Immer mehr Menschen klagen nach dem Verzehr von getreidehaltigen Lebensmitteln, wie Brot, Nudeln und Pizza über Beschwerden. Schuld könnte das in vielen Getreidesorten enthaltene Gluten sein.
Die Zöliakie – auch als „Glutenunverträglichkeit“ oder „einheimische Sprue“ bekannt – zählt neben Laktose- und Fruktoseintoleranz zu den häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Nach Schätzungen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG) ist jeder 250. Deutsche von Zöliakie betroffen.
Die vielfältige Symptomatik der Zöliakie erschwert ihre Diagnose, weshalb die Glutenunverträglichkeit in vielen Fällen unentdeckt bleibt. Viele Menschen laufen jahrelang unter mit Beschwerden herum, ohne überhaupt die Idee zu haben, dass es sich dabei um eine Glutenunverträglichkeit handeln könnte. Umso wichtiger ist es, bei entsprechenden Beschwerden wachsam zu sein und sich ggf. auf eine Zöliakie hin untersuchen zu lassen.
Doch bevor wir uns mit der Diagnose und Behandlung einer Zöliakie, sowie mit der glutenfreien Ernährung beschäftigen, gehen wir im ersten Teil der dreiteiligen Artikelreihe zu Glutenunverträglichkeit zunächst auf grundlegende Fragen ein:
Was ist Zöliakie eigentlich genau? Welche Ursachen für Glutenunverträglichkeit gibt es? Und an welchen Symptomen kann man die Krankheit erkennen?
Was ist Glutenunverträglichkeit?
Bei Zöliakie handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Dünndarmschleimhaut, die aufgrund einer lebenslangen Überempfindlichkeit gegen den Klebereiweiß Gluten beruht.
Gluten ist ein Stoffgemisch aus Proteinen und Bestandteil vieler Getreidesorten. Der Glutenanteil ist je nach Getreidesorte unterschiedlich. Weizen, Dinkel, Roggen und Hartweizen, sowie die alten Weizensorten Einkorn, Emmer und Kamut enthalten viel Gluten, wohingegen in Gerste und Hafer weniger Gluten enthalten ist.
Ebenso sind in unterschiedlichen Getreidearten auch verschiedene Bestanteile von Gluten, sog. Allergene, enthalten. Am bekanntesten ist das im Weizen enthaltene Allergen Gliadin, aber auch mehrere in Getreidesamen enthaltenen Gluteline (einfache Eiweißstoffe der Getreidemehle) sind bei Zöliakie-Patienten als Allergen wirksam. Zu den Glutelinen zählen z.B. Glutenin in Weizen, Avenin in Hafer oder Secalini in Roggen.
Dabei erfüllen die Gluten-Bestandteile Glutelin und Gliadin wichtige Eigenschaften, z.B. für die Brotherstellung. Kommt Gluten mit Wasser in Verbindung, bildet sich das sogenannte Klebereiweiß. Dieses ist beim Backen von zentraler Bedeutung, denn Gluten ist dehnbar und sorgt beim Backvorgang dafür, dass der Teig aufgehen kann.
Gluteline und Gliadine gehen während des Backvorganges Quervernetzungen mit anderen Proteinen ein und sorgen mit der verkleisterten Stärke für die Festigkeit des Teiges. Nach dem Backen behalten Brot und Kleingebäck dank Gluten und seiner Bestandteile ihre Form.
Ohne Gluten wäre der Bäckermeister somit aufgeschmissen. Auch gäbe es ohne Gluten keine lockere Krume im Brot. Doch während Bäcker bei ihrer Arbeit kaum auf Gluten verzichten können, ist bei Menschen mit Glutenunverträglichkeit genau das Gegenteil der Fall.
Bei einem gesunden Menschen werden die aufgenommenen Nährstoffe im Dünndarm in ihre Einzelbestandteile zerlegt und gelangen über die Dünndarmschleimhaut ins Blut. Die Dünndarmschleimhaut ist dabei mit blatt- bis fingerförmige Erhebungen, sog. Darmzotten, ausgekleidet, welche die Oberfläche zur Nährstoffaufnahme beim Menschen auf ca. 180m² vergrößern.
