Pünktlich zum Frühlingsbeginn wird nicht nur in den eigenen vier Wänden das Großreinemachen eingeläutet. Derzeit fordern auch viele Werbespots, Online-Artikeln, Anzeigen und Zeitschriften zum Frühjahrsputz für den Körper auf.
Sogenannte „Detox-Kuren“ sollen den Körper entschlacken und entgiften und dadurch für neue Energie und mehr Wohlbefinden sorgen. Solche Entschlackungkuren suggerieren, das moderne Leben würde Giftstoffe im Körper hinterlassen, die man wieder los werden müsse.
Wer nicht gerade asketisch lebt, sondern gerne mal zu Süßigkeiten, Fleisch, Alkohol und Zigaretten greift, ist für die Marketing-Abteilung der Anbieter wahres Gold wert!
Das Spiel mit dem schlechten Gewissen
Mal ehrlich: Wer kann schon von sich behaupten, sich jeden Tag ausschließlich gesund und ausgewogen zu ernähren und ausreichend zu bewegen?
In Wahrheit greifen wir gelegentlich doch zu ungesunden Speisen und Snacks und genehmigen uns abends gerne mal ein Glas Wein oder ein Feierabendbier. Auch die Bewegung könnte mehr sein. Morgens steigen wir in Auto, Bus oder U-Bahn, um tagsüber im Büro zu sitzen und abends wieder bequem nach Hause zu fahren.
Und statt abends nach der Arbeit noch ins Fitnessstudio zu gehen, verbringen wir unsere Abende viel lieber mit einer Chipstüte daheim vor dem Fernseher.
Der geschlilderte Tagesablauf ist mit Sicherheit nicht jedermanns Wunschvorstellung – doch oftmals die Realität. Je stärker Wunsch und Wirklichkeit voneinander abweichen und je unzufriedener man sich in seinem Körper fühlt, umso größer wird das schlechte Gewissen.
Und genau dieses schlechte Gewissen und der verzweifelte Wunsch nach Veränderung sind der fruchtbare Nährboden für allerlei Entschlackungs-Angebote. Schließlich hat man dem eigenen Körper eine ganze Menge zugemutet, sodass es logisch klingt, ihn schleunigst von allen Altlasten zu befreien.
Wundermittel Entgiftung?
Die Methoden der Entschlackung, Entgiftung und Generalsanierung haben eines gemeinsam: Sie versprechen die Befreiung von Giften und überflüssigen Belastungen. Gleichzeitig sollen sie den Stoffwechsel ankurbeln und für mehr Vitalität sorgen.
In den meisten Fällen wird der komplette Verdauungstrakt (von oben oder unten) grundgereinigt. Die Entschlackungskuren reichen von Heilfasten, Abführmitteln und Schwitzkuren, über Salzbäder, pflanzliche Präparate und Spezialprodukte, bis hin zu Darmspülungen und kompletten Detox-Kuren.
Doch ist am Mythos Detox tatsächlich etwas dran? Muss der Körper durch Kuren und Produkte regelmäßig entschlackt bzw. entgiftet werden?
Der Körper ist kein Hochofen
Wenn von „Entschlacken“ die Rede ist, ist es hilfreich sich mit der Definition des Begriffs „Schlacke“ zu befassen.
Laut Duden ist Schlacke ein Verbrennungsrückstand beim Verbrennung von Steinkohle oder beim Schmelzen von Erz.
Es handelt sich dabei um eine zurückbleibende Masse, die zunächst flüssig oder zählflüssig und später hart und porös wird.
In den 30er Jahren griff der deutsche Arzt Otto Buchinger das eindrückliche Bild der Schlacken auf.
Er erkrankte damals an einer Mandelentzündung, welche zunächst nicht vollständig ausheilte und zu schwerem Rheuma in den Gelenken führte.
Erst eine fast dreiwöchigen Fastenkur brachte den gewünschten Heilerfolg. Höchstwahrscheinlich litt Buchinger an einer Stoffwechselstörung, da sich diese häufig durch eine Ernährungumstellung beeinflussen lässt.
