Ein muskulöser, aber trotzdem definierter Körper ist das Trainingsziel vieler Sportler. Das ist leider einfacher gesagt, als getan. Denn um Masse – besser gesagt Muskelmasse – zuzulegen, bedarf es neben einem harten Krafttraining auch einer erhöhten Nährstoffzufuhr. Schließlich benötigen Muskeln entsprechendes „Futter“, um wachsen zu können.
Unerwünschter Nebeneffekt ist oftmals, dass mit der Muskelmasse auch der Körperfettanteil steigt.
Um dies zu verhindern, schwören viele Sportler auf eine ketogene bzw. anabole Diät. Ziel: Maximale Gewichtszunahme bei gleichbleibendem bzw. sinkenden Körperfettanteil.
Die parallele Umsetzung beider Trainingsziele: Muskelaufbau und Fettabbau ist zwar nicht möglich, da anabole (aufbauende) und katabole (abbauende) Stoffwechselprozesse nicht gleichzeitig ablaufen können.
Dennoch kann man mit der Ketogenen Diät bzw. einer anabolen Ernährung sowohl den Abbau von Körperfett forcieren, als auch dafür sorgen, dass der Körper Proteine besser zum Muskelwachstum verwerten kann.
In diesem ersten Teil der insgesamt dreiteiligen Artikelreihe zum Thema „Ketogene Diät“ sollen zunächst die Grundzüge und die Funktionsweise der Ketogenen Diät erläutert werden.
Wie wird eine maximale Fettverbrennung hergestellt? Welche Rollen spielen de Hormone Insulin und Glucagon? Und was hat es mit Ketonkörpern und Ketose auf sich?
Diese Fragen sollen im folgenden beantwortet werden.
Ketogene Diät: Was ist das?
Die Ketogene Diät bzw. ketogene Ernährung ist eine sehr kohlenhydratarme Ernährungsform, die sowohl als langfristige Liftestyle-Diät, aber auch gezielt zur Gewichtsreduktion und therapeutischen Zwecken eingesetzt wird.
Die Anabole Diät ist eine abgewandelte Form der ketogenen Diät und hat sich vor allem bei Bodybuildern etabliert. In dieser Gruppe zählt beispielsweise das im Jahre 1995 erschienene Buch „The Anabolic Diet“ von Dr. Mauro Di Pasquale zu den Standardwerken. Seitdem wurde diverse Variationen der anabolen Diät entwickelt, die viele Bodybuilder in ihrer Wettkampfvorbereitung genutzt haben.
Aber nicht nur Profi-Bodybuilder, sondern auch viele Fitnessbegeisterte nutzen die Ketogene oder Anabole Diät, um Fett zu verlieren oder einen definierten und muskulösen Körper aufzubauen. Die anabole Diät sieht neben reinen Keto-Phasen auch Ladephasen (sog. „Refeeds“) vor. Im Gegensatz zur klassischen ketogenen Ernährung ist die anabole Diät somit eine Art zyklische ketogene Diät.
Obwohl der Name „Anabole Diät“ vermuten lassen könnte, dass wachstumsfördernde Substanzen (Anabolika) zum Einsatz kommen, so hat die anabole Diät nichts mit Anabolika zu tun.
Die Bezeichnung beschreibt vielmehr die anabole Wirkung der Ernährung bzw. die aufbauenden Stoffwechselreaktionen. Der Aufbau von Muskelmasse ist ebenso, wie Einlagerung von Fett, ein anaboler, also aufbauender Stoffwechselvorgang.
Im Gegensatz zum Anabolismus beschreibt der Katabolismus den Abbau von Stoffwechselprodukten. Wird der Körper gezwungen, auf seine eigenen Energiereserven (z.B. Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinspeicher) zurückzugreifen, wird Körpermasse abgebaut.
Sowohl anabole, als auch katabole Reaktionen sind Bestandteile unseres Stoffwechsels und können durch Training und Ernährung beeinflusst werden.
Die Ketogene Diät forciert anabole Reaktionen, also den Aufbau von Körpersubstanz – Aber nicht von jeder Körpersubstanz! Ziel ist es, Körperfett abzubauen und gleichzeitig die Muskelmasse zu erhalten bzw. zu erhöhen.
Wie funktioniert die Ketogene Diät?
