etwa eine Faustbreit Platz bleiben, sodass man im hinteren Nacken ein leichtes Gefühl der Länge verspürt. Die Augen sind auf die Körpermitte gerichtet. Die richtige Kopfhaltung trägt zur Entspannung der Nackenmuskulatur bei hilft, die Wirbelsäule bei Übungen in Rückenlage auf der Matte zu verankern und fördert die für Rollbewegungen nötige Zentrierung.
Da bei Pilates die richtige Haltung des gesamten Körpers wichtig ist, bleiben auch die Füße nicht unberücksichtigt. Bei der Fußstellung kommt sowohl im Liegen, als auch im Stehen das sogenannte „Pilates-V“ zum Einsatz. Bei der Aktivierung des Powerhouse (siehe weiter unten) kommt es durch Anspannung der Pomuskeln und Oberschenkel-Rückseiten automatisch zu einer Außenrotation der Füße. Es bildet sich die typische V-förmige Pilates-Fußstellung, bei der sich die Fersen berühren und die Zehen entspannt auseinander zeigen. Durch das Pilates-V befinden sich Gesäß- und Oberschenkelmuskeln in andauernder Spannung, was die korrekte Ausführung der Übungen unterstützt.
Pilates-Prinzipien
Im Gegensatz zum Training einzelner Muskelgruppen, z.B. an den Geräten im Fitnessitudio, laufen die Übungen bei Pilates nach dem Prinzip „Whole Body Movement“. Das beutet, dass bei jeder Pilates-Übung, ob auf der Matte oder mit Geräten, stets der ganze Körper im Einsatz ist. Bei der motorischen Umsetzung de Bewegung gilt das Prinzip „So wenig wie möglich, soviel wie nötig„, um einen effizienten Krafteinsatz zu gewährleisten.
Die Ganzkörperbewegungen fördern eine ausgewogene und gleichmäßige Entwicklung von Muskelkraft und Beweglichkeit („Balanced Muscle Development“). Das einseitige Training einer Körperregion wird so vermieden, gleichzeitig werden durch die limitierte Anzahl an Wiederholungen die Gelenke sinnvoll belastet.
Zentrierung
Die Grundlage aller Pilates-Übungen ist dabei das „Powerhouse“, welches das Prinzip der Zentrierung verfolgt und Körpersymmetrie bringt. Das Powerhouse ist der Mittelpunkt der Pilates-Methode und beschreibt den Bereich vom Brustkorb bis zum Becken, also die Körpermitte oder das „Zentrum“, welches alle wichtigen Organe enthält. Jede Pilates-Übung beginnt mit der Aktivierung der Körpermitte. Ziel ist die gezielte Kräftigung der Stützmuskulatur (Beckenboden und tiefe Rumpfmuskulatur) rund um die Wirbelsäule. Gleichzeitig soll die Körpermitte „verlängert“ werden und an Beweglichkeit gewinnen.
Kontrolle
Kontrolle und Konzentration spielen bei der Ausführung der Übungen eine wesentliche Rolle. Die mentale Kontrolle jedes Details soll Körper und Geist in ein Einklang und Harmonie bringen, während die kontrollierte Ausführung der Stärkung der kleineren, unterstützenden Helfermuskeln dient. Sowohl Körperteile, als auch Bewegung, Atmung, Gleichgewicht und Ruhe werden bei jeder Übung kontrolliert, was neben einer präzisen Ausführung auch zu einer besseren Körperbeherrschung beiträgt. Durch die strikte Kontrolle über Körper und Geist führt bei einer Bewegung dazu, dass nur die nötige Muskelkraft, bzw. Kraft und Energie ökonomisch eingesetzt werden.
Konzentration
Neben der absoluten Kontrolle muss man für ein sinnvolles Pilates-Training auch konstante mentale Konzentration aufbringen. Bei jeder Bewegung, Position und Haltung konzentriert man seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf den Körper und die korrekte Ausführung der Übungen. Die Gedanken konzentrieren sich stets auf die Körpermitte, bzw. das „Powerhouse“ und steuern die Bewegung in jeder Übungsphase. Ein Abschweifen der Gedanken verhindert Fehler bei der Übungsausführung und sorgt für mentale Entspannung nach dem Training.
Präzision
Dank absoluter Konzentration und dauernder Kontrolle wird auch der Bewegungssinn (kinästhetisches System) geschult und die Präzision der Bewegung gefördert. Bei Pilates geht Qualität vor Quantität, das bedeutet, dass jede Bewegung möglichst gezielt, präzise und korrekt ausgeführt wird. Die Präzision ermöglicht eine exakte Ausführung und schult den Stütz- und Bewegungsapparat, der dafür sorgt, dass der Körper in einer festgelegten Form bleibt, aber trotzdem zielgerichtet bewegt werden kann.