Nach seinem Heilerfolg widmete er sich der alternativen Naturheilkunde und dem Thema Fasten. 1935 veröffentlichte er sein wichtigstes Werk mit dem Titel „Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden„, welches seitdem immer wieder neu aufgelegt wird.
Otto Buchinger gilt als Gründer des Heilfastens, wodurch seiner Ansicht nach den Organismus gereinigt und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Er war auch derjenige, der den Begriff „Entschlackung“ erstmals als Analogie zur Reinigung von Hochöfen oder des Feuerkessels von Dampflokomotiven verwendete.
Ähnlich wie ein Ofen oder Feuerkessel, müsse auch der Körper (und vor allem der Darm) von Zeit zu Zeit gründlich entschlackt werden, um besser zu „ziehen“ bzw. zu funktionieren. Die „Entschlackung“ nach Otto Buchinger war demnach eine zusammenfassende Metapher für die vielfältigen gesundheitsförderlichen Prozesse beim Heilfasten.
Auch wenn die Vorstellung von Schlacken bzw. üblen Rückständen im Körper wenig appetitlich ist, so bleibt dennoch festzuhalten: Der Organismus ist zum Glück kein Hochhofen mit steifen Wänden, an denen sich Schlacken festsetzen.
Gibt es Schlacken im Körper?
Zwar wird unser Körper täglich mit zahlreichen Giftstoffen und Umweltgiften konfrontiert. Die meisten Giftstoffe stammen jedoch aus dem körpereigenen Stoffwechselvorgängen. Hier fallen immer wieder Substanzen an, die nicht direkt ausgeschieden werden können.
Auch synthetisierte Substanzen, wie Medikamente, Drogen, Konservierungsmittel und Pestizide gelten als potenziell schädlich. Darüber hinaus nehmen wir auch Umweltgifte aus dem Essen und der Luft auf, allerdings machen dieser nur zu einem kleinen Teil der Schadstoffe aus.
Eine Ansammlung dieser Giftstoffe wäre tödlich. Wenn es wirklich klebrige „Schlacken“ gäbe, die sich im Körper festsetzen, wären wir – ohne eine regelmäßige Grundreinigung – schon langst tot. Ich habe meinen Körper noch nie „entschlackt“ und lebe immer noch…
Auf den Körper ist Verlass: Unter normalen Umständen verfügt der Körper über ausgeklügelte Mechanismen, um die Giftstoffe und schädliche Stoffwechselprodukte abzubauen. Ein Großteil der toxischen Substanzen werden über Leber und Nieren entsorgt.
Die Leber übernimmt den Abbau und die Entgiftung vom Zellgift Alkohol, Medikamenten, giftigen Stoffwechselprodukten und mit der Nahrung aufgenommenen Schadstoffen. Andere Endprodukte des Stoffwechsels und Giftstoffe aus dem Körper werden von der Niere über die Harnwege ausgeschieden.
Auch unser Verdauungstrakt leistet hervorragende Arbeit bei der Reinigung von Schadstoffen.
Die meisten Bakterien werden durch den sauren Magensaft abgetötet. Die Säure tötet mit der Nahrung eingedrungene Krankheitserreger ab.
Im Vergleich zu einem Hochofen oder Feuerkessel halten die Muskeln den Magen und seinen Inhalten kontinuierlich in Bewegung. Da bleiben also keine Brocken einer Ofenschlacke hängen.
Speicheldrüsen, Magen, Dünndarm und Gallenblase stellen zur Verdauung täglich ca. 9 Liter Flüssigkeit bereit, wovon etwa 1,5 Liter aus der Nahrung bzw. der getrunkenen Flüssigkeit stammen sollten.
Der Großteil dieser Flüssigkeit wird gegen Ende des Verdauungsvorgang im Dickdarm wieder entzogen, um unverdauliche oder nicht verwertbarer Nahrungsbestandteile für die Ausscheidung vorzubreiten.
Die natürlichen Verdauungs- und Selbstreinigungvorgänge im Körper laufen ganz von alleine. Bei einem gesunden Menschen gibt es also keinen plausiblen Grund, durch Heilfastenkuren oder spezielle Nahrungsergänzungsmittel und Präparate für eine manuelle Entgiftung bzw. Entschlackung zu sorgen.