Die Ketogene Diät ist eine extrem kohlenhydratarme, protein- und kalorienbilanzierte Ernährungsform. Sie ist eine Form der „Low Carb“-Diäten, welche alle eine Reduzierung von Kohlenhydraten vorsehen.
Kaum Kohlenhydrate, dafür viel Fett und ausreichend Proteine – Das ist die Ketone Diät.
Die Diät ist „isokalorisch“, also bedarfsgerecht in Bezug auf Kalorien. Auch die Zufuhr an Eiweißen/Proteinen orientiert sich am individuellen Bedarf. Aus der Tatsache, dass die Kalorien- und Proteinzufuhr bedarfsgerecht erfolgen und gleichzeitig kaum Kohlenhydrate verzehrt werden, ergibt sich, dass die Ketogene Diät verstärkt auf Fette setzen muss.
Doch warum gerade Fett? Ist es nicht das Ziel, Fett abzubauen? Warum also eine fettreiche Diät machen? Ganz einfach: Fett ist schon längst nicht mehr die Hauptursache für Übergewicht. Zwar denkt man bei einer Diät zuerst an die Reduzierung von Fett, doch nicht das Fett macht fett, sondern die Kohlenhydrate.
Kohlenhydrate, wie sie in Brot, Nudeln, Reis, Zucker und Früchten enthalten sind, sind der Hauptenergielieferant für den Organismus. Sie lassen sich schneller verwerten, als z.B. Fette und werden daher vorrangig zur Energiegewinnung herangezogen.
Der wichtigste Kohlenhydratbaustein ist die Glucose (Einfachzucker). Jede Körperzelle kann Glucose über die Zellwände aufnehmen und wieder abgeben. Die Höhe bzw. Konzentration der Glucose im Blut bezeichnet man auch als „Blutzuckerspiegel“.
Je nachdem, ob wir kurzkettige Kohlenhydrate (Traubenzucker, Süßigkeiten, Weißmehlprodukte) oder langkettige/komplexe Kohlenhydrate (Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte) zu uns nehmen, geht die Glucose mal schneller, mal langsamer ins Blut. Entsprechend schneller bzw. langsamer steigt der Blutzuckerspiegel an.
Da dieser aber immer in engen Grenzen gehalten wird, schüttet der Körper Insulin aus. Je schneller/höher der Blutzuckerspiegel steigt, umso mehr Insulin wird ausgeschüttet. Insulin ist das einzige Hormon, dass den Blutzucker wieder senken an.
Der Gegenspieler des Insulin in das Glucagon, dessen Hauptaufgabe die Erhöhung des Blutzuckerspiegels ist.
Insulin blockiert den Fettabbau
Insulin wird auch als Dickmacherhormon bezeichnet da es eine Gewichtszunahme begünstigen kann.
Je schneller die Glucose im Verdauungstrakt freigesetzt wird, umso schneller steigt der Blutzuckerspiegel an und umso höher die Insulinausschüttung.
Viel Glucose im Blut = schneller Blutzuckeranstieg = hohe Insulinausschüttung
Bei komplexen Kohlenhydraten müssen die Glucoseketten im Verdauungstrakt erst aufgespalten werden. Je länger die Glucoseketten, umso langsamer geht die Glucose ins Blut und umso weniger Insulin wird ausgeschüttet. Für die Insulinausschüttung spielt es daher eine gravierende Rolle, ob wir Einfachzucker oder Mehrfach-/Vielfachzucker zu uns nehmen.
Doch was macht das Insulin im Körper? Insulin reguliert den Blutzuckerspiegel, also die Glucose im Blut.
Wenn wir Kohlenhydrate essen, wird ein Teil der Glucose für die Muskelarbeit und Gehirnaktivität herangezogen. Der Rest wird in Form von Glucoseketten als Glykogen in Leber und Muskulatur gespeichert.
Die Glykogen- bzw. Kohlenhydratspeicher des Körpers sind jedoch begrenzt. Normale, untrainierte Menschen können ca. 300 bis 400 Gramm Glykogen speichern, während z.B. gut trainierte Ausdauersportler über ein Glykogendepot von bis zu 600 Gramm verfügen können.
Und was passiert, wenn die Glykogenspeicher voll sind? Wenn die Kohlenhydratversorgung den Verbrauch übersteigt, wandelt der Körper jedes Gramm an Kohlenhydrat-Überschuss mithilfe von Insulin in Fett um und lagert ihn in Form von Depotfett an.