Präzision erfordert zwar ein Höchstmaß an Trainingsdisziplin, ermöglicht aber auch das zielgerichtete Bündeln von Aktivität, was jede Übung effektiver macht. Unzählige Wiederholungen werden sinnlos, stattdessen führt das Fine Tuning der Muskulatur zu effektiven, weichen und eleganten Bewegungen.
Atmung
Ebenfalls zur Erhöhung der Kontrolle über den Körper trägt eine bewusste Atmung bei. Dabei wird gleichmäßig, ohne anzuhalten, durch die Nase ein- und durch den Mund wieder vollständig ausgeatmet. Durch die komplette Ausatmung soll erreicht werden, dass bei der nächsten tiefen Einatmung ein Maximum an Sauerstoff aufgenommen wird.
Bei Pilates wird weder gezielt nur in Brust oder Bauch, sondern ins Zwerchfell geatmet. Das Zwerchfell trennt die die Brust- und die Bauchhöhle voneinander und ist der wichtigste Atemmuskel unseres Körpers. Das Ziel dieser seitlich ausdehnenden Brustatmung ist es, die Lungenflügel komplett mit Sauerstoff zu füllen und Verspannungen entgegenzuwirken. Dabei wird während der Bewegung aus und nach der Bewegung wieder ruhig eingeatmet, um sich zu erholen.
Entspannung
Eine bewusste Entspannung während der Übungen soll zum Auffinden und Lösen von Verspannungen beitragen, wobei Körperentspannung bei Pilates nicht im Gegensatz zur Körperanspannung steht. Ein wichtiges Pilates-Prinzip hierbei ist die Streckung der Wirbelsäule vor einer Bewegung und Drehung. Dabei ist es egal, ob die Übung im Stehen, auf dem Rücken, den Seiten oder auf dem Bauch absolviert wird. Die Wirbelsäule als das zentrale tragende Konstruktionselement wird bei jeder Übung bewusst aus dem Hüftbereich heraus gestreckt. Die Taille verlängert sich und die Distanz zwischen Burstkorb und Hüftknochen wächst, was zur Entlastung der Wirbelsäule beiträgt.
Bewegungsfluss
Ebenfalls zu den wesentlichen Pilates-Prinzipien zählt der Bewegungsfluss oder Bewegungsrhythmus. Bei bewusster Atmung werden Übungen in dynamischer, fließender Form ausgeführt und miteinander verbunden. Zwischen den einzelnen Übungen gibt es keine abrupten Pausen oder längere Unterbrechungen. Statt isolierten Bewegungen geht bei Pilates eine Übung in die andere über. Der gesamte Körper ist aktiv und es entsteht eine Art Flow, was zu einer Verbesserung der mentalen und motorischen Fähigkeiten beiträgt.
Aktivierung des „Powerhouse“
Je Pilates-Übung beginnt mit der Aktivierung des Pilates-Kraftzentrums, dem sogenannten „Powerhouse“, welches insgesamt vier Muskelgruppen umfasst: die Beckenboden- und Korsettmuskulatur, sowie das Zwerchfell und die vielen kleinen Muskeln an der Wirbelsäule.
Gerade die Tiefenmuskulatur ist bei sportlichen aktiven Menschen oft nur schwach ausgebildet. Im Gegensatz zu Hauptmuskelgruppen, wie Rücken, Brust, Beine, Gesäß, Bizeps, Trizeps und Bauchmuskulatur kann man die Tiefenmuskulatur nicht bewusst an-, bzw. entspannen und auf diese Weise Muskelmasse aufbauen.
Dabei stellt das kleine muskuläre Netzwerk die grundsätzliche Stabilität und Kontrolle in der lumbopelvischen Region, also im Bereich von Lendenwirbelsäule und Becken, sicher. Im Zentrum des Pilates-Trainings steht daher der Aufbau der Muskulatur in der Körpermitte. Wird das Powerhouse trainiert, können diese Muskelgruppen ihre schützende und stützende Wirkung entfalten.
Eine stabile Körperhaltung ist die wichtigste Basis während des Pilates-Trainings. Die Powerhouse ist daher essentiell für den Trainingserfolg. Das Powerhouse wird aktiviert, indem der Bauchnabel beim Ausatmen in Richtung Wirbelsäule gezogen wird, so als wenn man den Reißverschluss einer zu eng gewordenen Hose schließen wollte. Das Becken bleibt dabei in seiner natürlichen (neutralen) Position.
Bei Pilates ist es wichtig, das Becken in eine neutrale Position zu bringen, um die Wirbelsäule zu entlasten. Der Rücken bildet dabei weder ein Hohlkreuz, noch liegt er flach auf dem Boden auf, da diese beiden extremen Positionen die Wirbelsäule und die Bandscheiben extrem beanspruchen.