Im Krankheitsfall können sich Stoffe, die normalerweise von Leber, Nieren und Darm entgiftet und ausgeschieden werden, im Körper ansammeln und u.U. schädlich wirken. Dann handelt es sich aber um eine Funktionsstörung dieser Organe, die medizinisch therapiert werden muss.
Ebenfalls gibt es Stoffe, die bei einer Anhäufung im Körper Schaden bewirken können Z.B. können Einlagerungen von Cholesterin, Fettsäuren und Kalk zu Arteriosklerose oder Ablagerungen von Harnsäurekristallen zu Gicht führen. In diesen Fällen handelt es sich jedoch um eine ernsthafte Erkrankung, die einer entsprechenden Diagnose und Behandlung bedarf.
Krankmachende Schlacken, die Maßnahmen zur Entschlackung oder Entgiftung rechtfertigen, gibt es nicht. Selbst wenn das Wort „Schlacke“ nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern lediglich als Methapher für all die ungesunden Ansammlungen im Körper dient, so stellt die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) klar:
„In einem gesunden menschlichen Körper gibt es keine Ansammlung von Schlacken und Ablagerung von Stoffwechselprodukten. Nicht verwertbare Stoffe werden bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über den Darm und die Nieren ausgeschieden.“
Mythos: Entschlacken durch Heilfasten
Das Heilfasten eine beliebte und häufig propagierte Methode zum Entgiften und Entschlacken des Körpers.
Ob Buchinger-Heilfastenkur, Franz-Xaver-Mayr-Kur, Schrothkur, Markert-Diät, eiweißergänztes Fasten oder Molke-, Früchte- oder Saftfasten – Methoden zum Heilfasten gibt es viele.
Das Vorgehen ist ähnlich: Oft wir die Nahrungszufuhr bereits an ein bis zwei Vorbereitungstagen stark eingeschränkt und auf fettarme und ballaststoffhaltige Lebensmittel umgestellt. Süßwaren und Genussmittel, wie Kaffee, Tabak und Alkohol werden gestrichen.
Zu Beginn des Heilfastens wird i.d.R. eine Darmentleerung (durch Abführmittel oder einen Einlauf) durchgeführt. Je nach Methode stehen im weiteren Verlauf des Heilfastens Wasser, Tees, Gemüsebrühen, Obst- und Gemüsesäfte, Buttermilch oder Molke, eventuell kombiniert mit einem Eiweißzusatz, Früchten, Gemüse, Kräutern und Nüssen auf dem Speiseplan. Das Ende des Heilfastens (auch Fastenbrechen genannt) wird i.d.R. behutsam gestaltet, indem nach und nach wieder feste Nahrungsmittel verzehrt werden.
Wie die Bezeichnung schon sagt, sollen durch das Fasten heilende Prozesse in Gang gesetzt werden.
Angeblich sollen durch Heilfasten Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Müdigkeit, Hauterkrankungen, Konzentrationsschwäche, Schlaflosigkeit, Infektionen, Rheuma und allerlei sonstiger Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können. Auch gesunden und beschwerdefreien Menschen wird Heilfasten empfohlen, um den Körper durch „Entschlacken“ von Schadstoffen zu reinigen und das Immunsystem zu stärken.
Das Heilfasten soll die körpereigenen Abwehrkräfte mobilisieren und so zu einem kräftigen Energie-Schwung führen. Neben der körperlichen und seelischen Reinigung ist auch der durch das Fasten erreichte Gewichtsverlust eine positive Begleiterscheinung.
Das alles zusammen hört sich doch super an. Doch ist da wirklich etwas dran?
Laut DGE sind „viele positive Wirkungen des Heilfastens sind wissenschaftlich kaum oder nur ungenügend belegt“. Wer wirklich krank ist, kann eine medizinisch notwendige Therapie nicht einfach durch eine Heilfastenkur ersetzen.
Auch ein wissenschaftlicher Nachweis, dass der Körper durch das Fasten „entgiftet“ oder „entschlackt“ wird, liegt nicht vor. Bei einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr über Lebensmittel und Getränke werden nicht verwertbare Stoffe auch ohne Abführmittel, Einläufe und Fastentage über den Darm und die Nieren ausgeschieden.