Unsere Fettzellen verfügen über zwei Enzyme, die dafür sorgen, dass Fett entweder gespeichert (Lipoprotein-Lipase) oder freigegeben wird (Lipase). Insulin regt die Lipoprotein-Lipase und die Glykogen-Synthese, also den Aufbau der Speicherform der Glucose , des Glykogen, an.
Je höher der Insulinspiegel, umso rascher die Beschleunigung der Glucoseaufnahme in die Muskel- und Fettzellen. Der Körper versucht dann mit allem Druck die im Blut gelöste Glucose in die Zellen zu „pumpen“.
Somit hemmt Insulin aber auch gleichzeitig den Fettabbau bzw. die Lipolyse, da das fettabbauende Hormon Glucagon nicht aktiv werden kann. Bei einem hohen Insulinspiegel werden also keine Fettsäuren freigesetzt und die Fettverbrennung verhindert.
Eine kohlenhydratreiche Ernährung, die eine verstärkte Insulinausschüttung zur Folge hat, boykottiert somit eine effektive Fettverbrennung, die jedoch das Ziel der katabolen Diät ist.
Und nicht nur das. Sind die Zellen aufgrund der begrenzten Speicherkapazität voll, wird die überschüssige Glucose in den Fettzellen gespeichert. Zu viele und die falschen Kohlenhydrate führen somit nicht nur zu einer schlechteren Fettverbrennung, sondern auch zu vermehrter Fetteinlagerung.
Ein Mangel an Insulin führt somit dagegen zu einem gesteigerten Fettabbau (Lipolyse). Aus dem Grund werden die Kohlenhydrate bei der Ketogenen bzw. Anabolen Diät stark reduziert. Die Formel ist ganz einfach: Wenig Kohlenhydrate = geringe Insulinausschüttung = bessere Fettverbrennung.
Glucagon aktiviert den Fettabbau
Um Körperfett wieder abzubauen, muss der Gegenspieler des Insulins – das Glucagon – aktiviert werden. Während Insulin als „Speicherhormon“ die Einlagerung von Glykogen fördert, bewirkt Glucagon das genaue Gegenteil, nämlich den Abbau von Glykogen.
Glucagon ist somit als „Freisetzungshormon“ zu verstehen. Mithilfe des Glucogens werden die Fettsäuren aus den Körperfettdepots zur Energiegewinnung freigesetzt.
Wichtig: Insulin und Glucagon sind Gegenspieler. Wird das eine Hormon freigesetzt, wird das andere gehemmt und umgekehrt. Gucagon hat die Aufgabe, die Fettsäuren aus den Körperfettdepots zur Energiegewinnung heranzuziehen.
Der Körper versucht, den Blutzuckerspiegel durch Insulin und Glucagon immer auf einem bestimmten Level zu halten. Fällt der Blutzuckerspiegel nun unter eine bestimmte Grenze und werden keine Kohlenhydrate mehr zugeführt, setzt die Bauchspeicheldrüse Glucagon frei.
Durch Glucagon werden die Enzyme für den Glucose- und Fettstoffwechsel aktiviert. Glucagon fördert sowohl den Abbau von Glykogen (Speicherform der Glucose), als auch die Aufspaltung der Fettdepots und Freisetzung der Fettsäuren.
Als Zwischenprodukt des Fettsäureabbaus entsteht aktivierte Essigsäure bzw. Acetyl-Coenzym A (kurz Acetyl-CoA). Aus zwei Molekülen aktivierter Essigsäure werden die sogenannten „Ketonkörper“ oder „Ketokörper“ gebildet. Sie übernehmen bei Kohlenhydratmangel die Energieversorgung des Gehirns und der Muskeln.
Den Stoffwechselzustand bei einem Anstieg der Konzentration von Ketonkörpern bezeichnet man als „Ketose“.
