„Freie Radikale“ sind nicht nur die Band von Musiker Dendemann, sondern auch für die Entstehung von oxidativem Stress mitverantwortlich. Beides hört sich keinesfalls gesund, ja womöglich gar gefährlich an. So sollen freie Radikale und oxidativer Stress für die Entstehung diverser Krankheiten und dem Alterungsprozess mitbeteiligt sein.
Bei Begriffen, wie Schlaganfall, Parkinson, Alzheimer, Arteriosklerose oder Koronare Herzkrankheit schrillen bei so manchem die Alarmglocken. Doch was kann man tun? Glaubt man der Werbung, lautet das Zauberwort Antioxidantien.
Antioxidantien gelten als „Radikalfänger“. Durch ihre Fähigkeit, die Oxidation anderer Substanzen zu verlangsamen oder gar gänzlich zu verhindern, kommt ihnen eine große physiologische Bedeutung zu.
Was genau sind (freie) Radikale?
Als Radikale bezeichnet man Atome oder Moleküle, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften besonders reaktionsfreudig sind. Bei „freien“ Radikalen befindet sich an der äußeren Schale ein Atom mit einem sog. ungepaarten Elektron. Das Vorhandensein eines ungepaarten Elektrons führt zu gewissen gemeinsamen Eigenschaften, die von den meisten Radikalen geteilt werden.
Während Elektronen in stabilen Molekülverbindungen immer paarweise auftreten, sind freie Radikale aufgrund des ungepaarten Elektons plus-geladen, instabil und überaus reaktiv.
Das Problem dabei ist, dass freie Radikale zur Stabilisierung ihrer Außenschale immer versuchen, diese mit einem fremdem Elektron zu besetzen. Bei der Suche nach einem Elektron verhalten sie sich unberechenbar und aggressiv. Ihre Bindungstriebkraft ist dermaßen, dass sie in Sekundenbruchteilen mit allem reagieren, womit sie in Berührung kommen.
Man kann sich das wie einen Raubzug vorstellen: freie Radikale marodieren durch die Zellen und versuchen, einem anderen, wehrlosen Molekül ein Elektron zu entreißen. Werden nun Moleküle aus den Körpergeweben dazu gezwungen, ihre Elektronen an freie Radikale abzugeben, erleiden ihre Zellen Schaden.
Durch dieses Vorgehen können freie Radikale eine Kettenreaktion initiieren: denn wird der neue Reaktionspartner ebenfalls als freies Radikal freigesetzt, kann er eine analoge Reaktion verursachen. Die auf diese Weise geschädigten Zellen sterben entweder ab (vorzeitige Alterung) oder sie verändern sich auf eine gefährliche Weise.
So können infolge solcher Kettenreaktionen u.a. Schäden an DNA und RNA im Zellinneren, an der Zellmembran und an vielen anderen wichtigen Molekülen in der Zellumgebung auftreten. Dies wiederum kann vorzeitiges Altern begünstigen, sowie zur Dysfunktion und zur Ausprägungen von Krankheiten führen.
Radikale spielen bei einer Vielzahl biologischer Prozesse eine wichtige Rolle, so beispielsweise sog. „Reaktive Sauerstoffspezies“ (ROS), die auch als „Sauerstoffradikale“ bezeichnet werden. Reaktive Sauerstoffspezies entstehen u.a. als Nebenprodukt der Zellatmung, aber auch durch Entzündungszellen, Umweltgifte und Zigarettenrauch.
Die wichtigsten sauerstoffhaltigen freien Radikale in vielen Krankheitszuständen sind das Hydroxyl-Radikal, das Hyperoxid-Anion (alte Bezeichnung: Superoxid-Anion), Wasserstoffperoxid, angeregte Sauerstoffmoleküle (Singulett-Sauerstoff), das Hypochlorit-Anion, Stickstoffmonoxid und das Peroxinitrit-Anion. Diese hochreaktiven Spezies sind dazu fähig, im Kern und in den Membranen von Zellen biologisch relevante Moleküle, wie DNA, Proteine, Kohlenhydrate und Lipide, zu schädigen.
Freie Radikale greifen wichtige Makromoleküle an, die zu Zellschäden und Stärungen der Homöostase (Stabilität des Stoffwechsels) führen. Ziele der freien Radikale sind alle Arten von Molekülen im Körper, insbesondere Lipide, Nukleinsäuren (Träger der Erbinformationen; DNS bzw. DNA) und Proteine.
Übergangsmetalle spielen bei der Bildung von freien Radikalen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Bildung von ROS/ RNS wird signifikant durch die Wirkung von redoxaktiven und redoxinaktiven Metallen bestimmt. Toxische Metalle sind in der Lage, mit Proteinen und DNA zu interagieren, die lokale Schäden verursachen. Die metallinduzierte Bildung von ROS/ RNS wurde am deutlichsten bei Eisen und Kupfer beobachtet (beide essentiellen Elemente).
Sowohl Eisen-, als auch Kupferionen wirken als Katalysator. Sie katalysieren die Bildung des höchst reaktiven Hydroxyl-Radikals aus Wasserstoffperoxid, welches zelluläre Bestandteile wie Membranen, Nukleinsäuren oder Proteine schädigen kann.
Wann entsteht oxidativer Stress?
Unsere Zellen haben eine umfassende Palette an antioxidativen Abwehrmechanismen entwickelt, um die Bildung freier Radikale zu verhindern oder ihre schädlichen Auswirkungen zu begrenzen. Dazu gehören Enzyme zur Zersetzung von Peroxiden, Proteinen zur Sequestrierung bzw. Abkapslung von Übergangsmetallen und einer Reihe von Verbindungen, um freie Radikale „einzufangen“.
Kommen Radikale jedoch im Übermaß vor, führt die zu einer Überforderung der normalen Reparatur- und Entgiftungsfunktion einer Zelle, was wiederum oxidativen Stress verursacht.
Zu den Folgen des oxidativen Stresses zählen die Lipidperoxidation (erzeugt Schäden direkt an den zellulären Membranen), die Proteinoxidation (molekulare Veränderungen an Proteinen, die zu weitreichenden Veränderungen in ihrer Struktur und Schäden führen kann), sowie die Schädigung der DNA.
Freie Radikale, etwa ROS, die sich u.a. durch UV-Strahlung, Röntgen- und andere ionisierende Strahlung, Schadstoffe aus der Umwelt etc. bilden und oxidativen Stress verursachen, gelten nicht nur mitverantwortlich für das Altern, sondern werden auch in Zusammenhang mit der Entstehung einer Reihe von Krankheiten gebracht.
Eine ebenfalls hochreaktive Verbindung stellt die „Reaktive Stickstoffspezies“ (RNS) dar, welche jedoch kein freies Radikal ist. Bei RNS handelt es sich um hochreaktive Stickstoffverbindungen, die ebenfalls an einer Reihe physiologischer, aber auch pathophysiologischer Prozesse (Pathophysiologie = Lehre von den krankhaft veränderten Körperfunktionen) beteiligt sind.
Während reaktive Sauerstoffspezies oxidativen Stress bewirken, verursachen reaktive Stickstoffspezies nitrosativen Stress (auch „Nitrostress“ genannt). Hierbei kommt es zu einer überschießenden Bildung des Radikals Stickstoffmonoxid und seiner Folgeprodukte, welche wiederum letztendlich die Entstehung von Stoffwechselfehlsteuerungen bewirken können. Nitrosativer Stress kann u.a. durch Infektionen, Toxine, Chemikalien, Stress, Ernährung, Ozon, Radioaktivität und Schwermetalle ausgelöst werden.
An dieser Stelle sei zu betonen, dass sowohl reaktive Sauerstoffspezies (ROS), als auch reaktive Stickstoffspezies (RNS) Produkte des normalem Zellstoffwechsels sind. ROS und RNS sind dafür bekannt, als sekundäre Botenstoffe zu agieren, die verschiedene normale physiologische Funktionen des Organismus kontrollieren und ihre Produktion durch unterschiedliche Mechanismen daher streng reguliert ist.
Darüber hinaus sind ROS und RNS an verschiedenen redox-regulatorischen Mechanismen von Zellen beteiligt, um diese vor oxidativen Stress zu schützen und die zelluläre „Redox-Homöostase“ (Gleichgewicht zwischen oxidativem Stress und antioxidativer Kapazität) aufrechtzuerhalten.
Allerdings resultiert eine Überproduktion von ROS in oxidativem Stress – einem schädlichen Prozess, der ein wichtiger Mediator von Schäden an Zellstrukturen und folglich verschiedenen Krankheitszuständen und Alterungsprozessen sein kann. Ein ständig erhöhter Radikalpegel und permanenter oxidativer Stress kann in der Tat krank machen.
Ob Radikale eher schaden oder nutzen kommt also auf ihr Ausmaß an. Ganz getreu dem oft zitierten Ausspruch von Paracelsus, einem bedeutenden Arzt und Naturforscher, der von 1493-1541 lebte:
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“
Obwohl ROS und RNS (in niedrigen/moderaten Konzentrationen) durchaus positive und gar schützende Effekte auf den Organismus haben, stehen sie häufig vorwiegend als unerwünschte und schädliche Nebenprodukte des Zellstoffwechsels im Fokus.
Insbesondere in der Vermarktung von bestimmten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln bedient sich das Marketing gerne geflügelter Begriffe, wie „Superfoods“ und „Antioxidantien“, die vor freien Radikalen, oxidativem Stress, dem Altern und diversen Krankheiten schützen sollen. Der Griff ins Drogerieregal wird als einfache und effektive Lösung angepriesen, den freien Radikalen Herr zu werden. Doch kann die Lebensmittel-Industrie ihre Werbeversprechen überhaupt halten?
Wie gefährlich ist oxidativer Stress eigentlich? Hilft die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien? Müssen Sportler ihre antioxidative Abwehr durch Supplemente stärken? Und was kann man eigentlich selbst tun?
Wie gefährlich sind freie Radikale und oxidativer Stress?
Freie Radikale und oxidativer Stress wurden in der Vergangenheit mit verschiedenen pathologischen Zuständen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, neurologischen Erkrankungen, Diabetes mellitus, Ischämie (Durchblutungsstörungen), diversen weiteren Krankheiten und dem Altern in Verbindung gebracht.
Auch wenn kein einzelnes Review (und schon gar keine Einzelstudie) auf alle Erkrankungen und Xenobiotika (körperfremde Substanzen) eingehen kann, die mit freien Radikale assoziiert werden, sollen in diesem Artikel zwei Reviews vorgestellt werden.
Review 1
Im Review „Free radicals and related reactive species as mediators of tissue injury and disease: implications for Health“ aus dem Jahre 2015 wurde der Einfluss von freien Radikalen auf Krebs, das Immunsystem und entzündliche Prozesse, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und das metabolische Syndrom unter die Lupe genommen.
Krebs
Freie Radikale, chemisch oder enzymatisch erzeugt, sind in der Lage, die DNA – sowohl in vitro („im Glas“), als auch in vivo („im Lebenden) – oxidativ zu modifizieren. Obwohl eine direkte Verbindung zwischen oxidativ modifizierter DNA und Krebs nicht verfügbar ist, gibt es einen erheblichen Support, dass freie Radikale eine Rolle bei der Karzinogenese (Tumortentwicklung) spielen.
Indirekte Evidenz, dass ROS eine Rolle in der Karzinogenese spielen, liegt aus der langjährigen Assoziation zwischen Krebs und mehreren genetischen und chronisch entzündlichen Erkrankungen vor. So haben beispielsweise Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs und Patienten mit Leberzirrhose ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs.
Jedoch sei unklar, ob eine Entzündung allein (z.B. durch die Bildung von ROS- und Oxidationsprodukten) ausreichend ist, um die Entstehung und Bildung von Krebs zu fördern (ähnlich einem vollständigen Karzinogen) oder ob ein anderer karzinogener Stimulus beteiligt sein muss.
Trotzdem wird allgemein angenommen, dass UV-Strahlung (sowohl UVB, als auch UVA) ein komplettes Karzinogen ist und dass die photochemische ROS-Bildung ein wichtiger Faktor für Krebs ist. Eine chronische Reizung an jeglicher Gewebestelle erhöht dort das Krebsrisiko. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind wie üblich komplex und umfassen sowohl entzündliche Zellen, als auch entzündliche Mediatoren.
Entzündliche Zellen geben ROS und RNS, sowie zahlreiche Signalisierungsmoleküle frei, die Signalwege beeinflussen, welche an entzündlichen Reaktionen und bei der Kontrolle von Proliferation (schnelles Wachstum bzw. Vermehrung von Gewebe) und Apoptose (eine Form des programmierten Zelltods) beteiligt sind.
Es liegen starke Argumente dafür vor, dass ROS-Arten wichtig bei der Tumorförderung sind und in Kombination mit ionisierender Strahlung oder metabolischer Aktivierung verschiedener Xenobiotika initiale Faktoren sein können. Die Mechanismen, mit denen ROS die Tumorentstehung beeinflussen, scheinen wahrscheinlich multifaktoriell zu sein und können Veränderungen sowohl bei der Produktion von Zytokinen (Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren), als auch bei der Genexpression (Umsetzung der Information eines Gens in das jeweilige Produkt, z.B. ein Protein) mit sich bringen.
Das Review fasst zusammen, dass ROS gegenüber menschlichen Zellen mutagen sind, also das Erbgut eines Organismus verändern und als Tumorinitiator fungieren bzw. initialen DNA-Schaden setzen können. ROS sind in der Lage, die Aktivitäten von Kinasen (Enzyme, die auf und in Zellen an der Weiterleitung und Verstärkung von Signalen beteiligt sind) zu verändern. Oxidative DNA-Modifikationen können Onkogene (wörtlich Krebs-Gene) aktivieren oder Tumorsuppressoren (Proteine, die durch ihre Aktivität den Zellzyklus und damit das schnelle Wachstum einer Zelle kontrollieren) inaktivieren.
ROS kann die Zellproliferation (das schnelle Wachstum bzw. die Vermehrung oder Wucherung eines Gewebes) – je nach Zelltyp und Zustand – sowohl hemmen, als auch stimulieren. Jedoch ist ist keine direkte Interaktion zwischen ROS und der DNA erforderlich, um die Zellproliferation zu beeinflussen. So können freie Radikale die Entwicklung von Krebs neben den genotoxischen Effekten auch durch nicht-genotoxische Mechanismen (wie z.B. durch Veränderung von Signalübertragungswegen) beeinflussen.
Insgesamt vermag jedoch kein einzelner Mechanismus den gesamten Prozess von karzinogenen Mechanismen zu erklären. Obwohl freie Radikale eine Hauptursache für einige Krebsarten sein können und es offensichtlich regulatorische Rollen für ROS auf allen Ebenen der Tumorentwicklung gibt, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie in allen Fällen erforderlich sind, da eindeutig alternative Wege zur Initiierung und Förderung existieren.
Immunsystem
Die Bedeutung von freien Radikalen bei Immunantworten auf eindringende Organismen ist gut etabliert. In den letzten zehn Jahren haben umfangreiche Untersuchungen gezeigt, dass freie Radikale und Oxidantien in der Zellkommunikation für das Immunsystem eine kritische Rolle spielen.
Die Signalübertragung zwischen den Zellen ist entscheidend für die normale Funktion des Immunsystems. Diese Kommunikation beinhaltet die Freisetzung von Zytokinen (Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren) aus Geweben als Reaktion auf Verletzungen, wie Krankheiten, Drogen, Antigene und Radikale.
Im Allgemeinen hat die Exposition bzw. Aussetzung gegenüber einer hohen Dosis an freien Radikalen einen negativen Einfluss auf das Immunsystem. Radikale können Verletzungen einleiten oder bestehende Gewebeschäden verschlimmern.
Diese Verletzungen können vor allem bei chronischen entzündlichen Erkrankungen (wie z.B. rheumatoider Arthritis) signifikant sein, jedoch von Fall zu Fall und sogar von Zeit zu Zeit variieren, da sich der entzündliche Prozess entwickelt.
Trotz des Potenzials zur Verursachung von Verletzungen sind Entzündungen eine normale Reaktion von verletztem Gewebe und im Allgemeinen nicht pathologisch. Wie in anderen Situationen, in denen Radikale normale Stoffwechselprodukte sind, läuft ihre Produktion bei Immunreaktionen (außer Autoimmunreaktionen, welche krankhafte Reaktionen des Immunsystem gegenüber körpereigenem Gewebe darstellen) so kontrolliert und zielgerichtet wie möglich ab. Diese Kontrolle ist natürlich nicht absolut, sodass Radikale bestehende Schäden verschlimmern können.
Rheumatoide Arthritis
Obwohl Entzündungen eine normale Reaktion des verletzten Gewebes darstellen– wenn sie unkontrolliert ablaufen, durch einen abnomalen Stimulus initiiert werden oder über längere Zeiträume auftreten –, kann eine Entzündung zum Krankheitsprozess werden.
Dies scheint die zugrunde liegende Basis der rheumatoiden Arthritis zu sein, welche die häufigste chronisch verlaufende Gelenkentzündung ist. Der Auslöser für die Erzeugung der Antikörper, die bei dieser Autoimmunerkrankung das Gelenkgewebe angreifen, ist nicht bekannt. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass diese Antikörper durch die Bindung an verschiedene Gelenkproteine die Anhäufung von aktivierten Neutrophilen (spezialisierte Immunzellen; die häufigsten weißen Blutkörperchen) stimulieren.
Die Produktion von ROS und anderen entzündlichen Mediatoren durch diese aktivierten Zellen wird vermutlich zu dem Schaden beitragen, der in der entzündeten rheumatoiden Verbindung auftritt. Die anschließende Auftreten von noch mehr aktivierten Neutrophilen führt zu der chronischen Entzündung und allmählichen Degeneration der für diese Erkrankung charakteristischen Gelenke.
Es besteht zunehmende Evidenz, dass ROS eine Rolle bei rheumatoider Arthritis spielen. Obwohl Korrelation nicht gleich Kausalität ist, ist es immer noch offensichtlich, dass ROS ein wahrscheinlicher Missetäter in zumindest einigen Vorgängen und Zuständen dieser Krankheit sind.
Obwohl nicht bewiesen ist, dass ROS in verschiedenen Formen von Arthritis pathologisch sind, unterstützt die Beweislage die Behauptung, dass sie auf irgendeinem Level beteiligt sind. Im Falle von rheumatoiden Arthritis darf das Ausmaß dieser Beteiligung nicht überbewertet werden, da die zugrunde liegende Ursache dieser Erkrankung sicherlich autoimmuner Natur ist und somit die antioxidative Therapie nur ein Symptom behandelt.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Dass freie Radikale eine Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Atherosklerose (Arterienverkalkung oder Arterienverhärtung), Bluthochdruck und kongestiver Herzinsuffizienz spielen, wird durch zahlreiche Studien unterstützt.
Das Interesse an der potentiell krankhaften Wirkung freier Radikale im Herz-Kreislauf-System begann mit der Entdeckung, dass eine der frühesten Veränderungen, die in präatherosklerotischen Arterienwänden sichtbar sind, die Ansammlung von Fetten durch Makrophagen (Riesenfresszellen) ist, was zur Bildung von Schaumzellen führt. Schaumzellen bilden einen großen Teil aller „verkalkten“ Blutgefäße. Die Schädigungen an den Arterienwänden setzen sich dabei u.a. aus fettbeladenen Makrophagen zusammen.
Dieser Prozess ist für die Entstehung von Atherosklerose von entscheidender Bedeutung. Umfangreiche Studien haben gezeigt, dass oxidierte Lipide dabei eine wichtige Rolle spielen könne. Allerdings fehlt ein endgültiger Beweis dafür, dass die Lipidoxidation für die menschliche Atherosklerose essentiell ist.
Die Erhöhung des Plasma-LDL-Gehaltes ist eindeutig mit der Bildung von Schaumzellzellen in vivo verknüpft und diese Zellen sind wiederum von zentraler Bedeutung bei der Entwicklung der Atherosklerose. Allerdings werden Makrophagen kein normales LDL anhäufen – selbst wenn sie mit hohen Konzentrationen in vitro angezüchtet werden. Daher ist der genaue Mechanismus der Bildung einer Schaumstoffzelle unklar. Phagozyten (Fresszellen) sind in der Lage, ROS zu erzeugen und in LDL enthaltene Fettsäuren sind anfällig für Peroxidation bzw. oxidative Degradation.