Als Indikator dient dabei der Bauchnabel, der in herausgewölbter Form das Becken hochkippt und den Rücken zu einem Hohlkreuz formt oder ihn auf den Boden drückt. Zieht man den Bauch, bzw. den Bauchnabel hingegen ein, kommt es zu einer neutralen Beckenstellung, bei der der tiefste Bauchmuskel aktiviert und der Rücken entlastet wird.
Übung: Powerhouse aktivieren
Position
- Mit dem Rücken auf den Boden legen, Füße dabei hüftsgelenkbreit vollständig auf den Boden aufstellen.
- Arme neben dem Körper auf den Boden legen
- Kinn parallel zum Brustbein halten, der Blick geht nach oben
- Rücken, Schultern und Nacken bleiben entspannt. Der Nacken bleibt lang und gerade
- Beine bleiben angewinkelt ohne Spannung
- Becken in neutraler Position: Hüftknochen und Schambein befinden sich in einer horizontalen Ebene, der untere Rücken hat noch etwas Luft zur Matte
Pilates-Atmung
- Nun tief durch die Nase in den seitlichen Brustkorb einatmen, sodass sich die unteren Rippen leicht öffnen und sich der seitliche Brustkorb leicht zur Seite ausdehnt
- Vollständig durch den Mund wieder ausatmen, bis eine tiefe und gleichmäßige Atmung erreicht ist
Powerhouse aktivieren
- Beim Ausatmen den Bauchnabel sanft in Richtung Wirbelsäule ziehen und den Beckenboden leicht anspannen, als wolle man den Harn zurückhalten
- Dabei solange wie möglich (vollständig) ausatmen und die Spannung halten
- Danach Spannung wieder lösen und tief durch die Nase einatmen
- Ruhig weiteratmen, beim Ausatmen den Bauchnabel weiterhin sanft in Richtung Wirbelsäule ziehen
- Aktivierung verstärken, bis der Kraftgürtel in der Körpermitte spürbar ist
Nun ist das Powerhouse aktiviert und während aller Pilates-Übungen beibehalten. Jede Pilates-Übung beginnt auf diese Weise mit der Aktivierung des „Kraftzentrums“ in der Körpermitte. Bei der Ausführung der Übung ist es äußerst wichtig, das Atmen nicht zu vergessen und den Bauch nicht zu verkrampfen. Es wird weiterhin entspannt in den seitlichen Brustkorb geatmet.
Die Aktivierung des Powerhouse kann sowohl im Liegen, als auch im Sitzen, im Viererstand oder im Stehen erfolgen. Fortgeschrittene können ihr Powerhouse in jeder Position und an verschiedenen Orten aktivieren und aufrecht erhalten. Für Da dies jedoch eine gewisse Übung erfordert, empfiehlt es sich für Pilates-Anfänger, die Aktivierung des Powerhouse bei einem qualifizierten Pilates-Trainer zu erlernen, um Fehlhaltungen und Schmerzen vorzubeugen.
Haltungskorrekturen
Bei der Ausführung aller Übungen ist auf die korrekte Haltung zu achten. Für die richtige Position des Brustkorbes, der Hals- und Brustwirbelsäule, sowie der Schulterblätter gilt:
- Hinterkopf nach oben strecken und Hals hochziehen
- Kinn ein wenig in Richtung Hals bewegen
- Schulterblätter bewusst herunterziehen und in Richtung Wirbelsäule zusammenziehen
Diese Haltungskorrektur gleicht die Lordose der Halswirbelsäule (konvexe Krümmung nach vorne) etwas aus. Es entsteht eine aufrechtere Haltung, die dem Brustkorb mehr Platz zum Atmen gibt.
Auch auf eine korrekte Position des „Powerhouse“, also des Beckens, der Lendenwirbelsäule, der transversalen (schrägen) Bauchmuskulatur und des Beckenbodens ist bei der Ausführung der Pilates-Übungen zu achten. Hierbei gilt:
- Körper aus der Lendenwirbelsäule nach oben „verlängern“, bzw. strecken
- Mithilfe der querverlaufenden Bauchmuskeln den Bauchnabel zur Wirbelsäule ziehen
- Beckenboden leicht anspannen, Pomuskeln bleiben entspannt
- Das Becken positioniert sich so, dass Schambei und Hüftknochen auf einer waagerechten Ebene liegen
Durch diese Haltungskorrekturen wird der Körper vom Zentrum ausgehend stabilisiert, sodass man sich bei der Durchführung der Übungen auch in der richtigen Haltung bewegt.
Pilates: 9 Basisübungen
Zum Kennenlernen der verschiedenen Prinzipien der Pilates-Methode, ist es ratsam, zu Beginn einfachere Übungen durchzuführen und grundlegende Pilates-Bewegung zu trainieren. Dazu zählen das langsame Wirbel für Wirbel Auf- und Abrollen Wirbel für Wirbel, die Position von „Powerhouse“ und der „Box“, sowie die ruhige, tiefe und gleichmäßige Atmung.
Die folgenden 9 Basisübungen dienen dem Kennenlernen der Pilates-Methode.