Die folgende Tabelle zeigt einen Überblick über die wichtigsten Funktionen der hormonellen Gegenspieler Insulin und Glucagon im Überblick:
Auf einen Blick: Insulin vs. Glucagon |
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Bildung: | in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse | in den α-Inselzellen Bauchspeicheldrüse |
Verstärkte Ausschüttung: | bei kohlenhydratreicher Ernährung, Bltuzuckeranstieg | bei kohlenhydratarmer Ernährung, proteinreichen Mahlzeiten, Blutzuckerabfall |
Glucosespiegel: | Viel Glucose im Blut = hoher Blutzuckerspiegel | Wenig Glucose im Blut = niedriger Blutzuckerspiegel |
Folgen: | Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus | Bauchspeicheldrüse schüttet Glucagon aus |
Aufgabe: | Das einzige Hormon, das den Blutzuckerspiegel senken kann | Hauptaufgabe: Blutzuckerspiegel erhöhen |
Funktion: | - "Schlüsselhormon": Schleust Glucose in die Körperzellen - Vor allem Leber- und Muskelzellen können in kurzer Zeit große Mengen Glucose aufnehmen - Glucose wird entweder zur Energiegewinnung genutzt (Glykolyse) oder bei Überschuss als Glykogen gespeichert (Glykogen-Synthese). | - "Freisetzungshormon": Aktiviert Enzyme für den Glucose- und Fettstoffwechsel - Glucagon regt den Abbau von Glykogen (Glykogenolyse) und die Neusynthese von Glucose (Gluconeogenese) aus Aminosäuren an. Glucagon hat also eine proteinkatabole Wirkung - Gleichzeitig werden fettverdauende Enzyme (Lipasen) aktiviert. - Ein Insulinmangel führt somit zu einem gesteigerten Fettabbau (Lipolyse) mit Bildung von Ketokörpern und einer daraus resultierenden Ketose. |
Wirkung: | Insulin fördert die Bildung und Speicherung von Glykogen in Leber und Muskeln, die Bildung von Depotfett in Leber und Fettgewebe, sowie die Speicherung von Aminosäuren im Muskel. | Glucagon fördert den Abbau von Glykogen, den Abbau von Depotfett, sowie den Abbau von Muskelproteinen. |
Induziert/hemmt: | Insulin regt die Glykogensynthese und -speicherung an und hemmt gleichzeitig die Gluconeogenese. | Glucagon stimuliert den Glykogenabbau und hemmt die Glykogensynthese. |
Fazit: | Insulin hemmt somit den Fettabbau | Glucagon aktiviert somit den Fettabbau |
Ketogene Diät: Wie verändert sich der Stoffwechsel?
Eine ketogene Diät imitiert in bestimmten Aspekten den Hungerstoffwechsel. Nicht, weil man im wahrsten Sinne des Wortes hungern muss, sondern weil die Ernährungsweise der Ketogenen Diät eine Stoffwechselumstellung zur Folge hat.
Die strenge Limitierung der Kohlenhydrate führt dazu, dass sich der Körper eine neue Hauptenergiequelle suchen muss. Der Energiebedarf wird nicht mehr aus Fett UND Glucose, sondern nur noch aus Fett und daraus im Körper gebildetem Glukoseersatz, den Ketonkörpern, gedeckt.
Wie bereits erwähnt, sind die verschiedenen Kohlenhydrate, die vor allem aus Glucose aufgebaut sind, normalerweise der Hauptenergielieferant des Körpers. Auch Proteine und Fette tragen zur Energieversorgung bei. Allerdings können Proteine im Stoffwechsel nur zu ca. 50 Prozent und Fette nur zu ca. 10 Prozent zu Glucose umgebaut werden.
Glucose ist jedoch zur Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels und zur Energieversorgung des Gehirns unerlässlich. Was passiert nun, wenn keine Kohlenhydrate mehr zugeführt werden?
Im Falle eines solchen „Hungerzustands“ werden zunächst die gespeicherten Kohlenhydrate bzw. die Glykogenvorräte abgebaut. Das gespeicherte Glykogen wird dann wieder zu Glucose aufgespalten, welche über das Blut dem Organismus zur Energieversorgung zur Verfügung gestellt wird.
Diese schnell zur Verfügung stehenden Energiereserven sind bereits innerhalb eines Tages verbraucht. Sind die Glykogenspeicher leer, stellt sich der Körper zunehmend auf den Hungerstoffwechsel um. Aufgrund des Glukosemangels werden jetzt verstärkt Fette abgebaut (Lipolyse). Hierbei kommt es in der Leber zu einem erhöhten Abbau von Fettsäuren zu Ketonkörpern.