Es ist auch bekannt, dass oxidierte und andere modifizierte Formen von LDL von Makrophagen aufgenommen werden. In vitro besteht eine Verzögerungszeit vom Beginn der Oxidationsbedingungen, bis die modifizierten LDLs offensichtlich sind. Diese Verzögerung ist vermutlich auf die Zeitdauer für den Verlust von endogenen (also im Körper erzeugte Antioxidantien) aus LDL-Partikeln zurückzuführen.
Ist LDL erstmal oxidiert, kann es in dieser modifizierten Form von den Makrophagen und Monozyten aufgenommen werden, was zur Bildung von Schaumzellen führt. Diese Schaumzellen sind ein wichtiger Bestandteil der Plaques – einer fleckförmige Anhäufung von Fettbestandteilen, Bindegewebe und Zellen, die in das Gefäß hineinragen und es allmählich verengen.
Die Erzeugung von ROS und RNS, die Freisetzung von abbaubaren Enzymen, Zytokinen und Wachstumsfaktoren durch diese Zellen, sowie die direkte Zytotoxizität von oxidierten LDL auf Endothelzellen (spezialisierte, flache Zellen, welche die Innenseite der Blutgefäße auskleiden) und Fibroblasten (Zellen, die ein Hauptbestandteil des Bindegewebes sind), kann dann endotheliale Zellen schädigen, die – unter chronischen Bedingungen – zur Entwicklung einer atherosklerotischen Läsion führen.
Diabetes und Metabolisches Syndrom
Die Rolle von ROS und RNS in der Pathogenese des metabolischen Syndroms, sowie im Typ-1- und Typ-2-Diabetes wurde ausführlich untersucht. Dabei scheinen sowohl eine gesteigerte Generation von ROS, als auch eine dysfunktionelle zelluläre Antioxidationsreaktion als Faktoren eine Rolle zu spielen.
Beispielsweise sind erhöhte Blutzucker- und gesättigte Fettsäure-Niveaus mit einer verstärkten Produktion von Superoxid/ Wasserstoffperoxid (beides reaktive Sauerstoffverbindungen) durch stimulierten mitochondrialen Stoffwechsel, sowie durch Aktivierung von NADPH-Oxidasen (wichtige Quelle für ROS) verbunden.
Darüber hinaus kann die Hyperglykämie bzw. ein erhöhter Blutzuckerspiegel bei schlecht eingestelltem Diabetes oxidativen Stress verursachen und eine wichtige Rolle bei diabetischen Komplikationen – vor allem Betazell-Schäden – spielen. (Betazellen befinden sich in der Bauchspeicheldrüse und sind für die Produktion und Ausschüttung des Hormons Insulin verantwortlich.)
Zusammenfassung
Freie Radikale interagieren mit verschiedenen Gewebekomponenten. Solche Wechselwirkungen können sowohl akute, als auch chronische Funktionsstörungen verursachen, aber auch eine wesentliche Kontrolle von redox-regulierten Signalwegen ermöglichen.
Freie Radikale werden gerne zur Erklärung von Pathologien herangezogen, die verschiedenen Krankheitszuständen und der Toxizität zahlreicher Xenobiotika zugrunde liegt. In-vitro-Studien haben gezeigt, dass freie Radikale viele verschiedene Pathologien nachahmen können. Und auch in vielen in-vivo-Studien konnten Hinweise auf die Reaktionen von freien Radikale Reaktionen in Verbindung mit diesen Pathologien beobachtet werden.
Da jedoch Veränderungen durch freie Radikale weit verbreitet und sowohl eine Konsequenz, als auch Verletzungsursache sind, bleibt unklar, ob diese Arten eine Hauptursache für Gewebeschäden und menschliche Erkrankungen darstellen. Beweise für die Anwesenheit von freien Radikalen und durch Radikale vermittelten Reaktionen sind nicht gleichbedeutend mit ihrer Rolle bei der Erzeugung von Schäden.
Aufgrund der signifikanten antioxidativen Kapazität des Körpers ist die direkte Toxizität freier Radikale wahrscheinlich auf akute, hochdosierte Expositionen beschränkt.
Oxidativer Stress spielt eine zentrale Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson | © ralwel / Fotolia
Review 2
Das zweite, etwas ältere Review aus dem Jahre 2006 („Free radicals and antioxidants in normal physiological functions and human disease„) geht ebenfalls auf freie Radikale bzw. oxidativen Stress und ihre Rolle bei Erkrankungen, wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Ischämie-Reperfusionsschaden, rheumatoide Arthritis, Diabetes, neurologische Störungen, sowie das Altern ein.
Überzeugende Beweise für die Assoziation von oxidativem/ nitrosativem Stress und akuten und chronischen Erkrankungen beruhen auf validierten Biomarkern von oxidativem Stress. Solche Biomarker müssen objektiv an gesunden und kranken Probanden für lange Zeiträume gemessen und ausgewertet werden.
Krebs
Oxidativer Stress induziert ein zelluläres Redox-Ungleichgewicht, das – im Vergleich zu normalen Zellen – in verschiedenen Krebszellen gefunden wurde. Das Redox-Ungleichgewicht kann also mit der Stimulation von Grebs-Genen (sog. „Onkogenen“) zusammenhängen.
Die permanente Veränderung des genetischen Materials, die aus „Oxidationsschäden“ resultiert, stellt den ersten Schritt bei der Mutagenese (Mutationen im Erbgut ), der Karzinogenese (Tumorentwicklung) und dem Altern dar.
DNA-Mutation ist ein kritischer Schritt in der Karzinogenese und in verschiedenen Tumoren wurden erhöhte Niveaus von oxidativen DNA-Läsionen festgestellt, die solche Schäden in der Ätiologie bzw. Entstehung von Krebs stark implizieren.
ROS-induzierte DNA-Schäden umfassen ein- oder doppelsträngige DNA-Brüche, Purin-, Pyrimidin- oder Desoxyribose-Modifikationen (Bausteine der DNA) und DNA-Vernetzungen. DNA-Schäden können entweder zur Aufhaltung oder zur Induktion bzw. Auslösung der Transkription, Induktion von Signaltransduktionswegen, Replikationsfehlern und genomischer Instabilität führen, die alle mit der Karzinogenese assoziiert werden.
Die am stärksten untersuchte DNA-Läsion ist die Bildung von 8-
DNA-Schäden, Mutationen und veränderte Genexpression sind somit allesamt Schlüsselakteure im Prozess der Karzinogenese. Die Beteiligung von Oxidantien scheint der gemeinsame Nenner für all diese Ereignisse zu sein. Neben ROS sind auch reaktive Stickstoffspezies (RNS), wie Peroxynitrit und Stickoxide, in DNA-Schäden verwickelt.
Es wurde deutlich gezeigt, dass ROS die Expression einer Anzahl von Genen und Signaltransduktionswegen stört und somit im Prozess der Karzinogenese maßgeblich ist. Der Mechanismus der Zellwachstumsregulation ist sehr komplex und daher hängt die Rolle von ROS in diesem Prozess von der Art und Konzentration des jeweiligen Radikals ab.
Anomalien in der Funktion von Rezeptoren und Wachstumsfaktoren sind eng mit der Entwicklung vieler Krebsarten verbunden. Mehrere Wachstumsfaktorrezeptoren sind von ROS und karzinogenen Metallen, wie Nickel, Arsen, Kobalt und Beryllium, betroffen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Der ROS-induzierter oxidativer Stress in den Myozyten bzw. Muskelfaserzellen von Herz und Gefäßen wird mit kardiovaskulären Gewebeschäden in Verbindung gebracht.
Unabhängig von den direkten Beweisen für eine Verbindung zwischen oxidativem Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt ROS-induzierter oxidativer Stress eine Rolle bei verschiedenen kardiovaskulären Erkrankungen, wie Atherosklerose, ischämischer Herzkrankheit, Bluthochdruck, Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankung), Herzmuskelhypertrophie und kongestiver Herzinsuffizienz.
Ischämie-Reperfusionsschaden
In den Begriff „Ischämie-Reperfusionsschaden“ werden alle toxischen Ereignisse für eine Zelle während einer Ischämie (Durchblutungsstörung) und einer anschließenden Reperfusion (Wiederherstellung des Blutflusses) einbezogen.
Ursache einer Ischämie ist meist eine Verengung oder ein Verschluss von Blutgefäßen, welche beispielsweise bei Thrombose oder Embolie auftreten. Werden die Zellen nach mehr oder weniger lang andauernden Minderdurchblutung wieder mit Sauerstoff versorgt, steigt der oxidative Stress in diesen Zellen massiv an.
Eine massive Produktion von ROS bei Ischämie/ Reperfusion führt wiederum zu Gewebeverletzungen, die ernsthafte Komplikationen bei Organtransplantationen, Schlaganfall und Herzinfarkt verursachen können.
Rheumatoide Arthritis
Diese Autoimmunerkrankung erzeugt eine chronische Entzündung der Gelenke und des Gewebes um die Gelenke mit Eindringen von Makrophagen (Fresszellen) und aktivierten T-Zellen (weißen Blutzellen, die der Immunabwehr dienen.
Die Pathogenese von rheumatoider Arthritis ist überwiegend mit der Bildung freier Radikale an der Entzündungsstelle verbunden. Bei verschiedenen rheumatischen Erkrankungen wurden – im Vergleich zu Kontrollen – oxidative Verletzungen und entzündlich Zustände durch erhöhte Mengen an Isoprostanen (Oxidationsprodukte des Arachidonsäurestoffwechsels; Biomarker für oxidativen Stress) und Prostaglandinen (hormonähnliche Substanzen) im Blut und Synovialgewebe (Innenschicht der Gelenkkapsel, die Gelenkflüssigkeit herstellt) bestätigt.
Oxidative Zustände im Synovialgewebe werden auch mit einer höheren Häufigkeit für p53-Mutationen assoziiert. Das Protein p53 ist in vielen Typen von entarteten Zellen in erhöhter Menge nachweisbar. Eine Mutation des p53-Gens ist die häufigste Veränderung in der Entwicklung von Tumoren beim Menschen. Das defekte p53-Protein ist nicht ursächlich für eine Krebserkrankung, sondern besagt, dass der Körper nicht in der Lage ist, frühzeitig gegen eine Zellentartung vorzugehen und ein malignes Wachstum zu verhindern.
T-Zellen, die aus der Gelenkflüssigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis isoliert wurden, zeigen u.a. Anzeichen eines verminderten intrazellulären GSH-Levels. GSH bzw. Glutathion – ein Tripeptid das aus den drei Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin gebildet wird – ist in fast allen Zellen in hoher Konzentration enthalten und zählt zu den wichtigsten als Antioxidans wirkenden Stoffen im Organismus.
Diabetes
Eine relativ geringe Menge (10 Prozent) der Patienten, die an Diabetes mellitus leiden, haben Typ 1 oder insulinpflichtigen Diabetes. Die Mehrheit der Diabetes-Patienten hat einen „nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus“ (Typ-2-Diabetes), welcher die häufigste Form von Diabetes darstellt. Bei diesem müssen Betroffene zu Beginn häufig kein Insulin spritzen.
Beim Diabetes Typ 2 ist Insulin zwar vorhanden, dieses kann an seinem Zielort – den Zellmembranen – aber nicht richtig wirken. Man spricht hierbei von Insulinresistenz: die Körperzellen sprechen schlechter auf Insulin an. Der Zucker staut sich in den Blutgefäßen an, der Zuckerspiegel im Blut ist (trotz Insulinproduktion) erhöht. Anfangs reichen zur Behandlung meist Medikamente und Änderungen beim Lebensstil aus, um die Insulinwirkung zu verbessern. Viele Diabetes-Patienten gelangen jedoch irgendwann zu einem Punkt, an dem Medikamente allein nicht mehr ausreichen und zusätzlich Insulin gespritzt werden muss, um die Blutzuckerwerte in den Griff zu kriegen.
Eine verminderte Aufnahme von Glucose in Muskel- und Fettgewebe führt zu einer chronischen extrazellulären Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel). Diese kann Gewebeschädigungen und pathophysiologischen Komplikationen, darunter Herzerkrankungen, Atherosklerose, Katarakt (Grauer Star), periphere Nervenschäden, Retinopathie (Erkrankung der Retina bzw. Netzhaut) etc. zur Folge haben.
Erhöhter oxidativer Stress gilt als eine der Hauptursachen für den hyperglykämieinduzierten Auslöser von diabetischen Komplikationen. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel im Organismus stimuliert die ROS-Bildung aus einer Vielzahl von Quellen.
Neurologische Störungen (Alzheimer-, Parkinson-Krankheit)
Das Gehirn ist aufgrund seiner hohen Sauerstoffausnutzung, seines hohen Gehalts an oxidierbaren, mehrfach ungesättigten Fettsäuren und der Anwesenheit von redoxaktiven Metallen (Kupfer, Eisen) besonders anfällig für oxidative Schäden.
Oxidativer Stress nimmt mit dem Alter zu und kann daher als ein wichtiger Ursachen für mehrere neurodegenerative Erkrankungen angesehen werden, die für ältere Menschen typisch sind.
So zeigen die Gehirne von Patienten mit Alzheimer-Krankheit (AD) ein signifikantes Ausmaß an oxidativen Schäden im Zusammenhang mit einer deutlichen Anhäufung von Beta-Amyloid-(Aβ-)Peptiden, dem Hauptbestandteil von senilen Plaques im Gehirn, sowie Ablagerung von neurofibrillären Tangles und Neuropilfäden.
Beta-Amyloid-(Aβ-)Peptide sind der Hauptbestandteil von senilen Plaques und zerebrovaskulären Amyloidablagerungen. Sie gelten als neurotoxisch und sind als Ablagerungen in Gehirn und Blutgefäßen von Alzheimer-Patienten zu finden.
Neben der Alzheimer-Krankheit wurde auch ein Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und der Parkinson-Krankheit beobachtet. Zahlreiche Studien untersuchten die Wirkung von oxidativem Stress, der zu einer Kaskade von Ereignissen beiträgt, die zur Dopamin-Zelldegeneration bei Parkinson führen.
Die Parkinson-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, die zu einem langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen führt. Dabei geht es vornehmlich um das Absterben der dopaminproduzierenden Nervenzellen in der sog. Substantia nigra (einem Teil des Mittelhirns).
Die Substantia nigra ist in diverse Schaltkreise des extrapyramidalmotorischen Systems eingegliedert, in dem sich alle Steuerungsvorgänge der Bewegung Motorik wiederfinden. Ein besonders hoher Dopamingehalt liegt in der Substantia nigra pars compacta (SNc) vor, welche über dicht gelagerte Nervenzellen verfügt.
Über die dopaminergen Neurone der Substantia nigra werden Signale vermittelt, die besonders auf die Planung und den Beginn einer Bewegung wirken. Ein Ausfall des dopaminergen Systems führt zu den Symptomen der Parkinson-Krankheit, wobei erste Krankheitszeichen erst auffallen, wenn bereits wenn bereits über 50 bis 70 Prozent aller Dopamin produzierenden Nervenzellen abgestorben sind.
Es gibt Hinweise darauf, dass es in der Substantia nigra pars compacta (SNc) eines normalen Gehirn ein hohes Maß an basalem oxidativen Stress gibt, dieser bei Parkinson-Patienten jedoch erhöht ist.
Allerdings spielen bei der Entstehung von Parkinson auch andere Faktoren, wie Entzündungen, exzitotoxische Mechanismen (Exzitotoxizität = Schädlichkeit von Neurotransmittern), die toxische Wirkung von Stickstoffmonoxid und mitochondriale Dysfunktion eine Rolle.
Oxidativer Stress stellt nur einen Teil aus einer Reihe von biochemischen Veränderungen dar, die zum Absterben dopaminproduzierender Nervenzellen führt. Daher ist es eines der Hauptprobleme beim Verständnis der Pathogenese von Parkinson, die Wirkung und das Ausmaß von oxidativem Stress von anderen teilhabenden Komponenten zu separieren, die wiederum selbst eine primäre Rolle bei der Einleitung von ROS und RNS spielen können.
Alterungsprozess
Der Prozess des Alterns kann als ein fortschreitender Abfall der physiologischen Funktionen eines Organismus nach der reproduktiven Lebensphase definiert werden. Der graduelle Verlust der normalen Organfunktionen führt letztendlich zum Tod.
Zu den populärsten am weitesten verbreiteten Theorien des Alterns gehören die Schadenstheorien. Laut diesen Theorien ist das Altern ein Prozess, der durch die Summe von Schäden, die durch zerstörerische Prozesse (z.B. Oxidation, Abnutzung oder Anhäufung von schädlichen Nebenprodukten des Stoffwechsels) hervorgerufen wird.
Zu den bekanntesten Schadentheorien bzw. Erklärungsmodellen für das Altern zählt die Theorie der freien Radikale. Bereits 1956 stellte der US-amerikanische Biogerontologe Denham Harman die These auf, dass freie Radikale die Ursache des Alterungsprozesses sind.
Generell gibt es zwei Haupttheorien, die den Alterungsprozess beschreiben: die Theorien der Schadensakkumulation und genetische Theorien, wie die Theorie der Verkürzung der Chromosomenenden bzw. Telomere (auch „Telomer-Hypothese des Alterns“ genannt).
Theorien der Schadensakkumulation beinhalten die Theorie der freien Radikale, die Theorie der Glykation, die Fehler-Katastrophen-Theorie, die Membrantheorie“, die Theorie der Entropie und andere, unter denen die Theorie der freien Radikale wahrscheinlich den komplexesten Ansatz zur Erklärung des Alterungsprozesses darstellt.
Der Erklärungsansatz der freien Radikale beruht auf der Tatsache, dass die Freisetzung freier Radikale zur Schädigung der für die Funktion der Zelle wichtiger Moleküle, wie der DNA und einer Vielzahl von Proteinen und Lipiden, führt. Laut der These führe dies zu einer stetig wachsenden Ansammlung von geschädigten Zellkomponenten, was wiederum den komplexen Alterungsprozess bewirkt.
Die Entstehung des Alterns beginnt mit Sauerstoff, welcher die endgültige Position in der Elektronentransportkette (genauer gesagt in der Atmungskette) einnimmt. Selbst unter idealen Bedingungen „lösen“ sich einige Elektronen aus der Elektronentransportkette. Diese „losen“ Elektronen interagieren mit Sauerstoff und erzeugen Hyperoxide bzw. Superoxide, die den reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) zugeordnet werden. Unter physiologischen Bedingungen oder bei normalen Stoffwechselprozessen werden etwa 1 bis 3 Prozent der Sauerstoffmoleküle in den Mitochondrien in Superoxid umgewandelt.
Die primäre Stelle der radikalen Sauerstoffschädigung aus dem Superoxidradikal ist die mitochondriale DNA (mtDNA; DNA im Inneren der Mitochondrien). Die Zelle repariert viele Schäden an der nuklearen DNA (nDNA; DNA des Zellkern), jedoch kann die mtDNA nicht leicht repariert werden. Daher kommt es im Laufe der Zeit zu einer umfangreichen mtDNA-Schädigung, welche die Mitochondrien – die „Kraftwerke der Zellen“ – herunterfährt, wodurch die Zellen sterben und der Organismus altert.
Bei Menschen kann der Grad der oxidativen DNA-Schädigung, gemessen an Biomarkern im Urin, durch kalorische Restriktion und Nahrungszusammensetzung angepasst werden. Folglich kann die Langlebigkeit nicht nur von der basalen Stoffwechselrate (Grundumsatz), sondern auch von der Kalorienzufuhr abhängen.
Neben der Theorie der freien Radikale gilt die Telomer-Hypothese als weiterer Erklärungsansatz für das Altern. Telomere sind die aus DNA und Proteinen bestehenden, nicht kodierenden, einzelsträngigen Enden der Chromosomen. Als Strukturelemente der DNA sind Telomere für ihre Stabilität verantwortlich.
Telomere werden mit jeder Zellteilung kürzer und sind irgendwann so weit verkürzt, dass sie die Chromosomen nicht mehr schützen können. Die ungeschützten Chromosomenenden senden Signale aus, die dafür sorgen, dass sich die Zelle nicht mehr teilt. Sie wird seneszent.
Mit fortschreitendem Alter gibt es immer mehr seneszente Zellen, die den Verlust von Gewebe und Organversagen begünstigen können. Denn durch die Akkumulation von seneszenten Zellen wird die Regenerationsfähigkeit von Organen und Geweben limitiert. Es wird angenommen, dass die Telomer-Dysfunktion eine entscheidende Rolle bei der Alterung, sowie bei der Progression von Krebs spielt.