1. Roll down
Ziel: Übt Ab- und Aufrollen Wirbel für Wirbel
Ausgangsposition: Aufrechte Sitzhaltung, Beine sind nach vorne gestreckt, Füße geschlossen, Hände liegen auf den Außenseiten der Oberschenkel, Bauchnabel zur Wirbelsäule ziehen
Bewegungsabfolge: Beine heranziehen, bis sich ein rechter Winkel bildet, Fußsohlen liegen flach auf dem Boden, Rücken gerade halten und Halswirbelsäule strecken, mit den Händen in die Kniekehlen greifen, mit rundem Rücken langsam Wirbel für Wirbel nach hinten einrollen, ohne dabei die Füße vom Boden zu lösen, danach wieder Wirbel für Wirbel aufrollen, bis der Rücken gerade ist, Wirbelsäule dabei komplett durchstrecken
Wiederholung: 5-6 mal ohne Pause
2. Roll Like A Ball
Ziel: Übt langsames und kontrolliertes Auf- und Abrollen Wirbel für Wirbel Ausgangsposition: Aufrechte Sitzhaltung, Beine und Füße sind gestreckt und geschlossen auf dem Boden, Hände an die Oberschenkelrückseiten legen, Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule ziehen
Bewegungsabfolge: Beine anziehen, bis ein rechter Winkel entsteht, Fußsohlen liegen flach auf dem Boden auf, Rücken gerade halten und Hinterkopf nach oben strecken, mit beiden Händen in die Kniekehlen greifen, nun den Rücken leicht einrollen und bis zur Halswirbelsäule langsam Wirbel für Wirbel auf den Boden abrollen, als wolle man mit der Wirbelsäule einen Abdruck zeichnen, der Kopf berührt den Boden nicht, nun langsam Wirbel für Wirbel wieder aufrollen, bis die Füße wieder flach auf dem Boden liegen, Wirbelsäule komplett durchstrecken
Wiederholung: 5-6 mal ohne Pause
3. Rolling Like A Ball – 2
Ausgangsposition: Aufrechte Sitzhaltung, Beine sind in rechtem Winkel gebeugt, Fußsohlen liegen flach auf dem Boden auf, Rücken ist gerade
Bewegungsabfolge: Beine mit beiden Händen oberhlb der Fußgelenke umfassen und Richtung Po ziehen, Rücken etwas einrollen, dabei Knie leicht öffnen und den Kopf zwischen die Knie stecken, beim Einatmen in Wiegebewegung Wirbel für Wirbel bis zu den Schultern nach hinten einrollen, Körper dabei ganz rund lassen, der Kopf berührt nicht den Boden, anschließend beim Aufatmen wieder Wirbel für Wirbel aufrollen, Körper bleibt beim Auf- und Abrollen stets eingerollt und gerade (kein Wegkippen zu den Seiten)
Wiederholung: 5-8 mal
4. Double Leg Stretch
Ausgangsposition: Rückenlage, Arme liegen gestreckt neben dem Körper auf dem Boden, Beine bilden einen rechten Winkel, Fußssohlen liegen flach auf dem Boden auf
Bewegungsabfolge: Beine geschlossen anheben und die Knie in Richtung Brust führen, Beine mit den Händen oberhalb der Fußgelenke umfassen und Knie zur Brust ziehen, beim Ausatmen Oberkörper leicht nach oben entgegen der Knie ziehen, beim Einatmen Hände von den Beinen lösen und gestreckt neben den Körper halten (nicht auf den Boden legen) und Beine geschlossen nahezu senkrecht nach oben strecken, wieder die Knie angewinkelt in Richtung Brust ziehen und die Hände zurück an die Fußgelenke
Wiederholung: 6-8 mal, anschließend wieder in die Ausgangsposition zurückkehren
5. The Hundred
Ausgangsposition: Rückenlage, Knie geschlossen in Richtung Brust ziehen und die Füße strecken, Arme liegen ausgestreckt neben dem Körper
Bewegungsabfolge: Arme etwas vom Boden heben und nach vorne strecken, Oberkörper leicht anheben, Oberschenken befinden sich im 90-Grad-Winkel zum Rumpf, Bauchnabel fest zur Wirbelsäule ziehen, die gestreckten Armen nun kräftig auf- und ab bewegen, je nach gewünschter Intensität beim Ein- und Ausatmen jeweils 5-10 Schläge „pumpen“
Wiederholung: Bis 100 Schläge erreicht sind
6. Spine Stretch
Ziel: Dehnung der Wirbelsäule
Ausgangsposition: Aufrechte Sitzhaltung, Rücken gerade halten, Beine ganz leicht anwinkeln, Füße und Zehen zeigen in Richtung Knie