Weniger Glucose im Blut = höherer Fettabbau
Was passiert genau im Körper? Ein eingeschränkter Glucoseabbau (Glycolyse) hat eine erheblichen Zunahme an aktivierter Essigsäure (Acetyl-CoA) zur Folge. Im Normalfall tritt Acetyl-CoA in den sogenannten „Citratzyklus“ ein, sodass Ketonkörper nur in sehr geringem Ausmaß gebildet werden.
Der Citratzyklus (auch Zitronensäurezyklus genannt) spielt im Stoffwechsel eine wichtige Rolle und ist praktisch die „Drehscheibe“ des Stoffwechselsystems. Hier münden die Abbauprodukte verschiedener Nährstoffe, die im Stoffwechsel abgebaut werden. Acetyl-CoA ist dabei das zentrale Abbauprodukt der verschiedenen Nährstoffklassen, u.a. das normale Zwischenprodukt des Fettsäureabbaus.
Bei einer katabolen Diät bzw. im Hungerzustand kann das dabei entstehende Acetyl-CoA kann nicht mehr ausreichend über den Citratzyklus verwertet werden. Der Grund sind zu geringe Mengen an Pyruvat (das Endprodukt der Glykolyse) und eine zu niedrige Oxalacetatkonzentration.
Dabei kommt es in der Leber zu einer verstärkten Bildung von Ketonkörpern aus Acetyl-CoA. Zu den gebildeten Ketonen zählen Acetessigsäure, b-Hydroxybuttersäure und Aceton.
Kann der Körper nicht mehr genügend Glucose aus dem Blut aufnehmen, setzt die Bauchspeicheldrüse Glukagon frei, um verstärkt den Glucose-, Protein- und Fettsäurestoffwechsel zu aktivieren. Glukagon hat eine katabole Wirkung, d.h. es regt die Aufspaltung der Körpergewebe in Energieträger an.
Der verstärkte Fettsäurestoffwechsel führt zu einer erhöhten Konzentration von freien Fettsäuren im Blut und zu einer verstärkten Fettsäureoxidation in der Leber. Als Abbauprodukt der Fettsäuren entsteht Acetyl-CoA, welches jedoch nicht ausreichend über den Citratzyklus verwertet werden kann, sodass vermehrt Ketonkörper gebildet werden.
Ketonkörper und Ketose
Ketonkörper sind eine transportable Form des Acetyl-CoA in unserem Körper und tragen bei Kohlenhydratmangel einen beträchtlichen Anteil zur Energiegewinnung bei. Vor allem der Energiebedarf des Gehirns, das ja ansonsten auf Glukose als einzige Energiequelle angewiesen ist, effizient gedeckt werden.
Zur Verwertung werden die Ketonkörper aus der Leber exportiert, wo sie durch Mitwirken von Enzymen wieder in Acetyl-CoA zurückgewandelt werden und Gehirn und Muskeln als Energiequelle zur Verfügung stehen.
Den durch einen Anstieg der Konzentration von Ketonkörper charakterisierten Stoffwechselzustand bezeichnet man als Ketose. Ketose bedeutet, dass der Anstieg der Konzentration von Ketonkörpern im Blut und innerhalb der Körperzellen über den Normwerten liegt. Die Ketose setzt ein, sobald die Glykogenvorräte in den Leber- und Muskelzellen erschöpft sind.
Die Ernährungsweise bei einer ketogenen Diät führt innerhalb kurzer Zeit (bereits nach maximal 24 Stunden) zur Entleerung der Glykogenspeicher und somit zum Eintreten einer Ketose.
Ist der Körper auf Kohlenhydrate angewiesen?
Die strenge Einschränkung bzw. der Verzicht auf Kohlenhydrate steht im kompletten Gegensatz zu gängigen Ernährungsempfehlungen.
In einer Publikation der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) heißt es zur Relation der energieliefernden Nährstoffe:
„In der Ernährung des gesunden Erwachsenen sollte der Anteil der Kohlenhydrate vorzugsweise aus Vollkornprodukten an der täglichen Energiemenge mehr als 50 % betragen.“
Und was ist mit Fett?
„Der Richtwert für die Fettzufuhr beträgt beim Erwachsenen mit leichter und mittelschwerer Arbeit […] 30 % der Energiezufuhr“
Die Ketogene Diät verzichtet jedoch auf Kohlenhydrate und setzt verstärkt auf Fette. Aber sind Kohlenhydrate nicht überlebenswichtig?