Nichtsdestotrotz handelt es sich beim Altern um einen multifaktoriellen Prozess, sodass DNA- und Proteinschäden nicht für alle beobachteten pathophysiologischen Veränderungen verantwortlich sein können.
Gewebeschäden durch freie Radikale: Ursache oder Folge?
Wie aus den beiden Reviews hervorgeht, wirken freie Radikale bei verschiedenen normalen physiologischen Prozessen mit. Klar ist jedoch auch, dass freie Radikale im Übermaß (oxidativer Stress) Zellschäden erzeugen können und ein wesentlicher Faktor bei der Ätiopathogenese, d.h. der Erklärung für die Ursache, Entstehung und Entwicklung verschiedener Krankheiten sind.
An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob eine unkontrollierte Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) eine primäre Ursache oder eine nachgeschaltete Folge des pathologischen Prozesses ist.
Laut dem zweiten Review „Free radicals and antioxidants in normal physiological functions and human disease“ sei die Rolle von freien Radikalen als primäre Spezies, die DNA-Schäden im Zuge der Karzinogenese (Tumorentwicklung) erzeugt, klar. Umstritten sei jedoch, ob und inwiefern ROS auch eine primäre Rolle bei postischämischen Läsionen (Gewebeverletzungen nach einer Ischämie) und einigen anderen Krankheiten spielen.
Es ist bekannt, dass es während der Ischämie und der frühen Reperfusion zu einem Anstieg der freien zytosolischen Calciumkonzentration kommt (zytosolisch = die Zellflüssigkeit betreffend). Diese zytosolische Calcium-Überladung während der Ischämie ist pathophysiologisch von großer Bedeutung, da dadurch strukturschädigende Mechanismen während der Reperfusion aktiviert werden, welche wiederum eine dauerhafte Funktionseinschränkung zur Folge haben.
Verschiedene Versuche deuten darauf hin, dass eine post-ischämische Gewebeverletzung als unvermeidliche Folge von erhöhtem zytosolischen Calcium auftritt, was wiederum zu einer Überproduktion von freien Radikalen führt, die einen enzymatischen Abbau von essentiellen intrazellulären Komponenten zur Folge haben.
Die beobachtete Überproduktion von ROS bei post-ischämischer Verletzung ist wahrscheinlich nicht die Hauptursache für den pathologischen Prozess, tritt aber wohl infolge einer erhöhten Konzentration von zytosolischem Calcium auf. So konnten verschiedene Calciumblocker die Lipidperoxidation hemmen und die ROS-Bildung verhindern.
Was die Rolle von ROS in der Ätiologie von neurologischen Erkrankungen – insbesondere der Parkinson-Krankheit – betrifft, sei unklar, ob der durch freie Radikale induzierte oxidative Stress der primäre, initiierende Faktor ist, der zu Neurodegeneration führt. Klar ist, dass oxidativer Stress in die Ausbreitungsstufe der zellulären Verletzung involviert ist, die zur Neuropathologie führt.
Es bedarf daher keiner Flut an Ereignissen, die durch oxidativen Stress initiiert werden, sondern eher einer Folge von Ereignissen, von denen oxidativer Stress eine Hauptkomponente darstellt. Die Hemmung des oxidativen Stresses könnte den Zyklus des Zelltods von Neuronen brechen, sodass der Fokus auf der Entwicklung eines rationalen Arzneimittels oder einer genetischen Therapie liegt, welche sich dem oxidativen Stress als Komponente des Zyklus widmet.
Das Review kommt zusammenfassend zu dem Schluss, dass reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reaktive Stickstoffspezies (RNS) Produkte des normalen Zellstoffwechsels sind und verschiedene normale physiologische Funktionen des Organismus kontrollieren. Die Produktion von Radikalen, wie Stickstoffmonoxid durch NO-Synthasen (NOS) und dem Hydroxylradikal durch das das Enzym NADPH-Oxidase ist durch Hormone, Zytokine (kleine Eiweißmoleküle, die als Botenstoffe das Verhalten von Zellen beeinflussen) und andere Mechanismen streng reguliert.
Darüber hinaus beteiligen sich ROS und RNS an verschiedenen redox-regulatorischen Mechanismen von Zellen, um sie vor oxidativem Stress zu schützen und die zelluläre „Redox-Homöostase“ aufrechtzuerhalten. Werden freie Radikale im Übermaß produziert, entsteht oxidativer Stress – ein schädlicher Prozess, der ein wichtiger Vermittler von Schäden an Zellstrukturen und folglich verschiedenen Krankheitszuständen und der Alterung sein kann.
Auch das jüngere Review „Free radicals and related reactive species as mediators of tissue injury and disease: implications for Health“ kommt zu dem Schluss, dass Beweise für die Gegenwart freier Radikale und durch Radikale eingeleiteten Reaktionen nicht gleichbedeutend mit ihrer Rolle bei der Auslösung von Schäden sind.
Aufgrund der signifikanten antioxidativen Kapazität im menschlichen Gewebe ist die direkte Toxizität freier Radikale wahrscheinlich auf akute, hochdosierte Expositionen beschränkt.
Gesammelte Daten der letzten Jahre haben zu einem deutlich besseres Verständnis der Rolle freier Radikale und zellulärer Antioxidans bzw. Redox-Systeme in der Zell-Signalisierung beigetragen. Dazu gehören Effekte auf das Immunsystem, welches zunehmend als Schlüsselfaktor für die Prävention und Genesung – nicht nur von Infektionskrankheiten, sondern auch Krebs und toxischen Schäden – erkannt wurde.
Die Komplexität der Reaktionen freier Radikale in biologischen Systemen scheinen den allgemeinen Mangel an vorteilhaften Effekten von antioxidativen Therapien zu erklären.
Die zukünftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, zusätzliche Details in Bezug auf die Rolle freier Radikale in der Zellsignalisierung – insbesondere innerhalb des Immunsystems – zu verstehen, sodass Mittel identifiziert oder entworfen werden können, die spezifischer auf Zellen wirken können und zu effektiveren Behandlungen für die breite Palette an Störungen im Zusammenhang mit freien Radikalen beitragen.
Antioxidantien als „Radikalfänger“?
Der Körper verfügt über natürliche Abwehrmechanismen gegen oxidativen Stress, zu denen die mit der Nahrung zugeführten Antioxidantien wesentlich beitragen | © Sergey Nivens / Fotolia
Bei Antioxidans bzw. Antioxidantien handelt es sich um chemische Verbindungen, die eine Oxidation anderer Substanzen verlangsamen oder komplett verhindern.
Antioxidantien wirken u.a. als „Radikalfänger“, da sie reaktive Sauerstoffspezies (ROS) im Organismus inaktivieren und damit oxidativem Stress vorbeugen können. Je nach Herkunft lassen sich Antioxidantien in endogen (im Körper erzeugt) und exogen (von außen zugeführt) einteilen.
Die Exposition gegenüber freien Radikalen aus einer Vielzahl von Quellen hat dazu geführt, dass der Organismus eine Reihe von Abwehrmechanismen entwickelt hat. Solche Abwehrmechanismen gegen durch freie Radikale induzierten, oxidativen Stress umfassen präventive Mechanismen, Reparaturmechanismen, sowie die physikalische und antioxidative Abwehr.
Antioxidantien wirken damit meist nicht isoliert, sondern im Rahmen eines antioxidativen Netzwerks, in dem sie mit anderen (enzymatischen und nicht enzymatischen Antioxidantien) verbunden sind. Enzymatische antioxidative Abwehrkräfte umfassen die Glutathionperoxidase (GPX) als eine der wichtigsten Abwehrsysteme, gefolgt von anderen Enzymen, wie Katalase (CAT) und Superoxidismutase (SOD).
Zu den nicht-enzymatischen Antioxidantien zählen Ascorbinsäure (Vitamin C), Tocopherol (Vitamin E), Carotinoide (z.B. β-Carotin bzw. Provitamin A), Flavonoide und andere antioxidativ wirksame Stoffe, wie Harnsäure und das Glutathion (GSH).
Ascorbinsäure (Vitamin C) stellt ein wichtiges Coenzym für den Enzymkomplex Prolyl-4-Hydroxylase dar, welches für die Biosynthese des Kollagens essentiell ist. Die Aktivität als Coenzym beruht auf der Redoxeigenschaft der Ascorbinsäure.
Kollagen ist ein wichtiges Strukturprotein des Körpers. Zur Darstellung dieses Strukturproteins muss die in Kollagen eingebaute Aminosäure L-Prolin – durch das Enzym Prolyl-4-Hydroxylase und unter Beteiligung von Vitamin C – zu ihrer oxidierten Form (Hydroxyprolin) umgewandelt werden.
Ein Mangel an Vitamin C führt dazu, dass die Bildung des Hydroxyprolins bei der Kollagensynthese nur begrenzt erfolgen kann. Als Folge treten die typischen Symptome der Mangelerkrankung Skorbut, wie Zahnfleischbluten, Hautprobleme, Muskelschwund, verschlechterte Wundheilung etc. auf.
Dies, zusammen mit der Fähigkeit von Ascorbinsäure, chemisch mit reaktiven Spezies zu reagieren, hat dazu geführt, dass Vitamin C als ein wichtiges wasserlösliches Antioxidans angesehen wird. Allerdings kann Vitamin C unter bestimmten Bedingungen die Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies, die es normalerweise neutralisiert, fördern – insbesondere in Gegenwart von Übergangsmetallen, wie Eisen und Kupfer.
Die prooxidative Wirkung von Vitamin C ist strikt an die Verfügbarkeit von Metallionen gebunden. Unter physiologischen Umständen liegen Übergangsmetalle fast nur in proteingebundener, nicht reaktiver Form vor, sodass Vitamin C normalerweise als Antioxidans wirkt.
Jedoch kann es unter pathologischen Bedingungen (z.B. Gewebeschäden) zur Freisetzung von Eisen kommen, was wiederum oxidativen Schaden erzeugen kann. Auf der anderen Seite konnten selbst unter Eisenbelastung antioxidative Effekte von Ascorbinsäure nachgewiesen werden.
Tocopherol (Vitamin E) wirkt als lipidlösliches Antioxidans, welches mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Membranlipiden, Lipoproteinen und Depotfett vor der Lipidperoxidation, d.h. der Zerstörung durch Oxidation, schützen kann.
Unter den Carotinoiden spielen im Körper sechs eine wesentliche Rolle (β-Carotin, α-Carotin, Lycopin, β-Cryptoxanthin, Lutein und Zeaxanthin). Die meisten von ihnen haben signifikante biologische, antioxidative Funktionen inne – besonders wenn sie über die Nahrung zugeführt werden – und sind vermutlich ein wichtiger Bestandteil des gesamten Antioxidans-Systems.
Neben Carotinoiden kommen Antioxidantien auch in diversen anderen Phytochemikalen bzw. sekundären Pflanzenstoffen vor. Über die Nahrung nehmen wir täglich rund ein Gramm an phenolischen Substanzen zu uns, von denen rund zwei Drittel Flavonoide ist. Ihnen werden besonders antioxidative Eigenschaften zugeschrieben.
Doch während die Rolle der Antioxidantien Vitamin C, Vitamin E und die Carotinoide für die menschliche Gesundheit sehr gut erwiesen ist, ist die Beurteilung polyphenolischer Pflanzeninhaltsstoffe in diesem Zusammenhang weit weniger gesichert. Mögliche Gesundheitseffekte für die antioxidative Wirkung von Flavoinoiden stammen vorwiegend aus Tier- und in-vitro-Versuchen.
Untersuchungen am Linus Pauling Institut zeigten, dass Studien über die Bioverfügbarkeit von Flavonoiden darauf hindeuten, dass nach dem Verzehr von flavonoidreichen Nahrungsmitteln nur sehr geringe Konzentrationen von ihnen im Blut ankommen. Im menschlichen Organismus werden die meisten Flavonoide weitgehend metabolisiert, was ihre antioxidative Kapazität beeinflussen kann.
Darüber hinaus enthalten flavonoidreiche Nahrungsmittel, wie Obst und Gemüse, neben Flavonoiden auch zahlreiche Makro- und Mikronährstoffe, die direkt oder durch ihre Wirkung auf den Stoffwechsel die gesamte antioxidative Kapazität des Blutplasmas beeinflussen können.
Die starke Zunahme der gesamten Antioxidativen Kapazität im Blut, die nach dem Verzehr von flavonoidreichen Nahrungsmitteln beobachtet wird, ist wahrscheinlich nicht auf die Flavonoide selbst zurückzuführen, sondern tritt wohl als Folge eines erhöhten Harnsäurespiegels auf.
Die Herstellung von Harnsäure resultiert aus der Depolymerisation (die Zerlegung bzw. der Abbau eines Polymers bzw. Makronährstoffen; wird durch Energiezufuhr angestoßen) und Ausscheidung von Flavonoiden.
Harnsäure – das Endprodukt des Purinstoffwechsels – ist ebenfalls ein Antioxidans und wirkt als starker Entgifter mehrerer Oxidantien, darunter z.B. Hydroxylradikal, Singulett-Sauerstoff, Ozon, sowie zahlreichen organischen und stickstoffbasierten Oxidantien wie Peroxynitrit. Außerdem verhindert Harnsäure im Gehirn die Zerstörung von dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra und vermag deshalb viele Menschen vor der Parkinson-Krankheit zu schützen.
Zuguterletzt sei auch das Glutathion (GSH) als sehr wichtiges Antioxidans und „Redox-Puffer“ im menschlichen Körper erwähnt. Glutathion kann vom Körper aus den drei Aminosäuren L-Glutaminsäure, L-Cystein und Glycin im Rahmen eines zweistufigen Prozesses synthetisiert werden.
GSH ist direkt an der an der Neutralisation von freien Radikalen und reaktiven Sauerstoffverbindungen, sowie auch an der Aufrechterhaltung exogener (über die Nahrung zugeführter) Antioxidantien wie Vitamine C und E in ihren reduzierten (aktiven) Formen beteiligt.
Antioxidantien wie das Glutathion können Zellen vor redox metall-induzierter Toxizität schützen, indem sie die Metallionen chelatisieren und ihre Reaktion mit Wasserstoffperoxid oder molekularem Sauerstoff verhindern. Thiolverbindungen und insbesondere Glutathion zählen zu den effektivsten Klassen von Antioxidantien, da sie einen signifikanten Schutz bieten, indem sie ROS einfangen und dazu beitragen, den Redoxzustand der Zelle aufrechtzuerhalten. Glutathion ist vor allem aufgrund seiner hohen Konzentration und direkte Rolle(n) als effizientes zelluläres Antioxidans ein sensibler Marker zur Charakterisierung von oxidativem Stress.
Häufig wurden auch verschiedene andere Verbindungen als potentielle endogene Antioxidantien vorgebracht, darunter Bilirubin, ein Abbauprodukt der Häm-Gruppe (auch „Gallenfarbstoffe“ oder Blutfarbstoffe des Häms genannt) oder das Hormon Melatonin.
Während diese Verbindungen mit bestimmten ROS in der Tat mit hohen Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten, d.h. sehr ausgeprägter antioxidativer Aktivität, interagieren und daher zu Recht als effiziente ROS-Bekämpfer eingestuft werden können, sind sie nicht unbedingt wiederverwertbar (wie GSH, Ascorbat bzw. die Salze der Ascorbinsäure oder Tocopherol/ Vitamin E, welche in ihre reduzierten Formen recycled werden können).
Zudem gilt es zu beachten, dass die in-vivo-Konzentrationen von Melatonin sehr niedrig sind, so dass es unwahrscheinlich ist, dass jede antioxidative Wirkung von Melatonin durch eine direkte ROS-Aufnahme hervorgerufen wird.
Die physiologische Plasmakonzentrationen von Melatonin betragen maximal um die 0,5 nM (120 pg / ml). Obwohl nach dem Verzehr von Melatonin-Präparaten vorübergehende Plasmakonzentrationen von bis zu etwa 100 nM nachgewiesen wurden, sind auch diese hohen Konzentrationen im Vergleich zu den im Plasma gefundenen Mengen an Ascorbat, Harnsäure und Albumin vernachlässigbar.
Lässt sich oxidativer Stress messen?
Wir sind tagtäglich oxidativem Stress ausgesetzt, denn reaktive Sauerstoffspezies (ROS) kommen in aeroben Organismen überall und dauernd vor. Unser Körper muss jeden Tag Millionen von Angriffen durch freie Radikale abwehren. Obwohl ROS wichtige physiologische Funktionen innehaben, sind sie auch an unterschiedlichen Krankheitsgeschehen beteiligt.
Im Organismus wird ROS durch mehrere Mechanismen gebildet und entsteht u.a. in den Mitochondrien als Nebenprodukt der Zellatmung. Im Körper existieren aber auch zahlreiche Oxidoreduktasen bzw. Enzyme, die im Rahmen normaler physiologischer Prozesse zur Bildung von ROS und RNS beitragen.
Reaktive Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen werden zudem bei Entzündungsprozessen durch Entzündungszellen der Immunabwehr abgegeben, um Viren und Bakterien zu schädigen. Exogene Schadstoffe und Umwelteinflüsse sind weitere bedeutende Quellen für reaktive Sauerstoffspezies. Hier wären z.B. UV-Strahlung, Zigarettenrauch, Luftverschmutzung (Ozon, Stickstoffoxide, verschiedene Stäube), aber auch einige Medikamente und Industriechemikalien zu nennen. ROS und RNS werden also sowohl im menschlichen Körper gebildet, als auch von außen aufgenommen.
Jedoch verfügen wir als aerobe Lebewesen über Mechanismen, die uns vor oxidativer Schädigung schützen, indem sie ROS und RNS inaktivieren, deren Bildung reduzieren oder bereits entstandene Schäden reparieren. Oxidative und antioxidative Prozesse im Körper befinden sich unter normalen physiologischen Bedingungen in einem Fließgleichgewicht.
Dieses Gleichgewicht kann jedoch auch aus den Fugen geraten, sodass vermehrt Oxidantien und Prooxidantien (oxidativ wirksame Moleküle und deren Bildung fördernde Vorstufen) gebildet werden oder aber Antioxidantien an Konzentration oder Aktivität verlieren. Es entsteht oxidativer Stress.
Diese übermäßige Bildung von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies kann zur Schädigung körpereigener Moleküle führen. Wie aus den eingangs erwähnten Reviews zu entnehmen ist, gibt es Daten, die eine Verbindung zwischen der Bildung von ROS/RNS mit zahlreichen Erkrankungen sehen. So ist oxidativer Stress die Ursache für akute Reperfusionsschädigungen und akute Lungenschädigung nach Inhalation
von reinem Sauerstoff (Vgl. hier).
Doch obwohl das wissenschaftliche Interesse an ROS und Antioxidantien groß ist und zahlreiche Übersichtsarbeiten vorliegen, gibt es trotz jahrzehntelanger Forschung nur wenige verlässliche Aussagen darüber, welche konkreten molekularen Mechanismen der Bildung von ROS/RNS im Verlauf der Erkrankungen zugrunde liegen. Inwieweit ein ursächlicher Zusammenhang besteht, bleibt unklar.
Es gibt zahlreiche reaktive Spezies mit sehr unterschiedlichen chemischen Eigenschaften, denen noch mehr potenzielle Antioxidantien gegenüberstehen. Auch hier besteht weiterhin Klärungsbedarf, ob und inwiefern welche Spezies bzw. Substanzen unter welchen Bedingungen für die Entstehung oder den Verlauf einzelner Erkrankungen von Bedeutung sind.
Hinzu kommt, dass es problematisch – oder besser gesagt sehr komplex – ist, das Ausmaß an oxidativem Stress im Körper oder Teilbereichen abzuschätzen oder gar zu bestimmen. Grund ist die Vielzahl an reaktiver, oxidativ wirkender Moleküle, die wiederum eine sehr unterschiedliche Spezifität und Reaktivität gegenüber potenziellen Zielmolekülen aufweisen, wo sie unterschiedliche chemische Modifikationen verursachen können.
Da reaktive Moleküle in Körpergewebe oder Flüssigkeiten meist nur in sehr niedrigen Konzentrationen vorkommen und eine kurze Lebensdauer aufweisen, gestaltet sich ihre Messung schwierig. Die Kommission des Robert Koch-Instituts „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ hält in einer Mitteilung aus dem Jahre 2008 aus methodischer Sicht drei Verfahren für praktikabel: die Bestimmung von DNA Schädigungsmarkern im Urin, die Bestimmung der Konzentration von Markern für die oxidative Lipidschädigung in Blut/Urin, sowie die Bestimmung der Konzentration von Antioxidantien (Vitamine C, E).