Der Körper entgiftet sich nämlich permanent selbst. Würde er wirklich Gifte oder „Schlacken“ in nennenswerten Mengen speichern, würden wir nicht mehr leben.
Wer sollte nicht heilfasten?
Grundsätzlich sollten Heilfastenkuren nur von gesunden Menschen (möglichst nach vorheriger Gesundheitsuntersuchung) und nach Möglichkeit stationär oder unter ärztlicher Begleitung durchgeführt werden. Vor längeren Fastenkuren ohne ärztliche Überwachung wird gewarnt.
Schwangere und stillende Frauen, Kinder, Typ-1-Diabetiker, Krebskranke, Untergewichtige, sowie Menschen mit Blutungsneigung, Schilddrüsenüberfunktion, einem erhöhtem Purinspiegel, Durchblutungsstörungen des Gehirns oder einer Essstörung in der Vorgeschichte, sollten überhaupt nicht fasten. Wer Medikamente einnimmt sollte beachten, dass das Fasten die Wirkung von Medikamenten beeinflusst und die Dosis eventuell angepasst oder reduziert werden muss.
Wenn überhaupt, sollten daher nur Gesunde heilfasten. Viele Ärzte raten auch grundsätzlich von Heilfastenkuren ab, da sie Fasten als starke Belastung für den Körper betrachten.
Heilfasten: Das spricht dafür
Obwohl der in Zusammenhang zum Heilfasten immer wieder verwendete Begriff „Entschlacken“ wissenschaftlich nicht begründbar ist, hat die Methode viele Anhänger.
Gibt es Argumente, die für eine Fastenkur sprechen? Ja, der freiwillige Nahrungsentzug über einen begrenzten Zeitraum hat durchaus positive Aspekte.
Heilfasten wird sowohl als Therapie (z.B. bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hauterkrankungen oder Rheuma), als auch zur Prävention (zur Regeneration des Körpers und Stärkung des Immunsystems) durchgeführt.
Oft hat Fasten auch einen religiösen oder spirituellen Hintergrund.
Mögliche Inhalte einer Fastenkurs – neben dem Nahrungsentzug – sind Bewegungsprogramme, Yoga, Physio- und Psychotherapie, Autogenes Training und Meditation, sowie verschiedene Naturheilkundeverfahren, wie Akupunktur, Atemtherapie und Homöopathie.
Ein Gewichtsverlust ist kein vorrangiges Ziel und eher eine positive Begleiterscheinung. Einige Heilfastenkuren sehen nach Ablauf der Fastenzeit auch Nachsorgeprogramme vor.
Nach ein bis zwei Tagen ohne Nahrung stellt der Körper auf den sogenannten Hungerstoffwechsel bzw. Katabolismus um, bei dem so wenig Energie wie möglich verbraucht wird. Schließlich muss der Organismus die notwendige Energie zum Erhalt wichtiger Körperfunktionen jetzt aus den körpereigenen Energiespeichern gewinnen.
Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur sinken und der Körper wird entwässert. Das Körpergewicht reduziert sich anfangs stark (ca. 1 kg pro Tag), später weniger stark (bis etwa 500 g pro Tag). Die Abnahme des Körpergewichts ist hauptsächlich auf den Wasserverlust zurückzuführen. Als geeignete Maßnahme zum Abnehmen wird Heilfasten jedoch nicht eingeordnet.
Neben der Stoffwechselumstellung und dem Gewichtsverlust sind beim Heilfasten auch psychische Veränderungen zu beobachten. Viele Fastende berichten von Glücksgefühlen, mehr Vitalität, einem besseren Wohlbefinden, sowie einer erhöhten Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. Und tatsächlich schüttet unser Körper bei längerem Fasten auch Endorphine (Glückhormone) aus, um die Hungerphase erträglicher zu machen.
Das Fasten kann auch zu nachhaltigen Veränderungen führen. Der tagelange Verzicht auf feste Nahrung, z.T. in Kombination mit Bewegungsprogrammen, sowie die Rückbesinnung auf sich selbst, können den Einstieg in einen gesundheitsbewussteren Lebensstil ebnen. Eine Umstellung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten fällt vielen Teilnehmern nach einer Fastenkur leichter.