Fakt ist: die Erythrozyten bzw. die roten Blutkörperchen sind vollständig auf die Zufuhr von Glucose angewiesen. Diese Zellen beziehen ihre gesamte Energie aus der Glykolyse, also dem Abbau von Kohlenhydraten zu Glucose. Auch das Gehirn ist hochgradig von Glucose als Energieträger abhängig.
Ein erwachsener Mensch braucht im Ruhezustand täglich ungefähr 200 Gramm Glucose – davon werden bereits 75 Prozent vom Gehirn benötigt, ein Großteil des Restes wird von den roten Blutkörperchen genutzt.
Müssen wir also nicht zwingend Kohlenhydrate zu uns nehmen, um den täglichen Glucosebedarf des Körpers zu decken? Nein.
Kohlenhydrate sind für den Organismus nicht essentiell. Der Mensch hat sich bereits als Homo erectus in der Altsteinzeit (vor etwa 2 Millionen Jahren) und auch als moderner Mensch (Homo sapiens), der seit etwa 200.000 Jahren die Erde bevölkert, ohne Getreide ernährt. Stattdessen wurden Fleisch, Innereien, Fisch, Gemüse, Wurzeln und Früchte verzehrt. Die späten Vertreter von Homo erectus können bereits als Jäger und Sammler bezeichnet werden.
Kohlenhydrate waren damals nicht überlebensnotwendig und sind auch auch heute nicht. Sie können durch die Neusynthese von Glucose (die sogenannte „Gluconeogenese“) unter Energieaufwand auch aus anderen Nahrungsbestandteilen bzw. Nicht-Kohlenhydratvorstufen hergestellt werden.
Zu den Ausgangsstoffe der Gluconeogenese zählen Aminosäuren der Proteinen (z.B. Pyruvat oder Oxalacetat), Lactat und das Glycerin der Fette.
Da der Blutzuckerspiegel immer in engen Grenzen gehalten werden muss, setzt die die Gluconeogenese bei der ketogenen Diät oder in Hungerperioden relativ schnell ein. Der Körper kann durch den Aufbau von Glucose in der Gluconeogenese täglich etwa 180 bis 200 Gramm Glucose bilden – auch ohne Kohlenhydrate!
Auf diese Weise kann der Blutzuckerspiegel konstant gehalten werden. Dies wird durch das Zusammenspiel von Insulin und Glucagon sichergestellt. Beim Verzehr von Kohlenhydraten schüttet der Körper Insulin aus, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Bei Kohlenhydratmangel stimuliert Glucagon nicht nur den Abbau von Glykogen (Glykogenolyse), sondern auch die Neusynthese von Glucose aus Aminosäuren und Fettsäuren (Gluconeogenese).
Die Gluconeogenese und die Glykolyse/Glykogenolyse sind zwei völlig entgegenlaufende Stoffwechselwege. Bei der Glykolyse werden Kohlenhydrate zu Glucose, bei der Glykogenolyse Glykogen (Kohlenhydratspeicher) zu Glucose abgebaut. Bei der Gluconeogenese wird hingegen Glucose aus Aminosäuren und Glycerin aufgebaut.
Ein Mangel an Kohlenhydraten ist daher nicht lebensgefährlich, da z.B. die Muskulatur und das Gehirn problemlos durch Ketonkörper versorgt werden und der Körper Glucose auch selbst herstellen kann.
Bei der ketogenen Diät macht sich die hohe Konzentration von Ketonkörpern im Blut häufig durch Acetongeruch bemerkbar, da die Aceton-Ketonkörper über die Atemluft abgeatmet werden. Der Geruch von Aceton ähnelt Klebstoff, Lackfarbe, Nagellackentferner oder überreifem Obst.
Werden bei der Ketogenen Diät auch Muskeln abgebaut?
Normalerweise kommt es nach der Mobilisierung der schnell zur Verfügung stehenden Energiereserven auch zu einem Eiweißabbau, der bei Sportlern natürlich unerwünscht ist.
Werden während der Ketogenen Diät auch Muskeln abgebaut? Grundsätzlich hat jede kalorienreduzierte Diät eine katabole Wirkung. Der Begriff „Katabolismus“ bezeichnet den Abbau von Stoffwechselprodukten.