Bei Zöliakie-Betroffenen führt der Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln zu einer Immunreaktion im Darm, welche eine chronische Entzündung der Darmschleimhaut und die Rückbildung der Dünndarmzotten (Gewebsschwund) zur Folge haben kann.
Durch die Verringerung der Oberfläche des Dünndarms wird die Nährstoffausnutzung beeinträchtigt. Der Dünndarm kann dann also nicht mehr genügend Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen. Die nicht verwerteten Nährstoffe verbleiben unverdaut im Darm.
Dies kann im Laufe der Glutenunverträglichkeit zu Nährstoffdefiziten und Verdauungsproblemen führen.
Glutenunverträglichkeit: Ursachen
Eine Glutenunverträglichkeit kann grundsätzlich in jedem Lebensalter ausbrechen. Allerdings kommt es zwischen dem 1. und dem 8. Lebensjahr, sowie zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr, besonders häufig zur Diagnose einer Zöliakie.
Die Ursachen für Zöliakie sind komplex und bis heute noch nicht vollständig geklärt. Allerdings scheinen erbliche Faktoren eine wichtige Rolle zu spielen, da die Zöliakie bei Verwandten ersten Grades und insbesondere bei eineiigen Zwillingen familiär gehäuft auftritt. Auch der Zeitpunkt der ersten Glutenaufnahme, die zugeführte Glutenmege, sowie gleichzeitiges Stillen können die Zöliakie-Entwicklung zu beeinflussen.
Da Verwandte des 1. und 2. Grades häufiger von Zöliakie betroffen sind, als die Durchschnittsbevölkerung, ist eine Untersuchung ratsam. Vor allem dann, wenn bereits eines oder mehrere der typische Symptome für Glutenunverträglichkeit auftreten. Zur Vorbeugung einer Zöliakie wird als präventive Maßnahme die Vermeidung von glutenhaltigen Lebensmitteln bei Kleinkindern unter sechs Monaten empfohlen.
Weitere mögliche mitauslösende Faktoren für die Entstehung einer Glutenunverträglichkeit sind das Immunsystem, Infektionen und Umweltfaktoren. Auch Stress und ein hoher Alkoholkonsum können die Entstehung der Zöliakie fördern.
Laut der DGZ und Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es neben Personen, deren Verwandte ersten Grades an Zöliakie erkrankt sind, noch weitere Risikogruppen.
So wird eine Glutenunverträglichkeit auch häufig bei Patienten mit Diabetes mellitus (Typ 1), Down-, Turner -, oder Williams-Syndrom, Laktoseintoleranz, Osteoporose, Schilddrüsenerkrankungen, Rheumatoider Arthritis, Autoimmunerkrankungen der Leber und einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel beobachtet. (Der selektive IgA-Mangel ist der beim Menschen am häufigsten vorkommende angeborene Immundefekt.)
Eine Glutenunverträglichkeit bleibt ein Leben lang bestehen und kann derzeit nicht ursächlich, sondern nur durch eine lebenslange Diät behandelt werden.
Glutenunverträglichkeit: Symptome
Ebenso, wie die Ursachen, können auch die Symptome von Zöliakie je nach Schwere des Krankheitsbildes sehr vielfältig ausfallen. Dies erschwert die Erkennung einer Glutenunverträglichkeit zusätzlich, da die Symptome oft nicht eindeutig zugeordnet werden können.
Oft wird eine Glutenunverträglichkeit mit der ersten Aufnahme getreidehaltiger Nahrungsmittel im frühen Kindesalter entdeckt. Dann zeigen sich bereits die typischen Anzeichen einer Zöliakie, wie chronischer und immer wiederkehrender Durchfall, Blähbauch, Gewichtsabnahme und immer wiederkehrender Übelkeit und Erbrechen.