Insofern kann das Heilfasten durchaus ein Impuls für ein gesündere Lebensweise sein.
Heilfasten: Das spricht dagegen
Obwohl Heilfasten indirekt eine mögliche positive Wirkung entfalten kann, so ist die Methode des Fastens auch kritisch zu betrachten.
Denn was passiert beim Fasten? Zur Deckung des benötigten Energiebedarf greift der Körper nacheinander sämtliche Energievorräte an. Nach spätestens drei Tagen sind die Kohlenhydratreserven aufgebraucht. Anschließend werden zur Energiegewinnung das Fettgewebe und letztlich auch die Muskulatur angegriffen.
Der Abbau von Muskulatur hat die Folge, dass sich der weitere Energiebedarf verringert. Je mehr Muskulatur, umso höher auch der Energiebedarf. Wird die Muskulatur, wie beim Fasten – abgebaut, sinkt auch der Energiebedarf. Das ist auch der Grund, weshalb es nach einer Fastenkur schnell zum Jojo-Effekt kommt.
Wer danach einfach wieder seine normale Ernährung aufnimmt, verbraucht aufgrund der geringeren Muskelmasse insgesamt weniger Energie und nimmt unweigerlich zu. Daher ist Heilfasten keine geeignete Methode für eine dauerhafte und stabile Gewichtsreduktion.
Um diesen negativen Effekt einzuschränken, wird bei einigen Fastenkuren (ergänzend) Eiweiß zugeführt, z.B. in Form von Buttermilch, Molke oder Eiweißkonzentraten, zugeführt. Dadurch sollen große Eiweißverluste des Körpers verhindert und insgesamt mehr Fett als Eiweiß abgebaut werden.
Ein Eiweißverlust kann bei einer kürzeren Fastenkur relativ schnell wieder ausgeglichen werden. Längeres bzw. mehrwöchiges Heilfasten kann sogar den Herzmuskel angreifen, weshalb Mediziner davon abraten.
Zudem hat der Abbau von Eiweiß- und Fettreserven die Folge, dass bei diesen katabolen Stoffwechselvorgängen zu einer Vermehrten Bildung von sogenannten „Ketonkörpern“ (z.B. Aceton) kommt. Sie werden in der Leber gebildet und tragen während der Fastenzeit einen beträchtlichen Anteil zur Energiegewinnung bei.
Eine zu hohe Konzentration an Ketonkörpern im Blut kann zu einer Ketoazidose (einer Form der metabolischen Azidose) führen. Dabei handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Übersäuerung (=Azidose) des Blutes und des Körpers.
Da die beim Fasten entstehenden Ketonkörper später wieder über die Nieren ausgeschieden werden müssen, steigt der Harnsäurewert an, was die Entstehung von Blasensteinen und Nierensteinen begünstigen kann.
Insofern ist das Heilfasten einer „Entgiftung“ oder „Entschlackung“ sogar kontraprodukiv. Während des Heilfastens steigt sogar die Schadstoffbelastung im Blut.
Die körpereigenen Fettdepots dienen nicht nur als Kältepuffer und Reserve für Notzeiten, sondern auch als Zwischenlager für fettlösliche Gifte.Während einer Fastenkur greift der Körper auf die Fettdepots zurück und so gelangen diese Schadstoffe ins Blut. Diese schädliche Fettabbauprodukte sind eher belastend als entlastend für den Körper.
Und auch Harnsäure ist nichts anderes als ein Stoffwechselendprodukt ist, welches durch das Heilfasten vermehrt gebildet wird.
Die Azidose bzw. Übersäuerung hat noch einen weiteren, unangenehmen Nebeneffekt: Die Bildung von Ketonkkörpern führt zu einem unangenehmen Mund- und Körpergeruch. Häufig liegt der Geruch von Acton (Nagellackentferner) in der Atemluft, die Ketokörper über diese abgeatmet werden. Vor allem Aceton wird vorrangig über die Lunge abgegeben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Obwohl viele Personen durch Heilfasten subjektiv empfundene, positive Effekte erleben, so bestehen auch unerwünschte Nebenwirkungen.