Wenn bei der Ketogenen Diät also Fettdepots abgebaut werden, handelt es sich um einen katabolen Stoffwechselvorgang. Für eine schnelle Bereitstellung von Energiereserven durch Fettabbau (Lipolyse) werden das „Freisetzungshormon“ Glucagon und das Stresshormon Adrenalin freigesetzt.
Ebenso kann es dazu kommen, dass Proteine, vor allem Muskelproteine, abgebaut werden. Der Eiweißabbau ist am Anfang der Katabolen Diät höher, der Stoffwechsel stellt sich erst nach etwa zwei Wochen auf einen „Eiweißsparmechanismus“ um.
Eine ausreichende Proteinzufuhr während der Ketogenen Diät soll verhindern, dass wertvolle Muskelmasse abgebaut wird. Die Zufuhr von Eiweiß soll die Muskeln schützen und für die Ketose verstärkt Fette – und nicht Muskelproteine – heranziehen.
Die Ketonkörper sind während der Ketose die primäre Energiequelle für den Körper. Sofern regelmäßig und in ausreichender Menge Eiweiß und Kalorien über die Nahrung zugeführt werden, bleibt die Muskulatur zum Großteil verschont. Da der Körper i.d.R. über genug Fettreserven verfügt, muss er nicht auf Proteine zur Herstellung von Glukose über die Glukoneogenese zurückgreifen.
Der Muskelschutz ist bei der Ketogenen Diät somit weitaus effektiver, als bei klassischen Reduktionsdiäten. Aus dem Grund ist die Katabole Diät bei Bodybuildern und anderen Sportlern so beliebt.
Ausblick & weitere Teile der Reihe
Doch wie funktioniert nun eine ketogene Diät? Was darf man eigentlich noch essen? Wie sieht der optimale Ernährungsplan aus? Inwiefern hat die Ketogene Diät auch einen anabolen Effekt? Und welche Vor- und Nachteile gibt es?
Diese und weitere interessante Fragen rund um die Ketogene Diät werden in den nächsten drei Artikeln beantwortet!
Teil 2: Anabole Diät: Ketogene Ernährung, Phasen & Durchführung
Philip meint
Hallo Alicia,
vielen Dank für den Artikel! Ich lese in letzter Zeit eine Menge zu dem Thema und bin auf der Recherche nach einer Fragestellung auf Deinen Artikel gestoßen, die Du mir vielleicht auch beantworten kannst:
Ich habe durch eine zweiwöchige Very Low Carb Phase Phase bei gleichzeitiger sehr geringer kcal Aufnahme und „Beifüttern“ von Fett u Eiweiß meinen Körper in die Ketose geführt (Messtreifen zum Testen). Am Ende dieser Phase habe ich mit Freunden ausgiebig gegessen, auch KH, allerdings seitdem wieder Low Carb gegessen, allerdings mit einem vermutlich „normalen“ kcal Level (ich zähle nicht, sondern achte lediglich auf Low Carb Lebensmittel)
Dennoch zeigt die Messung wieder mehr Ketonkörper im Urin (Teststreifen) (als unmittelbar nach dem Essen mit den Freunden u KH)
Ich benötige Input für die Interpretation des Ergebnissen: Werden Ketonkörper auch beim Abbau von über die Nahrung zugeführtem Fett erzeugt oder sind diese definitiv und ausschließlich ein Indikator für Körperfett-Abbau?
Vielen Dank für eine Antwort
Gruß,
Philip
Alicia meint
Hallo Philip,
vielen Dank für deine Frage!
Ob Körperfett abgebaut wird oder nicht hängt einzig und allein von einem Kaloriendefizit ab. Wenn du dich während der Ketose im Kalorienüberschuss befindest, wird kein Körperfett zur Energiegewinnung herangezogen bzw. abgebaut, sondern aufgebaut. Auch bei einer isokalorischen Ernährung (Kalorienzufuhr entspricht den Kalorienverbrauch), besteht für den Körper kein Bedarf, an die Körperfettreserven zu gehen. In dem Fall wird nur das Nahrungsfett verstoffechselt. Ketose heißt lediglich, dass der Körper zur Deckung des Energiebedarfs vorrangig Fett und Ketonkörper heranzieht.