Anhand solcher Verfahren wird versucht, die Konzentrationen und Aktivitäten einzelner Antioxidantien und Folgeprodukte des oxidativen Stresses zu identifizieren und zu analysieren. Die Kommission kam jedoch damals zu dem Schluss, dass „weitere Studien erforderlich sind, bevor Messergebnisse im individualmedizinischen Bereich bei umweltmedizinischen Fragestellungen sinnvoll interpretiert werden können“.
Das liegt daran, dass die Aussagekraft solcher Messungen u.U. nicht eindeutig ist, da viele oxidative Veränderungen bzw. Umwandlungen im Körper erkannt und repariert werden können. Zudem können oxidativ veränderte Moleküle weiter reagieren, abgebaut und ausgeschieden werden.
Auch die Zahl neuer Marker und Methoden zur Erfassung des oxidativen Stresses beim Menschen – darunter Marker der oxidativen DNA-, Protein- und Lipidschädigung, sowie Marker der antioxidativen Kapazität – wächst stetig.
Wenn Pro- und Antioxidantien aus dem Gleichgewicht geraten
Wie eingangs bereits kurz erwähnt, sind für das Gleichgewicht zwischen Pro- und Antioxidantien diverse endogene und exogene Modulatoren beteiligt. Bei vielen Krankheiten wurden Modifikationen bzw. oxidative Veränderungen verschiedenster Art an biologisch bedeutsamen Makromolekülen nachgewiesen, denen die Bildung von ROS/RNS zugrunde liegt. Ob diese Modifikationen lediglich eine Begleiterscheinung sind oder eine wichtige Rolle in der Entstehung und Entwicklung dieser Erkrankungen spielen, ist im Einzelfall umstritten und bleibt zu klären.
Klar ist, dass Entzündungsprozesse zu einer erhöhten Produktion von ROS/RNS führen, welche wiederum an der Entstehung und Verlauf zahlreicher Erkrankungen beteiligt sind. Zum einen kommt es im Verlauf von inflammatorischen Prozesse zur Bildung von reaktiven Spezies. Diese stimulieren die Expression von Enzymen, welche wiederum an der Entstehung weiterer reaktiver Spezies beteiligt sind. Zum anderen führt eine ausgeprägte Entzündung häufig zu lokalen Gewebeschäden und Zelltod, was die Bildung von ROS/RNS ebenfalls anregen kann.
Neben endogenen Modulatoren tragen auch exogene Faktoren – entweder direkt oder indirekt – zur Entstehung oxidativer Schäden bei. Man bezeichnet solche Stoffe oder Umstände auch als „Noxe“ (vom lat. noxa für „Schaden“), da sie eine schädigende, krankheitserzeugende Wirkung auf den Organismus oder ein Körperorgan ausüben.
Hierzu zählen z.B. Umwelteinflüsse, denen wir uns nicht immer entziehen können. Zu den bekanntesten gehört UV-Strahlung (durch Sonne, Solarium), Röntgenstrahlung (z.B. beim ärztlichen Untersuchungen), ionisierende Strahlung (z.B. radioaktive Strahlung), sowie Luftverschmutzung durch Ozon, Feinstaub oder Stickstoffoxide (z.B. im Straßenverkehr).
Viele dieser Noxen wirken spezifisch auf bestimmte Organe. Die UV-A-Strahlung (Wellenlänge 315 bis 400 nm) und UV-B-Strahlung (Wellenlänge 280 bis 315 nm) der Sonne kann – obwohl sie die niedrigstenergetische der ionisierenden Strahlungen ist – für den Menschen gefährlich sein und zu Schädigungen der Haut und Augen führen.
Ein ausgiebiges Sonnenbad ist purer Stress für die Haut | © juefraphoto / Fotolia
Unter dem Einfluss von UV-Strahlung entstehen freie Radikale, meist reaktive Sauerstoffspezies, die die Haut auf vielfältige Weise schädigen. Die durch UV-Licht induzierte ROS-Bildung ist mitverantwortlich für Lipidperoxidation, Zellschädigung und Initiation, sowie Verstärkung von Entzündungsprozessen der Haut.
Zu den möglichen Wirkungen gehören die Schädigung der Kollagene der Haut (frühzeitige Hautalterung), das Melanomrisiko durch die Bildung freier Radikale, Photodermatosen (Hautveränderungen und Hautkrankheiten), entzündliche Reaktionen (z.B. Binde- und Hornhautentzündung des Auges) oder die Schwächung des Immunsystems (als eine Folge der immunsuppressiven Wirkung von UV-B-Strahlen).
Das Solarium als Mittel zum „Vorbräunen“ oder als Mittel für die schnellere Bräune stellt aus gesundheitlicher Sicht keinesfalls eine unbedenkliche Alternative dar. Denn obwohl hier das sonnenbrandfördernde UV-B weitgehend ausgefiltert wird, ist man hohen Dosen an UV-A ausgesetzt.
Zunächst kann die UV-A-Strahlung in der Sonnenbank trotz Bräunungseffekt keine wesentliche Verminderung der Sonnenbrand-Empfindlichkeit erzielen. Für den Aufbau des UV-Eigenschutzes der Haut ist neben UV-A auch ein ausreichendes Maß auch UV-B-Strahlung erforderlich. Das „Vorbräunen“ im Solarium vor dem Urlaub macht daher keinen Sinn.
Zudem kann die im Solarium eingesetzte UV-Strahlung beim Menschen in gleichem Maße Krebserkrankungen auslösen, wie die UV-Strahlung der Sonne. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat daher 2009 die UV-Strahlung der Sonne und künstliche UV-Strahlung in Solarien in die höchste Risikogruppe 1 „krebserregend für den Menschen“ eingestuft.
Ist man langwelligen UV-A-Strahlen im Übermaß ausgesetzt, können diese tiefer in die Haut eindringen als UV-B-Strahlen (bis in die Dermis bzw. Lederhaut) und zu chronischen Hautschäden, wie Bindegewebsschwäche und vorzeitiger Hautalterung führen. In der Epidermis (Oberhaut) bewirken UV-A- und UV-B-Strahlen Hautzellschäden, die Hautkrebs bedingen können.
Neben UV-Strahlen kann auch die Ozon-Belastung Hautschäden induzieren. Ozon wirkt hauptsächlich an der Hautoberfläche und verbraucht dort Antioxidantien. Es kann direkt mit Antioxidantien interagieren oder die Bildung weiterer ROS anregen. Es ist wahrscheinlich, dass die daraus entstehenden Verbindungen (z.B. Lipidperoxidationsprodukte) tiefer in die Haut eindringen und dort weiteren Schaden verursachen können.
Belastungen durch urbane Luftverschmutzung (Feinstaub, z.B. durch den Straßenverkehr) zeigen ebenfalls Wirkungen auf bestimmte Parameter des oxidativen Stresses. Das Ausmaß der Auswirkung von Partikeln auf die Atemwege hängt dabei sowohl von der chemischen Zusammensetzung, als auch von der Größe der Partikel ab. Dabei gilt: je kleiner ein Partikel ist, desto tiefer kann es in die Lunge eindringen. Ultrafeine Teilchen können so bis in die Lungenbläschen gelangen, wo sie nur sehr langsam oder gar nicht wieder entfernt werden.
Feinstaub enthält i.d.R. chemische Komponenten, die Oxidationsreaktionen auslösen können. Dazu zählen Metalle (z.B. Kupfer- und Eisenionen), aber auch organische Verbindungen aus Verkehrsemissionen, Zigarettenrauch und anderen Quellen. Durch das Einatmen können sich solche Komponenten im Atemtrakt einlagern, wo sie Radikal-Reaktionszyklen auslösen und aufrecht erhalten, durch die ROS in der sog. Epithel-Oberflächenflüssigkeit gebildet werden. Diese Schicht bedeckt die Atemwege und die Lungenbläschen.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts fanden heraus, dass in stark verschmutzten Umgebungen, Ozon und Feinstaub, der Metallionen und organische Aerosole (feste und/oder flüssige Teilchen, die in der Luft schweben) enthält, die ROS-Konzentrationen in der Epithel-Oberflächenflüssigkeit auf Werte erhöhen können, die charakteristisch für Atemwegserkrankungen sind.
Oxidativer Stress durch Luftverschmutzung kann Zellen und Gewebe des Atemtrakts verletzten und negativen gesundheitlichen Auswirkungen, wie Asthma, Allergien und anderen Atemwegserkrankungen nach sich ziehen.
Das Gleichgewicht zwischen Pro- und Antioxidantien lässt sich auch durch den Lebensstil beeinflussen. Ein Review aus dem Jahr 2004 nahm 123 Studien unter die Lupe, welche die akuten Effekte von Zigarettenrauch auf Entzündungszellen, oxidativen Stress und entzündlichen Mediatoren bei Menschen, Tieren und in vitro untersucht haben.
Auch wenn eine direkte Vergleichbarkeit der drei Modelle aus diversen Gründen nicht gegeben ist, lässt sich aus dem Review zusammenfassen, dass Zigarettenrauch lokale Entzündungen erhöht und wichtige qualitative Zelleigenschaften, Reparaturmechanismen und den Schutz der Epithelbarriere reduziert. Darüber hinaus erhöht Zigarettenrauch die Marker von oxidativem Stress (in allen Modellen) und führt sogar zu einer Beschädigung der Zellmembran.
Zudem kann Zigarettenrauch das Gleichgewicht zwischen Proteasen (zählen zu den Enzymen) und ihren Inhibitoren stören, was möglicherweise zu einer frühen Gewebeschädigung führt. Auch stimuliert Nikotin die Neutrophilen dazu, den Entzündungsmediator Interleukin-8 (kurz: IL-8) zu produzieren, der seinerseits Neutrophilie verursacht und so zur Raucherleukozytose (Vermehrung an Leukozyten bzw. weißen Blutkörperchen im Blut) führen kann. Raucher haben signifikant höhere IL-8-Spiegel im Blut als Nichtraucher.
Eine interessante Erkenntnis aus dem Review ist, dass Zigarettenrauch eine unterdrückende Wirkung auf einige Entzündungsmediatoren hat, was möglicherweise auf die entzündungshemmenden Wirkung von Kohlenstoffmonoxid zurückzuführen ist, der im Zigarettenrauch enthalten ist oder durch entzündliche Zellen in der Lunge erzeugt wird. Dies sollte natürlich keine Aufforderung zum Rauchen sein, da Zigarettenqualm nach wie vor einzelne Marker des oxidativen Stresses erhöht.
Auch körperliche Aktivität kann – je nach Intensität und Ausmaß – zur Erhöhung verschiedener Marker des oxidativen Stresses beitragen. Während regelmäßiges, moderates Training vorteilhaft in Bezug auf oxidativen Stress und die Gesundheit zu sein scheint, führt ein intensives Training zu erhöhtem oxidativen Stress, obwohl derselbe Reiz erforderlich ist, um eine Hochregulierung der endogenen Antioxidansabwehr zu ermöglichen.
Beispielsweise hat die Höhenlage nicht nur Einfluss auf die Bewegung, sondern auch auf den oxidativen Stress. So scheinen Trainingseinheiten über 3.000 Meter Höhe zu einer vorübergehende Zunahme der oxidativen Schädigung zu führen, gefolgt von redox-empfindlichen Anpassungen in mehreren Geweben. Bisher gibt es keinen Beweis dafür, dass der höheninduzierte oxidative Stress für normale Trainings- oder Erholungsszenarien schädlich ist. Schädliche Ergebnisse im Zusammenhang mit oxidativem Stress scheinen auf Fälle beschränkt zu sein, in denen Einzelpersonen für eine längere Dauer extremen Erhebungen ausgesetzt waren.
Laut einem Review aus dem Jahre 2015 kann die vermehrte Produktion von freien Radikalen bei intensiver körperlicher Bewegung die Kapazität der antioxidativen Abwehrsysteme im Körper übersteigen und oxidative Zustände induzieren. Jedoch werden derzeit sowohl positive, als auch negative Aspekte der ROS-Erzeugung beim Sport berücksichtigt. So setzt regelmäßiges Training das endogene antioxidative System in Gang und schützt den Körper vor nachteiligen Auswirkungen oxidativer Schäden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass körperliche Aktivität (vor allem intensive Trainingseinheiten) die verschiedenen Marker des oxidativen Stresses erhöhen können. Gleichzeitig induziert körperliche Aktivität jedoch auch protektive Mechanismen, sodass anschließend die Suszeptibilität („Empfänglichkeit“ bzw. Empfindlichkeit) für oxidative Schädigung abnehmen kann.
Einige Studien (z.B. hier und hier) sprechen auch moderatem (!) Rotweinkonsum einen allgemeinen Oxidationsschutz durch einen Anstieg des Antioxidansstatus zu.
Das Gleichgewicht zwischen Pro- und Antioxidantien im Organismus kann durch weitere exogene Faktoren beeinflusst werden. Neben Umwelteinflüssen spielen hier auch einzelne Medikamente (z.B. Antibiotika) und Chemikalien (toxische Schwermetalle, organische Lösungsmittel, Insektizide) eine Rolle.
Eine erhöhte Produktion von ROS/RNS im menschlichen Körper ist somit auf eine Reihe von möglichen Faktoren zurückzuführen und tritt häufig als Folge entzündlicher Prozesse oder der Einwirkung exogener Noxen auf. Auch der Lebensstil spielt eine Rolle (siehe weiter unten den Abschnitt „Was man selbst tun kann“).
Die Begriffe „freie Radikale“ und „Oxidativer Stress“ haben sich jedoch längst zu Marketing-Schlagwörtern gemausert, mit denen Lebensmittel (Stichwort „Superfoods“) oder Nahrungsergänzungsmittel mit antioxidativ wirksamen Substanzen angepriesen werden. Ob als „Anti-Aging“-Produkt, zum „Detox“ oder zur Prävention von Krankheiten wie Krebs – es gibt kaum etwas, was Antioxidantien nicht können…
Wie sinnvoll sind antioxidative Therapien?
In der Regel hat unser Körper ein gut funktionierendes Schutzsystem, um die freien Radikale in Schach zu halten. Verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Pro- und Antioxidantien zugunsten der Ersteren, entsteht oxidativer Stress. Wie im vorangegangenen Abschnitt bereits erwähnt, gibt es durchaus Marker zur Bestimmung des oxidativen Schadens, darunter die DNA-Schädigung, die Lipidoxidation, der Antioxidantienstatus, sowie die gesamte antioxidative Kapazität.
Bei Messwerten aus Blut- oder Urinproben bleibt jedoch unklar, welches Organ bzw. Gewebe von oxidativem Stress betroffen ist, welche reaktive Spezies die oxidative Schädigung herbeigerufen hat oder welches Antioxidans in einer zu geringen Konzentrationen vorliegt. Erhöhte Messwerte für Marker des oxidativen Stresses sind häufig mit Entzündungserkrankungen verbunden, sodass zunächst die Krankheit zu behandeln ist, bevor man zu irgendwelchen „antioxidativen Therapie“ (z.B. die Supplementierung von Antioxidans) greift.
Gehen erhöhte Messwerte für Marker des oxidativen Stresses nicht mit erkennbaren Krankheitszeichen einher, kann das körpereigene, antioxidative System betrachtet werden. Der sog. Antioxidantienstatus bezeichnet die Konzentration bzw. Aktivität einzelner endogener und exogener antioxidativ wirkender Moleküle.
Zu den exogenen Antioxidantien zählen im Körper gebildete ROS/RNS spezialisierte antioxidative Enzyme, wie Superoxiddismutase, Katalase und Glutathionperoxidasen. Endogene Antioxidantien, die wir mit der Nahrung zuführen, sind vor allem Vitamine mit antioxidativen Eigenschaften, darunter die lipidlöslichen Antioxidantien Vitamin E, Provitamin A und Lycopin, sowie wasserlösliche Antioxidantien, wie Ascorbinsäure, Thiole (z.B. Glutathion) und Flavonoide.
Dieses Netzwerk antioxidativer Verteidigungssysteme kontrolliert die Konzentration einzelner ROS/RNS sehr vielfältig und auf mehreren Ebenen, sei es durch Prävention, direkte Inaktivierung oder Reparatur. Fällt die Konzentration exogener und endogener Antioxidantien zu niedrig aus, steigt das Risiko für oxidativen Schaden.
Allerdings erlaubt die Feststellung eines Verlustes an Antioxidantien keinerlei Auskunft darüber, ob bereits Schädigungen eingetreten sind oder nicht. Auch gilt es zu beachten, dass für das antioxidative Fließgleichgewicht eine Vielzahl an Antioxidantien erforderlich ist und ein Antioxidans alleine nicht sämtliche ROS/RNS gleichermaßen effektiv inaktivieren kann.
Hinzu kommt, dass prooxidativ und antioxidativ wirkenden Substanzen im menschlichen Körper nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern in unterschiedlichen Konzentrationen vorliegen. Je nach Organ, Gewebe oder intrazellulären Struktur kann es daher sein, dass eine bestimmte Antioxidans-Konzentration, welche in einer homogenen Lösung sehr effektiv zur Inaktivierung von ROS/RNS beitrug, nicht in allen Körperbereichen auch die körpereigenen Biomoleküle zu schützen vermag.
Eine Nahrungsergänzung mit Antioxidantien führt – sofern die Antioxidantien-Konzentrationen im Blut im optimalen Bereich liegen – daher nur selten zur weiteren Minderung oxidativer Schäden. Eine positiver Effekt ist nur bei Mangelzuständen zu erwarten. Eine Überversorgung an antioxidativ wirkenden Substanzen kann zudem unerwünschte Wirkungen mit sich bringen.
Das eingangs bereits angeführte Review „Free radicals and related reactive species as mediators of tissue injury and disease: implications for Health“ merkt an, dass der Großteil der antioxidativen Abwehrkräfte enzymatisch ist und die Ergebnisse zahlreicher Studien zeigen, dass exogen verabreichte, kleinmolekulare Antioxidantien nicht in der Lage sind, den Verlauf der meisten Toxizitäten und Krankheiten zu beeinflussen, die angeblich unter dem Einfluss freier Radikale stattfinden.
Nehmen wir das Beispiel Krebs: So zeigten vorläufige Untersuchungen, dass Vitamin E wahrscheinlich bei der Prävention von Prostatakrebs wirksam ist. Eine umfangreiche klinische Studie ergab jedoch letztlich, dass Vitamin E den Prostatakrebs nicht verringerte, sondern die Inzidenz bzw. Häufigkeit von Neuerkrankungen sogar leicht erhöhte.
Ähnlich sieht es beim Konsum von Obst und Gemüse aus: obwohl beides reich an Antioxidantien ist, negativ mit dem Risiko für einige Krebsarten korreliert und niedrige Retionol-Blutwerte mit einem erhöhten Risiko für Lungenkrebs assoziiert werden, zeigten mehrere Studien, dass Beta-Carotin – die Vorstufe von Retinol (Vitamin A) – tatsächlich zur Erhöhung des Krebsrisikos beiträgt.
Ergebnisse mit Folsäure, Vitamin C, Selen und Calcium waren ebenfalls negativ. Positive Ergebnisse wurden bei niedrig dosiertem Aspirin im Bezug auf Darmkrebs beobachtet, jedoch scheint es unwahrscheinlich, dass diese Wirksamkeit mit irgendeiner antioxidativen Aktivität zusammenhängt.
Die Gründe, warum die Chemoprävention mit Antioxidantien versagt hat, sind unklar. Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine einzelne Behandlung bei Patienten mit unterschiedlichem Alter, Lebensstil, Gesundheitszustand etc. wirkt, nicht gerade hoch. Insgesamt sei trotz umfangreicher Fortschritte im Verständnis von karzinogenen Mechanismen klar, dass kein einzelner Mechanismus den gesamten Prozess erklären kann.
Obwohl freie Radikale eine Hauptursache für einige Krebsarten sein können und ROS offensichtlich eine regulierende Rolle auf allen Ebenen der Karzinogenese einnehmen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie in allen Fällen notwendig sind, da eindeutig immer noch andere Wege der Initiierung und Förderung bestehen.
Bei entzündlichen Erkrankungen, wie rheumatoider Arthritis kann das Konzept, dass exogene Antioxidantienbei Entzündungen von Vorteil sind, fehlerhaft sein, da Radikale, Oxidationsmittel und Antioxidantien konkurrierende Effekte auf normale Signalwege haben können.