Bewegungsabfolge: Arme gerade nach vorne strecken, beim Ausatmen den Kopf langsam nach vorne beugen, dabei Rücken und Arme weit nach vorne beugen, der untere Rücken bleibt gerade, Wirbel für Wirbel langsam nach vorne rollen und den Kopf zwischen die Arme bringen, zur Verstärkung der Dehnung Arme noch weiter nach vorne strecken und den Kopf tiefer senken, aus der weitesten Position dann wieder langsam Wirbel für Wirbel in die Ausgangsposition rollen, dabei langsam einatmen
Wiederholung: 5-8 mal
7. Single Leg Stretch
Ziel: „Powerhouse“ und „Box“ trotz einseitiger Bewegung in gerader Position halten
Ausgangsposition: Rückenlage, Arme gestreckt neben den Körper legen. Beine in rechtem Winkel anziehen, Fußsohlen liegen flach auf dem Boden auf
Bewegungsabfolge: Beine gebeugt heben und die Knie in Richtung Brust ziehen, Hände liegen weiterhin flach auf dem Boden, nun ein Bein mit beiden Händen unterhalb der Kniescheibe umfassen, dabei Ellenbogen nach außen halten, Oberkörper etwas nach oben in Richtung Knie hochrollen und umfasstes Knie in Richtung Brust ziehen, das andere Bein mit gestrecktem Fuß schräg höher als 45 Grad nach oben ausstrecken, nun das gestreckte Bein ebenso umfassen und das andere Bein schräg nach oben strecken
Wiederholung: 5-8 mal pro Bein
8. Single Leg Circles
Ziel: : „Powerhouse“ und „Box“ trotz einseitiger Bewegung in gerader Position halten, Schärfung der Kontrolle der Körperposition
Ausgangsposition: Rückenlage, die Arme liegen gestreckt neben dem Körper
Bewegungsabfolge: Ein Bein angewinkelt aufstellen, beim Ausatmen das andere Bein gestreckt senkrecht nach oben heben und Fuß ebenfalls durchstrecken, beim Einatmen beginnen, mit dem gestreckten Bein im Uhrzeigersinn einen kleinen imaginären Kreis an der Decke zu zeichnen, die Bewegung ist dabei stets kontrolliert, nach 5-6 mal kreisen die Richtung ändern und dann zum anderen Bein wechseln, Tempo zwischendurch variieren, „Powerhouse“ und „Box““ bleiben während der gesamten Übung stabil
Wiederholung: 5-6 mal pro Drehrichtung und Bein
9. Roll Up
Ziel: Übt langsames und kontrolliertes Auf- und Abrollen Wirbel für Wirbel
Ausgangsposition: Rückenlage, beide Arme nach hinten neben den Kopf strecken, Beine etwas mehr als hüftbreit öffnen und strecken, Fußspitzen zeigen nach oben
Bewegungsabfolge: Arme senkrecht nach oben führen, Oberkörper dabei etwas anheben, Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule ziehen und den Oberkörper runden, langsam Wirbel für Wirbel vom Boden heben, bis die Sitzposition erreicht ist, dann weiter nach vorne rollen, bis Fuß- und Fingerspitzen in einer Senkrechten sind, Arme stets parallel mitführen, sodass sie waagrecht zu den Beinen sind, ausgehend von der waagerechten Haltung nun langsam wieder Wirbel für Wirbel nach hinten rollen und zur Ausgangsposition zurückkehren
Wiederholung: 5-6 mal ohne Pause
Die neun Basisübungen sind lediglich ein kleiner Ausschnitt aus dem gesamten Übungsportfolio, das Pilates zu bieten hat. Insgesamt gibt es rund 500 Pilates-Übungen, die zwischen Dehnung und Kräftigung der Muskulatur wechseln. Von Anfänger bis zum Experten gibt es mehr oder weniger anspruchsvolle Übungen, bei denen jedoch stets die Pilates Prinzipien zur Anwendung kommen.
Je nach Übung kann das Pilates-Training im Stehen, Sitzen oder Liegen, ohne Hilfsmittel oder durch Zunahme spezieller Trainingsgeräte erfolgen. Anfänger starten i.d.R. mit einfachen Übungen auf der Matte. Fortgeschrittene können die Pilates-Übungen auch mit kleinen Trainingszusatzgeräten (z.B. Gymnastikball, Flex-Band, Pilates Ring) ausführen, die aufgrund der intensiver werdenden Widerstände beim Training allerdings auch eine größere Herausforderung darstellen. Eine exakte Übungsausführung und regelmäßige Haltung müssen weiterhin gewährleistet sein.
Pilates selbst hat zur Unterstützung der Übungsausführung fünf klassische Pilates-Geräte erfunden (Barrel, Cadillac, Chair, Reformer und Spine Correcto), die auch in vielen Pilates-Studios zur Verfügung stehen.
Wie wirkt Pilates?