Neben dem Verlust an wertvoller Muskelmasse und einer möglichen Azidose können infolge des Fastens auch Hypotonie (niedriger Blutdruck), Schwindelgefühle, Müdigkeit, verminderte Konzentrationsfähigkeit ein erhöhtes Kälteempfinden, trockene Haut und Menstruationsstörungen auftreten.
Helfen Abführmittel beim Entschlacken?
Abführmittel und Darmspülungen sind nicht nur beim Fasten häufig verwendete Maßnahmen zum „Entschlacken“ und „Entgiften“ des Körpers. Die Vorstellung, mit der vollständigen Darmentleerung sämtliche Überreste bzw. „Schlacken“ und „Gifte“ loszuwerden, klingt für viele plausibel.
Abführmittel, wie Glaubersalz oder Bittersalz, sowie Darmspülungen sollen den Körper von Ballast befreuen und werden häufig als Aufbruchsignal für die Fastenwoche praktiziert.gesehen.
Doch helfen Abführmittel wirklich beim Entgiften und Entschlacken? Die vorrangige Wirkung von Abführmitteln ist, dass sie das Stuhlvolumen innerhalb des Darms vergrößern. Sie binden Wasser und vergrößern bzw. verdünnen lediglich den Stuhl. Abführmittel erhöhen aber nicht die Ausscheidung der Giftstoffe.
Ähnlich verhält es sich mit Darmspülungen/Einläufen. Bei beiden Maßnahmen lässt sich ein gesundheitsfördernder Effekt nicht nachweisen. Zwar wird das Gefühl der Erleichterung nachhaltig positiv erlebt. Das bedeutet aber nicht, das abführende Maßnahmen auch gesund sind. Im Darm bilden sich weder Schlacken, noch ist eine Entgiftung nötig.
Professor Peter Galle, Kongresspräsident der Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) sagte in einem Interview mit der Apotheken-Umschau auf die Frage, ob ihm der wohltuende Effekt, sich etwas Gutes zu tun, nicht als Begründung genüge:
„Diesem Gefühl liegt der Irrtum zugrunde, dass man sich tatsächlich etwas Gutes tut. Es gibt aber keine gute Studie, die eine Darmreinigung rechtfertigen würde.“
Darmspülungen und die Einnahme von Abführmitteln zu Wellnesszwecken sind daher nicht erforderlich und können teils erhebliche Nebenwirkungen nach sich ziehen. Sie reichen von Bauchschmerzen und Übelkeit, über Blutdruckabfall und Muskelschwäche, bis hin zu Störungen des Elektrolythaushaltes Nierenversagen.
Eventuell sind auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, wie Blutdrucksenkern, Herzmitteln oder Antibiotika, möglich. Aus dem Grund sollten Maßnahmen zur Darmreinigung immer mit einem Arzt abgesprochen werden.
Die Geldmacherei mit subjektiven Erlebnissen
Weshalb hält der Irrglaube von „Schlacken“ bzw, krankmachenden Überresten im Körper nach wie vor an? Und weshalb haben Heilfastenkuren nach wie vor Erfolg?
Ganz einfach: Weil die Menschen sich danach besser fühlen. Selbst unangenehme Körpergerüche werden Beleg dazu genommen, dass der Körper sich von seinen Altlasten befreit.
Auch die während des Fastens aufkommenden Glücksgefühle werden positiv erlebt und als seelische Reinigung und Regeneration wahrgenommen. Tatsächlich ist die Endorphin-Ausschüttung ein Schutzmechanismus des Körpers, um die Phase des Hungerns erträglicher zu machen.
Mit dem Glauben an eine Entgiftung des Körpers lässt sich viel Geld verdienen. Eine Woche im Fastenhotel kostet ab 500 Euro aufwärts (mit überschaubarer Verpflegung versteht sich).
Auch andere „Detox“-Anwendungen, wie Spezialgetränke, Tabletten, Pülverchen, Salz- oder Saunabäder, sowie sogenannte „Entgiftungs“-Pflaster entgiften meistens nur eins: Den Geldbeutel!