Und auch was den Einsatz von Antioxidantien in der Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrifft, konnten die meisten Studien keine klinische Wirksamkeit nachweisen. Die Gründe für sind ähnlich denen, die bei der Chemoprävention von Krebs angerissen wurden. Dazu zählen der komplexe Wirkmechanismus von ROS auf schädigende und schützende Wege, sowie mangelnde Kenntnisse über optimale Dosierungsprotokolle.
Auch besteht die Möglichkeit von genetischen Faktoren, die Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Das bedeutet, dass Effekte bei Subpopulation von Patienten einem Mangel an Resonanz in der allgemeinen Bevölkerung unterliegen. Daher kann die Prämisse der Verwendung von Antioxidantien zur Verhinderung einer atherosklerotischen Erkrankung fehlerhaft sein. Selbst wenn sie (in Einzelfällen) richtig sein mögen, haben pauschale Strategien zur Linderung aller Krankheiten durch Antioxidantien grundsätzlich versagt.
Das ebenfalls eingangs betrachtete, etwas ältere Review „Free radicals and antioxidants in normal physiological functions and human disease“ von 2007 erwähnt, dass niedermolekulare Antioxidantien zwar direkt an der Umwandlung von ROS in weniger reaktive Spezies beteiligt sind, eine Antioxidans-Schutztherapie gegen freie Radikale bei Krebspatienten jedoch nur mit Vorsicht angewendet werden sollte, da ihre Wirkungen von dem Stadium abhängen, in der sie eingeleitet wird (Vgl. auch Mini-Review „Free radicals, metals and antioxidants in oxidative stress-induced cancer“).
Da die Apoptose (eine Form des programmierten Zelltods) durch erhöhte freie Radikale verursacht wird, können die verminderten Konzentrationen an freien Radikalen infolge einer übermäßigen Verabreichung von Antioxidantien das Überleben von geschädigten Zellen und die Proliferation (Zellteilung und Zellwachstum) in neoplastische Zustände stimulieren und damit den Prozess der Karzinogenese eher fördern als unterbrechen.
Darüber hinaus könnte eine Antioxidans-Therapie während des Entwicklungsstadiums von Krebs tatsächlich das Wachstum von Tumoren durch das verstärkte Überleben von Tumorzellen stimulieren. In diesem Zusammenhang sollte auch der prooxidative Charakter einiger Antioxidantien betrachtet werden, der je nach Konzentration und Umweltbedingungen (Sauerstoffdruck) auftreten kann.
Auch das National Cancer Institute stellt in seinem Fact Sheet zum Thema Antioxidantien und Krebsprävention fest, dass mehrere randomisierte kontrollierte klinischen Studien nicht belegen konnten, dass die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien in der primären Krebsprävention vorteilhaft seien. Desweiteren hat ein systematisches Review zu Vitaminen und Mineralstoffen in der primären Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs keinen eindeutigen Beweis für den Nutzen bei der Prävention von Krebs gefunden.
Es ist jedoch möglich, dass der mangelnde Nutzen in klinischen Studien durch Unterschiede in den Auswirkungen der getesteten Antioxidantien erklärt werden kann, wenn sie in gereinigter Form (z.B. als Präparat) oder als ganze Lebensmittel zugeführt werden, die wiederum komplexe Mischungen an Antioxidantien, Vitaminen und Mineralstoffen enthalten.
Daher zählt es zu den aktiven Gebieten der Krebsvorsorgeforschung, ein umfassenderes Verständnis der Antioxidans-Inhalte einzelner Lebensmittel, ihrer Interaktion mit anderen Stoffen und über Einflussfaktoren bei der Aufnahme und Verteilung von in Lebensmitteln enthaltenen Antioxidantien im Körper zu erlangen.
Personen, bei denen bereits Krebs diagnostiziert wurde, rät das National Cancer Institute, Nahrungsergänzungen mit Antioxidantien mit Vorsicht zu verwenden und behandelnde Ärzte über die Einnahme zu informieren. Es gibt mehrere randomisierte kontrollierte Studien (einige mit nur wenigen Patienten), welche sich mit der Wirksamkeit und Toxizität von Nahrungsergänzung mit Antioxidantien während der Krebsbehandlung beschäftigten.
Einige Versuche lieferten gemischte Ergebnisse, bei anderen hatten Patienten, die Antioxidantien während der Krebstherapie ergänzten, schlechtere Ergebnisse, besonders wenn es sich um Raucher handelte. Um klare wissenschaftliche Beweise über die potenziellen Vorteile oder Schäden der Einnahme von Ergänzungspräparaten mit Antioxidantien während der Krebsbehandlung zu liefern, sind zusätzliche große randomisierte kontrollierte Studien erforderlich.
Laut dem Mini-Review „Free radicals, metals and antioxidants in oxidative stress-induced cancer“ scheint die zur Vermeidung von durch oxidativen Stress bedingten Krebs wichtigste Maßnahme darin zu bestehen, die Exposition bzw. Aussetzung gegenüber endogenen und exogenen Quellen oxidativen Stresses zu minimieren, soweit dies möglich ist. Wie bei allen bedrohlichen Aspekten des Lebens, sei Prävention besser als Heilung.
Hilft Nahrungsergänzung mit Antioxidantien?
„Viel hilft viel“ trifft bei hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln nicht zu. Solche Präparate können mehr Schaden als Nutzen bringen | © ronstik / Fotolia
Ob Astaxanthin, Traubenkernextrakt mit OPC (oligomere Procyanidine), Kapseln mit Polyphenolen, Vitaminen A, C und E, „Zellschutzkomplex“, „Superfood-Mix“ oder „Vitalfood“ – bei Nahrungsergänzungsmitteln wirken sich Begriffe wie „Antioxidantien“ oder „Superfrüchte“ bzw. Aussagen, wie „zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress“ durchaus verkaufsfördernd aus. Wer seiner Gesundheit etwas Guten tun möchte, greift womöglich schnell zu irgendwelchen (teuren) Kapseln, Tabletten, Pulvern & Co.
Allerdings sind die Ergebnisse epidemiologischer Studien, in denen Menschen mit synthetischen Antioxidantien behandelt wurden, nicht schlüssig und widersprüchlich. Wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Antioxidans-Nahrungsergänzungen – obwohl sie von der Pharmaindustrie sehr empfohlen und von vielen Personen eingenommen werden – keinen ausreichenden Schutz gegen oxidativen Stress und oxidative Schäden bieten, noch zur Erhöhung der Lebensdauer beitragen.
Laut der Studie „Strategies for Reducing or Preventing the Generation of Oxidative Stress“ aus dem Jahre 2011 scheint es, dass die totale antioxidative Aktivität im Blut und in den Körperzellen durch eine zusätzliche Aufnahme von synthetischen Antioxidantien nicht weiter erhöht werden kann oder keinen zusätzlichen Schutz bietet, sofern Alter, Ernährung und Lebensstil im optimalen Bereich liegen.
Epidemiologische Studien an synthetischen Antioxidantien haben die positive Einnahme dieser Verbindungen in der Ernährung nicht vollständig bestätigt. Eine gesunde erwachsene Person sollte also keine zusätzlichen Nahrungsergänzungen mit Vitaminen und Mineralstoffen benötigen, wenn vielfältige und abwechslungsreiche Lebensmittel bei einer ausreichenden Energieaufnahme verzehrt werden.
Nichtsdestotrotz wird der oxidative Stress des Organismus während des Alterungsprozesses zunehmen. Der effizienteste präventive Schritt, um eine exogene Exposition mit Radikalen zu vermeiden, wäre, soweit wie möglich einer Aussetzung gegenüber endogenen und exogenen ROS-produzierenden Verbindungen (Sauerstoffspezies, Zigarettenrauch und UV-Strahlung) entgegenzuwirken.
Dies ist jedoch nicht immer möglich, sodass der Schutz durch eine adäquate Antioxidansabwehr erreicht werden könnte, welche die Bildung von freien Radikalen reduziert oder die Reparatursysteme der Zellen erhöht. Ansätze zur Verringerung der Erzeugung von oxidativem Stress könnten während des Alterunsgprozessen und der Prävention von Krankheiten – insbesondere im zweiten Lebensabschnitt – wichtig sein, wenn einige der endogenen antioxidativen Abwehrsysteme keinen angemessenen Schutz gegen erhöhten oxidativen Stress bieten.
Laut der genannten Studie hat bisher nur die Kalorienrestriktion (mit adäquater Vitamin- und Mineralstoff-Aufnahme) wissenschaftlich fundierte Ergebnisse für die Verlängerung des Lebens erhalten. Generell sollte der Schlüssel zum Erfolg für eine Abnahme an durch oxidativen Stress induzierte Schäden die Unterdrückung bzw. Verdrängung von oxidativem Schaden sein, ohne das gut integrierte Netzwerk an antioxidativen Abwehrmechanismen zu stören. Statt freie Radikale mit Antioxidantien zu neutralisieren, gilt es, die Bildung freier Radikale zu verhindern.
Betrachtet man weitere Studien, so scheinen Antioxidantien als Supplemente nicht zu dem vom Verbraucher erhofften gesundheitlichen Nutzen beizutragen. In einem systematischen Review aus dem Jahre 2002 haben antioxidative Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel keine vorteilhaften Wirkungen in der primären Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall gezeigt. Es wurden sogar ernste unerwünschte Ereignisse gemeldet.
Nach anfänglicher Begeisterung für Antioxidantien bei der sekundären Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben jüngste Berichte aus mehreren großen randomisierten Studien laut Review keine positiven Effekte ergeben. So konnten die scheinbar positiven Ergebnisse der hohen Aufnahme von antioxidativen Vitaminen aus Beobachtungsstudien in großen randomisierten Studien nicht bestätigt werden.
Die Diskrepanz zwischen verschiedenen Studienarten ist vermutlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Nahrungsergänzung nur eine Komponente in einer Gruppe von gesunden Verhaltensweisen darstellt. Das Review kommt zu dem Schluss, dass antioxidative Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel nicht in der primären oder sekundären Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen werden können.
Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse von randomisierten kontrollierten Studien aus dem Jahre 2013 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: es gibt keine Hinweise auf den Nutzen von Vitamin- und Antioxidantienergänzungen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Außerdem haben die jüngsten Meta-Analysen gezeigt, dass Nahrungsergänzung mit Vitaminen oder Antioxidantien mit einer erhöhten Mortalität verbunden werden und keine vorbeugende Wirkung gegen Krebs haben – oder sogar mit einer Zunahme bei einigen Krebsarten assoziiert werden.
Die Autoren der Metaanlyse kritiseren, dass die meisten Länder es der Pharma- oder Nahrungsmittelindustrie erlauben, diese Nahrungsergänzungen als „Functional Food“ oder „Medical Food“ zu vertreiben und solchen Supplements damit einen funktionellen bzw. medizinischen Nutzen zuzusprechen.
Viele Menschen ergänzenden dann Vitamine oder Antioxidantien in dem Glauben, ihre Gesundheit zu verbessern. Basierend auf den jüngsten Meta-Analysen von randomisierten kontrollierten Studien, einschließlich dieser Studie, sollten Regierungen und Regulierungsbehörden für Lebensmittel und Gesundheit solche Vitamin-und Antioxidans-Präparate als Arzneimittel betrachten und ihre Wirksamkeit und Sicherheit vor der Vermarktung streng evaluieren.
ORAC & Co: Was sagt die „totale antioxidative Kapazität“ aus?
Während der Antioxidantienstatus die Konzentration bzw. Aktivität einzelner endogener und exogener Antioxidantien beschreibt, greift die „totale antioxidative Kapazität“ weiter. Hintergrund ist, dass im Organismus eine Vielzahl antioxidativ wirksamer Komponenten existieren, die in ihrer Gesamtheit ein effektives antioxidatives Netzwerk bilden.
Die Bestimmung der Konzentration von nur wenigen Einzelkomponenten kann somit niemals das Gesamtbild widerspiegeln. Die Bestimmung der totalen antioxidativen Kapazität entspricht dabei der kumulativen Fähigkeit und Effektivität einer Probe (Blut, Lebensmittel, Gewebe, chemische Verbindung) in einem Testsystem eine bestimmte reaktive Spezies (Radikale) abzufangen oder zu neutralisieren.
Die Hypothese hinter diesem Ansatz ist, dass eine erhöhte antioxidative Kapazität im Blut mit der Fähigkeit einhergeht, höhere Belastungen an ROS/RNS bewältigen zu können oder das die höhere antioxidative Kapazität einer Probe (z.B. einem Lebensmittel) indirekt auf eine höhere Konzentration oder günstigere Zusammensetzung von Antioxidantien in dieser Probe hindeutet.
Zur Bestimmung der gesamten antioxidativen Kapazität einer Probe stehen eine Reihe von Tests zur Verfügung. Das Grundprinzip ist bei allen Methoden gleich: die in der biologischen Probe enthaltenen Antioxidantien schützen ein Substrat vor dem durch ein Oxidans bzw. Radikal induzierten oxidativen Angriff.
Dabei können die Zeitspanne und das Ausmaß, mit der die Probe diese Oxidation verhindert, gemessen und mit einem Standard verglichen werden. Oft angewandte Tests sind TRAP („total peroxyl radical-trapping antioxidant parameter“), ORAC („oxygen radical absorbance capacity“), TEAC („trolox equivalent antioxidant capacity“), FRAP („ferric ion reducing antioxidant power“) oder PCL (Bestimmung der antioxidativen Kapazität mittels Photochemilumineszenz).
Zahlreiche Online-Shops für Nahrungsergänzungs-Produkte argumentieren mit hohen ORAC-Werten, welche die antioxidative Wirkung ihres Produkts belegen sollen. ORAC steht für „Oxygen Radical Absorbance Capacity“, also die Fähigkeit zum Abfangen von Sauerstoffradikalen.
Der ORAC-Wert wird häufig für Lebensmittel bestimmt. Das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten („United States Department of Agriculture“, kurz: USDA) hat im Jahre 2007 die erste Datenbank der Antioxidans-Aktivität für 277 ausgewählte Lebensmittel anhand der ORAC-Methode veröffentlicht und diese im Jahre 2010 um 49 weitere Lebensmittel ergänzt, sowie etwas umstrukturiert (siehe PDF „USDA Database for the Oxygen Radical Absorbance Capacity (ORAC) of Selected Foods„, Release 1 und Release 2).
Da der ORAC-Wert – als Nachweis von antioxidativer Kapazität – von Verbrauchern mit positiven gesundheitlichen Wirkungen assoziiert wird, hat sich das Marketing für Lebensmittel diesen Wert zunutze gemacht.
So geht beispielsweise der Online-Shop nu3 in seinem Lexikon auf den „sehr hohen“ ORAC-Wert der Goji-Beere ein. Auch Vitafy.de wirbt auch der Übersichtsseite für Acai-Produkte mit einem hohen ORAC-Wert. Und MyProtein hebt auf der Produktseite seiner Mischung „Superfood XS“ die „extrem potente Antioxidantienmischung“ (unter Angabe des ORAC-Wertes) hervor.
Und selbst Online-Apotheken machen sich den ORAC-Wert als Marketing-Instrument zunutze. Zum Beispiel wirbt die shop-apotheke.com bei dem Produkt „Zell Oxygen Immunkomplex“ mit einem hohen ORAC-Wert, der „überschüssige Freie Radikale unschädlich macht und den Energiestoffwechsel und die Leistungsfähigkeit fördert“.
Das „Problem“ an den ORAC-Werten ist, dass sie eine eine chemische Eigenschaft des gemessenen Stoffes bzw. Lebensmittels beschreiben. Die Reaktion, die bei der ORAC-Messung abläuft, findet so im menschlichen Organismus nicht statt. Zudem ist die Bioverfügbarkeit der Probenbestandteile nicht bekannt, sodass aus den ORAC-Werten kein gesundheitlicher Nutzen auf den Körper geschlossen werden kann.
Die USDA hat daher im Jahre 2012 die ORAC-Werte für ausgewählte Lebensmittel aus ihrer Nährstoffdatenbank entfernt. Es würden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Werte, die eine antioxidative Kapazität induzieren, keine Bedeutung für die Auswirkungen spezifischer bioaktiver Verbindungen (einschließlich Polyphenolen) auf die menschliche Gesundheit haben.
Es gäbe eine Reihe von bioaktiven Verbindungen, von denen angenommen wird, dass sie eine Rolle bei der Prävention oder Linderung von verschiedenen chronischen Krankheiten, wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und Diabetes spielen. Allerdings sind die damit verbundenen Stoffwechselwege nicht vollständig geklärt, sodass auch nicht-antioxidative Mechanismen, welche derzeit noch ungeklärt sind, verantwortlich sein können.
Laut USDA werden ORAC-Werte routinemäßig missbraucht – sowohl von Herstellern zum Bewerben ihrer Nahrungs- bzw. Nahrungsergänzungsmittel, als auch von Verbrauchern als Entscheidungshilfe bei Ernährungsfragen.
Die ORAC-Methode misst den Grad der Hemmung der durch Peroxylradikale induzierten Oxidation durch die zu untersuchenden Verbindungen (Antioxidantien) in einem chemischen Milieu. Bei der Messung dient das Vitamin E-Derivat Trolox als Referenz, weswegen das Ergebnis in Trolox-Äquivalenten (pro Volumen- oder Gewichtseinheit der Probe) angegeben wird.
Bei der ORAC-Messung wird die antioxidative Reaktion während ihres gesamten Verlaufes beobachtet und schließt sowohl die Inhibitionszeit, als auch das Ausmaß der Hemmung der Oxidation ein.
Beim Vergleich von ORAC-Daten muss darauf geachtet werden, dass die Einheiten und die verglichenen Lebensmittel ähnlich sind. Einige Auswertungen vergleichen die ORAC-Einheiten von Lebensmittel pro Gramm Trockengewicht oder in Pulverform, andere in frischer oder gefrorener Form und wiederum andere betrachten die ORAC-Werte pro Portion.
Je nach Messmethode können verschiedene Lebensmittel höhere ORAC-Werte aufweisen. So scheinen Rosinen aufgrund ihres geringeren Wassergehalts einen höheren ORAC-Wert als frische Trauben zu haben, obwohl das Antioxidanspotential der Frucht an sich identisch ist.
Ebenso kann der hohe Wassergehalt von Wassermelonen es so erscheinen lassen, als ob diese Frucht einen niedrigeren ORAC-Wert hätte. Auch die typischen Portionsmengen sollte beachtet werden. So können z.B. Kräuter und Gewürze zwar hohe ORAC-Werte aufweisen, jedoch werden diese im Vergleich zu frischen Lebensmitteln in deutlich geringeren Mengen verwendet.
Zahlreiche Hersteller und Vermarkter von „gesunden“ Lebensmitteln und Getränken haben fälschlicherweise vom ORAC-Rating profitiert, indem sie Produkte mit „hohen ORAC-Werten“ anpriesen. Da die meisten dieser ORAC-Werte nicht unabhängig validiert worden oder einem Peer-Review (Verfahren zur Qualitätssicherung von wissenschaftlichen Publikationen) unterzogen wurden, bleiben sie unbestätigt, sind wissenschaftlich unglaubwürdig und können die Verbraucher irreführen.
Die Verbraucherzentrale sieht es ähnlich:
„Diese ORAC-Werte sind […] reine Laborwerte, die sich nicht auf den Menschen übertragen lassen. Damit ist die Werbung irreführend.“
Die USDA gibt auch zu bedenken, dass einige neuer Versionen der ORAC-Messung andere Substrate verwenden und die Werte der unterschiedlichen Messungen daher nicht vergleichbar sind. Zudem sei der ORAC-Test nur einer von vielen, die zur Messung der gesamten antioxidativen Kapazität herangezogen werden.
Die verschiedenen Tests zur Messung der gesamten antioxidativen Kapazität basieren auf diskreten zugrunde liegenden Mechanismen, die unterschiedliche Quellen für Radikale oder Oxidationsmittel verwenden und somit unterschiedliche Werte ohne direkte Vergleichbarkeit genieren.
Die bereits oben genannte, zur Verfügung stehenden Testverfahren messen entweder, wie effektiv eine Probe die durch das eingesetztes Oxidans verursachte Oxidation einer Sonde im Testsystem verhindert (z.B. beim ORAC-Test) oder wie effektiv eine Probe selbst eine Sonde zu reduzieren vermag (z.B. beim FRAP-Test).