Die neun Basisübungen haben bereits einen kleinen Einblick gewährt, welche Ziele mit den einzelnen Übungen verfolgt werden. Die Pilates-Grundlagen, sowie die Prinzipien finden bei allen Übungen, ob für Einsteiger oder Profis, Anwendung.
Auffällig ist, dass ein großer Wert auf die korrekte Position und Haltung, sowie eine kontrollierte Bewegungsausführung gelegt wird. Die Körpermitte, bzw. das „Powerhouse“ stehen dabei stets im Fokus. Frei nach dem Motto „in der Ruhe liegt die Kraft“ werden alle Bewegungen kontrolliert geführt. Um das zu ermöglichen, muss man sich während des gesamten Trainings stark konzentrieren. Durch absolute Konzentration und dauernde Kontrolle wird die Präzision der Bewegung geschult, was zu einer verbesserten Bewegungskoordination führt.
Anstelle reflexartiger oder automatischer Bewegungen werden kontrollierte Bewegungen mit koordinativen Elementen kombiniert, was die grauen Zellen fordert. Die Funktionsweise des Nervensystems wird verbessert, was zu einer nehmen Sie als intensiveren und sensibilisierten Körperwahrnehmung (Body Awareness) führt.
Bei Pilates führt der Geist den Körper, so lernt man, den Körper bewusst wahrzunehmen. Da bleibt keine Zeit, sich über die Sorgen des Alltags den Kopf zu zerbrechen. Stattdessen bleiben die Gedanken stets beim Körper, was zu mehr Ausgeglichenheit und Entspannung beiträgt. Dadurch, dass bei Pilates eine Übung in die andere übergeht, wird auch der Bewegungsfluss geschult. Rückartige und schwunghafte Bewegungen gibt es bei Pilates nicht, wodurch Muskeln und Gelenke geschont werden. Man lernt, sich auf runde und fließende Bewegungsabläufe einzulassen. Dies führt zu grazileren und eleganteren Bewegungen, die auch im Alltag Grazie und Ausstrahlung erhöhen.
Neben der erhöhten Körperwahrnehmung sorgt Pilates auch eine korrekte und gesunde Körperhaltung. Die Wirbelsäule wird verlängert, lang gemacht und gestreckt. Die Pilates-Übungen mobilisieren und lockern sämtliche Bewegungen der Wirbelsäule und kräftigen die Rückenmuskulatur. Haltungsschwächen, wie Hohlkreuz oder Rundrücken, die sich im Laufe der Jahre festgefahren haben, können durch regelmäßige Pilates-Übungen korrigiert werden. Man lernt wieder aufrecht zu gehen, die Wirbelsäule zu entlasten und die Schultern nicht hängen zu lassen. Durch eine verbesserte Körperhaltung sieht man nicht nur einige Zentimeter größer und damit schlanker aus, auch die Ausstrahlung und das Selbstbewusstsein im Auftreten verbessern sich, was auch bei anderen Menschen einen positiven Eindruck hinterlässt.
Pilates stärkt und strafft die Muskulatur. Im Gegensatz zu klassischem Krafttraining, bei dem mit schweren Gewichten Muskelwachstum angestrebt wird, werden die klassischen Pilates-Übungen auf dem Boden alleine mithilfe des eigenen Körpergewichts und der Schwerkraft durchgeführt. Pilates trainiert den Körper in seiner Gesamtheit und die beansprucht alle Muskeln gleichmäßig.
Pilates zeichnet sich durch eine kombinierte Muskelarbeit, bestehend aus einem Wechselspiel aus konzentrischen (überwindenden), exzentrischen (nachgebenden) und isometrischen (verharrenden) Elementen aus. Die gleichmäßigen Übungen fördern die Elastizität und Gelenkbeweglichkeit, sodass Pilates ein harmonisches Verhältnis von Kraft und Flexibilität bewirkt. Dabei werden nicht nur die von außen sichtbaren, großen Muskelgruppen, sondern auch die kleineren, tiefer liegenden Helfermuskeln gestärkt. Durch die synergetische Arbeit entgegengesetzter Muskelgruppen kann sich die Muskulatur gleichmäßig entwickeln.
Das Pilates-Training führt somit zu einem wohlgeformten, fitten Körper mit ästhetischen, schlanken Muskeln an Bauch, Beinen, Po und Armen. Die Kräftigung der Körpermitte, bzw. der der Powerhouse-Muskulatur stärkt vor allem den Rücken und kann sich positiv bei Rückenschmerzen auswirken. Ausgewogene Übungsfolgen zur Dehnung und Kräftigung der Muskulatur stellen das Muskelgleichgewicht wieder her. Muskelverkürzungen und Verspannungen, die durch Fehlhaltungen entstanden sind und den Körper belastet haben, werden abgebaut.