Zumal Unschärfen bei der Definition von Begriffen, wie „Entschlacken“ und „Entgiften“ bestehen. Bislang fehlt ein allgemein anerkannter Nachweis, dass der Körper therapeutisch „entschlackt“ oder „entgiftet“ werden könne. Auch die Anbieter solcher Produkte und Kuren haben keine anerkannten Wirknachweise zu bieten.
Demnach wären auch Wasser, Obst und Gemüse, sowie ein Spaziergang an der frischen Luft geeignete „Detox“-Maßnahmen, um den Körper vom Ballast der ungesunden Lebensweise zu befreien.
Fazit
Im Körper gibt es keine Schlacken, die ihren Organismus belasten und allerlei Krankheiten auslösen können. Das wäre auch schlimm.
Zum Glück ist ein gesunder Organismus fähig genug, sich stetig selbst von Giftstoffen und schädlichen Stoffwechselprodukten zu freien. Anderenfalls würden wir wohl alle nicht mehr leben.
„Detox“-Anwendungen zum „Entgiften“ und „Entschlacken“ befreien somit nicht von den berüchtigten Schlacken. Das Geld für teure Heilfastenkuren, Tabletten, Pulver, Spezialgetränke & Co. kann man sich somit sparen.
Solche „Entgiftungmaßnahmen“ können womöglich genau das Gegenteil bewirken. Radikale Fasten- und Hungerkuren können die Schadstoffwerte im Blut sogar erheblich erhöhen. Auch Abführmittel und Einläufe tragen aus medizinischer Sicht nicht zu einer Entgiftung des Körpers bei.
Dennoch sind Heilfastenkuren nicht zu verteufeln. Sie entschlacken zwar nicht, können aber zu einer allgemein gesünderen Lebensweise führen. Sofern die Fastenkur nicht als Nulldiät durchgeführt wird, sind die positiven Effekte nicht zu unterschätzen.
Das subjektive Empfinden beim Fasten kann – ähnlich wie bei einem Placebo-Effekt – den ausschlaggebenden Impuls für eine Veränderung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten geben.
Wer sich erhofft, beim Fasten dauerhaft Gewicht zu verlieren, wird jedoch enttäuscht. Die anfänglich schnelle Gewichtsreduktion ist hauptsächlich auf den Wasserverlust zurückzuführen. Wer nach der Fastenkur wieder in alte Ernährungsmuster fällt, nimmt wieder zu (Jojo-Effekt).
Die subjektiv empfundene „Entschlackung“ des Körpers ist vielmehr mit einer seelischen Reinigung, Regeneration und Neubesinnung zu vergleichen. Wer gerne fastet und sich danach besser fühlt, kann Heilfastenkuren weiterhin unter ärztlicher Aufsicht durchführen.
Eine geeignete Maßnahme zum Entschlacken, Entgiften oder zur Gewichtsreduktion sind solch kurzweilige Maßnahmen jedoch nicht. Wer dauerhaft abnehmen möchte, muss seine Lebensweise auch dauerhaft umstellen – Eine Heilfastenkur kann zwar der Anfang sein, reicht aber bei Weitem nicht aus.
Um sich fitter zu fühlen und dem Körper etwas Gutes zu tun, bedarf es weder teurer Entgiftungs- oder Entschlackungskuren, noch irgendwelcher Detox-Maßnahmen. Es geht viel einfacher: Leichte Kost mit viel frischem Gemüse und Obst + viel frisches Wasser + Bewegung an der frischen Luft.
So einfach und günstig kann „Entgiftung“ sein! Der Verzicht auf ungesunde Fette, Zucker, Alkohol und Zigaretten wird ebenfalls gedankt.
Und auf eines ist immer Verlass: Der Körper eines gesunden Menschen sortiert Tag und Nacht automatisch alles Schädliche heraus, was dort nicht hineingehört – und das ganz ohne unser Zutun!
Stefan meint
Bin verwirrt: wie passt das Fazit mit den Buchtipps zusammen?
Alicia meint
Hi Stefan,
danke für deinen Kommentar und den Einwand – den ich durchaus nachvollziehen kann. Die Buchtipps in diesem Artikel wurden themenbezogen erstellt, es handelt sich also um Bücher rund um das Thema „Heilfasten“, auch wenn der Konsens mit dem Artikel z.T. fehlen mag.
Viele Grüße,
Alicia