Der FRAP-Test (FRAP für „ferric ion reducing antioxidant power“) wird – wie der ORAC-Test – ebenfalls zur Bestimmung der gesamten antioxidativen Kapazität herangezogen. Jedoch wird hierbei die Fähigkeit der Probe, Metall zu reduzieren gemessen, während bei dem ORAC-Test freie Radikale reduziert werden.
Mit dem Ziel, der Forschungsgemeinschaft vergleichbare Daten über die relative Antioxidanskapazität einer breiten Palette von Lebensmitteln zu liefern, stellte eine Studie von 2010 eine Datenbank mit dem gesamten Antioxidansgehalt von mehr als 3.100 weltweit verwendeten Nahrungsmitteln, Getränken, Gewürzen, Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln zusammen. Als Methode diente eine modifizierte Version des FRAP-Tests. Laut den Autoren ist diese Datenbank die umfassendste Übersicht von antioxidativen Lebensmitteln, die bis dato veröffentlicht wurde.
Laut Datenbank enthalten pflanzliche Lebensmittel deutlich mehr Antioxidantien als tierische Lebensmittel, wobei Gewürze, Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel die Produkte mit dem höchsten Gehalt an Antioxidantien sind (was aufgrund des geringen Wassergehalts und Angaben in mmol/100 g auch nicht verwunderlich ist). Auch Beeren, Früchte, Nüsse, Schokolade, Gemüse und daraus hergestellte Produkte zählen zu gängigen Lebensmitteln und Getränken mit einem hohen Antioxidans-Gehalt.
Doch auch wenn bei der Erstellung dieser Datenbank die gleiche validierte Methode an allen Proben angewandt und damit eine bessere Vergleichbarkeit hergestellt wurde, handelt es sich nach wie vor um ein chemisches Verfahren.
Laut Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des RKI mögen solche Verfahren bzw. Testsysteme zwar eine erste Einschätzung hinsichtlich einer potenziell erzielten Wirkung auf den Redoxstatus des Plasmas oder der veränderten Fähigkeit des untersuchten Systems, bestimmte reaktive Moleküle zu inaktivieren, bieten;
„Sie geben jedoch keinerlei Information darüber, wie relevant eine solche Änderung der antioxidativen Kapazität für die Prävention oxidativer Schädigung im Körper ist. Sie lassen weiterhin keine spezifische Aussage zu, die konkrete Angaben zu tatsächlich veränderten Antioxidantienspiegeln, die die identifizierten Änderungen der antioxidativen Kapazität bedingen, erlaubten.“
ORAC, FRAP und andere Tests zur Abschätzung der totalen antioxidativen Kapazität erwecken oft fälschlicherweise den Eindruck, dass man die Abwehrbereitschaft gegen all die unterschiedlichen reaktiven Spezies gleichermaßen bestimmen könne. Aber in Wirklichkeit wird nur die Fähigkeit einer Probe analysiert, ein bestimmtes, im jeweiligen Test eingesetztes reaktives Molekül − das häufig ohne biologische oder pathologische Relevanz ist – zu neutralisieren.
Zudem erfassen diese Tests auch nicht die „totale“ bzw. „gesamte“ antioxidative Kapazität einer Probe, da der für das antioxidative Netzwerk essenzielle Anteil enzymatischer antioxidativer Reaktionen (u.a. enzymatische Reparaturmechanismen) nicht erfasst wird. Auf der anderen Seite werden die Messwerte zur totalen antioxidativen Kapazität auch durch einige pathologische und physiologische Zustände, die mit oxidativem Stress in keinem offensichtlichen Zusammenhang stehen, beeinflusst.
Die Kommission stellt weiterhin fest:
„Für Tests zur gesamten antioxidativen Kapazität fehlen internationale Validierung und pathobiochemische Relevanz.“
Auch die USDA hält die Lebensmittel-Tabelle mit den ORAC-Werten wie bereits erwähnt für nicht mehr zeitgemäß. Es gäbe keine Hinweise darauf, dass die positiven Wirkungen von polyphenolreichen Lebensmitteln auf die antioxidativen Eigenschaften dieser Lebensmittel zurückzuführen sind. Die Daten für die antioxidative Kapazität von Lebensmitteln, die durch in vitro (Reagenzglas)-Methoden erzeugt werden, können laut USDA nicht auf Effekte in vivo (im lebenden Organismus) extrapoliert bzw. übertragen werden. Hinzu kommt, dass klinische Studien bezüglich der Vorteile von diätetischen Antioxidantien gemischte Ergebnisse gezeigt haben.
Die Erkenntnis, dass Antioxidans-Moleküle in Lebensmitteln eine breite Palette von Funktionen innehaben, von denen viele nicht mit der Fähigkeit verbunden sind, freie Radikale zu absorbieren, hat die USDA letztlich dazu bewogen, die ORAC-Tabelle im Jahr 2012 wieder von ihrer Webseite zurückzuziehen.
Sind Antioxidantien für Sportler notwendig?
Synthetische Antioxidantien können bei Sportlern bei nachweislich erhöhtem Anfall von freien Radikalen sinnvoll sein. Eine ausgewogene, vollwertige Ernährung bleibt jedoch der wichtigste Ansatzpunkt | © pavel1964 / Fotolia
Auch unter Sportlern zählen Antioxidantien zu häufig gekauften Supplements. Sie sollen Schutz vor oxidativen Schäden bieten oder die muskuläre Leistungsfähigkeit verbessern.
Laut dem Review „Exercise-Induced Oxidative Stress and Dietary Antioxidants“ aus dem Jahre 2015 scheint die wohl beste Empfehlung für Sportler in Bezug auf Antioxidantien eine ausgewogene Ernährung mit reichlich natürlichen Antioxidantien und Phytochemikalien zu sein. Der regelmäßige Verzehr von verschiedenen frischen Obst- und Gemüsesorten, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Bohnen, Sprossen und Samen ist ein effektiver und sicherer Weg, sich als körperlich aktive Person oder Sportler mit allen Antioxidantien einzudecken.
Die zunehmende Produktion von freien Radikalen bei intensiver körperlicher Aktivität kann zwar die Kapazität der antioxidativen Abwehrsysteme im Körper übersteigen und oxidative Bedingungen induzieren, jedoch werden derzeit sowohl positive, als auch negative Aspekte der ROS-Erzeugung in der Sportleistung berücksichtigt.
So wurden in der Literatur trotz bemerkenswerter Beweise für die positiven Effekte von verschiedenen Vitaminen und Nahrungsergänzungen bei der Verbesserung des ungünstigen Ungleichgewichts zwischen oxidativen Reaktionen und dem Antioxidans-Gleichgewicht, auch kontroverse Daten beobachtet.
Einige Forscher glauben sogar, dass die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien gesundheitsfördernde Effekte der körperlichen Bewegung verhindern und für den Menschen schädlich sein oder die Muskelregeneration verzögern könne. Ebenso können Ergänzungen mit Antioxidantien auch die positiven Trainingseffekte hinsichtlich einer besseren Insulinsensitivität blockieren.
Insgesamt gibt es laut Review nicht genügend Daten, welche die Wirksamkeit von Antioxidantien als Nahrungsergänzung bei der Vorbeugung von vermuteten wahrscheinlichen Schäden durch anstregendes Training (insbesondere eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit) unterstützen.
Ein etwas jüngeres Review aus demselben Jahr („Exercise and oxidative stress: potential effects of antioxidant dietary strategies in sports„) führt an, dass die Verbindung zwischen Bewegung und oxidativem Stress extrem komplex ist und je nach Art, Intensität und Dauer des Trainings variiert. Auch Genetik und Lebensstil bestimmen die individuelle Anfälligkeit für Schäden durch oxidativen Stress mit.
Regelmäßiges, moderates Training scheint sich vorteilhaft auf oxidativen Stress und die Gesundheit auszuwirken. Umgekehrt führt intensives Training zu erhöhtem oxidativen Stress, obwohl derselbe Reiz notwendig ist, um eine Hochregulierung der endogenen Antioxidansabwehr zu ermöglichen. Die Unterstützung der endogenen bzw. körpereigenen Abwehrkräfte mit der ergänzenden Einnahme von Antioxidantien kann laut diesem Review ein geeignetes nichtinvasives Mittel zur Verhinderung oder Verminderung von oxidativem Stress während des Trainings darstellen.
Allerdings kann ein Überschuss an exogenen Antioxidantien schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistung haben. Ganze Lebensmittel enthalten im Vergleich zu Kapseln & Co. Antioxidantien in natürlichen Verhältnissen und Proportionen, die in Synergie bei der Optimierung des antioxidativen Effekts wirken können.
Somit bleibt eine adäquate Einnahme von Vitaminen und Mineralien durch eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung der beste Ansatz, um einen optimalen Antioxidansstatus zu erhalten.
Eine mäßige und zeitlich begrenzte Nahrungsergänzung mit Antioxidantien kann unter besonderen Bedingungen gerechtfertigt sein, z.B. wenn Sportler in hohem Maße oxidativem Stress ausgesetzt sind (in verschärften Trainingsphasen, bei akuten Perioden während intensivem, mehrstündigen Ausdauertraining und in der frühen Erholungsphase danach), sowie wenn keine ausreichende Versorgung mit Antioxidantien über die Ernährung sichergestellt werden kann (bei begrenzter Energiezufuhr bzw. Diät).
Einzelpersonen, die in einem stationären Zustand oder nach einem erschöpfenden Training erhöhte Konzentrationen an oxidativem Stress zeigen bzw. entwickeln, können tatsächlich von einer Antioxidansergänzung profitieren. Dabei ist es auch wichtig, verschiedene biologische Reaktionen in Bezug auf Unterschiede in Abhängigkeit von der Sportart (z.B. aerob vs. anaerob) zu berücksichtigen.
Weiterhin kann eine Antioxidations-Präparat zu bestimmten Trainingszeiten (z.B. vor oder nach dem Rennen oder Übertraining-Symptomen) oder bei variierenden Anforderungen je nach den unterschiedlichen saisonalen Gegebenheiten effektiv sein. So könnte ein personalisierter Plan getreu den spezifischen Anforderung des Athleten während der verschiedenen Trainingsphasen – zusammen mit der Bewertung des oxidativen Stresslevels in Ruhe und seiner Überwachung während des Trainings – die beste Option darstellen.
Das American College of Sports Medicine (ACSM) führt in seinen Position Stands (siehe „Nutrition and Athletic Performance„) an, dass Training den Sauerstoffverbrauch um das 10- bis 15-fach erhöhen kann und daher vermutet wurde, dass regelmäßiges Training einen konstanten „oxidativen Stress“ auf Zellen ausübt. Intensives Training erhöht die Level von Lipidperoxid-Nebenprodukten, resultiert aber auch in einem Nettoanstieg der körpereigenen Antioxidans-Systemfunktionen und reduzierter Lipidperoxidation.
Daher kann ein gut trainierter Athlet ein entwickelteres endogenes Antioxidans-System aufweisen, als eine wenige aktive Person. Ersterer wird nicht von einer Antioxidans-Supplementierung profitieren, inbesondere dann nicht, wenn er über die Ernährung Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an natürlichen Antioxidantien zuführt.
Laut ACSM gibt es wenig Anhaltspunkte dafür, dass Nahrungsergänzung mit Antioxidantien zu einer Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit führt. Zudem gestalte sich die Interpretation der vorhandenen Daten aufgrund von Problemen an Studiendesign/ Testgütekriterien schwierig (z.B. große Variabilität der Testobjekte, Trainingsprotokolle und Dosen und Kombinationen von Antioxidans-Supplements, Mangel an Cross-over-Studien). Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien die Trainingsanpassungen negativ beeinflussen kann.
Ähnliche Ergebnisse liefert das Review „Does antioxidant vitamin supplementation protect against muscle damage?“ von 2009. Demnach kam in Studien eine Vielzahl an Ergänzungsstrategien zum Einsatz, die hinsichtlich Dosierung, Timing und Dauer der Nahrungsergänzung variieren.
Obwohl es einige Beweise dafür gibt, dass die Vitamine C (Ascorbinsäure) und E (Tocopherol) – die unter Sportlern aufgrund ihrer möglichen Schutzwirkung gegen Muskelschäden am häufigsten und oft in hohen Dosen eingenommenen Nahrungsergänzungsmittel – Indizes von oxidativem Stress reduzieren können, gibt es wenig Hinweise auf die Rolle beider Antioxidantien beim Schutz vor Muskelschäden.
Tatsächlich kann die Antioxidans-Ergänzung die zellulären Signalfunktionen von ROS stören, wodurch die Muskelleistung nachteilig beeinflusst wird. Darüber hinaus haben neuere Studien Zweifel an den positiven Effekten einer langfristigen, hochdosierten Ergänzung mit Antioxidantien.
Hohe Dosen von Vitamin E können insbesondere die Mortalität erhöhen. Obwohl in der vorhandenen Literatur Mehrdeutigkeit bezüglich der positiven Effekte der antioxidativen Vitaminergänzung auf Muskelschäden vorherrscht, gibt es wenig Beweise, die eine solche Rolle unterstützen. Die Mehrheit der Studien hat keine Schutzwirkung verschiedener Nahrungsergänzungsstrategien auf Muskelschäden gezeigt.
Darüber hinaus wurden in keiner der Studien direkte Indizes des Muskelschadens gemessen, so dass Unterschiede nicht die tatsächlichen Unterschiede im Muskelschaden widerspiegeln können. Es ist möglich, dass die Ergänzung mit Vitamin C und Vitamin E keinen spezifischen Schutz vor der beim Training entstandenen ROS-Art bietet.
Eines der Hauptprobleme bei der Ergänzung mit Antioxidantien ist, dass ROS in biologischen Systemen nicht zielgenau anvisiert und beseitigt werden können. Daher kann es sein, dass ROS zwar zu Muskelschäden beitragen, nicht-enzymatische Antioxidantien die relevanten ROS jedoch nicht „einfangen“ können. Da zudem Potenzial für langfristige Schäden existiert, sollte die lockere Verwendung von hochdosierten Antioxidantien eingeschränkt werden.
Die sicherste und effektivste Strategie in Bezug auf Antioxidantien aus Mikronährstoffen ist eine gut zusammengestellte Ernährung mit Lebensmitteln, die reich an Antioxidantien sind. Wenn Sportler dennoch beschließen, Nahrungsergänzungsmittel zu konsumieren, sollten sie die tolerierbaren Höchstmengen nicht überschreiten, da höhere Dosen prooxidativ wirken könnten. Sportler mit einem höheren Risiko für eine unzureichende Antioxidansaufnahme sind diejenigen, die die Energieaufnahme einschränken (Diät), sich dauerhaft fettarm ernähren oder wenig Obst, Gemüse und Vollkornprodukte verzehren.
Das ACSM hält zusammenfassen fest, dass die ergänzende Aufnahme von Vitamin- und Mineralstoffen zu keiner Leistungverbesserung führt – es sei denn, es liegt bereits ein Mangel vor. Anstatt sich selbst die Notwendigkeit einer Mikronährstoff-Supplementierung zu diagnostizieren, sollten Sportler (falls erforderlich) eine klinische Bewertung ihres Mikronährstoff-Status innerhalb einer umfangreichen Ernährungsbewertung vorziehen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: die Leistung von Sportlern hängt mit dem Training und der physischen Anpassung zusammen. Die richtige Ernährung kann bei Personen mit spezifischen genetischen Merkmalen solche Anpassungen erleichtern. In diesem Zusammenhang wird im Review der berühmteste Arzt des Altertums zitiert:
„Wenn wir jedem Individuum das richtige Maß an Nahrung und Bewegung zukommen lassen könnten, hätten wir den sichersten Weg zur Gesundheit gefunden.“
(Hippokrates)
Obwohl die vorübergehende Nahrungsergänzung mit Antioxidantien bei Sportlern in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein mag, bleibt das ultimative Ziel dennoch, die grundlegenden Ernährung des Athleten zu optimieren.
Entscheidend ist, dass die optimale Bioverfügbarkeit und kombinierte Wirkung mehrerer phytochemischer und antioxidativer Verbindungen aus Obst, Gemüse, Vollkorn und Nüssen nicht durch Nahrungsergänzung ersetzt werden kann. Auch wenn Phytochemikalien, wie z.B. Polyphenolen für ihre antioxidativen Eigenschaften bekannt sind, können ihre vorteilhaften physiologischen Effekte durch eine Vielzahl von Mechanismen unterstützt werden.
Das Zusammenspiel zwischen Training, physiologischen Anpassungen, Wohlbefinden, Wettkämpfen und Ernährungsanforderungen erfordert einen integrierten und personalisierten Ansatz, der kontinuierlich weiterentwickelt und an die individuellen Anforderungen jedes einzelnen Athleten angepasst werden sollte.
Ernährungskonzepte für Sportler sollten von fachkundigem medizinischen Personal entwickelt werden und dabei die individuellen physiologischen Merkmale, die Sportart, Intensität, sowie Dauer der Trainingsprogramme berücksichtigen. Auch eine klinische Überwachung unter Einbeziehung von Blutanalyse und physiologischen Tests im Rahmen einer umfassenden Ernährungsbewertung ist zu befürworten.
Ernährungsberatern für Sportler bieten sich auf Basis der (Mikro-)Nährstoffprotokolle (Ernährungstagebuch) in Kombination mit beobachteten Anzeichen und Symptomen eines eventuellen Mikronährstoff-Mangels verschiedene Strategien zur Beurteilung des Mikronährstoff-Status ihres Athleten. Dies ist besonders wichtig für Eisen, Vitamin D, Calcium und Antioxidantien.
Durch die Förderung einer ausgewogenen und vielfältigen Ernährung können Ernährungsberater einen Mikronährstoffmangel bei den von ihnen betreuten Athleten vermeiden und gleichzeitig die Vorteile vieler anderer leistungsfördernder Ernährungsstrategien nutzen.
Zusammenfassung & Empfehlung
Oxidativer Stress, der durch ein Übermaß an reaktiven Sauerstoffverbindungen entsteht, wird nicht nur mit dem Altern, sondern auch mit der Entstehung von verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht. Bei Erkrankungen, wie Krebs, Alzheimer, Parkinson & Co., die häufig in diesem Zusammenhang diskutiert werden, ist es verständlich, dass man sich vor „oxidativem Stress“ oder „freien Radikalen“ zu schützen versucht.
Aber wie?
Glaubt man der Lebensmittel-Industrie oder Herstellern von „Health Food“ und Nahrungsergänzungsmitteln, scheinen „Antioxidantien“ der Schlüssel zum Erfolg zu sein. So sollen z.B. spezielle „Superfoods“ als „Radikalfänger“ wirken, die freie Radikale neutralisieren, den Körper vor oxidativem Stress schützen und zu einem verminderten Krankheitsrisiko beitragen.
Hört sich super an. Doch wer gleich den Geldbeutel zückt, um horrende Summen für einen kleinen Beutel Chia-Samen, Acai-Beeren oder Antioxidantien-Präparate auszugeben, sollte zuvor andere eventuelle „Baustellen“ abklappern.
Nahrungsergänzungsmittel i.d.R. unnötig
Es ist wichtig zu wissen, dass wir tagtäglich freien Radikalen ausgesetzt sind (z.B. der UV-Strahlung der Sonne, Luftverschmutzung etc.) und uns solchen Situationen nicht immer entziehen können. Jedoch verfügen wir über ein körpereigenes Abwehrsystem, in welchem vor allem Radikalfänger antioxidativ wirksam werden. Im Abwehrsystem des Körpers wirken sowohl endogen gebildete Antioxidantien, als auch solche, die wir der Nahrung zuführen.
Das Motto „viel hilft viel“ ist beim Thema Antioxidanten jedoch nicht zu empfehlen, da viele antioxidativ wirkende Substanzen weitere biologische Wirkungen besitzen, die bei Überversorgung zu unerwünschten Wirkungen führen können. Darüber hinaus fungieren einige ROS/RNS auch als wichtige endogene Mediatoren biologischer Prozesse.
Daher sollte auf eine völlige Unterdrückung der Bildung bzw. Spiegel von ROS/RNS, sowie auf sog. „Megadosen“ von Antioxidantien verzichtet werden. In unserem Körper stellen mehrere hundert Gene ein sehr empfindliches Gleichgewicht zwischen freien Radikalen und deren Abwehrsystemen ein. Die Idee, mit irgendwelchen Präparaten den Regler ganz nach oben oder unten schieben zu können, ist sehr naiv.