Pilates ist ein variierendes komplettes Workout, welches den Kreislauf anregt und die Kondition verbessert. Abhängig von Alter und Ausgangskondition kann das Training so sanft wie nötig oder aber herausfordernd gestaltet werden. Gleichzeitig wird bei Pilates auch die bewusste Atmung geschult. Vor allem Frauen atmen oftmals viel zu flach und nehmen über die Lunge nicht genügend Luft auf. Die Haltungskorrekturen bei Pilates stellen eine freie und ungehinderte Atembewegung sicher. Die ausdehnende und tiefe Brustatmung wirkt Stress und Verspannungen entgegen.
Für wen ist Pilates geeignet?
Grundsätzlich ist Pilates für jeden geeignet und kann bis ins hohe Alter praktiziert werden. Bei Pilates kommen weder schwere Gewichte, noch Hüpfen, Springen oder Reißen zum Einsatz, wodurch die Verletzungsgefahr minimiert wird. Der Vorteil von Pilates ist, dass das Training höchst individuell und kreativ ist und an den persönlichen Trainingszustand angepasst werden kann.
Vor allem Menschen, die ihre Körperhaltung und Fitness verbessern und gleichzeitig den Stressabbau fördern möchten, profitieren von Pilates. Berufstätige, die hauptsächlich in sitzender Haltung arbeiten, Hausfrauen, die rund um die Uhr auf Achsen sind, sowie Schüler und Studenten, die sich phasenweise stark konzentrieren können mit Pilates den Kopf wieder frei bekommen, neue Energie mobilisieren und einen angenehmen Ausgleich zum stressigen Alltag schaffen.
Auch wer unter haltungsbedingten Rückenschmerzen leidet oder Rückenleiden vorbeugen möchte, kann durch die Übungen einen gesundheitlichen Nutzen erfahren, bzw. Schmerzen lindern und den Rehabilitationsprozess fördern.
Da es sich bei Pilates um ein sanftes Training handelt, ist es auch für ältere Menschen geeignet, die dem natürlichen Muskelabbau vorbeugen, beweglich bleiben und so z.B. Stürze vermeiden möchten. Auch wird Pilates von vielen Leistungs- und Breitensportlern als Komplementär-Training genutzt, um die Rumpfkraft und -Stabilität zu verbessern und die bewusste Atmung zu schulen. Auch Sportler, die den Körper aufgrund einseitiger Bewegungen z.B. beim Golf oder Tennis ungleichmäßig belasten, können diese einseitige Belastung mit Pilates wieder auszugleichen und die Körperkontrolle verbessern.
Auch darstellende Künstler und Personen, für die eine gute Haltung und Atmung wichtig ist, wie Sänger, Tänzer, Schauspieler, Models, Moderatoren etc., können durch Pilates die Zusammenarbeit zwischen Körper und Geist aktiv fördern.
Wer mit Pilates bereits vertraut ist, kann das Training auch während einer Schwangerschaft fortsetzen. Die Sportart ist sicher genug und kann den Körper während dieser Zeit stärken, geschmeidig halten und auf die Schwangerschaft vorbereiten. Wichtig hierbei ist, das Training individuell auf die Schwangere anzupassen und ggf. Übungen zu modifizieren oder auszulassen. Nach der Schwangerschaft ist Pilates zudem eine effektive Methode, um den Körper wieder in Form zu bringen.
Schwangeren Frauen, die Pilates noch nicht sicher praktizieren, sollten während der Schwangerschaft, wird jedoch abgeraten, während der Schwangerschaft mit dem Training zu beginnen, da aufgrund der körperlichen Veränderungen viele Prinzipien nicht umgesetzt werden können. Auch Personen, die unter chronischen oder akuten Erkrankungen, bzw. Entzündungen leiden oder frisch nach der Operation sind, sollten auf Pilates verzichten und ihren Arzt um Rat fragen.
Kann man mit Pilates abnehmen?
Bei Pilates handelt es sich um ein sanftes Training mit fließenden Bewegungen. Da man weder rennen, springen, hüpfen oder schwere Gewichte heben muss, liegt der Kalorienverbrauch logischerweise unter typischen Ausdauersportarten, wie Joggen, Radfahren, Schwimmen oder Kraftsport. Dennoch verbraucht eine Stunde Pilates durchschnittlich etwa 208 Kalorien, was immerhin besser ist, als sich gar nicht zu bewegen.
Obwohl Pilates auf den ersten Blick leicht aussieht, handelt es sich um ein effektives Training mit komplexen Übungen. Dabei werden vor allem die Beweglichkeit, aber auch die Kraft, bzw. Kraftausdauer und Körperkontrolle geschult.
Im Vergleich zum Walken oder Spazieren gehen ist der Trainingseffekt bei Pilates also wesentlich höher. Viele Teilnehmer genießen das neue Körperbewusstsein und die Möglichkeit, beim Training komplett abzuschalten. Pilates trägt durch absolute Konzentration beim Training, die verbesserte Haltung und die Atemtechnik zur Stressreduzierung, was sich auch positiv auf den Alltag auswirkt. Man lernt mit Stress besser umzugehen und Körper und Geist zu entspannen.