Darüber hinaus können auch Eisenmangel, auffällige Gedeihstörungen, wie Wachstumsstillstand und Entwicklungsverzögerungen, sowie Wesensveränderungen, wie Unzufriedenheit, Gereiztheit und Weinerlichkeit auf eine Glutenunverträglichkeit hinweisen.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind die Symptome oftmals weniger deutlich ausgeprägt. Die klassischen Symptome einer Zöliakie sind durch die Verdauungsstörung bedingter Durchfall, Bauchschmerzen, Blähsucht Gewichtsverlust, Erbrechen und Appetitlosigkeit.
Auch Schlaflosigkeit, chronische Müdigkeit, Kraftlosigkeit, sowie psychische Auffälligkeiten, wie Nervosität, Konzentrationsstörungen und Depressionen können mögliche Symptome sein.
Mit einer Zöliakie können auch weitere Anzeichen und Befunde im Zusammenhang stehen. Dazu zählen Anämie (Blutarmut), Osteoporose (Knochenschwund), schmerzende Knochen, Zahnschäden, Gelenkentzündungen, Atemwegsinfekte, Fertilitäts-, bzw. Fruchtbarkeitsstörungen, Diabetes mellitus Typ 1, Thyroiditis (Schilddrüsenentzündung), trockene Haut oder Psoriasis (Schuppenflechte), sowie andere dermatologische Krankheiten. Auch einige psychiatrische, bzw. neurologische Erkrankungen werden mit Zöliakie in Zusammenhang gebracht.
Glutenunverträglichkeit äußert sich somit nicht bei jedem gleich, sondern wird in verschiedene Verlaufsformen unterschieden. Die Symptome einer Zöliakie müssen dabei nicht vollständig oder gleichzeitig auftreten, wodurch die Krankheit nicht immer sofort erkannt wird. Einige Personen mit Zöliakie weisen nur leichte und teilweise auch unspezifische Symptome auf. Sie können selbst größere Mengen an glutenhaltigen Lebensmitteln verzehren, während andere Betroffene bereits auf geringste Spuren von Gluten mit einer schweren Symptomatik reagieren.
Sollte man bei sich oder seinem Kind eines oder mehrere dieser Symptome feststellen, die chronisch sind oder immer wiederkehren, könnte dies für eine Zöliakie sprechen. In dem Fall ist es ratsam, sich an den Hausarzt zu wenden und ggf. eine Untersuchung auf Glutenunverträglichkeit vornehmen zu lassen.
Wird eine Glutenunverträglichkeit nicht therapiert, besteht im Vergleich zu Nichterkrankten ein erhöhtes Risiko für ein Non-Hodgkin-Lymphom (ein Lymphknoten-Krebs) und Karzinome (Krebserkrankungen) des Verdauungstrakts, insbesondere für Dünndarmkrebs.
Abgrenzung: Zöliakie, Weizenallergie und Glutensensitivität
Zöliakie ist nicht die einzige Erkrankung, bei der Gluten negative Auswirkungen auf den Körper hat. Es gibt auch andere, glutenbedingte Erkrankungen, wie die Weizenallergie und Glutensensitivität, bei denen der Konsum von Gluten ähnliche Symptome wie bei der Zöliakie verursachen kann.
Allerdings bestehen zwischen den drei Erkrankungen wesentliche Unterschiede. Bei einer Zöliakie handelt es sich um eine immunologisch bedingte Gluten-Intoleranz, bei der selbst kleinste Mengen von glutenhaltigen Lebensmitteln die Darmschleimhaut angreifen können. Eine Glutenunverträglichkeit kann daher gesundheitsschädlich sind, weshalb Betroffene eine lebenslange Diät einhalten müssen.
Bei einer Weizenallergie handelt es sich, wie bei allen Nahrungsmittelallergien, um eine immunologisch vermittelte Reaktion. Das Immunsystem reagiert dabei übermäßig auf bestimmte Eiweiße in Weizen, nicht aber auf Gluten allgemein. Trotz der normalerweise harmlosen Stoffe kommt es selbst bei kleinsten Mengen des Allergens zu einer extremen Abwehrreaktion.