Laut Kommission des RKI sollte im Bezug auf eine „antioxidative Behandlung“ der Sicherheitsaspekt im Vordergrund stehen, zumal immer noch ungeklärt ist, welche ROS/RNS in welcher Konzentration und durch Eingriff in welche Regelkreise eine Schlüsselrolle bei Pathogenese der mit oxidativem Stress assoziierten Krankheiten spielen.
An dieser Stelle habe folgende Empfehlung des Hohenheimer Konsensusgesprächs von 1995 weiterhin Gültigkeit, in der es heißt, dass:
„[…] die Korrektur einer suboptimalen Antioxidanzienzufuhr bei Gesunden wie auch bei Risikogruppen nur dann eine echte präventive Maßnahme darstellt, wenn gleichzeitig eine Minderung der prooxidativen Risikofaktoren verwirklicht wird.“
Eine Steigerung der Antioxidanszufuhr stellt laut den Autoren keine Kompensationsmaßnahme für einen „ungesunden Lebenswandel“ dar. Die Erhöhung der Aufnahme von Antioxidantien sei darüber hinaus nur dann sinnvoll, wenn die oxidative Balance trotz weitestgehender Verminderung der prooxidativen Faktoren nicht wiederhergestellt werden kann.
„Angereicherte Lebensmittel beziehungsweise Supplemente sind dann indiziert, wenn sich eine gezielte Ernährung nicht dauerhaft realisieren lässt.“
Einer Zufuhr durch Ernährung gegenüber Supplementierung sei auch wegen anderer günstiger Effekte eindeutig der Vorzug zu geben. In einem ergänzenden Beitrag zum oben verlinkten Artikel von Prof. Dr. med. Konrad Biesalski heißt es hierzu:
„[…] dass in der Ernährung des Menschen Vitamindosierungen, wie sie durch Supplemente häufig unkritisch empfohlen werden, nicht vorkommen und somit in ihrer Langzeitwirkung nicht sicher zu kalkulieren sind. Aus diesen Gründen gehören Vitamin-Supplemente in die Apotheke und nicht für jedermann in jeder beliebigen Dosis in die Kaufhausregale.“
Auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat die Studienlage zur Schutzfunktion von Antioxidantien geprüft. Wirft man einen Blick in das „EU Register on nutrition and health claims“ wird bei vielen Stoffen, die den Claim „Schutz vor oxidativem Schaden“, „Schutz vor oxidativem Stress“ oder „Schutz vor freien Radikalen“ enthalten, die Datenlage als nicht wissenschaftlich gesichert („non-authorised“) bezeichnet.
Nur für wenige Nährstoffe, Substanzen, Lebensmittel oder Lebensmittel-Kategorien sind Aussagen, wie „Schutz vor oxidativem Stress“ oder gesundheitliche Zusammenhänge, wie „Schutz vor oxidativem Schaden“ zulässig.
Die folgende Tabelle listet alle derzeit als „authorised“ bzw. „authorisiert“ gekennzeichneten Nährstoffe bzw. Lebensmittel auf:
Nährstoff/ Lebensmittel | Claim | Gesundheitlicher Zusammenhang |
---|---|---|
Kupfer | Kupfer trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Mangan | Mangan trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Fettstoffwechsel |
Olivenöl-Polyphenole | Olivenöl-Polyphenole tragen zum Schutz der Blutfette vor oxidativem Stress bei | Schutz von LDL-Partikeln vor oxidativem Schaden |
Selen | Selen trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Vitamin C | Vitamin C trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Vitamin B2 (Riboflavin) | Riboflavin trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Vitamin E | Vitamin E trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Zink | Zink trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei | Schutz von DNA, Proteinen und Lipiden vor oxidativem Schaden |
Demnach ist Zink, Selen, Mangan, Kupfer, sowie Vitamin C, E und B2 die Aussage „trägt zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei“ zugelassen. Auch erlaubt ist der Satz „Olivenöl-Polyphenole tragen zum Schutz der Blutfette vor oxidativem Stress bei“.
Jedoch ist nicht bewiesen, dass isolierte Antioxidantien in Form von Nahrungsergänzungsmitteln vor Krankheiten wie Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis oder Krebserkrankungen schützen oder Alterungsprozesse aufhalten.
Superfoods & Co: Extra-Kosten für „Exoten-Bonus“
Exotische Superfoods sind nicht „besser“ als heimische Produkte, lassen sich aber zu „super“ Preisen „super“ vermarkten | © airborne77 / Fotolia
Chia-Samen aus Paraguay, Goji Beeren aus China, Maca-Pulver aus Peru – die langen Transportwege sind nicht der einzige Grund, den Kauf der vermeintlichen Superfoods zu überdenken.
Die mit sagenhaften Geschichten über alte Urvölker, deren Weisheit und Naturverbundenheit angepriesen Produkte für „den wahren Nährstoff-Kick“, „essenzielle Nähr- und Mineralstoffe“ und den „Detox“ sind i.d.R. alles andere als frisch und immer wieder mit Pestiziden belastet.
Außerdem werden sie in getrockneter Form angeboten (Stichwort Grundkohl-, Johannisbeer- und Heidelbeerpulver) und im Vergleich zu regionalem, frischen Gemüse und Obst sehr teuer. Durch zahlreiche Verarbeitungsschritte, etwa Extraktion, Trocknung und/oder die Zugabe von reichlich Zucker oder Aromen kann sich der Gehalt der beworbenen Inhaltsstoffe stark verringern.
Der hohe Gehalt an gesunden Inhaltsstoffen kann bei getrockneten Superfoods irreführend sein. So preist der Anbieter vitafy für sein „Superfood Weizengras-Pulver“ neben Antioxidantien auch den hohen Proteingehalt von 21,5 g an. Im Vergleich zu frischen Gemüse- und Obstssorten liegt der Proteinanteil deutlich höher.
Allerdings müsste man 100 g Weizengraspulver verzehren, um 21,5 Protein aufzunehmen. Beim Blick auf die Portionsgröße wird klar: mit einer Portion nimmt man nur 6 g Weizengraspulver und damit lediglich 1,3 g Protein zu sich. Das ist ähnlich viel Protein wie in einer mittelgroßen Banane. 100 g frischer Blattspinat enthalten sogar etwa die dreifache Dosis, nämlich 3,8 g Protein.
Hinzu kommt, dass solche teuren, exotischen Produkte von vielen Verbrauchern nur kurzzeitig exzessiv konsumiert werden, sie aber bald wieder in alte, (schlechte) Ernährungsgewohnheiten verfallen. Der tägliche Verzehr von frischen, unverarbeiteten und nach Möglichkeit regionalen Lebensmitteln ist – nicht nur für den Geldbeutel – die günstigere Wahl.
„Viel hilft viel“ ist bei Superfoods die falsche Devise. So empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), täglich nicht mehr als 15 g vorverpackte Chiasamen zu verzehren. Und aufgrund der hormonähnlichen Wirkung von Maca könne laut den Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) keine Menge in Nahrungsergänzungs- oder Lebensmitteln als für den Verzehr unbedenklich genannt werden.
Und obwohl Superfoods von vielen Anbietern für ihren hohen Gehalt Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien & Co. beworben werden, so fehlen für gesundheitsfördernde Eigenschaften weitgehend wissenschaftliche Nachweise. Zu beachten ist auch, dass exotische Lebensmittel immer ein gewisses Risiko bergen, Überempfindlichkeitsreaktionen bzw. Allergien auszulösen. Wechselwirkungen mit Medikamenten sind ebenfalls möglich.
Hin und wieder ein paar Superfoods zu konsumieren, reicht für eine ausgewogene Nährstoffaufnahme nicht aus. Diese lässt sich durch eine pflanzenbetonte, vielfältige Ernährung sicherstellen. Heidelbeeren, Sauerkirschen, schwarze Johannisbeeren oder ein Apfel tun es genauso wie teure Açai- und Goji-Beeren.
Wer dennoch gerne hin und wieder zu den Exoten greift, weil er gerne Chia-Pudding isst oder Goji-Beeren snackt, kann dies selbstverständlich weiterhin tun. Insbesondere Früchte aus heimischen Regionen bringen Abwechslung auf den Speiseplan. Ein gesundheitlicher Mehrwert im Vergleich zu heimischen Gemüse- und Obstsorten ist aber nicht zu erwarten.
Auch sollte man den angepriesenen, hohen Konzentrationen an bestimmten „gesunden“ Inhaltsstoffen nicht zu viel Bedeutung beimessen. Einige Hersteller werben beispielsweise mit einem hohen Gehalt an Pflanzenfarbstoffen (Anthocyane), die in vitro eine teilweise erhebliche antioxidative Aktivität aufweisen.
Nur mit der Konzentration an Anthocyanen zu argumentieren, wäre allerdings zu kurz gedacht. Denn sämtliche Früchte würden weitaus mehr sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Zudem trage erst die Summe aller Nährstoffe zu den gesundheitsfördernden Effekten einer gemüse- und obstreichen Ernährung bei.
„Superfoods“ sind aus Vermarktungsperspektive natürlich weit interessanter, da mit dem exotischen Gewand entsprechende Preise abgerufen werden können. Ein Kilogramm Chia-Samen kostet gerne mal 10 Euro, während dieselbe Menge Leinsamen gerade mal 2,50 Euro kostet und ähnlich vorteilhafte Nährwerte bietet.
Und auch „gesunde“ Snacks aus heimischen Produkten, wie Rote Beete Chips oder Grünkohl Chips sind mit bis zu 11 Euro je Kilogramm alles andere als ein Snäppchen. Kann man machen, muss man aber nicht. Zumal frische Produkte wesentlich preisgünstiger sind und zudem tatsächlich satt machen.
Superfoods sind – auch wenn sie das Wort „super“ enthalten – nicht zwangsläufig besser als andere Lebensmittel. Gesundheitliche Vorteile oder gar Heilversprechen sind bei Superfoods mehr Wunsch und Marketing als Wirklichkeit. Zum einen unterliegt der Begriff keinerlei fachlicher Definition. Es handelt sich um einen reinen Marketingbegriff.
Zum anderen legt die Health Claims Verordnung der Europäischen Union seit 2006 fest, dass gesundheitsbezogene Angaben in der Werbung und Kennzeichnung von Lebensmitteln durch anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse abgesichert sein müssen.
Wie aus der im vorherigen Absatz aufgeführten Tabelle zu entnehmen ist, gibt es zwar einzelne, als „authorisiert“ gekennzeichneten Nährstoffe bzw. Lebensmittel, welche antioxidativ wirken.
Um diese aufzunehmen, muss man aber nicht zu teuren Superfoods greifen. Vitamin C, E und B2, sowie Zink, Selen, Mangan, Kupfer und Olivenöl-Polyphenole lassen sich auch problemlos mit heimischen und wesentlich günstigeren Lebensmitteln decken (siehe Tabelle weiter unten).
Überdosierung vermeiden
Es gibt wissenschaftliche Studien, die darauf hindeuten, dass Antioxidantien unter bestimmten Umständen auch als Prooxidans wirken können und somit gegenteilige, negative Effekte haben könnten. So haben z.B. Ascorbinsäure (Vitamin C), Vitamin E und Polyphenole unter bestimmten Begleitumständen (z.B. Schwermetallen) neben der antioxidativen, auch eine prooxidative Wirkung und erhöhen den oxidativen Stress.
Auch hängt die Wirkung (antiooxidativ oder prooxidativ) einiger Antioxidantien wie Vitamin C von ihrer Dosis ab. Wechselwirkung mit biologischen Membranen und den anderen Co-Antioxidationsmolekülen, sowie Umwelteinflüsse (z.B. Sauerstoffspannung, Konzentration von Übergangsmetallen und deren Redox-Status) scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen.
Ein systematisches Review und Meta-Analyse aus dem Jahr 2007 („Mortality in Randomized Trials of Antioxidant Supplements for Primary and Secondary Prevention“) fand keinen überzeugenden Beweise dafür, dass die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien von Vorteil ist. Im Gegenteil: eine Therapie mit Beta-Carotin, Vitamin A und Vitamin E kann sogar zu einer erhöhten Mortalität bzw. Sterblichkeit führen. Die potenziellen Rollen von Vitamin C und Selen auf die Mortalität müssen noch weiter untersucht werden.
Da eventuell gesundheitsschädliche Wirkungen bis dato nicht endgültig geklärt sind, gilt es eine Überdosierung zu vermeiden und die ergänzende Einnahme von Antioxidantien bzw. Vitaminen mit dem Arzt abzusprechen.
Das Bundestinstitut für Risikobewertung (BfR) hat für Erwachsene folgende Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe vorgeschlagen:
Vorgeschlagene Höchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln pro Tag | |
---|---|
Vitamin A | 400 µg (0,4 mg) |
Riboflavin (Vitamin B2) | 4,5 mg |
Vitamin C | 225 mg |
Vitamin E | 15 mg |
Beta-Carotin | 2 mg |
Mangan | Kein Zusatz von Mangan empfohlen |
Kupfer | Kein Zusatz von Kupfer empfohlen |
Sekundäre Pflanzenstoffe (Polyphenole, Flavanoide etc.) | liegen nicht vor |
Selen | 25-30 µg (0,025-0,03 mg) |
Zink | 2,25 mg |
Quellen: Bundesinstitut ür Risikobewertung (BfR) Verwendung von Vitaminen und Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ern‰hrungsphysiologische Aspekte (Teil I) und Teil II als PDF) |
Laut BfR dürfen Nahrungsergänzungsmittel nicht dazu bestimmt sein, Krankheiten zu heilen oder zu verhüten. Denn anders als Arzneimittel, die ein Zulassungsverfahren durchlaufen, unterliegen Nahrungsergänzungsmittel lediglich einer Registrierungspflicht beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Für die Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln sind die Hersteller, Importeure, Anbieter bzw. Vertreiber verantwortlich. Eine Kontrolle der Produkte vor dem Inverkehrbringen im Sinne einer staatlichen Zulassung findet nicht statt.
Das BfR hält Nahrungsergänzungsmittel bei normaler Ernährung generell für überflüssig:
„Nahrungsergänzungsmittel sind für gesunde Personen, die sich normal ernähren, in der Regel überflüssig. Bei ausgewogener Ernährung bekommt der Körper alle Nährstoffe, die er braucht. Auf der anderen Seite kann eine einseitige, unausgewogene Ernährungsweise nicht durch Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden. Nur in bestimmten Fällen ist eine gezielte Ergänzung der Nahrung mit einzelnen Nährstoffen sinnvoll […].“
Nahrungsergänzungsmittel sind deshalb in den meisten Fällen überflüssig. Als Ausnahmen nennt das BfR eine einseitige oder unzureichende Ernährung die zu eine mangelnde Aufnahme an essentiellen Nährstoffen zur Folge hat, den erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen während der Schwangerschaft und Stillzeit oder eine ungenügende Versorgung mit mit essentiellen Nährstoffen bei älteren Menschen (z.B. als Folge von Kau- oder Schluckbeschwerden, sowie Appetitverlust).
Auch chronisch Kranke können einen erhöhten Bedarf an essentiellen Nährstoffen aufweisen, sodass eine Nahrungsergänzung nötig oder sinnvoll sein kann. Sollte eine solche Nahrungsergänzung jedoch als zusätzliche Maßnahme bei der Behandlung oder Heilung von Krankheiten angewandt werden, sollte dies in jedem Fall unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.
Daten über die Nährstoffzufuhr (siehe Nationale Verzehrstudie II, PDF) zeigen, dass die Zufuhr der meisten Vitamine den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr entspricht. Die Zufuhr der Mineralstoffe Natrium, Kalium, Magnesium und Zink liegt sogar über den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr. Nur einige wenige Vitamine und Mineralstoffe (Vitamin D, Jod, Calcium und Eisen) werden in Deutschland von manchen Bevölkerungsgruppen nicht entsprechend den Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aufgenommen.
Das BfR weist allerdings darauf hin, dass dies nicht generell mit einer Unterversorgung oder gar einem Mangel gleichzusetzen ist. In Einzelfällen mag eine Nahrungsergänzung durchaus sinnvoll, jedoch:
„bleibt die beste Ernährungsstrategie eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse. Nahrungsergänzungsmittel sind dafür kein gleichwertiger Ersatz.“
Auch hat das BfR hat in der Vergangenheit umfangreich zu möglichen Risiken durch Nahrungsergänzungsmittel Stellung genommen und die Verbraucher über Probleme informiert, die mit dem Verzehr solcher Produkte verbunden sein können, darunter auch zu möglichen Antioxidantien, wie isolierten Isoflavonen, Beta-Carotin, Selenverbindungen oder dem Coenzym Q10.
In einem Artikel der Apotheken-Umschau, welcher u.a. ebenfalls vor einer Überdosierung mit Vitaminen warnt, wird in einem Kommentar kritisiert, dass es keine krankheitsbezogenen Richtwerte für einzelne Krankheiten gibt: „Die These, dass eine „gesunde Ernährung“ vor Mangelerscheinungen schützen kann, gilt höchstens für gesunde Menschen. Kranke Menschen, wie Krebspatienten, brauchen zur Stärkung des Immunsystems zusätzliche Vitamine, aber in welchem Umfang kann uns niemand sagen.“
In der Tat ist dies ein Aspekt, den man berücksichtigen sollte, da z.B. Krebspatienten auf der einen Seite Antioxidantien als Wunderwaffen gegen Krebs angepriesen bekommen, auf der anderen Seite jedoch hören, dass die zusätzliche Einnahme von synthetisch hergestellten Vitaminen/ Antioxidantien das Krebswachstum sogar anregen könnte. Das dies für Verwirrung bei den „ohnehin gestressten“ Krebspatienten führt, ist nur allzu verständlich.
Eine Art „Wundermittel“ gegen die gesundheitlichen Gefahren, die von oxidativem Stress ausgehen, scheint es laut Kommission der RKI dennoch nicht zu geben:
„Derzeit kann kein spezifisches Antioxidans oder eine definierte Mischung bekannter Antioxidantien identifiziert werden, welches bzw. welche die Schwäche des ganzen Antioxidantien-Netzwerkes auf Dauer kompensieren könnte.“
Laut DGE konnte in Interventionsstudien mit isolierten essenziellen Nährstoffen i.d.R. keine Senkung eines Krankheitsrisikos nachgewiesen werden. Auch war bei Zufuhr hoher Dosen an bestimmten Antioxidantien das Risiko erhöht, früher zu sterben. Die DGE empfiehlt daher, die Zufuhr von Gemüse- und Obst-spezifischen sekundären Pflanzenstoffen über die Ernährung sicherzustellen.
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, prooxidative Risikofaktoren zu vermeiden oder den oxidativen Stress durch eine gesunde Ernährung zu reduzieren.
Was man selbst tun kann
Eine gesunde Ernährung unter Einbeziehung von mit an antioxidativ wirksamen Stoffen reichen Lebensmitteln gilt als effektive Vorbeugung vor oxidativem Stress | © rogerphoto / Fotolia
Eine Verminderung der Exposition gegenüber unterschiedlichen Noxen am Arbeitsplatz und in der Umwelt, sowie eine optimale Antioxidantienzufuhr über die Ernährung stellen zwei Maßnahmen-Kategorien gegen oxidativen Stress dar, an denen jeder ansetzen kann.
Ein gesundheitsbewusstes Verhalten beinhaltet u.a. nicht zu rauchen, da Tabakrauch eine Vielzahl von Substanzen enthält, die entweder direkt (durch oxidativ wirksame Stoffe) oder indirekt (durch Entzündung der Atemwege) oxidative Prozesse im Körper in Gang setzen.
Auch moderate körperliche Aktivität (täglich mindestens 30 Minuten) stimuliert endogene antioxidative Enzyme und führt zu niedrigerer Bildung von ROS/RNS in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass intensives Training automatisch kontraproduktiv oder gar schlecht sein muss.
Eine stärkere Zunahme der ROS durch intensive Trainingseinheiten führt zu einer Vielzahl von Anpassungen der Muskelzellen. Ob die durch das Training produzierten ROS vorteilhaft oder gesundheitsschädlich sind, hängt von der ROS-Konzentration, der Dauer der ROS-Exposition und dem Trainingsstatus des Einzelnen ab.