Es kann durchaus sein, dass du trotz Erhöhung der Kohlenhydrate weiterhin in der Ketose bist. Die Kohlenhydratschwellen, sowie die Art der Kohlenhydrate, die vom Körper toleriert werden, um in der Ketose zu bleiben, sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Das kann man durch „tüfteln“ bzw. anfängliches regelmäßiges messen feststellen.
Außerdem gilt zu beachten: Ketostix messen überschüssiges Acetoacetat im Urin. Diese Methode ist jedoch nur am Anfang einer Low-Carb-Phase aussagekräftig, da der Körper mit der Zeit lernt, das Acetoacetat besser zu verwerten und in Beta-Hydroxybutyrate (BOHB) und Aceton umzubauen. Wenn man sich tief in der Ketose befindet, sind die Ketostix wenig aussagekräftig, da kaum noch überschüssiges Material übrig ist, das über den Urin gemessen werden könnte. Insofern könnte man (obwohl man in Ketose ist) ein negatives Testergebnis erhalten. Die Ketonmessung über Blutwerte oder den Atem sind dann aussagekräftiger. Auch können Faktoren, wie Protein- und Flüssigkeitszufuhr, Natrium in der Ernährung etc. das Ergebnis der Ketostix verfälschen. MCT (z.B. in Kokosfett) werden im Vergleich zu herkömmlichen Fetten bevorzugt oxidiert und daraus vermehrt Ketonkörper gebildet.
Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen!
Viele Grüße,
Alicia
Mark meint
Hallo, vielen Dank für den lehrreichen und verständlichen Beitrag. Habe selbst meine Ernährung seit zwei Monaten problemlos umgestellt. Habe vieles verstanden, nur frage ich mich noch, ob hier Ketonkörper und Glucose gleich gesetzt werden? „Bei der Gluconeogenese wird hingegen Glucose aus Aminosäuren und Glycerin aufgebaut.“ Ich dachte, das bei der Ketose keine Glucose mehr vorkommt. Viele Grüße Mark
Alicia meint
Hallo Mark,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Im Rahmen einer ketogenen Ernährung stellen die Ketonkörper die primäre Energiequelle für den Körper (vor allem die Muskulatur und das Gehirn) dar und lösen die Glucose damit ab. Jedoch ist immer auch eine gewisse Menge an Glucose erforderlich. Insbesondere im Anfangsstadium der Diät werden die Blutzuckerwerte durch Glukoneogenese aufrechterhalten, auch das Gehirn verbrennt in dieser Phase noch keine Ketone. Erst nach etwa 48 Stunden beginnt das Gehirn, Ketone zu verbrennen bzw. die Energie direkt aus Fetten zu nutzen und die Glucose für das Allernötigste zu reservieren (und damit auch einen Abbau des körpereigenen Proteins zu vermeiden/ die Muskulatur zu bewahren).
Daher ja: während der Ketose erfolgt ein Großteil der Energiegewinnung aus Ketonkörpern. Ein fettadaptierter Körper benötigt deutlich weniger Glucose, da er seine Energie vorrangig mit Ketonkörper decken kann. Die Gluconeogenese findet immer dann in der Leber statt, wenn der Blutzuckerwert unter einen bestimmten Grenzwert fällt, welcher individuell leicht schwanken kann. Dies geschieht z.B. bei längeren Fastenphasen (z.B. während der Schlafphase).
Die Gluconeogenese stellt zwar einen wichtigen Stoffwechselweg – sozusagen für Notfälle – dar, jedoch kann sie für die Ketose auch zum Problem werden, vor allem bei einer zu hohen Proteinzufuhr. Wird zu viel Eiweiß verzehrt, kann dies die Gluconeogenese auslösen, den Blutzucker- und Insulinspiegel erhöhen) und die Produktion von Ketonkörper herunterschrauben. Im Extremfall kann es dann sein, dass man trotz kohlenhydratfreier Ernährung aus der Ketose fällt.
Daher ist es bei der ketogenen Diät immer wichtig, den Großteil der Energie aus Fetten und nicht aus Proteinen zu decken.
Viele Grüße,
Alicia
Marcus meint
Hallo Alicia,
ich beschäftige mich schon recht lange mit dem Thema Ketose und bin begeistert von Deinem Artikel. Rein inhaltlich, von der Struktur und Verständlichkeit – wirklich großartig!
Vielen Dank dafür!
Alicia meint
Hallo Marcus,
vielen lieben Dank, das freut mich sehr 🙂