Nach einem Erstkontakt produziert der Körper überschießend große Mengen von Abwehrstoffen gegen die vermeintliche Gefahrenquelle – Die sogenannten Antikörper vom Typ IgE. Es kommt zu einer Sensibilisierung gegen das weizenhaltige Nahrungsmittel.
Die IgE-Antikörper sitzen auf der Oberfläche bestimmter Zellen, den Mastzellen und veranlassen diese, verschiedene Gewebshormone freizusetzen. Wird nur erneut Weizen über die Nahrung aufgenommen, verbinden sich die Antikörper mit dem eingedrungenen Allergen, wird dadurch Histamin freigesetzt, das an der Abwehr körperfremder Stoffe beteiligt ist. Es kommt zu den typischen Symptomen einer Weizenallergie.
In den meisten Fällen sind vor allem Haut, Bronchien und Darm betroffen, weshalb Neurodermities, Asthma und Verdauungsbeschwerden zu den häufigsten Symptomen einer Weizenallergie zählen.
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die die Symptome der Allergie einschränken helfen. Neben diätischen Maßnahmen kann eine Weizenallergie – im Gegensatz zur Zöliakie – auch mit medikamentösen Maßnahmen behandelt werden.
Wenn sowohl eine Zöliakie, als auch eine Weizenallergie ausgeschlossen werden können, könnte es sich um eine Glutensensitivität handeln. Eine Glutensensitivität ist keine allergische und autoimmune Erkrankung, zeigt jedoch eine ähnliche Symptomatik, wie eine Glutenunverträglichkeit. Auch hier können beim Verzehr von glutenhaltigen Speisen Blähungen, Durchfall, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, ADS, Muskelbeschwerden, sowie Knochen- und Gelenksschmerzen auftreten.
Doch eines haben alle drei Erkrankungen gemeinsam: Sowohl bei der Zöliakie, einer Weizenallergie, als auch bei einer Glutensensitivität besteht die Behandlung in einer glutenfreien Diät. Wer eine Weizenallergie hat, sollte allergieauslösende Nahrungsmittel, bzw. Inhaltsstoffe meiden. Vor allem bei bedrohlichen Symptomen ist Verzicht auf Weizen und Lebensmittel, in denen Weizen verarbeitet wurde, die Therapie. Bei leichten Symptomen kann auch schnell wirkendes Antihistaminikum eingesetzt werden.
Im Falle einer Glutensensitivität kann der Verzicht auf Gluten auch nur vorübergehend notwendig sein, während Zöliakie-Patienten nichts anderes übrig bleibt, als eine lebenslange Glutenvermeidungs-Diät einzuhalten.
Gluten kann also für Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern zu Problemen führen. Doch wie diagnostiziert man eine Glutenunverträglichkeit?
Mit dieser Frage beschäftigt sich der zweite der Teil Artikelreihe zum Thema Glutenunverträglichkeit.
Gerhard Liendl meint
Gibt es eine Lektüre, woraus hervorgeht, wie man sich nach Dünndarmkrebs Operation ernähren soll, bzw. was Ratenswert ist oder was man unterbleiben lassen sollte.
Alicia meint
Hallo Gerhard,
die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. hat auf Ihrer Seite einige Ernährungsempfehlungen für Darmkrebspatienten zusammengestellt. Hilfreich ist auch der Ratgeber „Ernährung bei Krebs – Die blauen Ratgeber 46 (PDF)“ der Deutschen Krebshilfe. Diesen können Sie unter dem genannten Link kostenlos herunterladen.
Dort finden Sie auf Seite 59 Ernährungsempfehlungen nach Operation am Dünndarm. Neben den Online-Informationen empfehle ich Ihnen, sich bei Ihrem behandelnden Arzt aufklären zu lassen, worauf Sie bei der Ernährung achten sollten. Dieser kann Ihnen ggf. ergänzendes Informationsmaterial zur Verfügung stellen.
Ich hoffe Ihnen etwas weitergeholfen zu haben.
Viele Grüße,
Alicia