Eine ungewohnte, erschöpfende Anstrengung führt laut dem Review „Impact of Oxidative Stress on Exercising Skeletal Muscle“ von 2015 zu starken ROS-Erhöhungen, die nicht durch endogene Antioxidantien – insbesondere bei untrainierten Personen – gepuffert werden können. Dies wiederum resultiere in schweren oxidativen Schäden, einschließlich Muskelschwäche und Müdigkeit, DNA-Mutationen, Lipidperoxidation, mitochondriale Dysfunktion und Apoptose/ Nekrose.
Trainierte Personen haben eine höhere Anpassungsfähigkeit und weniger Gesundheitsrisiken. Bei ihnen wurde eine erhöhten Resistenz gegenüber oxidativem Stress beobachtet. ROS, die bei regelmäßiger Bewegung produziert werden, tragen durch die Verbesserung der antioxidativen Kapazität, mitochondrialen Biogenese, Insulin-Sensitivität, Zytoprotektion (Zellschutz) und aeroben Kapazität des Skelettmuskels kontinuierlich zu einem erhöhten Anpassungsniveau bei.
Sport ist also keinesfalls schlecht. Im Gegenteil. Der Organismus reagiert auf wiederkehrende körperliche Belastung mit einer verbesserten antioxidativen Abwehr, sodass sich bei den meisten Personen als Nettoeffekt ein niedrigeres Level an oxidativem Stress einstellt.
Laut Pharmazeutischer Zeitung leistet regelmäßige, nicht zu extreme körperliche Aktivität (insbesondere bei Untrainierten) einen überaus wichtigen Beitrag zur Gesundheit, der auch mögliche negative Folgen eines temporär erhöhten oxidativen Stresses deutlich überwiegt.
Weitere Einflüsse, die bei der Entstehung von oxidativem Stress mitwirken können, sind Belastungen am Arbeitsplatz mit Asbest, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Benzol, Styrol, Flugasche und Schweißrauch, aber auch Umweltbelastungen, wie Arsen im Trinkwasser, übliche Hintergrundbelastungen durch den Straßenverkehr und städtische Luftverschmutzung (Feinstaub), Ozon, sowie toxische Chemikalien.
Nicht immer lassen sich diese Einflüsse vermeiden. Jedoch lässt sich z.B. die Entstehung von oxidativem Stress durch einen Überschuss an ROS als Folge von UV-Exposition oder Ozon-Belastung reduzieren. Kleidung sind Sonnencremes sind eine Möglichkeit. Die wahrscheinlich effektivste Methode, um oxidativen Lichtschaden zu verhindern, ist die Meidung von direkter Sonneneinstrahlung.
Neben dem endogenen antioxidativen Abwehrsystemen ist der Konsum von in pflanzlichen Lebensmitteln enthaltenen Antioxidantien eine weitere sinnvolle Maßnahme zum Schutz vor oxidativem Stress. Viele antioxidative Verbindungen, die in pflanzlichen Quellen natürlich vorkommen, haben sich als Radikalfänger erwiesen.
Eine starke antioxidative Aktivität wurde laut einem Review u.a. in Beeren, Kirschen, Zitrusfrüchten, Pflaumen und Oliven gefunden. Auch grüner und schwarzer Tee wurden in der Vergangenheit bezüglich seiner antioxidativen Eigenschaften intensiv untersucht, da diese Sorten bis zu 30 Prozent des Trockengewichts als phenolische Verbindungen enthalten.
Ein jüngeres Review von 2013 spricht ebenfalls Obst und Gemüse, sowie mehrfach ungesättigten Fettsäuren einen positiven Effekt auf oxidativen Stress beim Menschen zu. Auch ein Gewichtsverlust als Folge einer energiereduzierten Ernährung oder körperliche Bewegung beeinflusst die Marker für oxidativen Stress. Jedoch ist für die Effizienz auch die Dauer der Maßnahme entscheidend. Für gesättigte Fettsäuren und alkoholische Getränke wurden laut Review schädliche Wirkungen aufgezeigt.
Was die Wirkung von Polyphenolen aus verschiedenen Quellen auf oxidative Schäden angeht, haben mehrere Studien widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. Gerade die antioxidative Kraft von Polyphenolen in Wein und Olivenöl scheint von der Trauben- und Olivensorte beeinflusst zu werden. Wiederum wird wischen Polyphenolen in Tee und oxidativem Stress eine zeitliche Beziehung vermutet. Jedenfalls könnten die schwachen Effekte von Polyphenolen mit ihrer schnellen Eliminierung zusammenhängen, die inaktive Verbindungen oder Plasmaproteinbindungen hervorrufen kann.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Versuchen, die die Wirkung von Ernährungsmustern erforscht haben, deutet darauf hin, dass der Nutzen der Ernährung auf oxidativen Stress mit der synergistischen Wirkung von verschiedenen diätetischen Verbindungen statt einem einzigen Nahrungsmittel oder einer bioaktiven Substanz in Zusammenhang stehen könnte.
Statt sich also auf die Suche nach DEM ultimativen antioxidativen Lebensmittel zu machen oder Unmengen an Tee, Kaffee, Kräutern und Gewürzen zu essen, weil diese laut irgendeiner Liste den höchsten Gehalt an Antioxidantien haben, sollte man sich generell um eine ausgewogene Ernährung bemühen.
Fakt ist, dass pflanzliche Lebensmittel im Schnitt einen höheren Gehalt an natürlichen Antioxidantien aufweisen, als tierische Lebensmittel. Die Empfehlungen der DGE für eine vollwertige Ernährung, die u.a. reichlich Gemüse, Obst und Vollkorngetreide, sowie Kartoffeln umfasst, sind – trotz z.T. berechtigter Kritik (siehe z.B. hier und hier)– nicht gänzlich verkehrt.
Die umfassende Bewertung der DGE von 2012 zum Thema „Obst und Gemüse in der Prävention chronischer Krankheiten“ zeigt für eine Reihe von Krankheiten ein erhebliches präventives Potenzial eines erhöhten Verzehrs von Gemüse und Obst. So wurde für Hypertonie, Koronare Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfall eine überzeugende Evidenz dafür ermittelt, dass eine Erhöhung des Verzehrs von Gemüse und Obst das Erkrankungsrisiko reduziert.
Das Risiko für Krebskrankheiten allgemein ist mit wahrscheinlicher Evidenz invers mit dem Gemüse- und Obstverzehr assoziiert. Die Daten zu Demenz weisen mit möglicher Evidenz auf einen risikosenkenden Einfluss einer Erhöhung des Gemüse- und Obstverzehrs hin. Weiterhin besteht eine mögliche Evidenz dafür, dass mit einer Erhöhung des Gemüse- und Obstverzehrs einer Gewichtszunahme vorgebeugt werden kann.
Obst und Gemüse sind eine hervorragende und – im Vergleich zu Nahrungsergänzungsmitteln – günstigere Möglichkeit, pflanzliche Antioxidantien (Vitamin C, Carotinoide, Polyphenole) in ihrer natürlichen Form aufzunehmen.
Interventionsstudien haben gezeigt, dass ausgewählte Biomarker für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den Verbrauch von polyphenolreichen (insbesondere flavonoidreichen) Lebensmitteln beeinflusst werden. Abgesehen von Wein zählen Kakao und kakaohaltige Produkte, Tee und eine Reihe von Obst- und Gemüsesorten zu den wichtigsten Quellen für Flavonoide in der Ernährung.
Obwohl antioxidative Eigenschaften von Flavanolen in vitro nachweisbar sind, gibt es keinen Hinweis darauf, dass direkte Antioxidans-Effekte von Flavoinoiden in Kreislauf und Geweben von Menschen (in vivo) bestehen. Zwar wurden für flavonoidreiche Lebensmittel Änderungen an Risikofaktoren beim Menschen (z.B. Bluthochdruck, LDL-Cholesterin) beschrieben, diese können aber noch nicht direkt auf Flavoinode an sich zurückgeführt werden. Beim Menschen basiert der Beweis für biologische Effekte fast ausschließlich auf flavonoidreichen Lebensmitteln, wie Schokolade, Kakao, sowie grünem und schwarzem Tee, nicht aber auf auf den reinen Flavonoid-Verbindungen.
Mit anderen Worten: wer zum natürlichen Lebensmittel (statt z.B. Nahrungsergänzungsmitteln mit einzelnen Flavonoid-Komponenten) greift, steht auf der sicheren Seite. Auch die DGE kommt in einer Fachpublikation zum Thema „Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit“ zu dem Schluss, dass es aufgrund der breiten Basis an Studienergebnissen mit unterschiedlichen experimentellen Ansätzen heute generell möglich ist, die wissenschaftliche Datenlage für eine präventive Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen zu bewerten.
Jedoch reicht der gegenwärtige Kenntnisstand über die Bedeutung der sekundären Pflanzenstoffe weiterhin nicht aus, um Zufuhrempfehlungen für einzelne sekundäre Pflanzenstoffe abzuleiten. Hierfür fehlen Daten aus Interventionsstudien mit isolierten sekundären Pflanzenstoffen.
„Möglicherweise ist für die Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe auch die Wirkung im Verbund notwendig. Letztlich bleibt es bei der Aussage, dass der vermehrte Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln einen nachweisbaren präventiven Effekt besitzt.“
Um möglichst viel von dem breiten Spektrum an sekundären Pflanzenstoffen aufzunehmen, empfiehlt die DGE den vielfältigen Verzehr von Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Nüssen, Samen, Kartoffeln und verschiedenen Vollkornprodukten.
Einige Lebensmittel-Quellen für die Aufnahme natürlicher Antioxidantien sind:
Natürliches Antioxidans | Vorkommen in Lebensmitteln |
Kupfer | Speisekleie, Weizenkeime, getrocknete Aprikosen, Pfifferlinge, Sojabohnen, Käse (u.a. Emmentaler, Appenteller und Gruyère), Garnelen, Leber (Lamm, Kalb, Rind, Schwein), Nüsse und Samen (u.a. Kokosnuss, Cashewkerne und Kürbiskerne), Kakaopulver, Schokolade, schwarzer Tee |
Mangan | Getreide (vor allem Weizenkeime, Speisekleie, Haferflocken und Dinkel), Heidelbeeren, Hülsenfrüchte (u.a. Soja, Kichererbsen, weiße Bohnen), Miesmuscheln, Nüsse und Samen (vor allem Mohnsamen, Haselnüsse, Leinsamen und Mandeln), Kakaopulver, schwarzer Tee |
Selen | Steinpilze, Fische und Meerestiere (u.a. Hummer, Sardinen, Miesmuscheln, Hering und Seehecht), Eierteignudeln, Hülsenfrüchte (Sojabohnen, Mungbohnen, Linsen, weiße Bohnen), Kokosnüsse, Paranüsse, Getreide (u.a. Mais, Reis und Haferflocken), Käse (vor allem Emmentaler und Chester/Cheddar), Hühnerleber, Nieren (Kalb, Rind), Leber (Huhn, Kalb, Rind, Schwein), Hühnerfleisch, Schweinefleisch, Kaninchen, Eier |
Vitamin B2 | Getreide und Getreideprodukte, Pilze, Hülsenfrüchte, Milch und Milchprodukte, Fisch und Meerestieren, Geflügel, Fleisch, Eier |
Vitamin C | Obst (vor allem Acerola, Apfelsinen, Clementinen, Cranberrys, Grapefruit, Guave, Hagebutten, Johannisbeeren), Kiwi, Papaya, Sanddornbeeren, Zitronen), Gemüse (vor allem Brennnessel, Brokkoli, Grünkohl, Meerrettich, Paprika, Rosenkohl, Sauerampfer), Kräuter (vor allem Petersilie, Bärlauch, Brunnenkresse), Kaviar, Innereien, Bockwurst, einige Fleisch- und Wurstwaren (u.a. Bockwurst, Leberkäse, Fleischwurst, Geflügelwurst, Jagdwurst, Knackwurst), Maronen, Gummibärchen |
Vitamin E | Pflanzliche Öle und Fette (vor allem Weizenkeimöl, Arganöl, Baumwollsamenöl, Safloröl/ Distelöl), Samen und Nüsse (vor allem Haselnüsse, Mandeln, Sonnenblumenkerne, Pinienkerne) |
Zink | Austern, Leber (Lamm, Kalb, Rind, Schwein), Rindfleisch, Getreide und Getreideprodukte (vor allem Weizenkeime, Speisekleie, Haferflocken), Käse (u.a. Edamer und Emmentaler), Sojamehl, Sojabohnen, Mohnsamen, Kürbiskerne, Kakaopulver |
Sonstiges | Polyphenole in Olivenöl |
Wer sich abwechslungsreich und farbenfroh ernährt, die Vielfalt und das saisonale Angebot an Gemüse und Obst nutzt, verschiedene Sorten kombiniert und immer wieder abwechselt oder roh und gegart verzehrt, hat eine gute Versorgung mit Vitaminen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen sichergestellt.
Die Kommission des RKI empfiehlt in puncto Ernährung zudem, weniger rotes Fleisch, weniger Fett (vor allem aus Fleischerzeugnissen und Milchprodukten), sowie weniger Zucker zu konsumieren.
Rotes Fleisch oder Fleischwaren würden im Durchschnitt einen hohen Eisengehalt aufweisen, der prooxidativ wirkt. Ein Zuviel an Eisen führt laut pharmazeutischer Zeitung dazu, dass sich in den Körperzellen verstärkt hochreaktive Moleküle bilden, welche die Zellen schädigen. Fleisch bzw. rotes Fleisch ist damit nicht per se ungesund, jedoch kann der gewohnheitsmäßig hohe Verzehr den Stoffwechsel über verschiedene Wege ungünstig beeinflussen.
Eine prospektive Querschnittsstudie an 815 zufällig ausgewählten Personen, stellte fest, dass die höchste Aufnahme von Nicht-Häm-Eisen, Gemüse und Vitamin C vor Oxidation zu schützen vermag, während die höchste Aufnahme von Häm-Eisen aus Fleisch, Fisch und gesättigten Fettsäuren mit erhöhtem oxidativem Stress verbunden ist. Auch die hohen Konzentrationen von zirkulierendem Eisen – gemessen an der Transferrin-Sättigung – ist laut den Autoren mit erhöhtem oxidativen Stress bei Frauen verbunden, wobei die Assoziation mit dem höheren Serum-Ferritin umstritten ist.
Eine weitere Querschnittsstudie mit 2.198 Frauen und Männern, welche den Konsum von rotem Fleisch und Vollkorngetreide im Bezug auf Plasmawerte von Biomarkern für oxidativem Stress, Entzündungen und Adipositas untersucht, kam zum Ergebnis, dass der hohe Verzehr von rotem Fleisch die Insulinresistenz, oxidativen Stress und Entzündungen erhöhen kann, während eine hohe Aufnahme von Vollkornprodukten eine Verbesserung der Insulinsensitivität, eine Senkung des Insulin- und Glukosespiegels, sowie die Hemmung von Entzündungen und oxidativem Stress bewirken kann.
Auf der anderen Seite gibt es auch einzelne Studien, deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass ein teilweiser Austausch von Kohlenhydraten mit Protein aus magerem rotem Fleisch nicht mit einem erhöhten Risiko für oxidativen Stress oder Entzündungen einhergeht. Ein Review, welches einen Überblick zu Risiken und Vorteilen von rotem Fleisch in der Ernährung liefert, fasst zusammen, dass der Verzehr von mäßigen Mengen an magerem, roten Fleisch im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung einen wertvollen Beitrag zur Aufnahme von essentiellen Nährstoffen leistet.
Für Fleischliebhaber besteht kein Grund, dem geliebten Steak komplett abzuschwören. Dennoch lohnt es sich, die Menge im Blick zu behalten und das richtige Maß zu finden. Die Empfehlung der DGE lautet: 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche. In puncto Fett reichen insgesamt 60 bis 80 g pro Tag aus.
Vor allem bei Fleischerzeugnissen und Milchprodukten sollten fettarme Produkte bevorzugt werden, da tierische Fette oxidative Prozesse durch postprandiale („nach dem Essen“) Hypertriglyzeridämie (Fettstoffwechselstörung mit Erhöhung der Triglyzeride im Blut) fördern sollen. Zudem stellt eine fettreiche Ernährung einen wichtigen Risikofaktor zur Entwicklung des metabolischen Syndroms dar, welches mit erhöhtem oxidativen Stress einhergeht. Die Prävalenz des metabolischen Syndroms steigt mit einem hohen Verzehr an gesättigtem Fett.
Da Zucker aufgrund seines hohen glykämischen Index ebenfalls zur postprandialen Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel nach dem Essen) und zur oxidativen Schädigung führen kann, sollte auch dieser in Maßen verzehrt werden.
Grundsätzlich ist in puncto Ernährung eine differenzierte Betrachtungsweise angebracht. Weder rotes Fleisch, noch gesättigte Fettsäuren, noch Zucker sind generell schlecht oder gar ungesund. Die Dosis macht das Gift. Ein hoher Fleischkonsum, viel Fett, sowie große Mengen an Zucker können Übergewicht und eine Reihe von Erkrankungen beeinflussen, die wiederum oxidativen Schaden zur Folge haben können.
Die Betonung liegt auf KÖNNEN. Wer sich abwechslungsreich und vielseitig ernährt,regelmäßig bewegt und auf sein Gewicht achtet, wird durch ein fettes Steak, Schokolade oder Gummibärchen keinen Schaden nehmen. Es kommt auf die Balance an. Statt sich auf ein Puzzleteil zu versteifen, gilt es in Anbetracht der Komplexität der biochemischen Vorgänge das Gesamtbild zu betrachten.
Das metabolische Syndrom (auch als tödliches Quartett) ist eine Kombination verschiedener Risikofaktoren, zu denen zu viel Bauchfett, Bluthochdruck, erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte zählen. Die Entstehung hat multifaktorielle Gründe, wie z.B. eine fettreiche, kaloriendichte Ernährung, einen überwiegend sitzenden Lebensstil, erhöhte Urbanisierung und psychosoziale Probleme.
Einzelne Lebensmittel oder Lebensmittel-Gruppen können daher nicht als Schuldige festgemacht werden. Gemüse, Obst und mehrfach ungesättigte Fette sollten in der Ernährung dennoch nicht zu kurz kommen, da sie einen positiven Effekt auf oxidativen Stress zu haben scheinen. Insbesondere Gemüse und Obst haben dank der geringeren Energiedichte eine niedrige oxidative Belastung durch postprandiale Hyperglykämie und Hypertriglyzeridämie zur Folge.
Die mediterrane Ernährung (oder „Mittelmeer-Diät„), die reich an Antioxidantien und bioaktiven Verbindungen ist, könnte ebenfalls Einfluss auf oxidativen Stress haben und in diesem Zusammenhang eine geeignete Ernährungsstrategie darstellen.
Die mediterrane Ernährung zeichnet sich durch den hohen Verbrauch an einfach ungesättigten Fettsäuren (vor allem aus Oliven und Öl), Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, sowie einen geringer Verzehr von rotem Fleisch und einem moderaten Konsum von Rotwein aus. Im Vergleich zu einer fettreichen Ernährung, die oxidativen Stress induziert, erhöht die mediterranen Ernährung die Antioxidansabwehr und verbessert das Lipidprofil und die Oxidation von Low-Density Lipoprotein (einem Lipoprotein, das Lipide im Blut transportiert).
Auch für Sportler, die unter bestimmten Trainingsumständen erhöhtem oxidativen Stress ausgesetzt sind, kann sich die Mittelmeer-Diät als vorteilhaft erweisen.
Eigenverantwortung übernehmen!
Die Ernährung bietet ein breites Spektrum an natürlichen Antioxidantien, die man im Rahmen einer ausgewogenen Lebensmittel-Zusammenstellung automatisch zu sich nimmt. Supplemente oder angereicherte Lebensmittel sind dann empfehlenswert, wenn ein Mangel vorliegt oder sich eine gezielte Ernährung nicht dauerhaft realisieren lässt.
Mit einem gesundheitsbewussten Verhalten (nicht rauchen, ausreichend Bewegung, UV-Schutz etc.) sind weitere, wichtige Schritte für die Prävention getan. Teure Nahrungsergänzungsmittel mögen zwar kurzfristig das Gewissen erleichtern, können jedoch niemals die Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen.
Gesundheit hat man nicht immer selbst in der Hand, ebenso wie man sich freien Radikalen und oxidativem Stress nicht immer und überall entziehen kann. Krankheit ist nicht unvermeidlich, man kann ihr aber bis zu einem hohen Grad vorbeugen.
Gesundheit ist nicht etwas, das uns passiert, ohne dass wir darauf irgendeinen Einfluss hätten. Wir können selbst in hohem Maße dazu beitragen.
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