Wenn man bedenkt, dass Übergewicht und unkontrolliertes Essen oftmals durch Stresssituationen hervorgerufen werden, kann Pilates dazu beitragen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen und seinen Körper wieder lieben zu lernen. In dem Sinn kann man mit Pilates durchaus abnehmen. Voraussetzung ist sind ein regelmäßiges Training und eine ausgewogene, gesunde Ernährung.
Tipps für ein effektives Pilates-Training
Trotz geringer Verletzungsgefahr empfiehlt es sich für Pilates-Anfänger nicht auf eigene Faust hantieren, sondern eine fachliche Einführung in die Trainingsmethode zu wählen. Die Verlockung, die Übungen bequem von zuhause aus zu absolvieren, ist groß, da man für den Großteil der Übungen lediglich eine Matte benötigt, allerdings kann es bei fehlender fachlicher Einweisung schnell zu Bewegungs- und Haltungsfehlern kommen. Und genau diese gilt es zu vermeiden.
Bücher, DVDs und das Internet sind zwar informativ und hilfreich, allerdings ist Pilates eine Technik, die professionell erlernt werden will. Wer alleine trainiert, sieht nicht, ob er Fehler macht. Und gerade die Kombination aus richtiger Atmung und Bewegung ist für Anfänger schwer. Zudem erfährt man so nur einen kleinen Teil der umfangreichen Pilates-Methode. Wesentliche Grundlagen und Prinzipien werden oftmals gar nicht erwähnt.
Es gibt mehrere hundert Pilates-Übungen, die zum Teil auf einer Matte oder mit speziellen Geräten durchgeführt werden – Alleine ist es da unmöglich den Überblick zu behalten. Umso wichtiger ist es, das Pilates-Training an der Seite eines klassisch ausgebildeten Trainers zu beginnen, der auch Fragen beantworten und korrigierend eingreifen kann. Empfehlenswert sind z.B. Einsteiger- oder Vorbereitungskurse in einem Fitnessstudio, einer Pilates-Schule oder auch Einzelstunden bei einem qualifizierten Pilates-Trainer. Sobald man mit den Trainingsgrundlagen vertraut ist und die Übungen selbstständig und sicher ausführen kann, ist gegen ein Training zuhause nichts einzuwenden.
Da der Begriff „Pilates“ nicht geschützt ist, kann sich im Prinzip jeder „Pilates-Trainer“ nennen. Auf der Webseite des Deutschen Pilates Verbands erhält man einen Überblick aller zertifizierten Trainer, die eine vollwertige Ausbildung absolviert haben und an regelmäßigen Fortbildungen teilnehmen.
Ein guter Pilates-Trainer baut die Übungen langsam auf und orientiert sich am Niveau der Teilnehmer. Er kontrolliert den richtigen Bewegungsablauf und überfordert die Anfänger nicht. Da dies viel Konzentration für jeden einzelnen Teilnehmer erfordert, sollte man das Training möglichst in Kleingruppen von maximal 8-10 Personen durchführen.
Je nach den persönlichen Voraussetzungen und Zielen sollte das Training zu Beginn zwei- bis dreimal mal pro Woche unter Aufsicht erfolgen. Später können die Übungen dann bequem in den Alltag integriert und auch selbstständig von jedem Ort der Welt durchgeführt werden.
Fazit
Pilates ist mehr, als langweiliges Rumhantieren auf der Matte. Es geht um Kontrolle über den Körper, Koordination, mentale Konzentration, die Fokussierung auf die Körpermitte, Präzision in der Bewegungsausführung, bewusste Atmung und fließende Bewegungen. All das macht Pilates zu einer sehr umfangreichen Sportart, die für Männer und Frauen, ob jung oder alt geeignet ist.
Das Portfolio an Übungen, sowie die Zunahme unterschiedlicher Trainingsgeräte macht das Pilates-Training äußerst abwechslungsreich und kreativ. Neben einer gekräftigten Muskulatur und einer besseren Körperwahrnehmung profitiert man vor allem von dem erholsamen Effekt, den Pilates mit sich bringt. Dank der fließenden Übergänge der Übungen und der starke Kontrolle und Konzentration auf jede einzelne Bewegung bleiben keine Gedanken mehr für Probleme, Sorgen und Stress.
Auch wenn es gewiss schweißtreibendere Sportarten gibt, die mehr Kalorien verbrauchen, kann Pilates sogar beim Abnehmen helfen. Die richtige Atemtechnik, die verbesserte Haltung und die sensibilisierte Körperwahrnehmung helfen, im Alltag besser mit Stresssituationen zurechtzukommen und Frustessen zu vermeiden.
Durch Pilates lernt man seinen Körper neu kennen und schärft das Bewusstsein, mit diesem einzigen Körper, den man nun mal hat, liebevoller umzugehen.
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